Graveyard Summer Fest am 01. und 02.07.2022 in Gera

In Gera werden 12 Bands symbolisch begraben

Festivalname: Graveyard Summer Fest 2022

Bands: Debauchery, Greenleaf, Illdisposed, Disbelief, Dopelord, Gorilla Monsoon, Kali Yuga, Earthship, Neànder, Crackdown, Kyning, The Heroine Whores

Ort: Gera

Datum: 01. – 02.07.2022

Kosten: Wochenendticket 64,90 €, Tagesticket je 38,50 €

Besucher: ca. 800

Genre: Death Metal, Stoner Rock, Doom Metal, Punk, Hardcore

Link: https://graveyardsummerfest.de

Wenn sich in der gerade noch so als Großstadt geltenden Heimatstadt ein Metalsommerfestival versucht zu etablieren, muss ich das natürlich unterstützen. Im beschaulichen Gera in Thüringen ist genau das 2022 der Fall. Zum zweiten Mal steht der Biergarten im Heinrich’s, der idyllisch im Knochenpark liegt, unter metallischer Hand. Aus genannten Supportgründen ist es mir die weite Anreise aus Berlin wert und so begebe mich am 01.07. auf Heimatbesuch. Das Heinrich’s liegt nicht nur im bereits genannten ehemaligen Friedhof der Stadtmitte, es liegt auch direkt eine Bahn- und Straßenbahnstation vor der Tür. So ist sogar eine Anreise mit den Öffentlichen gar kein Problem. Da die Veranstaltung offiziell auch nur bis 23 Uhr geht, kommt man zudem gut wieder nach Hause.

Das Heinrich’s veranstaltet hin und wieder Metalkonzerte und so liegt es nahe, dass die Veranstalter nun auch den dazugehörigen Biergarten nutzen. Dieser ist zwar nicht sehr groß, schafft aber dadurch eine sehr familiäre und angenehme Atmosphäre. Künstler mischen sich unters Publikum und alles ist gut überschaubar. Es wurde an alles Wichtige gedacht. Ausreichend verschiedene Sitzmöglichkeiten, Schirme, Merchstand und natürlich Getränke und Speisen – alles, was das Metallerherz so braucht. Ein schönes Detail ist der kleine Graveyard, der als Deko neben der Bühne aufgebaut wurde. Hier bekommt jede Band des Line-Ups ein schwarzes Kreuz und wird symbolisch in den Friedhof aufgenommen.
Die Crew des Graveyard Summer Fests ist ausnahmslos freundlich und angenehm. Veranstalter Kay stellt sich sogar persönlich bei mir vor und wünscht viel Spaß.

Wir sind schon einmal positiv eingestimmt und freuen uns auf die zwei Tage.

Tag 1

Am Freitagmorgen folgt erst einmal ein kleiner Wermutstropfen, denn es regnet ordentlich und hört auch erst am frühen Nachmittag wieder auf. True Metalheads stehen der gleißenden, lebensbejahenden Feuerkugel am Himmel zwar eh eher argwöhnisch gegenüber, dennoch wird es dadurch recht kühl. Das tut der Stimmung jedoch keinen Abbruch. Wem kalt ist, der kann sich ja am Merchstand mit Hoodies eindecken. Ab Beginn des Einlasses bleibt es zum Glück trocken. Den Auftakt des zweiten Graveyard Summer Fests in Gera machen Kyning aus Leipzig. Sphärischer Stoner Rock mit gekonnten Metaleinflüssen klingt von der Bühne, vor der sich die ersten wenigen Metalheads versammelt haben. Abwechslung haben sich die Jungs auf die musikalische Stirn geschrieben und so kommt keine Langeweile auf. Sänger Johannes überzeugt mit einer unverwechselbaren Stimme. Ein schöner Beginn in Gera.

Weiter geht es mit den Saalfeldern Crackdown Hardcore, die ein ordentliches Kontrastprogramm zu den Vorgängern liefern. Die drei Musiker heizen dem noch rar gesäten Publikum ein. Da bleibt nicht viel Gelegenheit zum Frieren. Der Name ist bei Crackdown definitiv Programm. Old School Hardcore wie er im Buche steht, aber dennoch erfrischend. Es macht Spaß, den Jungs beim Spielen zuzusehen. Das finden auch die Menschen vor der Bühne und gehen gut mit.

Earthship sind die Nächsten in der Running Order. Wie ich haben die Berliner eine etwas weitere Anreise nach Thüringen in Kauf genommen, um heute hier auftreten zu können. Wieder etwas ruhigere Töne kommen nun aus den Verstärkern. Doomiger Stoner Metal mit viel Bass und ordentlichen Drums hallt durch den Biergarten. Ein kratzig-rauchiger Gesang rundet das Ganze wunderbar ab. Auch hier macht das Zusehen und -hören Freude und die Musiker aus der Hauptstadt haben ihr Publikum gut im Griff.

Zum frühen Abend haben sich dann doch ein paar mehr Metalheads zum Graveyard Summer Fest eingefunden und auch die grauen Wolken haben sich verzogen. So macht es noch etwas mehr Spaß und die nächste Band steht auch schon in den Startlöchern.

