Periphery + Support am 17.05.2017 in der Essigfabrik, Köln

“Difficulty Level: Maximum

Eventname: „European Unrest Tour 2017“

Künstler: Periphery (USA)

Vorbands: The Contortionist (USA), Destrage (IT)

Ort: Essigfabrik, Köln

Datum: 17.05.2017

Kosten: 19,00 € zzgl. Gebühren

Genre: Djent, Progressive Metal, Experimental Metal

Veranstalter: Prime Entertainment

Linkhttps://www.facebook.com/events/618261421699844/

Setlists:

01. Don’t Stare At The Edge
02. Destroy Create Transform Sublimate
03. The Flight
04. My Green Neighbor
05. Blah Blah
06. Symphony Of The Ego
07. Purania

01. Language I: Intuition
02. Language II: Conspire
03. Thrive
04. Solipsis
05. Primordial Sound
06. Oscillator
07. The Parable

01. A Black Minute
02. Stranger Things
03. The Way the News Goes…
04. Marigold
05. Remain Indoors
06. Prayer Position
07. The Bad Thing
08. Flatline
09. Memento
10. Psychosphere
11. Masamune
12. Lune

Periphery EU Tour 2017

Am schönsten Tag des Jahres bis dato macht nur die Vorfreude darauf, Periphery endlich wieder live zu sehen den „düsteren“ Umstand wett, den Abend im Schatten einer Industriehalle zu verbringen. Hilft nix, ab ins Auto und auf gen Deutz zur Essigfabrik. Zur Linken haben sich die Jungs aus Washington D.C. die Experimental Progger The Contortionist geholt, zur Rechten die Italiener Destrage, die irgendwo zwischen Progressive Metal, Alternative und dem eigens kreierten Genre „DjeahCore“ anzusiedeln sind.

Nachdem das Publikum noch eine Stunde draußen im Schatten der Silos in den Feierabend finden konnte – und heute liegt der Altersdurchschnitt eher im Arbeitnehmerbereich – geht es um kurz nach 20:00 Uhr dann los mit Destrage aus Italien. Die Band um Frontmann Paolo Colavolpe hat ihr aktuelles Album A Means To No End im Gepäck und einen Haufen Spielfreude dazu. Und auch wenn sich die Band mitten in der Tour befindet und heute die dritte von vier Shows auf deutschem Boden spielt, sind sie einfach noch lange nicht müde. Die Show erinnert mich an die britischen Napoleon, die mit Wes auch einen eher Hardcore-orientierten Frontmann ihr eigen nennen und auch Paolo schreit und wütet sich frei, während die Saitenfraktion und die Drums ihre komplexen Parts runterjuckeln wie nichts.

Die Halle ist knapp 3/4 voll und Destrage scheinen für den ein oder anderen doch mehr von Interesse zu sein, als man vielleicht vermutet hätte. Gitarrist Matteo Di Gioia stiehlt Paolo mit seiner auf die Gitarre abgestimmten Sportler-Optik und der agilen Art gerne mal die Show.

Destrage @ Essigfabrik, Köln, 17. Mai 2017

Die fünf Mannen aus Mailand kassieren nicht nur Achtungsapplaus, sondern scheinen das Publikum auf ihre Seite gezogen zu haben. Bassist Gabriel Pignata packt zur Mitte des Sets nochmal die Special-Effects aus und knipst die LEDs an seinem Warwick-Basshals an.

Destrage @ Essigfabrik, Köln, 17. Mai 2017

Nach einer knappen halben Stunde ist das Spektakel aus frickeligen Gitarrenlicks, Screams, Growls, Blastbeats, Melodiegesängen und allerlei experimentellem Schnick und Schnack – nach einer respektablen Leistung – dann aber auch leider schon wieder vorbei.

Die Bühne, seit Beginn des Abends vollgepackt mit allerlei Hardware erhält nun ein neues Drumkit an derselben Stelle, an der das Set von Federico Paulovich stand – was rasch weggeräumt wird. Zudem werden die Keyboard-Ständer ausgepackt und platziert. Man könnte fast meinen, der Music Store sei auf Roadshow. The Contortionist, die irgendwo zwischen Deathcore, Progressive Metal und atmosphärischem Post-Metal pendeln sind als nächstes dran. Die Bühne wird in dunkelstes Rot gehüllt, ein Traum für die Photographen des Abends…Okay, man möchte die neueren atmosphärischeren Songs eben auch visuell untermalen – ist gekauft. Ebenso düster wie dann das Bühnenlicht ist, gestaltet sich auch das Set.

Kleiner Blick in die Glaskugel: Die Band wird sich quasi keine Pause zwischen den Songs gönnen, sondern nahezu alles ineinander übergehen lassen, wobei die meisten Songs von der aktuellen Platte Language stammen, die auch gleichzeitig den Einstand für Sänger Michael Lessard (Ex-Last Chance To Reason) bedeutete. Dessen Stimme, die perfekt alle Spielarten beherrscht, klingt mal fein wie ein Flüstern, mal brachial wie eine Lawine und bereichert die Songs der Band ungemein. Zudem kann der Herr auch noch das Keyboard bedienen. Guter Fang, könnte man da sagen.

The Contortionist @ Essigfabrik, Köln, 17. Mai 2017

Die Band, die früher mehr die Härte von Meshuggah hat durchblitzen lassen besinnt sich mit den neueren Werken eher auf atmosphärische und gewitzte Arrangements, die mich heute Abend manchmal an – vielleicht auch durch oder gerade wegen der Stimme – Leprous und Agent Fresco (speziell bei The Source) erinnern. Applaus scheint den Jungs nicht so wichtig zu sein, sondern das Publikum eher in eine Art Trance oder Traumsequenz zu versetzen – wenn man sich denn drauf einlassen mag. Nach Destrage, die einem wenig Platz zum Atmen gegeben haben und den doch auch eher „Lass‘ krachen, Schwester!“-Periphery könnte der ein oder andere heute ein wenig gelangweilt sein.

