Tour Like A Grave mit Insomnium + Support am 04.12.2019 im Felsenkeller, Leipzig

Finnischer Liederabend

Eventname: Tour Like A Grave

Headliner: Insomnium

Vorband(s): Stam1na, The Black Dahlia Murder

Ort: Felsenkeller, Leipzig

Datum: 04.12.2019

Kosten: 34,25 € VVK

Genre: Melodic Death Metal, Thrash Metal

Besucher: ca. 400 Besucher

Setlisten:

Stam1na:

  1. Octopussy-Intro
  2. Paha Arkkitehti
  3. Sudet Tulevat
  4. Valtiaan Uudet Vaateet
  5. Masiina
  6. Viisi Laukausta Päähän
  7. Kannoin Sinut Läpi Hiljaisen Huoneen
  8. Solar
  9. Enkelinmurskain

The Black Dahlia Murder:

  1. Widowmaker
  2. Jars
  3. Contagion
  4. Miasma
  5. Martriarch
  6. Warborn
  7. What a Horrible Night To Have A Curse
  8. Nightbringers
  9. As Good As Dead
  10. On Stirring Seas Of Salted Blood
  11. Kings Of The Nightworld
  12. Everything Went Black
  13. Deathmask Divine

Insomnium:

  1. Valediction
  2. Neverlast
  3. Into The Woods
  4. Through The Shadows
  5. Pale Morning Star
  6. Change Of Heart
  7. And The Bells They Toll
  8. Mute Is My Sorrow
  9. Ephemeral
  10. In The Groves Of Death

Zugabe:

  1. The Primeval Dark
  2. While We Sleep
  3. One For Sorrow (Acoustic)
  4. Heart Like A Grave

Obwohl es anfangs ziemlich leer wirkt, enttäuschen die Fans nicht. Pünktlich zum Beginn von Stam1na füllt sich der Saal (und in den Felsenkeller passen mindestens 500 Leute) dann plötzlich doch recht gut. Die brachialen Finnen haben eben auch in Deutschland eine Menge Fans, trotz finnischer Texte. Sänger Antti „Hyrde“ Hyyrynen strahlt dann auch Freude aus, als die Band die Bühne betritt und nach dem aktuellen Tour-Intro (Octopussy-Tour) die ersten Akkorde des Stam1na Songs Paha Arkkitehti (dt. Böser Architekt) erklingen. Der Song vom selbst betitelten Debütalbum der Finnen ist eine Art Alltime-Klassiker. Der Sound im Felsenkeller ist traditionell ein wenig hallend, die große gewölbte Decke ist sicher nicht einfach zu kaschieren für den Mann an den Reglern. Aber er gibt sein Bestes und im Großen und Ganzen ist das, was aus den Boxen kommt, schon recht gut. Knackig und präzise, da ist man bei manchen Open Air Festivals viel Schlimmeres gewöhnt mit wabernden Soundwolken und übersteuerten Höhen. Hier keine Spur davon. Alles was fehlt, ist vielleicht eine gewisse Klarheit, doch ist der Ton durchaus noch knackig und scharf genug, um insgesamt einen guten Klang zu ergeben.

Stam1na selbst sind hoch motiviert, die Überleitungen des Sängers zwischen den Songs kurz und ohne viel Gerede. Ja, vielleicht ist das Show, auf jeder Tourstation abgespult, aber es wirkt, als ob Antti Hyyrynen viel Spaß dabei hat. Vom letzten Album Taival, das 2018 erschienen ist, werden immerhin vier Songs gespielt: Sudet Tulevat und als Dreierblock am Ende Kannoin Sinut Läpi Hiljaisen Huoneen (Ich habe dich durch einen ruhigen Raum getragen), Solar und Enkelinmurskain (Engelsbrecher). Letzterer ist das balladeskeste, was Stam1na überhaupt zu bieten haben und wurde vermutlich wegen der gegebenen Massentauglichkeit auch als Single mitsamt Video auf Youtube veröffentlicht. Ansonsten herrscht fröhlicher Thrash vor, der durch Lead-Gitarrist Pekka „Pexi“ Olkkonen und Antti Hyyrynen mit Können an den Instrumenten und Begeisterung auf der Bühne quasi gelebt wird. Nach insgesamt acht Songs, die einen Querschnitt aus fünf Alben bieten, und einer guten halben Stunde Spielzeit, ist leider schon wieder Schluss mit den fünf gut gelaunten Finnen.

