Artist: Odetosun
Herkunft: Augsburg, Deutschland
Genre: Post Rock, Post Metal, Progressive Rock, Progressive Metal
Label: Eigenproduktion
Link: https://www.facebook.com/odetosun/ und http://odetosun.bandcamp.com/
Bandmitglieder:
Gesang – Luke Stuchly
Elektrische und akustische Gitarren, Bassgitarre und Keyboards – Benny Stuchly
Schlagzeug und Percussion – Gunther Rehmer
Time For Metal / Heike L.:
Über die Geschichte der Band Odetosun etwas in Erfahrung zu bringen, ist ja nicht ganz einfach. Einen kurzen Abriss hatte ich ja schon in meinem Review gegeben, würdet Ihr dem noch etwas hinzufügen wollen?
Odetosun / Benny Stuchly:
Ich habe mich auch schon gewundert, warum Wikipedia keine brauchbaren Informationen zu unserem Werdegang bereithält. Dort findet man schließlich genügend irrelevanter Artikel, da würde einer über uns auch nicht weiter stören. Aber jetzt mal im Ernst. Es gibt eigentlich nicht allzu viel zu erzählen, deswegen spare ich autobiografische Abhandlungen bei unseren Promoarbeiten weitestgehend aus. Es klingt abgedroschen, aber: Die Musik ist das Wesentliche und soll im Vordergrund stehen. Um zur eigentlichen Frage zurückzukommen, Deinen Abriss kann man im Grunde so stehen lassen. Allerdings haben wir uns nicht umbenannt. Odens Raven war damals als eigenständiges Projekt geplant. Möglich, dass wir irgendwann wieder eine Platte unter dem Banner veröffentlichen werden. Das Projekt ist womöglich noch nicht ganz abgeschlossen.
Time For Metal / Heike L.:
Nun gibt es Euch schon seit 2008 bzw. Odetosun seit 2012. Wenn ich mir aber so die Anzahl der follower Eurer Facebook-Seite angucke, ist Euch der wirkliche Durchbruch noch nicht gelungen. War das denn überhaupt jemals Eure Intention, oder seid Ihr eigentlich ganz froh, dass Ihr weiterhin in Ruhe Eure Sachen durchziehen könnt und gar kein großer Rummel um Euch gemacht wird?
Odetosun / Benny Stuchly:
Das ist eine zwiespältige Sache. Wir suchen mit unserem Material natürlich die Öffentlichkeit, um möglichst viele Menschen zu erreichen und unsere Hörerschaft auszubauen. Ohne Label im Rücken ist das aber ein schwieriges Unterfangen. Einerseits ist es wie Du sagst, wir haben in kreativer Hinsicht die größtmögliche Freiheit und zeitlichen Druck verspüren wir auch nicht, außer den, den wir uns selbst auferlegen. So gesehen ziehen wir unser Ding durch, vorbei am großen Hamsterrad der Musikindustrie, und betreiben das Ganze aus Leidenschaft und als Ausgleich zum Job und anderen Verpflichtungen des Alltags. Nachteilig ist dabei aber klar die begrenzte Möglichkeit, eine größere Masse an Leuten spezifisch anzusprechen. Zwar kann man heutzutage mittels der weltweiten Vernetzung umfangreich agieren, aber durch die damit einhergehende Überschwemmung an Musik-Veröffentlichungen ist es wiederum problematisch, sich von der großen Masse abzuheben. Daher sind wir äußerst dankbar dafür, wenn unsere Beiträge in Magazinen besprochen werden und wir so ein wenig Aufmerksamkeit auf uns lenken können.
Und was Facebook angeht, das Medium habe ich lange Zeit aus idealistischen Gründen boykottiert. Aufgrund der weithin unkomplizierten und direkten Kommunikationsmöglichkeiten mit unseren Hörern bin ich vor ein paar Jahren aber schließlich doch auf den Zug aufgesprungen. Daher mögen unsere Follower-Zahlen vielleicht nicht übermäßig hoch sein. Aber es werden von Zeit zu Zeit mehr.
