Coogans Bluff und Miss Mellow am 26.01.2024 im Feierwerk in München

Mit Posaune und Joint in die Zeitmaschine

Eventname: Coogans Bluff – Tour Balada

Headliner: Coogans Bluff

Vorband: Miss Mellow

Ort: Feierwerk München

Datum: 26.01.2024

Kosten: 20,00 € VVK

Genre: Stoner Rock, Krautrock, Psychedelic Rock

Besucher: ca. 120 Besucher

Veranstalter: Feierwerk München

Link: https://www.feierwerk.de/konzert-kulturprogramm/detail/2024-01-26-tour-balada

Zwei mir völlig unbekannte Bands sind es, die den heutigen Freitagabend zu etwas Besonderem machen sollen. Obgleich nicht jeden Tag auf dem Plattenteller zu finden, gehört Stoner Rock, mit fetten Riffs und ausuferndem Sich-Verlieren im drückenden Saitengewitter, durchaus in die Liste meiner liebsten Genres, Bands wie Kyuss, Los Natas oder auch Necronomicon sind im Plattenschrank ganz vorn einsortiert.

Miss Mellow – 2024-München

Miss Mellow, die pünktlich um 20:30 Uhr die Bühne der Kranhalle entern, sind Vertreter der umtriebigen Münchner Musikszene, gegründet im Jahr 2019, und haben bisher in physischer Form nur das gleichnamige Debüt vorzuweisen. Von eben dieser Platte stammt dann auch – wie ich später in der Pause im kurzen Gespräch mit Sänger und Klampfer Joshua erfahre – das erste Stück des Abends mit dem Titel Update, allerdings als Einziges, die restlichen drei Songs sind entweder nagelneu oder aus Demo-Tagen. Eine Frage, die ebenfalls ungestellt bleibt: Wer ist der junge Mann an Gitarre und Synthesizer, der den abwesenden Junsuke Kondo auf der Bühne vertritt?

Die Mischung aus 60er Jahre Psychedelia, Stoner und Indie Rock findet Anklang, neben der unbestreitbaren Versiertheit der Musiker fällt auch der umfangreiche Zuspruch aus dem Publikum auf, wo andere Vorbands teils in die Leere des Raums performen müssen. Wie es scheint, hat sich für den Auftritt von Miss Mellow eine starke Crowd in Stellung gebracht, hier und da wird grinsend und ausgelassen getanzt.

Staubige Synthesizer-Sounds, E-Gitarre, dazu eine starke Rhythmusfraktion – das Quartett zaubert einen dichten Soundteppich ins Halbdunkel, der teils durchaus weit vor meiner Geburt entstanden sein könnte (auch wenn die verwendete Elektronik natürlich nagelneu ist), mit einem grummelnden Bass und Joshuas markanter Stimme, welche für meinen Geschmack noch etwas vernehmlicher im Mix präsent sein dürfte. Aber vielleicht liegt das auch an meinem Gehörschutz. Zwischen verträumt und treibend geht da ausnahmslos alles, mir schmerzt schon wieder der Nacken und die Menge fordert lautstark eine Zugabe. Keine Chance – der Zeitplan erlaubt keine Ausreißer.

Coogans Bluff – 2024-München

Um Punkt 21:45 Uhr ist es dann Zeit für den Hauptact. Die Rostocker von Coogans Bluff, benannt nach dem 60er-Jahre Streifen von Don Siegel, sind für mich eines der besten Beispiele einer Band, deren Entdeckung man aus unerfindlichem Grund über Jahrzehnte hinweg einfach verpasst hat. Bereits 2003 aus der Taufe gehoben, hat sich das Quintett, bestehend aus den Brüdern Willi und Charlie Paschen an Gitarre und Schlagzeug, Max Thum (Saxofon), Stefan Meinking (Posaune und Synths) sowie Clemens Marasus an Bass und Gesang, zu einem Geheimtipp entwickelt. Die dargebotene Mischung aus Progressive, Soul, Funk und Space-Rock pfeift auf Genreschranken und Denkverbote und unterstreicht das breite musikalische Spektrum und Können der Band. Die aktuelle Tour, deren zweiter Termin die Jungs heute nach München führt, ist in erster Linie der Vorstellung des neuen Longplayers Balada gewidmet.

Der energiegeladene Trip, der nun folgt, nimmt die geschätzt etwas mehr als 100 Besucher mit auf eine anderthalb Stunden dauernde Werkschau, in der neben Songs des neuen Albums vor allem die jüngeren Werke Metronopolis und Flying To The Stars dominieren. Wir hören Gadfly, Sincerely Yours, das Joe Jackson-Cover One More Time, aber auch Beefheart von der Platte Poncho Express, bei dem mich die Stimme von Sänger Clemens, der vor allem über Augenkontakt und Mimik mit dem Publikum kommuniziert, ein bisschen an den großartigen Roger Chapman in Mike Oldfields Shadow On The Wall erinnert.

Coogans Bluff – 2024-München

Vergleiche und Referenzen, um den Sound der Band zu beschreiben, finden sich zuhauf, aber keiner davon wird der Vielfalt und dem Können in vollem Maße gerecht, schon gar nicht, um das unerschöpfliche Feuerwerk an Genres, Stimmungen und Sounds zu erfassen, dass uns um die Ohren gehauen wird. Posaune und Saxofon streuen immer wieder ihre ganz eigenen, betörenden Stimmen ein. Die Brüder an Gitarre und Schlagzeug variieren mühelos zwischen verträumt und entfesselt, was teilweise in ausufernd-ekstatische Instrumentaleskapaden und Soli gipfelt und gern auch mal so klingt, als hätten sich Queens Of The Stone Age heimlich in die Aufnahmen zu Miles Davis‘ Klassiker Sketches Of Spain geschummelt.

Ein vertrauter, süßlicher Duft erfüllt den Raum, und vor der Bühne wird wieder das Tanzbein geschwungen, mit geschlossenen Augen, ganz ergeben der Wirkung der Musik. Als Zugabe gibt es noch No Need (To Hurry Up), Hooray! und Soft Focus auf die Ohren. Danke an zwei tolle Bands und an das Feierwerk München für einen schönen Abend! Zum Glück beginnt das Wochenende erst gerade, die Diskografie von Coogans Bluff nachzuhören wird eine Weile dauern.