The Black Dahlia Murder, benannt nach einem nie aufgelösten, mysteriösen Mordfall im Los Angeles der 40er Jahre (Brian De Palma verfilmte 2006 den Stoff als Hollywoodkrimi), liefern ebenfalls eine druckvolle Show ab. Die Band ist spätestens seit ihrem fünften Album Ritual von 2011 eine der bekanntesten amerikanischen Extreme Metal Bands und dass sie hier als Supportact oder Co-Headliner für Insomnium spielen, wertet die gemeinsame Tour schon ein Stück weit auf. Das Markenzeichen der fünf Detroiter ist eine Art Untergenre oder vielmehr eine Fusion aus Anteilen verschiedener anderer Metalgenres. Zwar hauptsächlich als Melodic Death Band gehandelt, beinhaltet ihr Repertoire viel mehr. Denn auch Anleihen vom Technical Death, Metalcore und Mathcore sind fester Bestandteil der Struktur vieler Songs der Band und zeigen schon, dass es hier nicht um stumpfes Gegrinde geht, sondern dass technische Finesse auch eine Rolle spielt. Brian Eschbach, Hauptsongwriter und neben Trevor Strnad einzig verbliebenes Gründungsmitglied, dürfte für diese besondere Mischung, die den Black Dahlia Murder Sound ausmacht, hauptsächlich verantwortlich sein.

Lead-Gitarrist Brandon Ellis, seit 2016 dabei und damit der jüngste Bandzugang, beherrscht seine Passagen: großartige Soli, die zu den Höhepunkten einzelner Songs gehören – und Sänger Trevor Strnad blüht sowieso auf der Bühne richtig auf. Mit voller Inbrunst schleudert er die Texte der ersten beiden Songs Widowmaker und Jars ins Publikum, beide vom letzten Album Nightbringers, das – im Oktober 2017 veröffentlicht – mittlerweile auch schon gut zwei Jahre auf dem Buckel hat. Und nun ist der Saal auch richtig gut gefüllt. Da sind doch noch viele während oder nach Stam1na angekommen. Die Stimmung ist erwartbar gut. Haare kreisen und Nacken werden ordentlich verrenkt. Trevor Strnad keift seine Texte aggressiv ins Mikro und verleiht den Songs damit zusätzlichen Druck. Hinter den Drums schuftet Alan Cassidy und bildet zusammen mit Basser Max Lavelle die Rhythmusgruppe. Letzterer kann sich auch in einigen kurzen Soloparts entsprechend austoben.

Die Setliste besteht natürlich hauptsächlich aus Songs des letzten Albums. Neben den beiden schon genannten werden noch Martriarch, Nightbringers, As Good As Dead und Kings Of The Nightworld gespielt und damit zwei Drittel des Albums. Das mitten im Set gespielte, ältere What A Horrible Night To Have A Curse vom 2007er-Album Nocturnal verwendet übrigens den Namen des Demoalbums der Band, dass sie 2001 selbst aufgenommen hatte, um sich damit bei Plattenlabels vorzustellen. Beim Solopart von Everything Went Black können Brandon Ellis und Rhythmus-Gitarrist Brian Eschbach noch einmal richtig aufdrehen und technisches Gefrickel mit großartigen Melodiebögen verbinden. Auch die beiden gespielten Songs Warborn und Deathmask Divine stammen von diesem Album. Damit haben sich The Black Dahlia Murder bis ans Ende ihrer Setlist vorgearbeitet, der Schweiß läuft bei Musikern und dem Publikum in den ersten Reihen in Strömen, die Stimmung ist gelöst und die Band verabschiedet sich, nicht ohne vorher noch auf den Hauptact des Abends hingewiesen zu haben.