„Wenig Show, mehr Wirkung“ ist mein Empfinden, denn auch die Körpersprache der Musiker ist sehr zurückhaltend und minimalistisch. Neben meist einfarbigen Bühnenlichtern blitzen hier und da Strobos durch die Lichtflächen und Nebelwände und man kann erst dann ein wenig erahnen, wer denn da vorne überhaupt musiziert.

The Contortionist @ Essigfabrik, Köln, 17. Mai 2017

In späteren Gesprächen werde ich wenig Begeisterung für die Band erfahren, was ich persönlich nicht unterschreiben kann. Die Show, wenn auch etwas unpersönlich aufgrund mangelnder Ansagen und unspektakulär, hat dennoch ihre Berechtigung und Highlights und durch ihren beinahe meditativen Charakter auch etwas Erholsames am heutigen Abend.

Aber auch dieser Auftritt hat einmal ein Ende und man freut sich auf den Headliner des heutigen Abends, Periphery. 2016 hat die Band um Sänger und Tausendsassa Spencer Sotelo ihr neues  und phantastisches Album Periphery III: Select Difficulty veröffentlicht, aus dem The Price Is Wrong sogar für einen Grammy nominiert wurde. Um kurz vor 22:00 Uhr geht’s dann endlich los und einer nach dem anderen betritt unter großem Applaus die Bühne. Doch wer jetzt den großen Knall erwartet, wird sich doch arg wundern. Warum auch immer hat man als Intro-Song A Black Minute vom Juggernaut: Alpha-Album gewählt. Heißt: Der Übergang aus der The Contortionist-Show ins Periphery-Set ist mehr als entspannt. Manch einer hätte sich vielleicht Hits wie Icarus Lives! oder Alpha gewünscht, aber nun gut, es liegt in der Hand der Band. Was ein wenig überrascht: Nach der Ankündigung, dass Bassist Nolly keine Touren mehr mitmachen würde und nur für die Studioarbeiten zur Verfügung stünde, hat man keinen Live-Ersatz organisiert, sondern lässt die tiefen Töne einfach vom Band laufen. Sei’s drum, sie sind endlich wieder zurück auf rheinischem Boden und ebenso wie Spencer & Co. sich langsam aber sicher warmspielen wird’s auch im Publikum tumultiger. Zum dritten Song The Way The News Goes… animiert Spencer das Publikum, doch die „Wake Up“-Zeile zu Beginn des Songs so laut wie nur irgend möglich zu schreien, was zugegeben auch gut funktioniert.

Periphery @ Essigfabrik, Köln, 17. Mai 2017

Weiter geht’s mit dem epischen Marigold, was für mich persönlich ungeachtet seines Pop-Appeals ein Highlight der Bandgeschichte darstellt. Zu Remain Indoors fordert die Rampensau Sotelo das Publikum dazu auf, die einleitende Gitarrenmelodie doch bitte mitzusingen. Ganz kurz verschlägt es mir die Sprache und ich hoffe, dass sich Periphery nicht in Parkway Drive-Gefilde wagen wollen und Fußball-Chören eine Zukunft in ihren Songs und Sets einräumen. Während Spencer – mit dicker Wollmütze – sich allzugerne am Mikrophon-Ständer zu schaffen macht, tauschen Misha, Jake und Marc gerne mal die Positionen auf der Bühne oder stellen sich im Dreieck auf, als wollen sie ihre drei verschiedenen Gitarrenhersteller miteinander abgleichen.

Periphery @ Essigfabrik, Köln, 17. Mai 2017

An Spielfreude mangelt es den fünf Musikern nicht, hat doch auch Matt Halpern an den Drums trotz polyrhythmischem kalkulierten Chaos die Leichtigkeit ins Gesicht geschrieben.

Periphery @ Essigfabrik, Köln, 17. Mai 2017

Flatline eröffnet man mit einem lauten „Fuck yeah!“ als Antwort auf einen Fan, der bereits den ganzen Abend ebensolchen Ausspruch zum Besten zu geben scheint und Spencer ihm weissagt, dass er morgen keine Stimme mehr haben würde. Zur Set-Mitte taucht dann auch der erste verirrte Crowdsurfer auf, der aber geduldig vom Publikum getragen und nicht sofort entnervt missachtet wird. Nachdem das Publikum sich zu einem eigens initiierten rhythmischen Klatschen hat hinreißen lassen, wird es nach kurzer Zeit mit dem saloppen Spruch „I set the tempo here!“ von der Bühne in seine Schranken gewiesen. Witzig sind sie ja schon :D.

Periphery @ Essigfabrik, Köln, 17. Mai 2017

Vor der Zugabe, die eigentlich keine ist spielt die Band noch überraschend ca. 30 Sekunden Shove It der Deftones an. Lune – der letzte Song des Abends – bildet dann einen wahrhaft krönenden Abschluss eines Sets, das nicht 100% den Erwartungen vieler entsprochen haben mag, aber durch sein episches Outro, das von der gesamten Essigfabrik mitgesungen wird in guter Erinnerung bleiben sollte. Und zum epischen Sound des Songs schafft es dann auch noch ein Fan, sich mittig so nah vor der Bühne auf der Menge zu platzieren, dass er eine Brofist mit Spencer ergattern kann. Besser kann’s kaum laufen. Ein toller Abschluss eines bunten Abends. Und man kann nur hoffen, dass es nicht wieder so lange dauert, bis man Periphery wieder im Kölner Umland erleben darf.

Periphery @ Essigfabrik, Köln, 17. Mai 2017