“Die (Wieder)Geburt als Kunstform“
Artist: The Spur
Herkunft: Köln + Mainz, Deutschland
Album: Rebirth
Spiellänge: 49:40 Minuten
Genre: Progressive Rock
Release: 01.05.2017
Label: Eigenproduktion
Link: https://www.facebook.com/thespurprog/
Bandmitglieder:
Gesang – Volker Praß
Touchguitars und Backgroundgesang – Stefan Huth
Akustische und elektrische Gitarren – Christian Schäpe
Keyboard / Synthesizer – Gabriel Floßdorf
Schlagzeug, Djembe und Percussion – Stephan Schroth
Tracklist:
- Prelude
- The Second Age
- Until The End
- The Great War
- Transcendence
- Battlefield Redeemer
- The Monstrocity
- When The Curtain Falls
Über einen (im positiven Sinne) sehr umtriebigen Geist muss wohl Stephan Schroth verfügen. Da schreibt er „einfach mal so“ verschiedene Songs, obwohl es im Grunde noch gar keine Band gab, mit der er diese Songs spielen könnte. Das sollte sich im Jahr 2012 ändern, als er Stefan Huth kennenlernte, man feststellte, dass man auf einer Wellenlänge liegt, und es von da an in kleinen Schritten vorwärtsging. Nachdem Stefan Huth mit seiner Band Isaac Vacuum bereits im März das Debütalbum Lords veröffentlicht hat, erscheint nun also am 01.05. von The Spur ebenfalls ein Debütalbum, das den Titel Rebirth trägt und uns in das Jahr 2040 führt.
Es gibt wohl kaum einen Künstler, sei er Maler, Musiker oder Regisseur, der ein positives Bild von der fernen Zukunft zeichnet, und auch Rebirth startet eher mit einer düsteren Vision. In Prelude erzählt der Sprecher, dass es keine Gefühle mehr gibt, außer Angst, Wut und Selbstsucht. Niemand mehr ist vertrauenswürdig, es gibt nur noch Loyalität gegenüber der Partei und das Gift der Macht zersetzt alles. Wenn man diesem düsteren Text weiter folgt, der von einem so wunderbar leichtfüßig daherkommenden symphonischen Klang untermalt ist, kann einem eigentlich nur angst und bange werden.
Die Geschichte wird dann in den folgenden 48 Minuten weitererzählt, wobei Volker Praß ein toller Sänger ist. Manchmal erinnert er mich ein wenig an Fish, als der noch bei Marillion war, aber über das Ganze gesehen, kann man eigentlich nur ein Gesicht vor dem inneren Auge haben: das von Peter Gabriel. Und nicht nur die Sänger Peter Gabriel und Fish finden hier so etwas wie ihr Alter Ego, auch die Musik erinnert streckenweise an die sehr alten Glanztaten von Genesis und auch Marillion. Technisch natürlich alles auf höchstem Niveau, aber dabei niemals verkopft oder unzugänglich, sondern immer dem Weg der Songs folgend, der auch des Öfteren mal durch unwegsames Gelände führen kann. Dann wird der Allradantrieb dazugeschaltet und Stefan mit seinen Touchguitars (grandios der Beginn von Transcendence!) räumt selbst die größten Trümmer beiseite. Auch der Wechsel der Keyboards vom begleitenden, schwelgerischen und teilweise fast schon sphärischen Zustand zur absoluten Ekstase ist immer wieder hörenswert. Dass dabei teilweise auch der Klang der Hammond-Orgel durchbricht, mag vielleicht als Reminiszenz an die großen Bands der Rockmusik verstanden werden. Auch Christian an den akustischen und elektrischen Gitarren mag sich das ein oder andere Mal im Geiste verbeugt haben, während seine Finger den Saiten diese wunderbaren Klänge entlockten. Vollendet wird dieses Klanggebilde durch mein Lieblingsinstrument, nämlich die Drums. Die werden von Stephan so variabel gespielt, wie es die Songs erfordern und liefern damit das Fundament, von dem sich die Klänge erheben, in die Lüfte steigen und dann in ihren Gleit- oder auch mal Sturzflug übergehen können.
Dass man bei „nur“ sechs Songs – Prelude und When The Curtain Falls zähle ich mal nicht dazu – auf eine Spielzeit von fast 50 Minuten kommt, hat natürlich zur Konsequenz, dass die Songs was länger sind. Im Progressive Rock ist das nichts Ungewöhnliches, und The Spur wissen, wunderbar zu unterhalten. Mit The Monstrocity, der mit über 11 Minuten der längste Track des Albums ist, hatte ich zwar zunächst so meine Probleme, denn er fängt seeeehr ruhig an, aber hier toben sich The Spur dann komplett aus. Wahnwitzige musikalische Achterbahnfahrten werden abgelöst von herrlichen Gitarrensoli, auch die Hammond-Orgel darf noch mal ordentlich bearbeitet werden, und sogar Doublebass-Attacken gibt es hier auf die Ohren. Die fünf Männer geben wirklich noch einmal alles, bevor es dann mit When The Curtain Falls auf die Zielgerade geht.