Catness: Gastbeitrag zur Band Catness „Crazy – Catchy – Cool“

Der Name setzt sich wie folgt zusammen: Cat + Madness = Catness! Und das passt – irgendwie. Denn hinter dem Wahnsinn verbirgt sich ein Plan. Das zumindest wird mir im Gespräch mit Michél, Sänger und Gitarrist der Band, klar. Denn obwohl sich die Band erst vor vier Wochen der Öffentlichkeit präsentiert hat, wird schon seit Längerem an diesem Projekt gearbeitet. Zuvor waren Martin und Michél bei der Band Enslaved Mirror. Gerade durch das Cover von Psy – Gentleman konnte bereits eine ordentliche, mediale Reichweite verbucht werden. 37.000 Klicks hat das Video hierzu auf YouTube erzielt.

Dass die Death Core-Kapelle dennoch ein Ende fand, lag an den Grenzen, die man sich selbst gesetzt hat. Zu wenig Raum, um sich auszuprobieren, stagnierende, musikalische Entwicklung und zu wenig Eigeninitiative. So verließen die beiden Enslaved Mirror um sich kreativ ausleben zu können. Nun spricht Michél davon, seine „Leidenschaft entdeckt“ zu haben. Er könne viele unterschiedliche Stile in die Musik einfließen lassen. Wenn sie Bock auf Swing hätten, würden Swing Parts geschrieben. Bei Lust auf Rap, Rap Parts. Jazz? Wird sicherlich auch noch folgen.

Das bisherige Artwork, gerade auch das geniale Logo von Catness, kommt aus dem Hause 2Senpai, der hier wirklich großartige Arbeit geleistet. Mit „Al Capone“ und „Coleslaw“, zwei britisch Kurzhaar Kater, wurden zuletzt auch die Rollen als Maskotchen besetzt. Gerade auf Facebook sind sie ein sehr präsenter Bestandteil der Crew.

Fest steht, der Spaß an der Musik und der Kreativität steht im Vordergrund und treibt Catness an. Spielerisch, dabei aber wie selbstverständlich, finden sich Stilbrüche und Kombinationen in der Musik. Und genau diese Mischung sorgt für ihren einzigartigen Sound mit hohem Wiedererkennungswert.

Marketing und Philosophie

Wenn die Katze auch im Namen steckt, taucht sie in der Musik doch höchstens mal als ein dezentes „meow“ auf. Tatsächlich gesteht mir Michél eher ein Hundemensch zu sein. Somit erstreckt sich der Tierwahnsinn derzeit hauptsächlich in der Onlinepräsenz der Band. Die Illustrationen, sowie geschickt platzierte Posts der Maskotchen sind vordergründig. Aber auch in der Kommunikation bleiben Catness in ihrem Element, indem Sätze zum Beispiel mit einem „meow“ beendet werden.

Das ist sympathisch und alles andere als aufdringlich. Ebenso auch die bei Facebook geschaltete Werbung, scherzhaft adressiert an Fans von „Cannibal Corpse, Katy Perry & Beethoven“. Das ist derart random, dass es eine hohe Neugierde weckt. Obwohl im Vorfeld auch der Hinweis erfolgt, dass es das Ergebnis nicht im Geringsten trifft („then click here and you get something completely different“). „Madness“ als Teil des Bandnamens trifft auf das Konzept der Band so gar nicht zu. „Wir zäumen das Pferd von hinten auf“, erzählt mir Michél auf Nachfrage, wann, wie und wo die Band live zu sehen wäre, „ob Catness jemals live spielen wird, steht aktuell nicht auf dem Plan.“ Alles also Schritt für Schritt.

Und das Konzept ist gut angelaufen. Über 1.200 Aufrufe der beiden veröffentlichten Videos in etwas mehr als einem Monat sind großartig – und sprechen für das Produkt! Auch bei Facebook konnten bereits über 400 Abonnenten verzeichnet werden. Weiterhin ist die Band als reines Online-Projekt geplant. Die Musik soll frei erhältlich sein, da die beiden nicht „auf dem Rücken ihrer Fans“ – also durch deren Geld – Aufmerksamkeit und Zuspruch gewinnen möchten.

