Eventname: Prophecy Fest 2025
Bands: Tír, Nest, Wolcensmen, Vrîmuot, Dymna Lotva, Kall, Antimatter, Darkher, The Vision Bleak, Myrkur, Enslaved, Hangover In Minsk, Autumnblaze, Dornenreich, Darkher, Imha Tarikat, Soror Dolorosa, Lifelover, Gràb, Arthur Brown, Moonspell, The Great Sea, Valborg
Ort: Balver Höhle, Garbecker Straße 5, 58802 Balve
Datum: 11.09.2025 – 13.09.2025
Kosten: 3-Tages-Ticket: 149 € (zzgl. Gebühr) VVK, Campingticket extra
Genre: Black Metal, Ambient Black Metal, Dark Rock, Gothic Rock, Neofolk, Dark Wave, Darkpop, Avantgarde, Black Arcane Rock, Post Punk, Ambient Doom, Post Metal, Independent Rock, Art Rock, Psychedelic Rock
Veranstalter: Prophecy Productions
Link: https://fest.prophecy.de/
Das Prophecy Fest findet an einem Ort statt, der an Mystik und Atmosphäre kaum zu übertreffen ist: in der Balver Höhle, einer natürlichen Tropfsteinhöhle, die bereits in der Altsteinzeit entstanden ist. Der Legende nach soll hier einst Wieland, der Schmied, aus der germanischen Sagenwelt seine Werkstatt betrieben haben – ein Ort voller Geschichte, Mythos und Magie.
Vom 11. bis 13. September 2025 verwandelt sich diese eindrucksvolle Kulisse erneut in das Zuhause des Kultlabels Prophecy Productions, welches dort sein eigenes Festival veranstaltet. Zahlreiche Künstler aus dem Label-Roster werden an diesen drei Tagen ihre Fangemeinde mit intensiven, emotionalen und außergewöhnlichen Auftritten begeistern – eingebettet in ein einmaliges, fast schon sakrales Ambiente. Ich freue mich sehr, auch in diesem Jahr wieder gemeinsam mit meinem Kollegen Robin als Vertreter für Time For Metal an diesem besonderen Ereignis teilzunehmen. Ein großes Dankeschön an Prophecy für die Einladung und das Vertrauen!
Bereits am Donnerstagabend beginnt das Festival im kleinen Rahmen: Es gibt erste Programmpunkte, nette Begegnungen – und traditionell Freibier zur Einstimmung. Ich selbst mache mich am Freitagvormittag auf den Weg, um mich pünktlich zum Festivalstart mit Robin und unserem Kumpel Monte in der Unterkunft zu treffen. Dieses Jahr klappt die Anreise reibungslos – wir sind sogar so früh dran, dass noch etwas Zeit bleibt, entspannt anzukommen, das erste Bier zu öffnen und gemeinsam auf das Festival anzustoßen. Der Startschuss für ein Wochenende voller Musik, Atmosphäre und unvergesslicher Eindrücke!
Hier kommt ihr zum Bericht des ersten Tages.
Der Festivaltagsamstag in der Höhle beginnt auf ruhige, intime Weise – mit zwei Live-Acoustic-Sets, die das Publikum behutsam auf das Kommende einstimmen. Den Auftakt machen Dornenreich, die Black Arcane Rocker aus Tirol, deren letztes Album Du Wilde Liebe Sei (2021) ich seinerzeit bereits rezensieren durfte. Heute präsentieren sich Dornenreich in einer reduzierten, aber umso eindringlicheren Besetzung: Als Akustik-Duo betreten Eviga und Inve die Bühne und lassen Werke aus dem besagten Album sowie den Klassiker Her Von Welken Nächten aufleben. Diese besondere Formation durfte ich hier bereits vor einigen Jahren erleben – und auch heute schaffen die beiden eine ruhige, fast zerbrechliche Atmosphäre, die sich perfekt in den Höhlenraum einfügt. Hintergrund der akustischen Darbietung ist der krankheitsbedingte Ausfall ihres Drummers Gilván – die ursprünglich geplante Metal-Show wird im nächsten Jahr nachgeholt. Beide Musiker freuen sich schon jetzt darauf, wie sie mir im Anschluss persönlich bestätigten.
Weiter geht es auf der großen Bühne mit einer Künstlerin, die in der Balver Höhle längst kein Geheimtipp mehr ist: Jayn Hanna „Darkher“ Wissenberg, die wir bereits am Vortag erleben durften. Mit ihrem Soloprojekt, das mit seiner einzigartigen, mystisch-düsteren Stimmung zwischen Folk Doom, Gothic und dunkler Poesie verzaubert, spielt sie heute ebenfalls ein Live-Acoustic-Set. Begleitet wird Jayn wieder von ihrem Schlagzeuger – vermummt mit tief ins Gesicht gezogener schwarzer Kapuze. Jayn selbst trägt heute ein schlichtes schwarzes Kleid. Umhüllt vom Bühnennebel und umgeben von der rauen Höhlenkulisse, wirkt sie nochmals entrückter und geheimnisvoller als am Vortag. Eine eindrucksvolle, intensive Szenerie – schlicht großartig.
