Pantera: 30 Jahre Cowboys From Hell

It's Domination

Am 24. Juli 1990 erblickt mit Cowboys From Hell von Pantera ein Album das Licht der Welt, dessen immensen Einfluss auf die Musikwelt zum Zeitpunkt der Veröffentlichung noch niemand erahnen kann. Es handelt sich bereits um Panteras fünftes Studioalbum, die vier Vorgänger konnten den vier Texanern nicht den erhofften Durchbruch bescheren. Während der Sound der ersten Alben vor allem im Glam Metal angesiedelt ist, ändert die Band um Gitarrenheld Dimebag Darrell ihren Sound auf Cowboys From Hell und wird deutlich roher und schneller. Die Vocals sind rauer, die Riffs härter und vor allem die Gitarrensoli sollen für immer in die Geschichtsbücher eingehen.

Anfang der 90er-Jahre zeigt die Thrash Metal Szene erste Ermüdungserscheinungen. Die glorreichen 80er sind vorbei und spätestens ein Jahr später neigt sich das goldene Zeitalter mit Veröffentlichung von Metallicas Black Album (1991) für die meisten Fans endgültig dem Ende zu. Zu diesem Zeitpunkt kommen Pantera mit ihrer frischen Interpretation des Genres genau richtig. Was noch niemand ahnt: Mit Cowboys From Hell sollen Pantera zur Speerspitze des Groove Metal bzw. Neo Thrash werden – jene Genres, die Ende der 90er und Anfang der 2000er das Vorzeigeobjekt der Metalszene sind. Unzählige Bands, die heute als feste Größen des Metals bezeichnet werden, hätte es ohne Pantera nicht gegeben: Machine Head, Sepultura, Fear Factory, Devildriver, Lamb Of God, Five Finger Death Punch oder Soulfly wurden alle maßgeblich von Pantera beeinflusst. Auch, wenn das Nachfolgealbum Vulgar Display Of Power (1992) musikalisch einen noch stärkeren Einfluss auf die Metalwelt haben wird, ist der Einfluss von Cowboys From Hell vor allem auf die Metal-Subkultur unverkennbar.

Songs wie der Titelsong, Cemetery Gates oder Domination sind bis heute absolute Klassiker des Genres und dürften jedem ein Begriff sein. Allerdings müssen sich auch Songs wie The Art Of Shredding, Message In Blood oder Psycho Holiday nicht vor den großen drei Songs des Albums verstecken. Das Album in seiner Gesamtheit ist ein Meisterwerk, das zu recht Gold- (UK) und Platin-Status (USA) erreicht hat.

30 Jahre später lässt sich festhalten, dass nicht nur der musikalische Einfluss des Albums enorm ist. Auch kulturell haben alle Mitglieder einen unglaublichen Einfluss auf die Musikszene, wie wir sie kennen – der beste Indikator: Cowboys From Hell ist mittlerweile ein geflügelter Begriff, der sich etabliert hat. Bassist Rex Brown macht oder machte unter anderem in Bands wie Down, Kill Devil Hill oder Crowbar weiter Musik. Sänger und Frontmann Phil Anselmo gilt mittlerweile als einer der einflussreichsten und charismatischsten Sänger des Genres, zeigt sich maßgeblich für die Bands Down und Superjoint Ritual verantwortlich und sorgt auch außerhalb der Musik für – nicht immer positive – Schlagzeilen. Als wichtigste Hinterlassenschaft der Band gelten allerdings zwei Männer, die mittlerweile nicht mehr unter uns sind: die Abbott Brüder Vinnie Paul und Dimebag Darrell. Die Geschichte von Dimebag, in der er auf tragische Weise bei einem Konzert seiner Band Damage Plan auf der Bühne erschossen wird (2004), wurde bereits unzählige Male erzählt, sein Bruder Vinne Paul starb im Jahr 2018 an einem Herzinfarkt.

Die beiden Brüder gelten unter befreundeten Musikern als enorm sympathische und freundliche Menschen und werden in jeglichen Erzählungen und Interviews unglaublich positiv dargestellt. Aber auch für ihr Handwerk haben sie sich eine großartige Reputation erarbeitet. Vinnie Pauls unverkennbarer Groove ist bis heute legendär. Dimebag Darrell gilt als einer der größten Gitarristen aller Zeiten und hat mit seinem unverkennbaren Stil und seinem unbegreiflichen Talent unzählige Gitarristen beeinflusst und inspiriert. Seine Legacy wird heute unter anderem in Form seiner Signature-Gitarre aufrechterhalten, von seinem einzigartigen Sound, der heute noch regelmäßig als Maßstab für Produzenten genutzt wird, ganz zu schweigen. Dimebags Soli und Songs werden posthum so häufig gelobt, wie die kaum eines anderen Künstlers. Besonders erstaunlich ist, dass sich sein Gitarrenspiel auch über die Genregrenzen hinweg großer Beliebtheit erfreut. So wurde zum Beispiel das Solo zu Cemetery Gates von Lesern der Guitar World auf Platz 35 der 100 besten Gitarrensoli aller Zeiten gewählt. Eben jenes Magazin wählte Cowboys From Hell zusätzlich auf Platz 11 der 100 besten Gitarrenalben aller Zeiten.

Dieser Artikel kann nur versuchen, das Vermächtnis von Pantera in Worte zu fassen. Jeder Metalhead kennt die Songs, jeder Gitarrist kennt Dimebag Darrell und auch ihr Einfluss über die Metalgrenzen hinaus ist nicht zu verachten. Cowboys From Hell ist der Meilenstein, der dieses Vermächtnis eingeleitet hat.