DesertFest vom 26.05. bis 29.05.2022 in der Arena Kreuzberg in Berlin (Tag 3 und 4)

Nach der langen zweijährigen Coronapause kommt das große Stonerfest in die Arena Kreuzberg in Berlin zurück

Eventname: DesertFest Berlin 2022

Bands: 1000Mods, 24/7 Diva Heaven, Baroness, Black Rainbows, Dhidalah, Dvne, Elder, Electric Wizard, Enigma Experience, Huntsmen, Kadavar, Los Bitchos, Love Machine, Lowrider, Maidavale, My Sleeping Karma, Orange Goblin, Pigs Pigs Pigs Pigs Pigs Pigs Pigs, Polymoon, Rotor, Samavayo, Slift, Slomosa, Spirit Adrift, Steak, Stöner, Sâver, Temple Fang, Truckfighters, Ufomammut, Velvet Two Stripes, Villagers Of Ionnina City, Vug, Witchcraft, Yob

Ort: Arena Kreuzberg, Eichenstraße 4, 12435 Berlin

Datum: 26.05. – 29.05.2022

Kosten: 4-Tages-Ticket 133 €, Tagestickets 57,50

Genres: Stoner Rock, Psychedelic Rock, Doom, Heavy Rock, Rock, Sludge

Besucher: 5000 (ausverkauft)

Veranstalter: DesertFest Berlin

Link: https://www.desertfest.de/

Artwork by Arik Roper

Endlich!!! Nach zwei Jahren Corona-Zwangspause findet vom 26. Mai bis 29. Mai 2022 in Berlin eine weitere Ausgabe des sehr erfolgreichen und über die Grenzen hinaus bekannten DesertFest statt. Da ist natürlich viel nachzuholen! So sind es in diesem Jahr dann auch vier anstatt der üblichen drei Tage, die den Fans in Berlin geboten werden.

Da vier Tage natürlich eine Menge sind und auch viel zu ver-/bearbeiten ist, habe ich mich entschlossen, in diesem Jahr den Festivalbericht zu splitten in jeweils zwei Tage. Hier die Tage drei und vier (zu dem Bericht der ersten beiden Tage kommt ihr hier). Den Stoner Jüngern wird an diesen Tagen ein grenzenloses Spektakel mit Heavy Rock, Doom und Psychedelic geboten. Die besten Bands aus verschiedenen Ländern werden auf dem Festival schwere Riffs, Stoner- und Heavy Rock mit ausgelassenem Auditorium voller Peace und Harmonie verbinden.

Tag 3

Puh, erst einmal muss man schon mal das bis zur Halbzeit Gebotene verdauen. Electric Wizard von gestern Abend stecken mir noch in den Knochen. Die haben mich natürlich verzaubert und es ist kein Schwächeln angesagt. Heute heißt es wieder pünktlich um 15:00 Uhr vor Ort auf dem Gelände zu sein.

Der Tag beginnt pünktlich mit Enigma Experience. Noch nie was von gehört? Enigma Experience ist ein Nebenprojekt von Truckfighters Niklas ‘Dango’ Källgren. Die Band sagt von sich selbst: „A rock band out of the ordinary“. Das passt natürlich voll und ganz. Alleine schon der wohl unter ADHS stehende Niklas ‘Dango’ Källgren ist alles andere als gewöhnlich. Optisch in orangefarbenen Gewändern erinnern sie etwas an die Hare Krishnas, nur Niklas ‘Dango’ Källgren ist in Blau gehüllt und geht natürlich wie bei den Truckfighters selbst ab wie ein Zäpfchen.

Nach diesem außergewöhnlichen Einstand geht es weiter mit den Heavy Psych Stonern out of Space Black Rainbow. Die sind mir nicht unbekannt, denn die habe ich das letzte Mal hier in Berlin auf dem labeleigenen Heavy Psych Sound Festival 2019 gesehen. Die Jungs schleudern den Fans von der großen Bühne wie erwartet mächtige Heavy Riffs um die Ohren.

Richtig heiß wird es anschließend auf der kleinen Bühne mit Velvet Two Stripes. Das Female Rock Trio aus der Schweiz serviert eine Mischung aus Garage, Blues, Fuzz Rock und Riot Grrrl Punk. Da geht so richtig der Punk ab. Mein Kumpel Alex hatte sie schon mal als Support von den Australierinnen Stonefield in Wiesbaden gesehen und war begeistert. Ich bin es heute. Verstärkt haben sich die Mädels mit einem jungen Mann an der Schießbude. Tolle Show hier. Durch den Bandnamen darf man durchaus darauf schließen, dass sie Fans von Jack White sind.

Immer mal wieder raus und draußen ein paar Fotos machen und sich mit netten Leuten unterhalten. Die Atmosphäre hier beim DesertFest packt einen ungemein. Vor, zwischen und nach den einzelnen Gigs bleibt immer wieder Zeit zum Fachsimpeln oder auch Small Talk.