Time For Metal / Heike L.:
Wie auch immer scheint ja Musik Euer Leben zu sein, denn wer sich mit so viel Herzblut für sein Werk einsetzt, kann ja anscheinend gar nicht anders 😉 Sind denn die kreativen Akkus jetzt erst einmal leer, oder schwirren schon Ideen für ein nächstes Werk in Euren Köpfen?
Odetosun / Benny Stuchly:
Der Produktionsprozess eines Albums mit all seinen Facetten ist eine ehrlich gesagt ziemlich aufreibende Angelegenheit. Vor allem, wenn man vieles selber macht. Dafür braucht es ein gewisses Pensum an freier Zeit. Und die können wir bzw. ich im Moment nicht aufbringen – zu viele Projekte abseits der Musik hängen in der Warteschleife. Daher wird erstmal ein wenig Zeit vergehen bis wieder neues Material das Licht der Welt erblicken kann. Allerdings konnte ich in den vergangenen Monaten auch einige neue Ideen aufs Papier bringen. Und mit denen bin ich sehr zufrieden. Sobald sich bei uns wieder ein paar Zeitfenster öffnen, werden wir daran weiterarbeiten.
Time For Metal / Heike L.:
The Dark Dunes Of Titan hat ja in der Presse überall mächtig abgeräumt und für Aufsehen gesorgt. Auch ich konnte nicht anders, als die Höchstnote zu vergeben. Wie fühlt es sich denn an, wenn Leute sich wirklich hinsetzen, Eure Musik ganz bewusst hören und sich dann so begeistert äußern?
Odetosun / Benny Stuchly:
Erstmal freut mich die Tatsache, dass sich überhaupt so viele Magazine unserem Zeug gewidmet haben. Wie vorhin gesagt stößt man ohne Label viel zu oft auf verschlossene Türen und taube Ohren. Zudem ist auch unser musikalischer Ansatz auf The Dark Dunes Of Titan sicher nicht für Jedermann auf Anhieb leicht bekömmlich. Die langen Songs und das breite Soundspektrum mögen zu Anfang gewisse Hürden bilden. Aber der überwiegende Teil der Presse hat sich mit dem Album auseinandergesetzt und ist in unseren Soundkosmos eingetaucht. Das zeigt doch, dass es da draußen eine Menge Leute gibt, die leidenschaftlich über Musik schreiben und berichten, nicht zwingend im Netz einer Industrie verfangen sind und ihre Sache mit viel Herzblut betreiben.
Time For Metal / Heike L.:
Ein Label habt Ihr bislang noch nicht gefunden. Seid Ihr da bislang irgendwie unter allen Radaren geflogen, oder wollt Ihr es dabei auch belassen?
Odetosun / Benny Stuchly:
Vielmehr haben wir uns bis dato nicht aktiv um einen Deal bemüht. Bei unserer derzeitigen Arbeitsweise sehe ich auch keinen wirklichen Sinn dahinter ein Label dazwischen zu schalten. Die Unterstützung eines Plattenlabels wäre sicher vorteilhaft, wenn wir als Liveband in Erscheinung treten würden. Aber nachdem wir bisher lediglich Alben veröffentlichen, die wir zudem auch in Eigenregie produzieren können, passt die aktuelle Situation eigentlich ganz gut für uns.
Time For Metal / Heike L.:
Ich lese ja sehr viel und auch ziemlich querbeet, aber von der Novelle As On A Darkling Plain von Ben Bova aus dem Jahr 1972 habe ich noch nichts gehört. Seid Ihr da bildungstechnisch vorbelastet, dass Euch dieses Werk als Inspirationsquelle gedient hat?
Odetosun / Benny Stuchly:
Es gibt unheimlich viel zu entdecken in den vergangenen Dekaden, gerade in den Siebzigern. Das Internet hat in der Hinsicht in den letzten Jahren eine wahre Schatzkiste an kulturellem Gut zugänglich gemacht. Beispielsweise irgendwelche obskuren Live-Dokumente von Bands, die nun irgendjemand von einer alten verstaubten VHS digitalisiert und auf eine Videoplattform hochlädt. Die Verbindung zu derlei Zeitdokumenten wäre ohne das Internet heutzutage vermutlich gekappt. Nur so konnte ich meine Inspiration zum vorliegenden Werk finden.
