Thy Art Is Murder – Human Target

Jeder Schuss ein Treffer

Artist: Thy Art Is Murder

Herkunft: Sydney, Australien

Album: Human Target

Spiellänge: 38:28 Minuten

Genre: Deathcore, Technical Death Metal

Release: 26.07.2019

Label: Nuclear Blast Records

Link: https://www.thyartismurder.net, https://www.facebook.com/thyartismurder,  https://www.instagram.com/thyartinstagram

Produktion: Will Putney im Graphic Nature Audio in Belleville, New Jersey; Cover Artwork von Eliran Kantor

Bandmitglieder:

Gesang – Chris „CJ“ McMahon
Gitarre – Sean Delander
Gitarre – Andy Marsh
Schlagzeug – Jesse Beahler
Bassgitarre – Kevin Butler

Tracklist:

  1. Human Target
  2. New Gods
  3. Death Squad Anthem
  4. Make America Hate Again
  5. Eternal Suffering
  6. Welcome Oblivion
  7. Atonement
  8. Voyeurs Into Death
  9. Eye For An Eye
  10. Chemical Christ

Thy Art Is Murder geben die Marschrichtung bereits mit dem Albumtitel ihres am 26.07.2019 über Nuclear Blast erschienen und somit fünften Studioalbums Human Target vor. Inhaltlich geht es um jedwede Art von menschlichen Irrungen, Neigungen und Abartigkeiten, denen sich unsere Spezies teilweise hingezogen fühlen kann. Schon deshalb ist die lyrische Auf-, Ab- und Bearbeitung von Human Target weit mehr als nur sozialkritisch zu bezeichnen. Das Album arbeitet sich am Individuum Mensch generell ab und zeigt Wechselwirkungen von Handlungsmechanismen auf.

Die Australier wählten sicher nicht umsonst diesen Titel, denn woran man sich einerseits stören und gewisse Machenschaften auch kritisieren kann, somit den Täter – Mensch – identifiziert hat, so sind die Ziele und Absichten jener Menschen klar definiert, wiederum der Mensch. Von Menschenhand gemacht, um Menschen zu schaden, vollkommen absurd! Im Titeltrack Human Target selbst wird das Thema Organraub behandelt, welches mit Sicherheit an Abartigkeit nicht zu übertreffen ist. Ich unterstelle Thy Art Is Murder aus diesem Grunde ein hohes Maß an Reflektiertheit und Tiefgang. Und eben diese Tiefe ist musikalisch auf Human Target wiedergegeben.

Anhänger dieser Band werden Human Target möglicherweise andersartig empfinden. Zwar immer noch mit brachialer Aggression, unendlicher Wut und vernichtender Härte versehen, allerdings auch mit einer für Thy Art Is Murder eher unvorhergesehenen Entwicklungsreife ausgestattet, die anfangs vielleicht für Verwunderung sorgen mag. Zehn insgesamt ausdrucksstarke und individuelle Songs, die in knapp vierzig Minuten kompromisslos in die Gehörgänge gebrettert werden. Das gewollte verstörende Element wurde meinem Empfinden nach musikalisch ebenso verstörend nachvollzogen. Und dies in exzellenter Art und Weise.

Hervorzuheben ist aus meiner Sicht der Technical Death Metal-Aspekt, der bei genauerem Hinhören sehr progressiv und nicht selten mit einem Hauch „Post“ versehen ist. Da steckt zwar immer noch jede Menge Deathcore drin, aber eben nicht mehr lupenrein und ausschließlich. Das macht die Arrangements sehr vielseitig und somit abwechslungsreich. Sollte man geneigt sein die Vocals auszuklammern, so wäre einem eine hochtechnisch-facettenreiche instrumentelle Breitseite ohne Langeweile gewiss. Im Gesang allerdings liegt die Würze oder besser gesagt die Vollendung. Chris „CJ“ McMahon vermag den komplexen Songstrukturen Atmosphäre und Identifikation zu verleihen.

Darf man hier von Melodie sprechen? Sicherlich nicht im herkömmlichen Sinne des Begriffs. Die Phrasierung und Modulation des Growlings mutet jedoch als Melodie an. Der Gesang ist stets nachvollziehbar und die emotionale Beteiligung somit authentisch. Make America Hate Again biedert sich in positiver Hinsicht diesbezüglich an. Die Gitarrenarbeit in diesem Song, für sich betrachtet, bringt das stärkste und am schnellsten wiederzuerkennende Riffing auf diesem Album mit sich. DAS Indiz für Ideenreichtum.

Das sehr zügige Tempo und die Akzentuierung der Drums im Allgemeinen sucht seinesgleichen. Die grandiose Arbeit von Jesse Beahler an der Fußmaschine, die stets und überwiegend im Einklang mit dem Staccato der Gitarren zelebriert wird, darf als Qualitätsmerkmal auserkoren werden. So entsteht Rhythmik und Groove, der den gesamten Körper in Wallung bringt.

Thy Art Is Murder bleiben sich insgesamt gesehen treu und haben ihre eigene musikalische Welt für meinen Geschmack jedoch noch etwas bunter gestaltet. Und dies durch den einen oder anderen Schritt abseits ihres bisherigen Stils. Eine Genreschlacht sozusagen, die am Ende zur Win-win-Situation geworden ist. Human Target vereint hohe instrumentelle Kunst mit sehr bedeutenden Vocals.

Thy Art Is Murder – Human Target
Fazit
Human Target ist nichts für den schnellen Verzehr! Das Album muss mit Nachdruck und deshalb öfter den Weg in das limbische System finden. Die Tiefe, die ich zumindest als etwas Neues bezeichne, macht zweifelsohne einen Unterschied zu den Vorgängern, führt dann aber auch dazu, dass Thy Art Is Murder noch ernster zu nehmen sind. Musik, die von Durchgang zu Durchgang immer wieder Überraschungen parat hält. Hier darf, bzw. muss sowohl das eine als auch das andere Ohr unbedingt riskiert werden.

Anspieltipps: Human Target, New Gods und Make America Hate Again
Peter H.
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