Bison – You Are Not The Ocean You Are The Patient

“Tiefgründige Heaviness“

Artist: Bison

Herkunft: Vancouver, Kanada

Album: You Are Not The Ocean You Are The Patient

Spiellänge: 38:12 Minuten

Genre: Stoner, Hardcore

Release: 23. Juni 2017

Label: Pelagic Records

Link: https://www.facebook.com/bisonbc/?ref=br_rs

Produktion: Rain City Recorders, Vancouver von Jess Gander

Bandmitglieder:

Gesang, Gitarre – James Farwell
Gitarre, Gesang – Dan And
Bass – Shane Clark
Drums, Gesang – Matt Wood

Tracklist:

  1. Until The Earth Is Empty
  2. Anti War
  3. Drunkard
  4. Kenopsia
  5. Tantrum
  6. Raiigin
  7. The Water Becomes Fire


Die kanadischen Bison, auch bekannt als Bison B.C., haben mit You Are Not The Ocean You Are The Patient ein Album geschaffen, das mindestens so großartig daher kommt wie sein Titel. Eingängige Songs mit Radio-Potential oder simple Refrains findet man bei Bison nicht. Die Platte punktet viel mehr mit düsterer Stimmung, Aggressivität und fetten Gitarren-Riffs. Garniert wird das Ganze mit einer großen Portion Experimentierfreudigkeit und Atmosphäre.
Genretechnisch lassen sich Bison auf You Are Not The Ocean You Are The Patient als Mischung zwischen Stoner und Hardcore beschreiben. Der Sound weist mit seinem tiefen Klanggewand und der breiten Wand aus Gitarren zwar einen großen Stoner-Teil auf, viele Tracks klingen dank ihrer enormen Aggressivität aber Hardcore-lastig. Zu diesen beiden Kernelementen gesellen sich epische Parts und sehr atmosphärische Stücke, die auf mehr musikalische Elemente zurückgreifen als die meisten Vertreter dieser Musikrichtung.

The new songs still sound like ‚us,‘ whatever that means, but we aren’t concerned with shying away from whatever influences creep up. (Gitarrist Dan And)

Was Gitarrist Dan hier sagt, klingt zwar sehr floskelartig, doch genau das zeichnet die Band auf YANTOYATP aus. Sie schrecken vor nichts zurück und so entstehen Songs, die extrem interessant und erfrischend sind. Bestes Beispiel hierfür dürfte das epische Tantrum sein. Ein Track, der in 7:31 Minuten so viele Schichten packt, dass man auch nach dem 34. Mal hören nicht ganz durchblickt, an welcher Stelle man sich gerade befindet. Ein grooviges Riff, das für Bison Verhältnisse schon fast schnell anmutet, eröffnet den Track und wird daraufhin von brutalen Vocals abgelöst. Als das Ganze grade beginnt monoton zu werden, folgt ein Part, der musikalisch sehr melodiös und verträumt untermalt wird. Anschließend wird der Hörer aus der Trance geweckt und der roughe Beginn des Stücks wird nochmal gesteigert. Wer jetzt denkt, dass es wieder zum melancholischen Teil übergeht, liegt eindeutig falsch. Es folgt ein Breakdown, der so heftig und langsam ist, dass er, trotz weiterhin aggressiver Vocals, im völligen Kontrast zum Rest des Songs steht. Es geht noch eine Spur verwirrender: es folgt ein langgezogenes Instrumental, in dem eine Geige und Flöten die Führung übernehmen. Die Geige klingt ein wenig verstimmt und broken, was den Part sehr stimmungsvoll und atmosphärisch macht. Das Gitarrensolo im Anschluss folgt fließend und ehe sich der Hörer versieht, findet er sich im Hauptriff des Songs mit einer abgeänderten Version des Refrains in den Vocals wieder. Als Outro dient eine Repetition eben dieses Riffs mit einigen Variationen davon, die sich zum Ende der sieben Minuten in Intensität und Geschwindigkeit noch einmal steigern. Ein wahnsinnig tiefgründiger und gelungener Track, der zeigt, dass Bison wirklich egal ist, in welche Schublade man sie steckt. Hier wurde umgesetzt, worauf man Bock hatte. Wer’s nicht ganz so tiefgründig mag, dem sein Tracks wie Until The Earth Is Empty, Anti War oder Drunkard ans Herz gelegt. Bei diesen finden vor Allem die angesprochenen Riffs und die Aggressivität Anwendung, was die Songs enorm heavy macht, ohne, dass diese Heaviness forciert wirkt. Apropos Heaviness: Raiigin, der Track, der auf das bereits ausführlich diskutierte Tantrum folgt und seine verträumte Atmosphäre zunächst fortsetzt, macht auf den ersten Blick den Eindruck eines Instrumentals, doch nach gut zwei Minuten setzt ein Bruch ein und Bison liefern das heftigste, schnellste, groovigste und geilste, was You Are Not The Ocean You Are The Patient zu bieten hat. Genau das ist es, was Bison so interessant macht. Die Musik ist so vielschichtig und verwoben, dass man sehr lange Freude an der Platte haben kann und trotzdem noch überrascht wird. Nach den ersten paar Minuten Spielzeit aufgeben, würde der Platte und der Band nicht gerecht. Ihr fünftes Album ist ein atmosphärisch starkes Album, das Experimentierfreudigkeit, Direktheit und Groove wunderbar stimmig miteinander verbindet – großartig.

 

Fazit: Obwohl (oder gerade weil) You Are Not The Ocean You Are The Patient schwer verdauliche Kost ist, sollte sicher jeder Stoner- und Progressive-Fan mal mit der Scheibe befassen. Auch Fans von roher Aggressivität mit ein Bisschen Anspruch sollten diese Platte nicht verpassen. Das Album ist mit seiner Vielschichtigkeit und den komplexen Songstrukturen sehr reif und ein Paradebeispiel für exzellentes Songwriting. Trotz dieser Komplexität strotzt es nur so vor Rohheit und Energie, diese gelungene Mischung findet man in der modernen Szene nicht allzu häufig.

Anspieltipps: Raiigin, Tantrum, Drunkard
Carsten B.
9.3
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