Time For Metal Chefredakteur René Wolters im Interview mit Jannis Nickel im Zuge seiner Studienarbeit zum Thema Symbolik der nordischen Mythologie im Metal

Die nordische Mythologie und ihre Präsenz in unserer Redaktion

Jannis Nickel:
Das Thema meiner Arbeit, zu deren Zwecke dieses Interview geführt wird, ist Symbolik Der Nordischen Mythologie Im Metal. Daher vielleicht zu Beginn ein paar Fragen zum Thema Metal allgemein.

In welcher Rolle sieht sich das Magazin und auch du dich als Rezensent selber in der Szene?

René Wolters / Time For Metal:
Wir als Magazin bilden das Bindeglied zwischen den Metal- und Rockfans und den produzierenden Firmen wie Labels, Konzertagenturen usw., um in unserer Pressearbeit Alben zu bewerten, Interviews zu führen oder über Veranstaltungen zu berichten. Dabei ist es natürlich wichtig, neutral und mit dem geringsten Anteil des eigenen Geschmacks die Themen zu durchleuchten und den Lesern so nahezubringen, dass sie sich im besten Fall dort wiederfinden. Dadurch haben wir natürlich eine nicht unerheblich Rolle und Verantwortung in der Szene.

Jannis Nickel:
Welche Genres betrachtet ihr, welche sind die dabei von dir favorisierten, und gibt es auch Musik, die ihr nicht bewerten würdet?

René Wolters / Time For Metal:
Wir haben uns von Anfang an keinem Subgenre verschrieben, sondern unser Augenmerk auf die gesamte Metal-Palette gelegt. Zudem hat die klassische Rockmusik einen großen Einfluss auf unsere Arbeit. Daher sehen wir uns auch nicht als reines Metal-Magazin, sondern führen im Magazin auch die Wurzeln des Rocks auf. Dort gibt es ganz klar Grenzen, die bei Pop, Punk, Alternativen usw. Vermischungen irgendwann ihr Ende finden. Meine persönlichen Favoriten reichen vom klassischen Heavy bis hin in Extreme Metal Gefilde. Alles, was ich nicht angesprochen habe, fällt bei uns raus, weil es einfach für unsere Leser nicht relevant ist.

Jannis Nickel:
Wenn wir dann weiter zum Thema nordische Mythologie kommen, was verstehst du darunter?

René Wolters / Time For Metal:
Als nordische Mythologie verstehe ich die Mythen, die in den Quellen der vorchristlichen Zeit vor allem in Nordeuropa gehuldigt wurden.

Jannis Nickel:
Hast du das Gefühl, die Thematik ist weit in der Szene verbreitet?

René Wolters / Time For Metal:
Das Thema ist definitiv relevant und läuft uns quasi täglich über den Weg.

Jannis Nickel:
Kannst du einige herausstechende Beispielbands nennen?

René Wolters / Time For Metal:
Da gibt es viele, um nur ein paar Namen zu nennen: Amon Amarth, Tyr oder Finntroll. Was besonders herausstechend ist, liegt da ganz sicher im Auge des Betrachters.

Jannis Nickel:
Lassen sich diese Bands in bestimmte Genres einteilen?

René Wolters / Time For Metal:
Direkte Barrieren gibt es keine. Vom Heavy Metal und auch Rock bis zum Black Metal – überall ist die nordische Mythologie relevant. Die skandinavische Metalszene ist trotz der geringen Bevölkerung sehr dicht, und transportiert nur zu gerne die alten Sagen in ihre Kompositionen.

Jannis Nickel:
Welche Symboliken lassen sich bei solchen Bands, vielleicht auch besonders häufig, finden?

René Wolters / Time For Metal:
Die Runenschrift geht da rauf und runter. Einige Bands schreiben ihre Namen in Runen, andere haben auf CD-Cover die Götter bildlich festgehalten. Alles, was mit der nordischen Mythologie verbunden wird, findet man auch irgendwo wieder – Grenzen gibt es da keine.

Jannis Nickel:
Hast du einen bestimmten Anspruch an Bands, die sich mit der Thematik der nordischen Mythologie auseinandersetzen?

René Wolters / Time For Metal:
Wie bei allen anderen Themen auch, muss man der Gruppe die Verkörperung abnehmen. Liebevoll, mit dem Hang zum Detail muss man dieser Tage alles dransetzen, um den Fan glücklich zu stimmen. Es fängt mit den Songtexten an und hört im Bühnenbild bei Konzerten auf. Der berühmte rote Faden ist das A und O. Bekommt man dort erst mal einen Riss hinein, kann man diesen nur schwer wieder kitten.

Jannis Nickel:
Der Thorshammer Mjölnir ist ein häufig anzutreffendes Symbol, das in Verbindung zur nordischen Mythologie steht. Was wird aus deiner Erfahrung damit verbunden?