Zu den Key-Drums, die in den Videos vertreten sind, hat Michél auch eine ganz klare Meinung. „Es ist platzsparend, schneller aufgebaut, bietet mehr Möglichkeiten und dennoch einen fetten Sound“. Ihren Konzerterfahrungen vergangener Tage zu folge, würde es auch positiv angenommen – wenngleich andere Musiker, sowie das Publikum erst einmal kritisch und ablehnend reagieren würden. „Wenn sie dann aber merken, dass der Sound fett ist und es keine Einbußen gibt, gehen sie ordentlich drauf ab.“ Am Ende keimt in mir dann auch doch der Verdacht auf, dass die offensive Leichtlebigkeit Teil des Konzepts ist. Ich vermute, dass die noch offenen Fragen bereits im Stillen beantwortet sind. Doch es ist spannender, hier und da etwas unbeantwortet zu lassen. Es bleibt hierbei nur abzuwarten und zu hoffen, dass ich Recht behalte.

Im vergangenen Jahr wurde bereits viel gearbeitet. Das Songwriting liegt bei Catness fest in den Händen von Michél. Der kreative Mastermind verwendet hierfür verschiedene Methoden. Neben dem klassischen Schreiben „an der Klampfe“, wird auch ein Tabulatorprogramm verwendet. Vorteile hierbei gibt es viele. So kann eine Idee schnell notiert, überarbeitet und ausgebaut werden. So erspart man sich endlose Sessions im Proberaum, bei denen ein Teil wieder und wieder gespielt und umgespielt und ganz anders gespielt werden muss, um das Beste rauszuholen. Außerdem können Tabs verschickt werden, sodass ein produktiver Austausch ohne persönliches Treffen möglich ist. Das treibt die Produktionsrate durchaus nach oben und hat bereits bei Periphery dafür gesorgt, dass das jüngste Album in nur einem Jahr geschrieben, aufgenommen und veröffentlicht werden konnte.

Wortführer bleibt beim Songwriting Michél. Da er auch die Texte schreibt, liegt ihm viel daran, dass seine Visionen am Ende Wirklichkeit werden. Die Lyrics schreibt er klassisch mit Stift auf Papier. Er selbst bezeichnet es als sein „Steckenpferd“. Hierzu braucht er nach eigener Aussage nur „Kopfhörer, ein Bier und [s]einen Balkon“.  Und das Ergebnis ist überwältigend! Ganz anders als eine klassische Aufteilung mit festem Refrain, entführt uns seine Kreativität und fordert uns heraus, nach dem Sinn hinter den Worten zu suchen.

Bemerkenswert ist der Name hinter dem Mixing & Mastering. Denn Young Bros. Productions ist kein geringerer als Dave Young, Gitarrist bei Prog Metal Größe Devin Townsend. Kein Wunder also, dass das Ergebnis für eine derart junge Band solche Perfektion besitzt, dass es beinahe frech ist. Frech nicht zuletzt auch deshalb, weil der Kontakt, welcher bei einem Meet & Greet entstanden ist, zu einer eMail führte, durch die man mit dem eigenen Produkt überzeugen konnte. Simple as that! Die Vorleistung durch Catness sollte jedoch keinesfalls untergeordnet betrachtet werden. Viele Aufnahmen entstehen bei Michél im Homestudio in Bonn, der hierfür über die letzten Jahre nach und nach sein Equipment vergrößert und sich in die Thematik eingefuchst hat. Auch seine klare Vorstellung vom Ergebnis bestimmt am Ende den Sound.

Wie bereits beim Songwriting werden Dateien ausgetauscht und Listen mit Änderungswünschen abgehakt. Michéls Sorge, der anderen Seite mit seinem Perfektionismus auf die Nerven zu gehen, hat ihm Young bereits genommen. Zumal er der Band ordentliche Qualitäten in den ersten Aufnahmen attestiert hat. Auch im Sauerland wird gewerkelt, da hier der Kontakt für die Videoproduktion sitzt. Mit Marius Schulte Media  hat die Band einen weiteren, äußerst kompetenten Partner finden können. Gerade durch die Bild-in-Bild-Technik unterstützt die Firma den Zuschauer beim Verstehen der verschiedenen, musikalischen Ebenen. Dafür ein großes Lob!

Das Ergebnis

Zwei Songs wurden bisher veröffentlicht. Resolution und Never. Land. Das System im chaotischen Stil zu durchschauen, erfordert wiederholtes, aufmerksames Zuhören. Beim ersten Mal wird man von der Musik überrollt. Ein bunter Genremix mit diversen, geschickt platzierten Taktwechseln trifft auf Lyrics, deren Ebene man zuerst überhaupt nicht fassen kann. Direkt keimt ein Gefühl von „das kenn ich doch!“ in einem auf und an diesem Punkt sollte der Vergleich zu System Of A Down nicht weit sein. Dazu tragen nicht nur ähnlich gespielte Gitarren wie etwa im ersten Zwischenspiel von Never. Land. bei. Gerade auch der Bass, der raffiniert immer wieder akzentuiert in den Vordergrund geschoben wird, verstärkt den Vergleich zur Metalgröße.  Überhaupt ist der Bass eine der großen Stärken Catness´. Zu oft wird er bei anderen durch überpräsente Riffs der „Guitar Heros“ oder brachiales Double-Bass-Geballer aus den Ohren der Hörer verdrängt. Martin scheint jedoch deutlich mehr Freiheit genießen zu können. Wer bei Resolution etwa bei Minute 2:10 genau hinsieht, erwischt ihn zum Beispiel bei einem fein getappten Ton, der angenehm im Ohr nachhallt.