Mit Gorilla Monsoon kommt am ersten Festivaltag in Gera richtig Stimmung auf. Heute auch mein persönliches erstes Highlight. Die Show der fünf Bandmitglieder, die seit Kurzem ein neues Mitglied haben, reißt mit. Zum ersten Mal heute Abend fliegen Haare und bangen Köpfe durch das Publikum. Zimperlich gehen die Dresdner, die 2005 beim Wacken Metal Battle einen Sieg davongetragen haben, nicht mit ihren Zuhörern um. Sänger Jack Sabbath spart nicht an liebevollen, von einem Augenzwinkern begleiteten Beleidigungen. Das nimmt ihm aber keiner krumm, denn was hier abgeliefert wird, ist großartig. Brutaler Doom gepaart mit leichten Rock ’n‘ Roll Elementen hämmert über die Festivallocation. Dabei ertönen sowohl harte Growls als auch eine charakteristische und interessante Klarstimme. Vor der Bühne wird ordentlich supported und manch einer singt leidenschaftlich mit. Besser kann ein Auftritt nicht sein. Eine Band, die ich definitiv im Auge behalten werde.

Wo Gorilla Monsoon aufgehört haben, machen die vorletzten Metalheads des Abends weiter. Disbelief locken noch einmal ein paar mehr Festivalgänger in den Biergarten des Heinrich’s, leider ist der Abend dennoch nicht ausverkauft. Die Deathmetaller aus Hessen sind alte Hasen in ihrem Gebiet und so lassen sich einige Fans unter dem Publikum finden. Zu Recht, denn Disbelief liefern ab. Was bis jetzt noch still saß, bewegt sich nun ausgelassen. Ein konsequent stabiler Auftritt mit neuen und auch alten Songs lässt Millionen von Haaren durch die Luft fliegen. Dass Disbelief nach über 30 Jahren Bandgeschichte wissen, wie man mit Metalheads umgeht, ist keine Frage. Heute in Gera stellen sie das aber noch einmal mehr unter Beweis. Das aktuelle Album The Ground Collapse aus 2020 liefert dazu auch live gutes Material, dennoch fehlen die Hymnen der Band natürlich nicht auf der Setlist.

Die Zeit verfliegt und schon steht der erste Headliner und die letzte Band des ersten Tages auf der Graveyard Bühne. Wer könnte nun die aufgeheiterte Stimmung noch toppen? Die Herausforderung nehmen Debauchery gerne an. Nach einem Intro stürmen die Monster Metaller die Bühnenbretter. Unter tobendem Jubel wird das vom Publikum begrüßt und schnell bildet sich dann auch ein Moshpit in den vorderen Reihen. Mit im Gepäck haben die Blutgötter neues und altes Opferwerk. So hören wir nicht nur alte Klassiker, sondern auch ganz frische Werke, die erst vor wenigen Tagen veröffentlicht wurden. Sänger Thomas agiert wunderbar mit dem Publikum und heizt die Stimmung ordentlich auf. Unter anderem taucht er auch plötzlich mit Gitarre zwischen den Reihen auf, was leider nicht so gebührend gefeiert wird, wie ich es gedacht hätte. Vielleicht ist Gera einfach zu überrascht und schüchtern oder ich habe nicht den besten Blick. Erst bei dem bekannten Blood For The Bloodgod wird lauthals mitgegrölt. Ein und eine halbe Stunde spielen die Stuttgarter und dürfen als einziger am Abend eine Zugabe geben. So kann der erste Tag beim Graveyard Summer Fest enden. Schauen wir mal, was der nächste Tag bringt.

Tag 2

Ausgeschlafen und erfrischt machen wir uns am nächsten Tag wieder auf den Weg zum Heinrich’s. Da die Konzerte gestern Abend um 23 Uhr bereits endeten, war genügend Zeit zum Schlafen und Erholen. Punkt 15 Uhr steht aber schon wieder die erste Band auf der Graveyard Bühne. Es sind The Heroine Whores aus Leipzig. Mit punkigem Grunge und rotzigen Tönen stimmen die drei Musiker und Musikerinnen die ersten Graveyard Besucher in den zweiten Festivaltag ein. Frontsängerin Tracy weiß, wie man einheizt und so ist die Stimmung schon einmal perfekt.

Da kommt mit dem nächsten Act auch gleich eine gekonnte Abwechslung um die Ecke. Neánder haben sich dem Doom Metal verschrieben und gehen mit ihren düsteren, instrumentalen Songs tief unter die Haut. Ein schöner Kontrast zu allen anderen bisherigen Bands des Line-Ups.

Laut Line-Up wären jetzt eigentlich Fall Of Serenity dran, doch die mussten leider kurzfristig krankheitsbedingt absagen. Die Lokalmatadore von Kali Yuga sind dafür spontan eingesprungen. Die Jungs nutzen diese Chance und hauen ordentlich in die Saiten und das Publikum ist mit der zweiten Besetzung auch völlig zufrieden. Es wird ausgiebig geheadbangt und Kali Yuga gebührend gefeiert. Die Melodic Death Metal Combo aus Gera überzeugt mit einer mitreißenden Show und viel Sympathie.

