Betrayal – Disorder Remains

Der Underground erwacht - rette sich, wer kann

Artist: Betrayal

Herkunft: Aschaffenburg, Deutschland

Album: Disorder Remains

Spiellänge: 48:46 Minuten

Genre: Blackened Tech Death, Death Metal

Release: 16.04.2021

Label: Rising Nemesis Records

Link: www.betrayal.eu

Bandmitglieder:

Gesang und Gitarre – Alex
Lead Gitarre – Basti
Bassgitarre – Phil
Schlagzeug – Manuel

Tracklist:

  1. Ignite
  2. Rise
  3. War
  4. Ghost Of Mind
  5. The Manifest
  6. Lost Promises
  7. Disorder Remains
  8. Chaos Reigns
  9. Devouring Nothingness
  10. Dooming Diversions
  11. Insanity
  12. Greed & Oblivion

Betrayal gehören vermutlich zu den Bands, welche ich mit großem Abstand am häufigsten auf der Bühne gesehen habe. Das kommt nicht nur daher, dass die Jungs rund um Frontmann Alex zu meinem Freundeskreis gehören, sondern eher daher, dass Betrayal astreine Musik produzieren und immer den Ansporn haben, weiter zu gehen, neue Grenzen zu finden und diese auch bewusst überschreiten – was mit der neuen Scheibe Disorder Remains absolut erreicht wurde. Doch nicht nur der Frontmann ist für die Band und deren Stil entscheidend, alle vier kreieren erst den Klang der Aschaffenburger Death Metal Band und dazu gehören ebenfalls Phil, Manuel und natürlich das neue Mitglied Basti. Vermutlich ist es auch deshalb kein großes Wunder, dass ich mich auf dieses Album besonders gefreut habe, zumal auch Betrayal lange auf dieses Album hingearbeitet haben. Ob sich die lange Wartezeit gelohnt hat? Absolut! Disorder Remains ist mit eine der abgefahrensten Platten, die ich jemals in die Hände bekommen habe. Ganz egal, ob wir von der Fülle des Sounds oder die technischen Aspekte reden, man kann hier ausnahmslos nur loben und staunen, was aus der Band geworden ist, die vor sechs Jahren Infinite Circles veröffentlicht hat.

Nach dem monströsen Intro Ignite schlägt uns das erste Brett Rise entgegen. Hiermit wird die neue Ära Betrayal eingeleitet, welche ohne Rücksicht auf Verluste alles niederschmettert, was einem nur so in den Weg kommt. Viel mehr Power und Aggression werden in dem ersten Lied verkörpert, dass man direkt merkt, welche Entwicklung die Jungs hinter sich haben. Ein donnerartiges Blastbeatgewitter kombiniert sich mit eingängigen Riffs zu einem Rammbock, der mit der Tür ins Haus fällt und vor welchem man ruckartig Deckung sucht. Die Stimmung wird auch so schnell nicht vergehen und wer sich vor dem letzten Ton des Albums aus seinem sicheren Versteck wieder raustraut, der hat meinen vollen Respekt. Denn mit War wird das Tempo weiter angezogen – hier begegnen wir dem neuen Lied, welches wir auf der EP War im Dezember schon genießen durften.