Und nun der Headliner: Insomnium. Wer die Finnen kennt, weiß, dass sie keine große Show auffahren, sondern einfach nur ihre Musik spielen. Um ihre epischen und melancholischen Songs die nötige Fülle zu verleihen, arbeiten sie mittlerweile mit drei Gitarren. Dazu wurde Jani Liimatainen, Tourgitarrist und dabei bisher temporärer Ersatz für Ville Friman, der als Doktor der Evolutionsökologie natürlich auch Zeit für seine Dozentenstelle an der Universität York benötigt, als festes fünftes Mitglied der Band aufgenommen. Für die diesjährige Tour Like A Grave spielt er auch gleich wieder anstelle von Ville Friman. Jani Liimatainen, 1995 Mitgründer von Sonata Arctica, hat hier also eine neue Heimat gefunden. Die Setlist des Abends erweist sich als gut durchgemischte Sammlung von Songs der Alben seit Above The Weeping World von 2006. Natürlich liegt der Schwerpunkt beim aktuellen Longplayer Heart Like A Grave. Es beginnt mit Valediction, gefolgt von Neverlast, nach dem Album-Intro die ersten beiden Songs der aktuellen Scheibe. Während Valediction als erste Singleauskopplung noch vor Release des Albums Lust auf mehr machen sollte, handelt es sich bei Neverlast um einen von zwei Songs, an denen auch das neue Bandmitglied Jani Liimatainen mitgeschrieben hat.

Es folgen Into The Woods aus dem Album Across The Dark, eine Hymne auf die Kraft, die in der Einsamkeit der Natur liegt und Through The Shadows von One For Sorrow. Ein Song, der schon durch seine Melodik zeigt, dass das Leben ein Auf und Ab von Scheitern und Triumph ist. Auch dieser Song wurde damals als Single mit eigenem Video veröffentlicht. Pale Morning Star aus dem aktuellen Album beschreibt das Gefühl des Abschieds. Ein Thema, das die Band in vielen ihrer Songs immer wieder neu interpretiert. Markus Vanhala und Jani Liimatainen an den Gitarren können sich auch bei diesem Song als ein eingespieltes Team präsentieren. Change Of Heart führt dann wieder zurück ins Jahr 2006 (Album Above The Weeping World). Mit And The Bells They Toll und Mute Is My Sorrow präsentiert die Band wieder aktuelles Songmaterial. Gerade Ersteres gehört für mich persönlich zu den eher schwächeren Songs des neuen Albums. Aber da hat jeder einen anderen Geschmack.

Die Fans, die den Felsenkeller gut füllen, haben ihren Spaß an den gut gelaunten Finnen. Sänger und Bassist Niilo Sevänen hat das Publikum in der Hand und führt mit kurzen, lockeren Ansagen souverän durch die Show. Mit Ephemeral folgt dann noch ein Song, dessen Veröffentlichung noch nicht ganz so lange her ist (2014, Album Shadows Of The Dying Sun). Als Niilo Sevänen gut gelaunt nachfragt, was denn das Publikum sich noch für einen Song als Zugabe wünscht, kommt von dort halb im Scherz gemeint zurück: Winter’s Gate. Das wäre sicher schön, aber die Tour, auf der dieses Mammutwerk aufgeführt wurde, liegt schon einige Jahre zurück. Daher wird In The Groves Of Death als letzter Song des regulären Blocks gespielt, ehe sich die Band nicht lange bitten lässt und für eine Zugabe zurück auf die Bühne kommt.

Das großartige The Primeval Dark mit dem darauf folgenden While We Sleep sind die ersten beiden Songs des Albums Shadows Of The Dying Sun von 2014 und bilden eines der besten Album-Intros der Band, denn fast seit Beginn zeichnet die Longplayer von Insomnium aus, dass sie mit einem sich langsam steigenden Intro anfangen, das dann nahtlos in den nächsten Song übergeht und beide zusammen den ersten Höhepunkt eines Albums bilden. Als besonderen Spaß spielen die Finnen als Nächstes noch eine Akustikversion von One For Sorrow, dem Titeltrack des 2011 veröffentlichten Insomnium Albums. Passend mit Cowboy-Hüten ausstaffiert, sitzen Markus Vanhala und Jani Liimatainen nebeneinander mit Akustikgitarren bewaffnet auf der Bühne, als ob es irgendeine Bar im Mittleren Westen der USA wäre. Drummer Markus Hirvonen und Niilo Sevänen räumen dafür ihre Plätze. Und nach dieser Einlage folgt dann als Höhepunkt und Abschluss der Titeltrack des aktuellen Albums Heart Like A Grave wieder in voller Besetzung. Das Konzert ist vorbei und Insomnium verabschieden sich bis zur nächsten Tourstation.