Bisher standen auf der Graveyard Bühne ausschließlich deutsche Bands. Dies ändert sich aber mit dem Auftritt von Dopelord aus Polen. Feinster Doom Metal gepaart mit etwas Stoner Rock und einer Bühnenpräsenz, die vom ersten Ton mitreißt. Da bleibt kein Metalhead still stehen. Hier und da hört man ein wenig Black Sabbath heraus. Mit okkulten Lyrics, zwei Stimmen, die wunderbar zusammen harmonisieren und groovigen Gitarrensounds spielen sich Dopelord zu meinem ersten Überraschungshighlight. In der Stonerszene sind Dopelord schon lange nicht mehr wegzudenken. Ich hatte sie bisher nicht auf dem Schirm, setze die Warschauer aber gleich mal auf die Liste der Bands, die ich im Auge behalten werde.

Nach einer erneuten Umbaupause, die im Übrigen jedes Mal recht zügig vonstattengeht und genau die richtige Zeit für das Stillen von Hunger, Durst und Blasendruck oder auch einen netten Plausch mit anderen Besuchern beinhaltet, fällt auch schon der Startschuss für die vorletzte Band des Graveyard Summer Fests. Illdisposed sind eine dieser Todesmetaller Kapellen, die immer wieder überraschen. Bekannt für grandiose Liveauftritte, freut sich das Publikum in Gera schon sehr auf die Dänen. Die Reihen vor der Bühne füllen sich und aufgeregt steigt die Stimmung. Als es dann auch schon wenige Momente später losgeht, sind die Metalheads im Biergarten des Heinrich’s nicht mehr zu halten. Illdisposed werden bejubelt, bekommen eine Vielzahl von Pommesgabeln entgegengereckt und werden mit Haarpropellern befeuert. Man könnte fast schon denken, hier den Headliner des Festivals vor der Nase zu haben. Da ich das letzte Konzert von Illdisposed noch im Gedächtnis habe, fällt mir aber auf, dass die Jungs selbst etwas gedämpfte Stimmung haben und nicht ganz so ausgelassen sind, wie ich es im Kopf habe. Meine Intuition ist richtig – leider, denn kurz darauf erklärt Sänger Bo Summer, dass Gitarrist Rasmus, welcher heute nicht mit auf der Bühne steht, an Krebs erkrankt ist und der Schock den restlichen Bandkollegen noch in den Gliedern steckt. In diesem Moment hätte ich Bo gern einmal fest gedrückt, es bleibt mir aber nur ihm, der Band und natürlich Rasmus viel Kraft für die kommende Zeit zu wünschen. Trotz dieser traurigen Nachricht geben Illdisposed ihr Bestes und Gera bebt.

Es ist nun 21 Uhr und mit der nächsten Band sind wir auch schon am Ende des zweiten Graveyard Summer Fests 2022. Greenleaf bauen auf der Bühne auf. Nach Illdisposed ist es schwer, an die ausgelassene Stimmung anzuknüpfen. Doch wenn man glaubt, es kann eigentlich nicht mehr besser werden, hat man wohl nicht mit Greenleaf gerechnet. Die Show der schwedischen Stoner und Progmusiker ist kaum zu beschreiben. Energiegeladen – ich kann kaum erklären, was hier passiert. Es ist viel mehr. 70er-Jahre Retro Einflüsse, hypnotische Sounds und eine Stimme, die jeder Zelle Gänsehaut beschert. Die Festivalbesucher sind nicht mehr zu halten. Sänger Arvid weiß außerdem, sein Publikum mit netten Anekdoten zu unterhalten und so berichtet er von der letzten Nacht. Die Band musste mangels eines verfügbaren Taxis zum Hotel laufen und war erst um 6 Uhr dort angekommen. Dementsprechend entschuldigt er sich für den Zustand der Band. Diese ist aber trotzdem ungebändigt und zeigt keinerlei Ermüdungserscheinungen. Drummer Sebastian zerstört später sogar seine Snaredrum. Da hilft ein Kollege schnell aus und die Show geht ohne weitere Verluste weiter. Eine Stunde geht viel zu schnell vorbei. Eine Zugabe kann wie am Vorabend nur die letzte Band geben und dies tun Greenleaf auch mit viel Freude.

Um kurz vor 23 Uhr endet das zweite Graveyard Summer Fest in Gera. Den Veranstaltern ist nur zu gratulieren. Das Festival ist zwar nicht groß, aber genau darin liegt auch sein Charme. Bei einer familiären und entspannten Atmosphäre und der durchweg großartigen Stimmung fühlt man sich sofort wohl. Bleibt abschließend nur noch zu hoffen, dass Freunde des Death Metals und Stoner Rocks auch nächstes Jahr wieder in den Genuss des Friedhofs Fests in Gera kommen. Wir sind sehr gerne wieder dabei!