Lowrider aus Schweden sind Urgesteine und zählen mit zur europäischen Stoner Elite. Dabei ist man seit der Gründung 1997 mit Veröffentlichungen immer spärlich umgegangen und hatte fast eine Dekade der Nichtpräsenz. Gerade auf Livegigs (sie haben schon einiges an Festivals gespielt) zeigen Lowrider, warum sie zur Speerspitze gehören. Das auch heute hier in Berlin.

Ein weiterer Knaller findet auf der kleinen Bühne statt. Da ist das Trio The Well zu Gange. Das Trio Lisa Alley (Bass, Gesang), Ian Graham (Gitarre, Gesang) und Jason Sullivan (Schlagzeug) haut mich echt um. Eine schöne, dunkle, geile Mischung aus Psychedelic Doom und Stoner Mucke. Hier und da ein wenig Noise Einschlag like Sonic Youth. Der abwechselnde Gesang von Lisa Alley und Ian Graham ist schon faszinierend.

Da nehme ich mir doch direkt noch eine Vinyl mit und lasse sie mir signieren. Mit Lisa unterhalte ich mich später noch ein wenig und erfahre, dass sie nach dem DesertFest mit 1000mods unterwegs sind und auch in Köln spielen. Sie lädt mich ein, muss ich mal schauen, ob das klappt. Da komme ich gerade aus dem Urlaub zurück.

Die eben von Lisa erwähnten 1000mods sind auch gleich nebenan auf der großen Bühne dran. Die griechischen Psychedelic Stoner mit Grunge Einfluss wären bereits 2020 auch hier gewesen (…aber dann kam ja Polly/Corona). Im selben Jahr haben sie ihr Album Youth Of Dissent herausgebracht, zu dem ich ein Review machen durfte. Das Quartett kann hier überzeugen. Wäre echt eine Überlegung wert, nach Köln zu fahren und mir die Kombi 1000mods und The Well noch mal in einem kleinen Club anzuschauen.

Die Briten Steak sind die letzte Band auf der kleinen Bühne des heutigen Abends, dann folgen noch zwei Bands auf der großen Bühne. Steak sind mir nicht unbekannt, denn ich durfte ihnen in der Vergangenheit bei einem Gig zusammen mit Lo-Pan und Elephant Tree schon einmal beiwohnen.

Das Steak ist angerichtet! Steak aus Großbritannien rocken die kleine Bühne mit fuzzigem geilem Stoner Rock. Zudem versprüht das Quartett ein ganz starkes Stück Coolness. Fronter Kippa hat eine starke Stimme, die den Sound vorantreibt, wobei meist die Instrumente im Vordergrund bleiben. Coole Songs mit psychedelischer Atmosphäre, die ihren Lauf im rohen Hard Rock nehmen. Wenn auch genretypisch, sind die Songs doch von sehr hoher Eigenständigkeit. Steak sind genauso wie ein Steak sein sollte, nämlich englisch und sehr schmackhaft! Bester Heavy Rock ’n‘ Rollin aus London.

Vorletzter Act des heutigen Abends sind Truckfighter Das Trio wurde 2001 vom Gitarristen Niklas „Dango“ Källgren und dem Bassisten und Sänger Oskar „Ozo“ Cedermalm gegründet und ist live eine ganz große Nummer! Am Schlagzeug gibt es seit Jahren keine feste Konstante, also könnte man hier im Eigentlichen von einem Duo sprechen. Die Stoner aus Örebro (Schwenden) aus dem hohen Norden bringen hier eine echt heiße Show. Während Oskar „Ozo“ Cedermalm seine Parts cool und abgezockt bring, ist HB-Männchen Niklas „Dango“ Källgren meist im „Sprung“. Er hebt mehrmals ab. Kaum vorstellbar, wie er bei solcher Akrobatik auch noch seine Gitarre spielen kann. Irre Truckfighter Show am heutigen Abend.

Den Abschluss bilden Orange Goblin. Ich selbst habe Orange Goblin vor ein paar Jahren auf dem Metalfest auf der Loreley gesehen. Wenn man diese Band gesehen hat, weiß man, woher der Begriff authentisch kommt. Und wenn man sieht, wie Ben Ward sich die Stimme mit Whisky ölt, weiß man, wo die Stimme herkommt. Das britische Rock-Urgestein ist bereits seit über 27 Jahren unterwegs und hat eine Menge an Alben herausgehauen. Eines heißt The Wolf Bites Back. Orange Goblin sind eine wilde, authentische Liveband. Sänger Ben Ward betont mehrmals, wie geil es ist, wieder live zu spielen und hier zu sein. Dieses Feeling nimmt man Orange Goblin ab, denn die legen einen wilden Hardrock Parcours hin. Ungestüm, dreckig und staubig sind Orange Goblin, bester Schweinerock beendet hier den vorletzten Abend.

Wie gewohnt gehe ich den Weg zur Unterkunft zurück, esse und trinke noch was im Dönerladen um die Ecke und falle kaputt ins Bett, um für den letzten Tag wieder fit zu sein.

