“Atmosphären jenseits von allem bisher Erlebten!“
Eventname: Halloween Dudefest
Headliner: Alcest
Vorbands: Mono, Fjort, Syndrome, Hemelbestomer, Flares
Ort: jubez, Karlsruhe
Datum: 31.10.2016
Kosten: VVK 33,- / AK 35,- / Stehplätze, freie Platzwahl
Genre: Post Metal, Post Rock,
Besucher: ca. 250 Besucher
Veranstalter: http://www.jubez.de/
Link: http://www.jubez.de/veranstaltungen/halloween-dudefest?aid=0
Normalerweise ist der 31. Oktober jedes Jahr dem Grusel zugeschrieben – verkleiden, durch die Straßen rennen, Hauspartys oder auf irgendeinem Event in der Stadt. Halloween verläuft in vielen Variationen auf ganz unterschiedliche Art und Weise. Ein Halloween ganz ohne Verkleidungen oder Horrorerlebnisse konnte man im jubez in Karlsruhe erleben. Dort haben sich zum sogenannten Dudefest, welches jährlich zu Halloween stattfindet, mehrere Bands versammelt, um den Oktober mit Musik zu beenden. Was sie alle gemeinsam haben: starke, instrumentale Wirkung! So befinden sich doch die meisten dieser Bands im Genre des Post Metal, verzichten teilweise oder gar ganz auf jeglichen Gesang und verschaffen Atmosphären jenseits von allem bisher Erlebten – ein wahrlich besonderes Halloween.
Der Abend begann mit Flares, einer Gruppe aus Saarbrücken, die gar nicht viel Worte verliert, sondern direkt mit Musik einsteigt. Und obwohl man um kurz vor 6 Uhr abends bei der ersten Band noch keine sonderlichen Erwartungen als Zuhörer hat, so liefert Flares ein stimmiges Set ab, welches komplett auf Gesang verzichtet und lieber mit instrumenteller Vielfalt zu überzeugen weiß. Auch zwischen den Songs verliert die Band keine Worte – das Publikum ist dennoch gebannt, und während der Songs füllt sich der Raum immer mehr.
Nach einer 15-minütigen Pause geht es mit Hemelbestomer weiter. Der kleine Saal des jubez, wo die ersten drei der insgesamt sechs Bands ihr Programm abliefern, ist nun bereits mehr als gut gefüllt, so dass auch genug Leute etwas außerhalb neben der Bar stehen und gebannt den Auftritt erwarten. Hemelbestomer verzichtet wie auch ihre Vorgänger Flares auf den Gesang – die Instrumente sind hypnotisierend genug. Hier wird nicht einfache, schnelle Pop-Musik geliefert und auch kein aggressiver, lauter Metal – vielmehr wird die Musik entscheidend, geduldig und neigt hin und wieder zu Ausbrüchen und Steigerungen. Musik, die nachdenklich macht und berührt.
Dieses Konzept der Berührung wird von Syndrome noch einmal auf eine höhere Stufe gesetzt. Auf der Bühne selbst nur eine Person – in den Köpfen der Zuschauer eine gesamte Welt. Traurig, nachdenklich, ruhig und ganz kleine, gut gewählte Song-Passagen: Syndrome schafft es, tief zu berühren. Hierbei muss auch erwähnt werden, dass es wirklich schade ist, dass manchen Besuchern es ganz offensichtlich an dem nötigen Respekt mangelt, während einem Konzert still zu sein und zuzuhören – Gerede im Hintergrund unterbricht das Gesamtbild und die (eigentlich) unglaubliche Stimmung, die erzeugt wird. Dennoch schafft es Syndrome, eine nachhaltige Wirkung zu hinterlassen, und man weiß, dass der Abend ein besonderer ist.
Eine kleine Besonderheit, und damit auch ein persönliches Highlight, bildet die vierte Band, welche als erste Band im großen Saal des jubez an diesem Abend auftritt: Fjort ist laut, chaotisch und nahegehend. Und worauf die anderen Bands (größtenteils) verzichtet haben, setzt dieses Dreier-Gespann mehr als verstärkt ein: Gesang! Gesang, der berührt. Gesang, der die Gesellschaft und die Welt um uns kritisiert. Von alltäglichem Schmerz, den jeder Mensch einmal empfindet, bis hin zur momentanen, politischen Geschehnissen innerhalb Deutschlands – Fjort hält sich nicht zurück und konfrontiert ihr Publikum mit blanker, nackter Wahrheit. Wahrheit, die zwischen lauten Riffs und ruhigen Klängen transportiert wird und dabei auf keinen Widerstand seitens des Publikums stößt.
Mono ist der erste der beiden Headliner an diesem Abend. Die japanische Gruppe tourt momentan mit Alcest, und so sind natürlich beide auf dem Dudefest vertreten. Und auch wenn Mono leider mit technischen Fehlern zu kämpfen hat, so können sie dennoch mit ihren instrumentellen Klängen überzeugen. Manchmal leise, manchmal laut, aber kontrolliert, nur um dann dennoch völlig auszubrechen, dabei den Zuhörer packt und ihn gegen eine musikalische Wand prallen lässt. Ein Konzert, zum Fühlen und Loslassen. Mono berührt, und man bemerkt, wie sehr ihnen ihre Musik wichtig ist und es auch von ihnen ernst genommen wird.
Als letzte Band, und sicherlich der Höhepunkt des Abends, betritt schließlich Alcest die Bühne. Alcest vereint, was Fjort und Mono ausgemacht haben: Instrumentelle Pracht mit ausgewählten, berührenden Texten. Und trotz der späten Stunde lässt sich das Publikum noch einmal mitreißen, hebt mit Alcest vom Boden ab, und für einen Moment erscheint die Welt innerhalb dieses Saals wie abgeschnitten: komplett für sich und seine Art perfekt. Alcest liefert noch einmal die emotionale Steigerung und vielleicht sogar die Superlative an optimaler Verknüpfung zwischen Instrumentalität und Gesang. Mit Alcest geht um kurz vor Mitternacht ein wahrlich magisches Halloween zu Ende.
Man muss an Halloween nicht immer verkleidet durch die Gegend rennen – in Deutschland wird diesem „Feiertag“ sowieso nicht die Aufmerksamkeit gezeigt, die er in so manch anderen Ländern zu haben scheint. Und so läuft auch das Dudefest in Karlsruhe an diesem Abend ohne Kostüme und Kürbisse, dafür aber in schwarz und musikalischen Erlebnissen, die wohl kein Zuschauer so schnell vergessen wird. Definitiv eine Empfehlung für jeden, der auf eine ordentliche Portion musikalische Darbietung nicht verzichten möchte und sich dabei auch gerne mit Emotionen konfrontiert sieht.
Oder in Worten von Alcest:“ Une prière lointaine que porte le vent du soir“ – Autre Temps