Das Geheimnis, wie dem oft belächelten Bass seine Wertigkeit zurückgegeben wurde, liegt insbesondere in den hohen Tönen, verriet mir Michél. Dadurch sei er für den Hörer wieder präsenter. Die Key-Drums haben mich zu Beginn verwirrt den Drummer im Video suchen lassen. Ich bin aber selber schuld, da ich das Intro geskippt habe. Nach mehrfachen Durchhören bin ich jedoch absolut begeistert! Eine einfache und geniale Lösung, gerade für die Aufnahmen. So sieht Innovation im Metal aus! Ich meine, wenn es die Technik erlaubt, warum denn nicht? Es ist immer noch ein Instrument, dass man lernen muss zu beherrschen. Und ich glaube kaum, dass es so leicht geht, wie Alex es in den Videos darstellt.

Auf der anderen Seite mischen Catness hiermit aber auch bestehende Dogmen des Metals auf. Sicherlich wird man dadurch immer wieder anecken. Keine Zweifel habe ich jedoch daran, dass es in der Flut an Befürwortern am Ende unerheblich sein wird.

Zurück zum ersten Hören. Die Gitarre präsentiert sich verspielt. Immer wieder bricht sie in alle Richtungen aus. Kaum möglich, die Raffinesse dahinter direkt in Gänze zu erfassen. Alleine auch deshalb, weil sowohl Rythmus-, als auch Leadgitarre von Michél gespielt werden. Das Auge nimmt also nur einen „Saitenspieler“ (sprich: Gitarristen) wahr. Daher dauert es eben doch etwas, bis alle Informationen in den staubigen, durch 08/15 Metal verkümmerten Hirnwindungen verarbeitet werden und es „klick“ macht.

Zuletzt noch ein Wort zu den Vocals und den Lyrics. Die Art, wie Michél mit seiner Stimme spielt, erinnert fast an eine Rock Oper. Dabei bedient er sich hohen Screams, dezentem Flüstern, brachialen Shoutings, abgedrehten Clear Vocals oder dynamisierenden Rap Parts. Gerade letztere sollten euch eine weitere Assoziation zu den frühen Werken von Slipknot ziehen lassen.

Dabei wird es aber nie so wirr, dass der Track seinen roten Faden verlieren würde. Im Gegenteil! Das auf eine Standardform mit festem Refrain verzichtet wurde, emphasiert viel mehr die Lyrics der beiden Tracks. Und auch nach reichlicher Textanalyse und eindringlichen Fragen wollte mir Catness nicht beantworten, ob es nun ein tieferes Konzept dahinter gibt oder nicht.

Es bleibt also erstmal ein Rätsel. Vielleicht möchten sich die beiden nicht zu früh festlegen, vielleicht ist bereits alles klar. Wer weiß? Als Solches scheinen Resolution und Never. Land. nichts miteinander zu tun zu haben. Gerade aber die erwähnte Präsentation der Lyrics gibt mir das Gefühl, dass hier mehr dahinter steckt.

Fazit

Erfolg buchstabiert man C-A-T-N-E-S-S! Fern der Norm macht die Band das, worauf sie Lust haben – und mischen damit zukünftig garantiert die Metalszene auf!

Ich habe lange darauf gewartet, dass endlich wieder jemand mutig vorangeht, anstelle Altbewährtes neuverpackt wieder ins Regal zu stellen. Solange Catness ihre Lust an diesem Projekt nicht verlieren, werden sie in einigen Jahren auf den großen Bühnen der Festivals stehen. Was ich aber nicht prognostizieren kann ist, ob sich im Pit dann auch um ein überdimensonales Wollknäuel geschubst wird.

Bleibt eigentlich nur eins: Den Videos einen Daumen nach oben zu verpassen und die Jungs bei Facebook zu stalken!

[alert type=red ]Dieser Artikel ist ein Gastbeitrag von Stefan H. www.schlechterstuhl.de[/alert]