April Art – Rodeo

Für diesen wilden Ritt besteht Helmpflicht

Artist: April Art

Herkunft: Hessen, Deutschland

Album: Rodeo

Spiellänge: 36:18 Minuten

Genre: Modern Metal, Alternative Rock

Release: 04.10.2024

Label: Reaper Entertainment

Link: http://www.april-art.de

Bandmitglieder:

Gesang – Lisa-Marie Watz
Gitarre – Julian Schuetze
Bassgitarre – Chris Bunnell
Schlagzeug – Benjamin Juelg

Tracklist:

  1. Rodeo
  2. Burn
  3. Who I Never Meant To Be
  4. Not Sorry
  5. On Your Side
  6. Jackhammer
  7. Let Em Go
  8. Head Up High
  9. Not Afraid
  10. Not Sorry (acoustic)
  11. Change Part II

Es war Liebe auf den ersten Blick, als April Art auf dem Rock In Rautheim Anfang Mai in mein Leben traten. Es passiert mir äußerst selten, dass ich von einer Band vor einem Livekonzert wirklich nur den Namen gehört habe, jedoch keinen Song. Vom lieben Kollegen Lars wurde ich bereits vorgewarnt, denn bei ihm hinterließen die Jungs und das Mädel in Rot bereits auf dem Rockharz Festival 2022 einen bleibenden Eindruck. Und wie war das Live-Erlebnis? April Art sind auf der Bühne wie eine Tüte Flummis auf Koffein, haben dazu ein enorm hohes Skilllevel, sind laut Frontfrau Lisa „scheiße fleißig“, wenn es um ihre Band geht und schaffen es, dass das Publikum Spaß hat und springt, springt, springt. „Rocksport“ nennen es die vier Freunde, die erst kurz nach dem grandiosen Auftritt in Rautheim ihren Deal mit Reaper Entertainment bekanntgaben. Zuvor veröffentlichten die Hessen bereits die Alben Rise & Fall (2019) und Pokerface (2022) in Eigenregie. Und da sind wir auch schon beim Stichwort: Obwohl die Band mit Reaper jetzt ein Label im Rücken hat, stechen sie durch ihre DIY-Attitüde hervor. Auch das vorliegende dritte Album Rodeo ist im bandeigenen Studio von Drummer Ben entstanden.

Was macht den Sound von April Art so einzigartig? Die perfekte Schnittmenge zwischen Modern Metal und Alternative Rock ist live auf den Punkt gespielt, macht enorm viel Spaß und hat in der heutigen Zeit mal ausnahmsweise keine Harsh Vocals an Bord. Versteht mich nicht falsch, denn ich liebe alles, was schreit und grunzt und dabei gut gemacht ist. Dennoch ist es eine willkommene Abwechslung, eine echte Rockröhre kombiniert mit harten modernen Klängen serviert zu bekommen. Live und Konserve sind ja bekanntermaßen zwei Paar Schuhe, deshalb bleibt nur noch eine Frage offen: Bestreiten April Art dieses Rodeo auf einem müden Pony oder doch auf einem wilden Hengst?

Quelle: Reaper Entertainment

Die Drums donnern, ein fettes Riff schleicht sich langsam an und schon im titelgebenden Opener Rodeo wird klar, dass hier nicht lange gefackelt wird. Der erste von vielen Ohrwurm-Refrains wird heiß serviert und der hausinterne Sound dröhnt deutlich stärker als auf dem Vorgängeralbum aus den Boxen. Der Kopf wechselt zwischen wildem Headbanging und lässigem Hin- und Her-Grooven. Kurzes Maschinengewehr-Stakkato im Stil des frühen 2000er Metalcore und ich grinse wie ein Honigkuchenpferd. „Let’s start the show, welcome to the rodeo.“ Brutal starker Auftakt. Der nächste Titel Burn verrät schon, dass es hier nicht im Schritt, sondern im Galopp weitergeht. An schlechten Tagen einfach mal alles in Schutt und Asche legen? Why not? Deutlich melodischer gehen die Riffs zu Werke und für ein paar „Haare-auf-der-Brust-Schweinerock-Soli“ ist sich Gitarrist Julian auch nicht zu schade. Die Drums pumpen kurz im Mitklatsch-Rhythmus, bevor es zum Breakdown in den Keller geht. Was bleibt noch zu sagen? Ach ja, April Art servieren erneut einen unwiderstehlichen Refrain.

