Festivalname: Party.San Metal Open Air 2024
Bands: Abbath, Afsky, Alkaloid, Akhlys, Anaal Nathrakh, Bastard Grave, Batushka, Behemoth, Bewitched, Broken Hope, Blood Fire Death, Cloak, Darkened Nocturn Slaughtercult, Disentomb, Enthroned, Eternal Champion, Grima, Hate, Hellripper, Heretoir, Horresque, Imha Tarikat, Incantation, Iron Walrus, Konvent, Kraanium, Left To Die, Legion Of The Damned, Los Males Del Mundo, Malphas, Mephorash, Necrot, Nervo Chaos, Neon Est Deus, Obscura, Obscurity, Paradise Lost, Phantom Winter, Regarde Les Hommes Tomber, Rope Sect, Sacramentum, Sadus, Schammasch, Sodom, Sodomized, Stillbirth, Sulphur Aeon, Solstafir, The Black Dahlia Murder, Terrorizer, Unto Others, Ultha, Ulthar, Varathron, Vltimas, Vorga, Wilt
Ort: Schlotheim, Flugplatz Obermehler
Datum: 08.08.2024 – 10.08.2024
Kosten: ab 135,70 Euro
Genre: Extreme Metal, Death Metal, Black Metal, Doom Metal, Thrash Metal, Heavy Metal
Besucher: ca. 10.000 Besucher
Veranstalter: Party San GmbH
Link: https://www.party-san.de/
Autoren des heutigen Tages: Markus P. und René W.
René W.: Der erste Tag ist wie im Fluge vergangen. Sowohl auf der Mainstage als auch im Zelt haben die Bands mit ihren Shows für Furore gesorgt. Auch wenn wir uns hauptsächlich an der Hauptbühne aufhalten, war jeder Blick ins Zelt jeden Schritt wert. Heute stehen dort die nächsten Acts auf dem Plan. Der Sound ist gut, die Atmosphäre gedrückt und die Party hart. In den letzten Jahren hat sich das Zelt mehr als etabliert und gehört zum Party.San einfach mit dazu. Bevor es auf der kleinen Bühne erst mal mit Cloak laut wird, gibt es schon ein buntes Treiben unter freiem Himmel.
Der traditionelle Grindcore- bzw. Goregrind-Freitagsopener 2024 hört auf den Namen Stillbirth. Die Band aus Hagen bringt einen Cocktail aus Brutal Death Metal/Grindcore zum Tragen. Mit den bunten Hemden, Badehosen und Surfbrettern bestens auf das gute Wetter vorbereitet, lassen sie nichts anbrennen. Die Meute zieht direkt in einen wilden Circlepit. Mit Seifenblasen, bunten Kostümen und einem handzahmen Dino geht die Post ab. Mit altem Liedgut bestückt, bricht ein Gewitter nach dem anderen auf das Publikum. Schmand An Der Hand lässt die Hände in die Luft fliegen. Die exzessive Party um 12 Uhr mittags dürfte ganz sicher früh am Tag erste Opfer fordern. Die Krüge werden schnell geleert, während Stillbirth zweimal die gleiche Nummer anstimmen, nur um im zweiten Durchlauf noch schneller in die Instrumente zu schlagen. Steuerklasse 1 zieht jeden noch den letzten Euro aus der Tasche, bis der Spuk nach 40 Minuten erfolgreich sein Ende findet.
Markus P.: Nach dem kunterbunten Treiben der Grindcoremeute wird es deutlich ernsthafter. Die gleichfalls aus Deutschland stammenden Obscurity zeigen uns für die nächsten 45 Minuten, dass auch im Bergischen Land massive Hiebe mit dem Kriegshammer verteilt werden. Leute, euch haben Bands wie Amon Amarth mittlerweile an Bedeutung eingebüßt? Varg ist für euch nur eine Ansammlung von Plattitüden? Dann hoffe ich mal, dass ihr Freitagmittag auf dem PSOA-Infield gewesen seid, um diesem feinen tiefschwarzen paganen Metal made in North Rhine-Westphalia zu huldigen. Die Velberter sind nicht nur auf ihren vielen Platten saugeil, sondern machen auch live eine extrem gute Figur. Ist eigentlich etwas schade, dass nicht mehr Zuschauer diesem tollen Auftritt beigewohnt haben, Bands mit so viel Bühnenengagement haben definitiv mehr verdient.