In der Phase als die ersten Ideen zum Album entstanden habe ich mich mit Science-Fiction Novellen der 50er-70er auseinandergesetzt. Vor allem, weil die Cover damals richtig cool aussahen und meist auch direkten Bezug zur Romanhandlung hatten. Zudem lassen sich die alten Bücher zügiger lesen, da die Romane damals wesentlich zielführender geschrieben wurden und mit einer weitaus geringeren Anzahl von Seiten auskommen als die dicken Schinken von heute. Ich bin ein langsamer Leser, daher kommen mir dünne Bücher mit großen Lettern entgegen.
Die Idee, Musik bezogen auf einen SciFi-Roman zu schreiben, ist mir schon länger im Kopf herumgeschwirrt. Als ich dann über das Cover der Erstausgabe von As On A Darkling Plain gestolpert bin wusste ich, über welchen Roman wir ein Album machen würden.
Time For Metal / Heike L.:
Ihr habt das komplette Album zu dritt eingespielt und auch produziert, und habt dementsprechend auch viel Zeit damit verbracht. Habt Ihr außer Axel Feld niemanden gefunden, der zu Euch gepasst und Euch hätte helfen können, oder wolltet Ihr das von vornherein genauso durchziehen? Vor allem bei eventuell geplanten Shows dürfte das dann ja schwierig werden. Apropos, ist denn irgendwas in der Pipeline, was Auftritte betrifft?
Odetosun / Benny Stuchly:
Den Kreis der Beteiligten für Studiogeschichten enger zu ziehen, hat für uns einfach den Vorteil, die Dinge zügiger umsetzen zu können. Und bereits in diesem recht übersichtlichen Line-Up macht die zeitliche Koordination oft Probleme, da unsere musikalischen Ausflüge in unserer Freizeit stattfinden und diese Zeit entsprechend überschneidend organisiert werden muss. Solange wir unsere Ideen technisch auf den Instrumenten umsetzen können, versuchen wir dies auch möglichst alleine zu bewerkstelligen. Wobei das natürlich nicht heißt, dass wir keine anderen Leute mit einbeziehen wollen. Der richtige Musiker an der richtigen Stelle kann den ein oder anderen Songpart massiv aufwerten. Das grandiose Solo von Axel Feld auf The Dark Dunes Of Titan ist das beste Beispiel dafür.
Live sieht die Sache klar etwas anders aus, da brauchen wir eindeutig mehr Leute für eine ordentliche Umsetzung. Aber glücklicherweise haben wir einige absolut talentierte Musiker in unserem Freundeskreis, die uns unterstützen könnten. Denn über die Zeit haben sich doch so einige Anfragen bezüglich Live-Auftritte angesammelt. Daher gehen unsere Überlegungen durchaus in die Richtung, hier zukünftig was zu machen.
Time For Metal / Heike L.:
Insbesondere Benny und Gunther hatten ja einiges einzuspielen. Hatten die beiden denn in irgendeiner Weise Unterricht bzw. haben vielleicht sogar Musik studiert, oder ist das alles „self-educated“?
Odetosun / Benny Stuchly:
Musik studiert hat keiner von uns. Wir spielen unsere Instrumente aber schon seit einigen Jahren und haben uns über die Zeit ein gewisses Level und Know-How erarbeiten können, natürlich auch indem wir Unterricht am Instrument genommen haben.
Time For Metal / Heike L.:
Ich habe mir die anderen Reviews nicht durchgelesen, aber mir fielen beim Hören Eures Meisterwerkes ja zwei andere Bands ein, nämlich Ghost Brigade und Extol. Seid Ihr manchmal überrascht, wenn Ihr so lest, was für Verbindungen die Hörer teilweise zu Eurer Musik herstellen?