Kommt ran, Freunde, hier gibt es 25 Prozent gratis on top, was die Melodien angeht. Who I Never Meant To Be strotzt nur so vor Abwechslung. Smoothe Soli, dicke Riffs, variabler Gesang, eine Prise Melancholie und fertig ist der April-Art-Cocktail. Not Sorry hingegen ist eher ein Old Fashioned – um im Cocktail-Jargon zu bleiben – hat aber dennoch einen modernen Touch. Mit den gerappten Zeilen „You’re right about one thing. Yeah, I am a troublemaker and you can watch me rising high like a skyscraper“ grüßt Lisa alle Hater mit erhobenem Mittelfinger. Erneut packe ich beim eingestreuten Solo meine Luftgitarre aus. Nein, der Band muss wirklich nichts leidtun. Wer so einen Hit schreibt, der hat recht. Bis hierhin kann ich mir alle Songs im Live-Szenario vorstellen.

Deutlich gemächlicher startet On Your Side und hat – keine Überraschung – wieder eingängige Hooks am Start. Das tighte Gitarrenspiel holt mich wieder auf ganzer Ebene ab, lediglich das hohe Energielevel der vorherigen Songs sagt mir etwas mehr zu. Ihr wollt Energie? Ihr bekommt ein Kraftwerk! Wie gut Jackhammer live funktioniert, davon konnte ich mich bereits in Rautheim überzeugen. Am Tag ihres Auftritts feierte die Nummer Premiere. Das Riffing ist wieder deutlich zeitgemäßer, mehr und mehr Elektrosounds verschaffen sich Gehör und dann dieser Schlachtruf: „RoRoRo – I got that Rock ’n‘ Roll.“ Der massive Rap-Part bläst mir das Cappy vom Kopf. Wie sagte mein Kumpel neulich auf einer gemeinsamen Autofahrt so treffend: „Das ist aber auch ein verdammter Ohrwurm!“ Dem bleibt nichts hinzuzufügen.

Etwas düsterer als erwartet schleicht Let Em Go durchs Unterholz. Ein bisschen Eskalation hier, ein bisschen verfremdeter Gesang dort. Ganz schön auf Krawall gebürstet, das Teil. Ich wittere schon wieder Hitalarm: Head Up High wurde als Single im Juni veröffentlicht und weicht mir seitdem nicht mehr von der Seite. An diesem Punkt des Albums könnte ich den Song fast als eine Art Best-of April Art bezeichnen. Magischer Refrain mit starken Worten, unfassbare Gesangsleistung, variables Tempo mit fancy Riffing, Melodien en masse, ein kleines Akustik-Schmankerl und krasse Moshpit-Action. Ich lieb’s einfach.

Die abschließenden beiden Nummern sind für mich eher als Bonus anzusehen und laufen deshalb außerhalb der Wertung. Not Sorry gibt es hier in einer rein akustischen Version auf die Ohren. Ganz nett, aber für mich nicht wirklich relevant. Den Schlusspunkt setzt Change Part II. Den ersten Teil könnt ihr auf dem Vorgängeralbum Pokerface nachhören.

April Art – Rodeo
Fazit
Freunde, beim Hören des Albums saß ich wie beim Rodeo keine Sekunde still, schrie wahlweise den Himmel oder die Zimmerdecke voller Inbrunst an und hatte so viel Spaß wie lange nicht mehr. Die Band liefert ein rezeptfreies Antidepressivum, eine hohe Dosis Vitamin D, perfekte Musik gegen den Herbstblues, einen Energiedrink auf ex, einfach einen wilden Ritt – und zwar freihändig und rückwärts. Danke, April Art, ihr geilen Schweine – wir sehen uns auf der Tour.

Anspieltipps: Rodeo, Who I Never Meant To Be, Not Sorry, Head Up High und Not Afraid
Florian W.
9
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