René W.: Die Belgier Enthroned sollten allen Black-Metal-Anhängern ein Begriff sein, auch wenn das letzte Album Cold Black Suns nicht an den Vorgänger Sovereigns herankommen konnte. Die Formation hatte in den Neunzigern ihre bislang stärkste Phase. Seit 2012 machen sich Nornagest und Co. rar. Alle fünf Jahre ein Album, und das nächste ist längst überfällig, spielt dem Quartett nicht wirklich in die Karten. Das Ergebnis zeigt sich auch heute: Stage Time 14 Uhr dürfte nicht der Anspruch von Enthroned sein, was vom Veranstalter aus jedoch völlig gerechtfertigt ist, schließlich kann man nicht auf einen Namen bauen, der immer wieder aus den Augen verloren wird. Wiedergutmachung ist angesagt, fiese Attitüden überziehen das Gelände. Schnelle Riffs greifen in einen brachialen Sound. Den Dampfhammer sofort ausgepackt, bieten sie mit ihrem Corpse Paint auch was fürs Auge. Das Setting sorgt für eine drückende Stimmung trotz der tageszeitlich bedingten hellen Umgebung. Sepulchred Within Opaque Slumber geht vorwärts und nimmt das Publikum mit. Die starken Growls dringen mehrstimmig aus den Boxen und Through The Cortex zündet ein kleines Feuerwerk. Ein gelungener Gig, von dem man in den nächsten Monaten mehr sehen möchte, am besten mit neuen Kompositionen.
Markus P.: Afsky haben Anfang des Jahres in einem befreundeten Club gespielt, aber diesem Gig konnte ich aus verschiedenen Gründen nicht beiwohnen. Freunde von dort haben mir das dänische Ein-Mann-Projekt von Ole Pedersen Lud dringend ans Herz gelegt, daher ist mir die nachmittägliche Anwesenheit auf dem Platz schon beinahe ein Herzenswunsch. Natürlich geht es live nicht nur mit einem Musiker, daher stehen insgesamt fünf Musiker auf der Bühne, die zunächst mit eher zähem, doomigem Material aufwarten, was aber nach einer Weile in frostiges Schwarzmetall wechselt, begleitet von schmerzerfülltem, schreitendem Gesang. Das Ganze wechselt immer mal wieder in doomige Sphären, das Gesamtkunstwerk ist aber auf jeden Fall extrem hörens- und sehenswert. Ein ganz kleines Manko sind die gelegentlich auftretenden kurzen Aussetzer der PA. Und warum während des letzten Showdrittels so viele Zuschauer den Platz verlassen, entzieht sich völlig meinem Verständnis, was zur Hölle ist los mit euch?
Die Zuschauermenge bleibt auch bei Sacramentum auf diesem niedrigen Niveau, obwohl zumindest rein musikalisch das gebotene Programm exzellentes Material bietet. Den propagierten Death-Anteil vermisse ich zwar großteils, aber das Schwarzblech schwingt weitestgehend im von mir geliebten melodischen Sektor. Kann mir einer erklären, was die Gesten des Frontmanns bedeuten sollen? Gebärdensprache? Dirigiert er? Oder faltet er gedanklich Origamifiguren? Ich finde das wirklich sehr sonderbar. Klingen tut das Ganze zwar alles super, aber da die Band schon seit vielen Jahren extrem veröffentlichungsfaul zu sein scheint, gehe ich davon aus, dass Sacramentum auch die Live-Routine fehlt, anders kann ich mir die fehlende Kompaktheit der Show nicht recht erklären. Hab die Band zum ersten Mal gehört und würde jetzt nicht unbedingt auf die Jagd nach Platten gehen wollen, auch wenn’s nicht schlecht klingt. Trotzdem werd ich den Bandnamen mal auf mein Radar setzen, wer weiß, ob die sich (wieder?) fangen.