Odetosun / Benny Stuchly:
Absolut. Aktuell beispielsweise bei den von Dir genannten Bands – ich kenne weder die eine noch die andere. Wobei ich ehrlich gesagt auch nicht ganz auf dem laufenden bin, was die Szene betrifft. Die Bandbreite an Verknüpfungen ist aber wiederum sehr bereichernd. In einer der ersten Reviews, die wir für GODS FORGOTTEN ORBIT erhalten haben, wurden beispielsweise die großartigen Ozric Tentacles als Referenz für unseren Song Journey To Gliese genannt. Die Band kannte ich bis dato nicht. Nach Recherche konnte ich den Zusammenhang zu unserer Musik zwar noch immer nicht recht nachvollziehen, die Band allerdings hat mir sehr gut gefallen. Deswegen habe ich mittlerweile auch einige Ozric-Alben im Regal stehen. Nun wurde unser aktuelles Album kürzlich im amerikanischen Progression Magazine besprochen. Und als ich eine Kopie des Magazins aus dem Briefkasten geholt und den Umschlag aufgemacht habe, begrüßten mich die Ozric Tentacles von der Titelseite. In dem Moment hat sich ein Kreis geschlossen.
Time For Metal / Heike L.:
Ihr habt auf The Dark Dunes Of Titan zwei Instrumentalstücke und zwei Songs mit Gesang. Wusstet Ihr schon beim Schreiben der Songs, was instrumental bleibt und wo Gesang dabei sein sollte? Und ist es eigentlich schwieriger, mit instrumentalen Songs irgendwelche Stimmungen zu schaffen? Gerade die Stimme ist ja ein mächtiges „Instrument“…
Odetosun / Benny Stuchly:
In gewisser Weise war das Prinzip eines Konzeptalbums mit langen Songs und weiten Instrumentalpassagen bereits anfänglich angedacht. Im Laufe des Schreib- und Aufnahmeprozesses hat sich diese Struktur dann auch als ideal für uns herauskristallisiert, gerade auch hinsichtlich der Romanvorlage. Inspirationsquelle dafür waren vor allem Konzeptalben wie Ocean von ELOY oder Relayer von YES. Beides Bands und Alben, die ich großartig finde.
Instrumentale Musik hat mir zudem schon immer gut gefallen – weil sie dem Hörer viel Raum für eigene Interpretationen lässt, wogegen Musik mit Gesang und Worten den Fokus bereits in engere Kanäle leitet. Daher arbeiten wir auf dem Album auch über weite Strecken mit instrumentalen Passagen und geben textliche Inhalte nur rudimentär an die Romanvorlage angelehnt wieder. Der Gesang fungiert somit tatsächlich eher als zusätzliches Instrument denn als zentrales Element. Und entsprechend stehen die Vocals im Mix auch nicht ganz so prominent im Vordergrund. Dadurch erlauben wir dem Hörer ein hohes Maß an eigener Auslegung der transportierten Stimmungen.
Time For Metal / Heike L.:
Auch einer Einordnung in irgendein Genre widersetzt sich ja Eure Musik. Ich denke mal, das ist Euch ganz recht? Mir helfen diese Einordnungen ja, wenn ich meine Playlisten zusammenstelle…
Odetosun / Benny Stuchly:
Unsere Einflüsse sind vielfältig und kommen aus unterschiedlichen Sparten, die sich zum Beispiel aus Musik, Büchern oder Eindrücken der Natur zusammensetzten. Gerade auch der musikalische Einfluss schöpft aus einem breiten Spektrum verschiedener Genres. Das wird sich sicher auch in unserem Songwriting widerspiegeln. Ich selber habe mir niemals viel Gedanken darüber gemacht, in welcher Stilrichtung wir jetzt genau unterwegs sind. Und wenn ich unsere Musik aus Gründen der Promotion in Schubladen zwängen muss, greife ich meist auf Kategorisierungen zurück, die bereits durch Andere getroffen wurden. Außenstehende bzw. die Kritiker haben da vielleicht einen besseren Blick. Ich denke aber, dass man sich als Hörer nicht allzu sehr von einer Genrebezeichnung lenken lassen sollte. Spartendenken vernebelt den Bezug zur Musik.
Time For Metal / Heike L.:
So, das waren auch schon meine Fragen. Jetzt warte ich mehr oder weniger geduldig auf Euer nächstes Werk und überlasse Euch gern noch den Platz für einige Worte an Eure Fans, an Noch-Nicht-Fans und an die Leser von Time for Metal.
Odetosun / Benny Stuchly:
Vielen Dank an alle Menschen, die offen an unsere Musik rangehen und uns unterstützen.