Event: Weltenwanderer-Tour 2025
Headliner: Saltatio Mortis
Vorband: Bad Loverz
Ort: Sporthalle Hamburg
Datum: 18.10.2025
Genre: Mittelalter-Metal
Besucher: Einige Tausend
Setlisten: Saltatio Mortis | Bad Loverz
Saltatio Mortis waren lange eine meiner Lieblingsbands. Aber rund um das Album Für Immer Frei habe ich das Interesse an ihnen verloren, wie so einige andere Fans. Auf dem M’era Luna letzten Jahres haben SaMo mich auch nicht abgeholt – nicht ihre Crowd und keine Pyro … Also war es nach einigen Jahren Pause an der Zeit, an einem Samstagabend in Hamburg mal wieder zu einem ihrer eigenen Konzerte zu ziehen.

Und etwas Besseres hätte ich mit meinem Abend nicht machen können: Bereits als Bad Loverz reißen sie die Alsterdorfer Sporthalle ab. Es ist randvoll und selten ist die Stimmung bereits bei einer “Vorband” so gut. Gut, Vorband ist vielleicht nicht der passende Begriff, spielen hier doch die gleichen Musiker – nur in nietenbesetzen Lederjacken, hautengen Leggings in pink-schwarz oder Leopardenmuster, veredelt mit Perücken und Fischnetz-Tops. Definitiv keine Mittelalterrocker, aber eine köstliche Interpretation des 80er-Glam-Rocks.
Der Glam wird nicht nur musikalisch hervorragend umgesetzt, sondern auch vom Publikum geliebt: Aus tausenden Kehlen klingt es völlig losgelöst zu Major Tom. Und einem Fan, einem Pikachu mit Kutte, dürfte der Abend besonders in Erinnerung bleiben: Beim Pokemon-Theme wurde er kurzerhand auf die Bühne geholt, um mit Venice Steel zu tanzen und sich zum Ende einfach auf die Bühne zu schmeißen. Als Loverz-Sänger Venice versteht es SaMo-Sänger Alea auch sehr gut, nicht nur in Englisch, sondern auch in Deutsch mit schlimmstem englischem Akzent zu moderieren – und zu begeistern.

Die Bad Loverz sind ein großer Spaß, nur nach wenigen Songs verschwinden sie leider schon von der Bühne – sie hätten sicherlich noch eine Zugabe spielen können. Aber nach einer kurzen Umbaupause – in der Schrei Nach Liebe das Publikum auch vom Band mitreißt – sieht man ihre Gesichter wieder: Bis auf eine schwarz-silberne Weste oberkörperfrei tanzt Alea über die Bühne, während die Finsterwacht mit den ihr gebührenden Flammensäulen untergeht. Und von Anfang an ist ein immenser Druck auf der Sporthalle. Die Massen springen, schreien und singen, wie die Musiker es sich wünschen. Eine Geste von Saltatio Mortis reicht und das Publikum macht jeden Song aufs Neue haltlos mit. Es ist ein extrem starkes, pausenloses Konzert.
Die Setlist wirkt dabei perfekt zusammengestellt, um neue wie alte Fans glücklich zu machen – als SaMo mit Nachts Weinen Die Soldaten früh nicht nur einen alten, sondern auch wichtigen Song anstimmen, bin ich sehr glücklich. Aber auch neuere Stücke wie My Mother Told Me funktionieren mit diesem Publikum extrem gut.
Und ab der Mitte des Sets wird die durchgehend gute Stimmung noch mal angeheizt: Alea sticht mit seinem Aufblas-Drachenboot in See. Das Meer der tausend Hände trägt ihn sicher – auch als ein Pirat sein Boot kapert, einen verdutzten Gesichtsausdruck und ein Selfie erbeutet und dann wieder über Bord geht. Da hat der Rattenfänger wohl einen mehr gefangen, als er erwartet hat. Die Fans parken das Wikingerschiff mit seinem Nebelmaschinen-Schweif dann sogar perfekt auf der Bühne ein – nur leider holt die Crew es direkt ab und lässt Alea nicht seine private Hüpfburg auf dem Catwalk ins Publikum.


Dafür darf direkt darauf die siebenjährige Leonie vor fast 5.000 Leuten aus einem Glücksrad einen von fünfzig alten Songs ziehen, den die Rocker dann spontan aus der Mottenkiste herausholen müssen. Ob Till Eulenspiegel überhaupt dort hätte landen sollen, lässt sich sicherlich diskutieren – aber er bringt einen Heidenspaß. Direkt darauf folgt Prometheus und bringt uns ganz eindeutig das Feuer. Das Publikum hat auch einen Heidenspaß dabei, ganz laut Nanananana mitzusingen und sich zusammen mit Alea die T-Shirts für Uns Gehört Die Welt vom Leib zu reißen. Die Krone, die ein Crowdsurfer zur Bühne bringt, setzt sich der Sänger ohne zu zögern auf – Alea hat zu Recht so viel Spotlight: Er hat einfach ein Gefühl dafür, wie er mit dem Publikum interagieren muss, und schüttelt auch ständig die Hände der Fans.
Und gerade, als ich in meine Notizen schreiben möchte, dass jetzt noch ein Moshpit fehlen würde, reißen sie zu Vogelfrei drei große Moshpits auf und Alea stürzt sich kurzentschlossen auch in den Größten. Von den Schultern eines Mannes aus dirigiert er den Kreisel rund um sich herum, während sich die Anzahl an Moshpits in der Halle auf mindestens fünf steigert. Die letzten Verse singt er, während er sich auf die Securitys am Wellenbrecher stützt, denen er danach noch kurz mit einem ordentlichen Händeschütteln dankt. Diese menschliche Nähe trägt sicherlich dazu bei, mit welcher Inbrunst hier gefeiert wird. Und auch die Secus kriegen kurz darauf einen sehr lauten Applaus, als das Konzert kurz für einen Sani-Einsatz im Bereich der Moshpits unterbrochen werden muss und alles in kürzester Zeit geschafft wird – inklusive Rettungsgasse aus dem Publikum heraus.

Jetzt, wo der Höhepunkt des Konzerts überschritten wurde, dauert es auch nicht mehr lange, bis die Zugabe beginnt: Die Großen Träume und der Spielmannsschwur folgen auf den ausgiebigen Applaus. Bei Letzterem singt stellenweise auch nur die Horde an in Schwarz gehüllten Männern und Frauen in der Halle und kommt dabei auf eine mehr als respektable Lautstärke. Währenddessen kommt die ganze Truppe – bis auf Schlagzeuger Jean Méchant – an den vorderen Rand des Catwalks und verabschiedet sich herzlich von diesem Abriss-Publikum. Kurzum: So gewinnt man als Band Fans zurück, gerne komme ich wieder zu einem so lebendigen, druckvollen Konzert. Und vielleicht erleben wir mit dem kommenden Staub & Schatten auch wieder die verträumte Magie, die hier und heute dem Druck eines erstklassigen Metalkonzerts weichen musste.






















