René W.: Ganz anders gehen da Bewitched zur Sache. Das schwedische Urgestein ist Feuer und Flamme, das letzte Mal vor geschlagenen 17 Jahren auf dem Festival anwesend, damals noch in Bad Berka. Auf der Anreise haben die Skandinavier Pech und stehen, wie schon andere Bands in diesem Sommer, ohne ihre eigenen Instrumente auf der Open-Air-Bühne da. Netterweise überlassen Sacramentum ihnen das nötige Material, um auftreten zu können. Ein Handicap für Marcus „Vargher“ Norman, welches kein Grund zum Verzagen ist. Mit viel altem Material angereist, schließlich gibt es in den letzten fast 20 Jahren nichts Neues, bringen sie ein Old-School-Set auf die Bretter. Der rohe Thrash Metal bekommt Black-Metal-Flügel und zieht pfeilschnell gen Himmel. Hellcult und Sabbath Of Sin bereichern die Darbietung, die alles andere als eingerostet ist. Schade, dass auch diese Formation seit Jahren nichts Neues auf einen Silberling gebracht hat. Das Duo Kristofer „Wrathyr“ Olivius und Marcus „Vargher“ Norman ist stark und weiß, wie man mit ranzigen Lederstiefeln fest in Ärsche tritt. Vielleicht sorgt die positive Resonanz für einen Neustart. Ansonsten gibt es noch lange Spiritual Warfare und Rise Of The Antichrist auf den Horchlappen.
Kraanium versprühen mit der Scriptures Of Vicennial Defilement“-Brechstange im Gepäck so viel Hass, dass selbst der Himmel ein paar Tränen fallen lässt. Der brutale Death Metal mit Slam- und Grind-Einflüssen hat alles, nur keinen Humor. Double Barrel Penetration und Massive Piles Of Festering Remains unterstreichen diese Thesen. Zum Lachen gehen Kraanium maximal in den Keller. Kurze und knappe Stücke lassen tief in die bösesten Gründe des menschlichen Denkens blicken. Deftige Hooks, Bree-Bree-Riffs und permanent gurgelnde Vocals lassen vielfältige Tanzbeine schwingen. Kleine Pits, eine hohe Moshbereitschaft und hartes Gehacke sind die Folge. Weniger Karneval als bei Stillbirth heute Morgen, dennoch ist ein buntes Treiben vor der Bühne zu erkennen. Für das Death- und Grind-Lager stehen die Headliner in diesem Jahr nicht ganz so hoch im Kurs. 2024 hat der Black Metal die Nase vorn, was dem gemischten Treiben aus Thrash, Extreme Metal, Death Metal, Grind und Black Metal keinen Abbruch tut. Gemeinsam auf der Kacke hauen können die Partysanen, und davon profitieren nicht nur Kraanium – auch im Zelt geht es bei Los Males Del Mundo und Nervo Chaos zur gleichen Zeit zur Sache. Brathahn Statt Satan ist genauso Tradition wie der Hellburger. Nochmal zurück zu Kraanium, die ein amtliches Brett mit Midget Fucker in die Röhre schieben. Abgefeuert und abgefeiert Punkte sterben in allen Winde verstreuten Musikern auf ganzer Linie.
Markus P.: Incantation hab ich viel zu lange nicht mehr live genießen dürfen, umso größer ist schon seit Wochen die Vorfreude auf diesen Abend. Das Intro wabert wie ein unheiliges Gebet über den noch trockenen Platz, danach kotzt John McEntee, letztes verbliebenes Bandurgestein, mit finsterem Gebölke die ersten Songs auf die Bühnenbretter. Feinster Death Doom, der an Asphyx unter Martin van Drunen erinnert. Das Publikum frisst den Amis brav aus der Hand und schüttelt das Haupthaar zu den Songs aus beinahe jeder Schaffensphase der Band. Als Incantation ihrem langjährigen Tontechniker Blissful Bloodshower widmen, bricht ungeheurer Jubel im Auditorium los. Diese knapp einminütige vertonte Gewaltorgie bringt die Gemüter flächendeckend noch mal extra zum Kochen. Auf einmal geht, nicht ganz unerwartet, ein ordentlicher Regenguss über dem Platz nieder und der letzte Abschnitt des Gigs verläuft mit erfrischendem Nass, was die meisten jedoch nicht im Geringsten zu stören scheint. Metaller sind so was halt gewohnt und die Flugplatzanlage hält ja auch stärkere Regenmengen problemlos aus. Während ich nach dem Ende des Gigs zum nahegelegenen Zeltplatz laufe, endet der Regen so schnell, wie er begonnen hat, und es bildet sich über dem Platz ein vollständig ausgeprägter leuchtender Doppelregenbogen, was im beginnenden Sonnenuntergang ein echtes Schauspiel verursacht.