René Wolters / Time For Metal:
Mjölnir ist der Kriegshammer, die unheilvolle Waffe des Gottes Thor, mit der dieser die Feinde der Götter, vor allem die Thursen (Riesen) und die Midgardschlange bekämpfte. Hinter diesem Symbol steckt die geballte Kraft, eine Art Widerstand gegen jeden Widersacher und auch ein kleines Stück Freiheitsgefühl gegenüber den aufgedrängten gesellschaftlichen Vorstellungen. Nur zu gerne findet man Mjölnir bei Musikern und Anhängern des Metals wieder.

Jannis Nickel:
Glaubst du, dass Symbole sowohl allgemein im Metal aber vor allem auch im Zusammenhang mit nordischer Mythologie politisch aufgeladen sein können?

René Wolters / Time For Metal:
Die nordische Mythologie bildet tatsächlich ein politisches Nadelöhr, was jedoch nicht nur auf die Rock- und Metalmusik zurückzuführen ist. Potenziell würde ich aus meiner Erfahrung sagen, dass Interessierte der alten heidnischen Geschichten auch politisch schneller auf Abwege kommen können. Das wiederum liegt nicht daran, dass jeder radikale Einstellungen hat, sondern vielmehr dran, dass durch die rechte Szene die alten Symbole und Tugenden missbraucht werden. Als Magazin in Deutschland ist die politische Haltung in der Musik ein immer aktuelles Thema und stellt jede Redaktion vor eine Herausforderung. Von linken Seiten werden Menschen und Formationen voreilig in irgendwelche Schubladen gesteckt. Auf der anderen Seite versuchen Künstler tatsächlich offensichtlich oder versteckt, politische Signale über nordische Einflüsse zu verbreiten. Die gesetzliche wie strafrechtliche Vorgabe ist ohne Abstriche einzuhalten. Doch da steckt mehr dahinter. Der Index ist oft viel zu träge – wie in allen Bereichen, wo Behörden arbeiten. Als Redaktion muss man stets wachsam sein und in Bereichen des Deutschrock, Folk, Pagan und auch Black Metal hat man aus Erfahrung ein deutlich stärkeres Auge, als auf Heavy oder Power Metal. Abschließend kann ich dazu sagen, dass dieses Thema alle paar Monate aufkocht. Ein Magazin steht dann immer in der Aufgabe, das Thema neutral aufzurollen und nicht voreilig Schlüsse in egal welche Richtung zuzulassen, bis es Fakten gibt. Politische Fehltritte dürfen nicht geduldet, Hetze gegen Unschuldige nicht unterstützt werden.

Jannis Nickel:
Falls ja, wo hast du das schon erlebt und würde euer Magazin auch Bands aus einem solchen Grund nicht bewerten?

René Wolters / Time For Metal:
Grundsätzlich steht das Gesetz an erster Stelle. Dafür gibt es den Index. Wie schon erwähnt, ist dieser nicht immer bzw. fast nie aktuell. Man muss da wirklich jedes Thema einzeln durchleuchten. Dadurch muss man manchmal Themen einfach weglassen, weil bei uns die Zeit fehlt, da wir es alle nicht hauptberuflich machen, so was kommt aber sehr selten vor. Wir versuchen schon jedes Thema zu bewerten und dann einen Weg für uns zu finden. Der Fahrplan ist jedoch, dass wir lieber was weglassen, als uns die Finger zu verbrennen.

Jannis Nickel:
Oft wird dem Metal nachgesagt, er sei eine vor allem männlich geprägte Musik. Wie nimmst du das wahr?

René Wolters / Time For Metal:
Das ist völliger Blödsinn. In den Anfängen war dieses wohl tatsächlich so, aber in den letzten Jahren bzw. Jahrzehnten hat sich dieses Bild stark gewandelt. Auf Festivals zum Beispiel sieht man Familienausflüge, wo generationsübergreifend von den Großeltern bis zu den Enkelkindern alles vertreten ist. Der männliche Anteil ist noch höher als der weibliche, jedoch nicht so hoch, dass man von einem ausschließlich männlich geprägten Genre sprechen kann. Wir zum Beispiel in unserer Redaktion liegen sehr nahe an der 50 % Marke.

Jannis Nickel:
Glaubst du, dass Musik, die sich mit dem Nordischen auseinandersetzt, aufgrund von speziellen Männerbildern in dieser Hinsicht noch einmal anders zu sehen ist?

René Wolters / Time For Metal:
Nein, das sehe ich nicht so. Aufgrund von speziellen Männerbildern schreckt die Musik keine Frauen ab. Tendenziell liegt das Interesse in ruhigeren Genres eher bei 50 Prozent als beim Extreme Metal wie Death, Black oder Pagan Meta,l wo schon mehr Männeranteile vorhanden sind. Das wiederum liegt ausschließlich nur am Geschmack und dürfte keine anderen Einflüsse haben.

Jannis Nickel:
Vielen Dank für das Interview.

René Wolters / Time For Metal:
Ich bedanke mich ebenfalls für die interessanten Fragen und wünsche dir alles Gute für die Zukunft und einen erfolgreichen Abschluss deiner Arbeit.