Artist: Falling In Reverse
Herkunft: Las Vegas, Nevada, USA
Album: Popular Monster
Spiellänge: 37:48 Minuten
Genre: Metalcore, Rock, Country, HipHop
Release: 16.08.2024
Label: Epitaph Records
Link: https://fallinginreverse.com
Bandmitglieder:
Gesang – Ronnie Radke
Gitarre und Backgroundgesang – Derek Jones, Max Georgiev, Christian Thompson
Bassgitarre – Tyler Burgess, Wes Horton
Schlagzeug – Luke Holland, Johnny Mele
Tracklist:
- Prequel
- Popular Monster
- All My Life
- Ronald
- Voices In My Head
- Bad Guy
- Watch The World Burn
- Trigger Warning
- Zombified
- No Fear
- Last Resort (Reimagined)
Was ist ein Album? Eine Zusammenstellung neuer Songs, von denen einige schrittweise als Singles veröffentlicht werden, bevor irgendwann die restlichen zwei Drittel als gebündeltes Ganzes erscheinen?
Das mag in den vergangenen Jahrzehnten Gang und gäbe gewesen sein, doch 2024 scheint ein neues Konzept langsam aber sicher vom Hip-Hop in den Metal hinüberzuschwappen: Als am vergangenen Sonntag Popular Monster von Falling In Reverse erschien, wurde der Metal-Welt ein Paradebeispiel vor die Nase geklatscht, das verdeutlicht, welch lebloses Format das Medium Album wohl in Zukunft annehmen wird: Ganze vier der elf Songs, von denen das letzte auch noch ein Cover ist, sind dem Hörer neu, während die restlichen allesamt bereits Hunderte Millionen Streams auf Spotify und anderen Plattformen sammeln konnten in den Jahren (!), in denen sie bereits der Öffentlichkeit zugänglich sind.
Der Megamind des Metal, Ronnie Radke, seines Zeichens Sänger, Frontmann und Kern der One-Man-Show namens Falling In Reverse, Genie und Wahnsinn gleichermaßen in Person wie Labertasche und Cancel-Culture-Meckerich vor dem Herrn, hat also wieder zugeschlagen, und während dieser neue Streich in seiner recht enttäuschenden Veröffentlichungsform zwar durchaus berechtigte Kritik einfährt, ist der musikalische Gesamteindruck des Werks durchaus bemerkenswert.
Ronnie stellt auf Popular Monster eindrucksvoll die ganze stilistische Bandbreite seines Portfolios unter Beweis, von Country bis Rap bis bösester Metal steckt in dem Teil alles drin, und es macht fast durch die Bank Spaß. Vom neuen, bombastisch aufbauenden Prequel, über Erfolgshits wie Popular Monster und Ronald, das völlig aus der Reihe tanzende All My Life mit Country-Legende Jerry Roll, bis zum fulminanten Voices hangelt sich das Album zunächst durch bewährte Streaming-Millionäre, bevor mit Bad Guy mal wieder eine neue Nummer an den Start geht, die eher nach Hommage an MGK klingt: Hip-Hop-Einschlag, lustig, brachial, eingängig. Es folgt der größte Hit der Band, Watch The World Burn, bevor mit Trigger Warning die nächste neue Nummer an den Start geht, die gleichzeitig wohl der größte Schwachpunkt des Albums ist. Auf geschmeidige Shuffle-Grooves packt Ronnie die Rap-Kanone aus, doch das Ding will einfach nicht so richtig zünden. Daran ändert auch ein durchaus fettes Pianosolo nichts. Nach dem ebenfalls bereits zum Hit avancierten Zombified greift Ronnie dann nochmals tief in sein Repertoire an Hasstiraden auf Cancel-Culture und seine Ablehnung gegenüber dem Diskurs über seine Persönlichkeit in den sozialen Medien. Musikalisch gut, aber als Hörer schleicht sich langsam unweigerlich ein „Ja Ronnie, wir haben’s kapiert“ als innere Stimme ein. Das Album schließt mit einem epischen Cover von Last Resort (Papa Roach), von dem sich zwar Papa-Roach-Sänger Jacoby Shaddix bereits beeindruckt zeigte, das aber im Vergleich zu Ronnies eigenen Nummern doch eher schwach rüberkommt.
Alle Songs thematisieren Ronnies Hass auf Cancel-Culture, seinen Umgang und die persönlichen Folgen seines immensen Erfolgs und tragen so zur sicherlich gewollten Legendenbildung seiner Persönlichkeit bei. Ronnie schlägt ganz offen großes Kapital aus seinem Image als Bad Boy, das ganze Album ist dabei ein einziges Bekenntnis an ihn selbst und strotzt nur so vor überbordendem Selbstbewusstsein und Selbstinszenierung. Dass Ronnie darin längst Großmeister ist, ist kein Geheimnis – die Band ist bereits lange eine einzige One-Man-Show und zehrt maßgeblich von einem seltsam-komischen, leicht nervigen und unfassbar aufdringlichen Gelaber, mit welchem Ronnie die sozialen Medien flutet, wenn er sein Account nicht grade wieder gelöscht oder gesperrt wurde. Begleitet wurde der Release-Tag nämlich von einer solchen Sperrung auf Instagram, und nachdem einflussreiche Musikreporter wie der mit Ronnie befreundete Brian Storm (Rock Feed) sich an der endlosen Werbung fürs Album erschöpft hatten, gab das Social-Media-Debakel am Veröffentlichungstag den nächsten Anlass zur endlosen Berichterstattung über Ronnie und die Cancel-Culture, um die sich ironischerweise ja auch das Album inhaltlich komplett dreht („They tried to silence me again, but I’m back Mothaf*kkaz“). Ein Schelm, wer hier einen PR-Stunt vermutet …