Beim Trockenlegen vergeht leider zu viel Zeit, sodass ich mich noch auf dem Rückweg zur Bühne befinde, während bereits das (un)heilige Intro von Krzysztof Drabikowskis Batushka läuft. Ja, der Rechtsdisput ist noch immer nicht entschieden, aber für die meisten, mich eingeschlossen, sind das die einzig wahren Batushka, deren sakrale finstere Chöre wir gerade genießen dürfen. Das aufwendige Bühnenarrangement der Polen ist ein echter Hingucker und auch die großartige Melange aus orthodoxen liturgischen Gesängen und Black Metal sucht sehr wahrscheinlich ihresgleichen. Es fällt mir gerade echt schwer, mich zwischen Headbangen und dem Genießen mit geschlossenen Augen zu entscheiden, machbar sind eigentlich beide Varianten, wie mir das zahlreich anwesende Publikum demonstriert. Hier bleibt nur zu hoffen, dass dieser kindische Rechtsstreit gut ausgeht und baldigst neue großartige Werke das Licht der Welt erblicken dürfen.
René W.: Es bleibt weiterhin emotional. Ruhige Melodien, tiefgreifende Atmosphären und belebende Soundexplosionen – dafür stehen die Isländer Solstafir. Das letzte Gründungsmitglied und Kopf der psychedelischen Rockband Aðalbjörn Tryggvason schreitet schon Stunden vorher übers Infield. Auch in diesem Jahr lassen sich viele Künstler nach oder vor ihrem eigenen Gig vor der Bühne blicken, um andere Acts zu sehen. Das macht das größte familiäre Extreme-Metal-Festival Europas aus, auf dem nur die Bands Hass und Härte versprühen, was alle zusammen freundlich feiern lässt. Aðalbjörn Tryggvason wirbt bereits für das kommende neue Werk. Passender als das Party.San gibt es dafür wohl auf dieser Erde keinen Ort. Die Isländer sind genau auf diesem Festival groß geworden. Ihr erster Gig reicht bis nach Bad Berka ins Jahr 2009 zurück. Seitdem geht es immer weiter hoch im Line-Up, was für den heutigen Co-Headliner-Slot sorgt. Auch wenn für einige Solstafir immer noch nicht ins Billing passen, bleibt die Kunst für viele Hunderte Besucher der ca. 10.000 Festivalgänger ein Magnet und zieht sie auf die Landebahn. Unter einer durchaus beeindruckenden Kulisse stimmen sie unter anderem Ótta und Fjara an. Das Quartett beackert die Bühne, lässt die Gefühle auf die Anwesenden überleiten, um zum Ende die Nähe der Fans zu suchen. Aðalbjörn klettert von der Bühne, um weiter musizierend den Anhängern in der ersten Reihe nach und nach jedem Einzelnen die Hand zu reichen.
Last but not least schließen die Polen Behemoth den zweiten Party.San-Tag bzw. -Abend ab. Dafür haben die Helden eine Umbaupause von 45 Minuten eingeplant, was Konvent im Zelt voll in die Karten spielt. Während die Mainstage vorbereitet wird, zerlegen die Damen aus Kopenhagen nach allen Regeln der Kunst die kleinere Tentstage. Kurz vor Mitternacht heißt es dann für 75 Minuten: Bühne frei für Behemoth, die mit Post-God Nirvana und Once Upon A Pale Horse starten. Das jüngste Gericht bringt Ora Pro Nobis Lucifer, Conquer All und Ov Fire And The Void auf die Anklagebank. Nebelwerfer vernebeln die Bühne, während die heiße Feuershow die Gesichter permanent im hellen roten Licht erstrahlen lässt. Adam Michał „Nergal“ Darski ist in seiner Heimat ein absoluter Star, man kann ihn mit Popgrößen aus unserer Republik vergleichen. Kaum zu glauben, dass man mit Black Metal ein nationaler Star werden kann, der es selbst in TV-Formate schafft. Von seinem diabolischen Einfluss hat er jedenfalls nichts eingebüßt. Zusammen mit seinen Männern haut er einen Kracher nach dem nächsten heraus. Die Open-Air-Shows in diesem Sommer von Behemoth legen die Messlatte im Genre definitiv eine Stufe höher. Demigod im Zusammenspiel mit The Deathless Sun brechen alle Knochen. Der Refrain von The Deathless Sun nimmt Körper und Geist ein, bis Blow Your Trumpets Gabriel die Hypnose auflöst. Standesgemäß führt O Vater, O Satan, O Sonne! Behemoth von der Bühne. Ein exzellenter Auftritt, der keine Wünsche offenlässt und jede negative Kritik im Keim ersticken lässt.
Hier kommt ihr zum Bericht vom Donnerstag und hier zum Bericht vom Samstag.