Am frühen Nachmittag wird es dann laut – sehr laut: Imha Tarikat betreten die Bühne mit dem erklärten Ziel, die Balver Höhle zum Beben zu bringen. Kein Problem für die Band, deren Album Sternenberster bereits im Namen verspricht, was musikalisch Realität wird. Ursprünglich als Duo mit türkischen Wurzeln gegründet, sind Imha Tarikat heute als energiegeladenes Quartett unterwegs – unter anderem mit Hexer Marvin Giehr und Night Internat Ricardo Baum. Der Bandname bedeutet sinngemäß „im Schmerz reifen und alles geben – bis man zerbricht“ – und genau dieses kompromisslose Gefühl tragen die vier auf die Bühne. Anfangs sorgt ein kurzer Bassistenwechsel für Verwirrung: Ricardo Baum stößt erst beim zweiten Song dazu und löst seinen Vorgänger ab. Auf Nachfrage erklärt man mir: Die Band arbeitet mit wechselnden Ersatzmusikern – wer da ist, spielt. Eine pragmatische und dennoch sympathische Lösung. Musikalisch jedenfalls ein Abriss – im besten Sinne.
Im Anschluss wird es experimentell: Kayo Dot aus den USA bringen Progressive- und Avantgarde-Metal auf die Bühne. Die Band um den Multiinstrumentalisten Toby Driver, die 2003 aus Maudlin Of The Well hervorging, ist musikalisch kaum zu greifen – und genau das macht den Reiz aus. Besonders aufmerksam wurde ich auf sie durch das Album Moss Grew On The Swords And Plowshare, das ich ebenfalls rezensiert habe. Live entwickeln Kayo Dot ein düsteres, avantgardistisches Klangspektakel, das sich bewusst den Konventionen verweigert – eine musikalische Offenbarung für all jene, die abseits des klassischen Metals auf Entdeckungsreise gehen wollen. Ich bin begeistert – und natürlich kann ich am Merchstand nicht widerstehen. Ob alle Anwesenden diese Klangreise einordnen konnten, ist fraglich – aber vielleicht ist genau das Teil des Erlebnisses.
Draußen führe ich im Anschluss angeregte Gespräche über diesen intensiven Gig – und verliere darüber ganz die Zeit. So verpasse ich leider den ersten Auftritt auf der kleinen Nebenbühne: The Great Sea. Dafür bleibe ich zumindest trocken – kurze Zeit später setzt draußen nämlich Regen ein.
Zurück auf der Hauptbühne folgt ein weiterer Programmpunkt: Soror Dolorosa. Die französischen Goth-Rocker sind bislang komplett an mir vorbeigegangen. Das Trio spielt mit Drumcomputer, was bekanntlich Geschmackssache ist – meiner jedenfalls nicht. Scheinbar hatte die Band in der Vergangenheit auch größere Formationen mit echtem Schlagzeuger. Kern der Besetzung sind Sänger Andy Julia und Bassist Hervé Carles. Der Bandname bedeutet übersetzt „Schwester Schmerzhaft“ – ein durchaus treffender Ausdruck für ihre melancholische Ästhetik. Dennoch bleibt mir das Set etwas fremd – vielleicht fehlt mir einfach der Zugang zu ihrem bisherigen Werk.
Kall sind zurück auf der Bühne! Aus den Überresten der schwedischen Kultband Lifelover formierte sich später das Projekt Kall, bestehend aus ehemaligen Mitgliedern, die den Geist der Originalband weitertragen. Lifelover verbanden einst Depressive Black Metal mit Post-Punk, Wave und düsteren Klanglandschaften – ein einzigartiger Sound, der nach dem tragischen Tod des Hauptsongwriters Jonas „B“ Bergqvist verstummte. Heute jedoch zollen Kall ihrem Ursprung Tribut und präsentieren ein exklusives Lifelover-Set. Besonders Sänger Kim Carlsson beeindruckt dabei erneut mit seiner intensiven Bühnenpräsenz und emotionalen Tiefe. Ich bin von Kall und Lifelover gleichermaßen begeistert. Eine eindringliche, ehrliche und zutiefst bewegende Performance.