Wesentlich interessanter ist Ghost Of Mind, bei welchem endlich die Gitarren im primären Vordergrund stehen und bei dem sich das neue Mitglied Basti (der auch für das beängstigende Cover verantwortlich ist) nun endlich mal komplett auspowern kann. Riffs, die kaum nachzuvollziehen sind, unglaublich scharfkantig, ritzten den Alex an seinen Stimmbändern, schrillen unglaublich brachial und prägnant aus den Boxen – Tiefen und Höhen sind noch klarer zu hören. Man merkt, dass sich hier auf den Lorbeeren nicht ausgeruht wurde. Aber nicht nur Alex, auch die Band hat geübt – was für die Leistung fast schon zu wenig klingt. Üben, bis man blutet, ist wohl der passendere Ausdruck. Enorme Steigerungen kann man bei Manuel feststellen, Blastbeats und die Fills, welche mit dem Produzenten Matthias von Unleash The Sound geschrieben wurden, zeigen wesentlich mehr Facetten auf und es wird alles ohne Ausnahme direkt auf den Punkt gebracht. Dieser Wille, sich so zu verbessern, macht dieses Album zu einem wirklichen Masterpiece, da so viele Facetten selten in einem Album abgedeckt werden, ohne dass dabei der Fokus des Genres verloren geht. Betrayal starteten als Death Metal Band, zu welchen ich die Jungs absolut nicht mehr zählen möchte. Für mich gehört die Band in das Blackened Tech Death Metal Genre, da so viele melodische und technische Aspekte das Album beeinflussen und es nicht nur reines Geschrubbe ist. Aber auch Phil, den ich noch gar nicht aufgeführt habe, spielt ja ebenso seine Rolle bei dem Album und füllt genau die Passagen aus, in denen meine Boxen still stehen. Er unterlegt jedes Lied und gibt ihm dabei so noch seinen eigenen Kick mit, dass man einfach ohne ihn was tierisch vermissen würde. Deshalb hab ich mich auch so extrem in den Track Dooming Diversions verliebt, als am Ende alles auf das Schlagzeug und den Bass reduziert wird. Ich kann mit gutem Gewissen sagen, dass ich so etwas Geniales vorher noch nie bei einer Death Metal Band gehört habe und dann auch gesagt habe: „Wow, das klingt genial!“ Phil und Manuel können einfach zusammen, und es ist mir ein Rätsel, wie man auf diese Idee kommen kann und das dann auch noch so genial umsetzt. Aber auch Phil war ja nicht ganz untätig, mir kommt sein Sound wesentlich fetter vor – sein Spiel hämmert wesentlich mehr rein und stampft einen somit in Grund und Boden.

Die letzte Hälfte des Albums ist ein komplettes Finale – dauerhafte Infernos und ein Blastbeat-Hagel erwarten uns, welche gekoppelt sind mit verzerrten Gitarren und Bässen, die uns auf den Boden der Tatsachen zurückholen, während Alex uns anheizt, mitzusingen, was echt gut gelingt. Im Oktober 2019 waren Betrayal mit Freunden im Studio, um für drei Songs Groupshouts aufzunehmen. Gerade bei Insanity werden diese besonders deutlich und animieren zum Abfeiern, ohne Rücksicht auf den Kater zu nehmen, der uns morgen erwartet, oder die Stimmbänder, die in den nächsten Tagen keinen Ton mehr produzieren können – der Nacken, der heißer brennt als die Hölle.

Schlussendlich kann man sagen, dass Betrayal seit ihrem letzten Album, welches bereits sechs Jahre alt ist, einiges dazugelernt haben. Den Drang, sich weiterzuentwickeln, nimmt man in jeder Minute des Albums wahr und das technische Können hat sich verbessert – die Messlatte wurde wesentlich höher angesetzt und es wurde sich mit nichts zufriedengegeben, was nicht hundert Prozent den Vorstellungen entspricht und nicht hundertprozentig akkurat ist. Ob es das Songwriting ist, welches mehr Struktur aufweist, die Riffs, die Basti und Alex erarbeitet haben und auf maximale Fingerfertigkeiten abspielen, die Basslines, die Phil gezielt in die Lücken schiebt, dass der Zuhörer dauerhafte Adrenalinschübe bekommt oder Manuel, der mit einem Dauerhagel dafür sorgt, dass der Mageninhalt sich abermals im Kreis dreht. Man merkt, dass aus Betrayal mehr geworden ist, dass Betrayal jetzt die großen Ziele anvisieren. In ihrer Region zählen sie schon zu den besten ihrer Art, jetzt werden mit Disorder Remains neue, höhere und größere Ziele gesetzt. Die neue Scheibe setzt neue Ideale und das nicht nur für kleine Bands, auch die großen Headliner dürfen sich an dieser Entwicklung eine Scheibe abschneiden.

Betrayal – Disorder Remains
Fazit
Betrayal liefern hier einfach nur ab. Egal, ob wir von dem Sound reden, der sich seit dem letzten Album verbessert hat oder das Können, an welchem gefeilt wurde, wo es nur geht. Disorder Remains setzt neue Ideale und das nicht nur für kleine Bands, auch die großen Headliner dürfen sich an dieser Entwicklung eine Scheibe abschneiden.

Anspieltipps: Ghost Of Mind, Disorder Remains und Insanity
Paul M.
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