Valborg will ich auf der kleinen Bühne auf keinen Fall verpassen – also nichts wie vor die Bühne! Das Bonner Trio ist inzwischen fester Bestandteil des Festivalprogramms und liefert auch heute wieder seine ganz eigene, rohe Mischung aus Death-, Doom- und Progressive-Metal. Das ist absolut mein Geschmack – und ich bin nicht allein damit. Der Raum vor der kleinen Bühne platzt aus allen Nähten, das Publikum steht dicht gedrängt und feiert die Band ab. Direkt neben der Bühne: der Backstage-Eingang. Immer wieder bleiben Musiker anderer Bands stehen, um sich Valborg anzuschauen – zu Recht. Im Mittelpunkt steht Der Alte, ein wuchtiges Album, dessen Songs heute unter anderem live besonders gut zur Geltung kommen. Der Alte und auch Zentrum lasse ich mir später noch signieren. Das hatte mir Bassist und Sänger Jan Buckard bereits zugesagt – Versprechen gehalten. Sympathisch.
Jetzt wird’s wirklich düster – Gràb betreten die Hauptbühne. Gràb – das Projekt von Sänger Matthias „Grànt“ Jell und dem britischen Gitarristen Dan „Gnást“ Capp (bekannt u. a. durch Hammer Of The Gods, Solstice und Winterfylleth) – bringt mit melancholischem, atmosphärischem Black Metal in bairischer Sprache eine ganz besondere Stimmung in die Höhle. Begleitet werden sie von bekannten Namen der Szene – unter anderem Markus Stock, seines Zeichens Multitalent und Prophecy-Urgestein. Ich hatte die Freude, ihr aktuelles Album Kremess zu rezensieren, und freue mich daher ganz besonders auf diesen Auftritt. Die Band liefert, was man sich erhofft: bayerischen Black Metal mit Folkanleihen und intensiver Atmosphäre. Einziger Wermutstropfen: Das durchgehend violett-schwarze Bühnenlicht lässt fotografisch kaum Spielraum. Das Album hätte ich mir gern signieren lassen, doch leider habe ich die Band bei der Autogrammstunde verpasst.
Feuer frei! Arthur Brown entfacht die Höhlenhölle erneut. Nun ist es Zeit für ein Comeback der besonderen Art: Arthur Brown kehrt zurück auf die Bühne der Balver Höhle – wie bereits 2021, 2022 und 2024. Der für 2023 geplante Gig fiel aus, doch heute steht die Legende wieder auf der Bühne – und das mit über 80 Jahren. Wer glaubt, dass Alter vor Wahnsinn schützt, irrt gewaltig. Seine Show ist ein einziger, brennender Wahnsinn – im wahrsten Sinne des Wortes. The Crazy World Of Arthur Brown entfaltet sich in voller Pracht: Masken, Feuer, Drama – und natürlich Fire, sein ikonischer Hit, der die Höhle gefühlt zum Einsturz bringt. War sein erster Auftritt vor ein paar Jahren noch eine Überraschung, so wird Arthur Brown inzwischen regelrecht erwartet und gefeiert wie ein alter Bekannter. Sein flammender Helm ist längst Kult, seine Bühnenpräsenz ungebrochen. Natürlich wiederholen sich einige Show-Elemente – aber wen stört das schon? Der Mann verwandelt die Höhle erneut in eine höllisch heiße Parallelwelt.
Moonspell kommen nun zum großen Finale aus der Hölle in die Herzen der Fans. Den krönenden Abschluss liefern heute die Portugiesen Moonspell – und sie kommen mit ordentlich Live-Erfahrung im Gepäck. Ihr Tourkalender für dieses Jahr ist pickepackevoll. Im Mai hätten sie sogar in meiner Nähe (Andernach) gespielt und ich habe sie leider verpasst. Umso schöner, sie heute in dieser einzigartigen Atmosphäre live zu erleben. Moonspell spielen ihr Kultalbum Wolfheart in kompletter Originalreihenfolge – ein Geschenk für Fans der ersten Stunde. Zusätzlich gibt’s ausgewählte Favoriten aus ihrer langen Karriere. Der Sound ist bombastisch, die Keys von Pedro Paixão, in einem Orgelpfeifen-Dekor getarnt, tragen die dramatische Stimmung noch weiter in die Höhe. Gothic Rock in epischer Inszenierung, das kommt an.
Nach dem letzten Ton geht’s für uns zurück in die Ferienwohnung. Bei Bier und Jägermeister wird noch lange gefachsimpelt, diskutiert, gefeiert. Irgendwann, nach etwas Schlaf und einem kräftigen Frühstück, trennen sich unsere Wege – Berlin, Wiesbaden, Koblenz. Doch eines ist sicher: Prophecy Fest 2026 – wir kommen wieder!
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