Tag 4

Same procedere as every day 😉 das aber gerne. Heute muss ich ganz pünktlich sein, denn als Opener auf der kleinen Bühne erwarten uns Sâver. Die 2018 gegründete schwedische Band aus dem Dunstkreis von Hymn wartet mit basslastigen, sludgegigen und tiefgestimmter Gitarre, dominierendem Doom mit starken Post Metal Anteilen auf. Post Metal, wie man ihn in etwa von Bands wie Cult Of Luna oder The Ocean kennt. Bei The Ocean’s Mastermind Robin Staps Label sind sie auch unter Vertrag. Bei ihrem apokalyptischen Sound bleibt mir nur noch zu sagen: absolut geil … und das am frühen Vormittag. Ich treffe die Jungs anschließend noch und kann mich ein wenig mit ihnen unterhalten. Geile Band, die ich gerne mal in einem kleinen Club erleben möchte.

Auf der großen Bühne machen sich derweil Slomosa fertig. Die skandinavische Stoner Ecke ist hier auf dem DesertFest sehr gut vertreten. Die Norweger kommen aus Bergen, der zweitgrößten Stadt Norwegens. Aus dieser Stadt habe ich schon eine Menge Bands kennengelernt. Die Anhäufung an guten Bands muss da unermesslich sein. Slomosa mit ihrem Markenzeichen, dem Kamel auf der Leinwand, können hier mit ihrem abwechslungsreichen Stonerrock überzeugen. Da freue ich mich umso mehr, dass ich die Band auf dem Hoflärm Festival im August wiedersehe!

Wieder rüber zur kleinen Bühne. Kaleidobold aus Finnland habe ich auch schon ein paar Mal gesehen. Unter anderem als Support von Yawning Man und auch auf dem X-Mas Freak Valley in Siegen. Mit ihrem psychedelischen Stoner Rock konnten Kaleidobolt bisher im Underground von sich reden machen. Aber die Geschichte geht weiter, denn sie haben schon einige Szenegrößen, wie unter anderem Brant Bjork supportet und auf sich aufmerksam gemacht. Brant Bjork kommt dann auch direkt nach ihnen auf der großen Bühne mit seiner neuen Band Stöner. Kaleidobolt passen ganz gut in die Psychedelic Rock Ecke mit ihren Breaks und Tempowechseln in den Songs. Mal richtig heftig gegen die Wand gespielt, dann wieder locker flockig.

Gegenüber auf der Bühne erwarten uns alte Bekannte mit Stöner! Zwar eine „neue“ Band, aber Stars unter dem Stoner Himmel sind die beiden Ex-Kyuss Mitglieder Brant Bjork und Nick Olivieri, die sich mit Ryan Gut, dem langjährigen Schlagzeuger von Brant Bjorks Band als Trio verstärkt haben.

Bei den Namen ist die Band, die im Oktober 2020 ihr Debütalbum Stoners Rule im kalifornischen The Rad Cabin Studio in Joshua Tree, Kalifornien aufgenommen hat, bereits jetzt eine Institution. Erschienen ist Stoners Rule im Juni letzten Jahres beim Heavy Psych Sounds Label.

Die Desert Rock Connection funktioniert also und das Trio kann hier echt begeistern. Brant Bjork und Nick Olivieri habe ich die letzten Jahre einzeln gesehen, jedoch noch nicht zusammen, aber das passt richtig gut.

Zu meiner Freude bin ich vor dem Gig auch noch dem Desert Rock Urgestein und „Vater“ der Szene Mario Lalli begegnet. Jener Man, von dem Josh Homme sagt, ohne diesen hätte es die Szene nicht gegeben, bin ich mit seiner Band Yawning Man schon ein paar Mal begegnet. Da Yawning Man hier auf dem DesertFest nicht im Line-Up sind, bin ich doch etwas erstaunt und spreche ihn darauf an. Es sagt mir, dass er hier für seine Kumpels Brant Bjork und Nick Olivieri arbeitet. Stöner werde ich im August auf dem Hoflärm wiedersehen. Ich spreche Mario Lalli darauf an, ob er auch dann dabei ist. Er hofft es, weiß es aber noch nicht genau.

Gegenüber auf der kleinen Bühne sind jetzt die sieben kleinen Schweinchen dran. Also PigsPigsPigsPigsPigsPigsPigs. Die sieben Schweinchen sind nur ein Quintett, das sich 2012 in Newcastle (England) gegründet hat. Die fünf Schweinchen auf der Bühne bringen eine irre Mischung aus Heavy Metal, Doom Metal, Stoner Rock und Noise Rock auf die Bühne. Irgendwie jetzt echt schwierig zu sagen, wie das wirkt. Sehr auffällig ist ihr Sänger Matthew Baty, der sich in seiner Turnhose zu den Ups und Downs der Musik ständig bewegt.

Auf der großen Bühne wird es intergalaktisch! Ufomammut werden gleich landen oder auch abheben, wie man es auch nimmt. Die 1999 in Piemont (Italien) gegründete Band bringt heute hier einen irren intergalaktischen Stoner Doom / Drone Sound in die Halle. Das ist nun wirklich so massiv, als wäre hier ein Ufo gelandet und hätte ein Mammut rausgelassen. Poia (Gitarre), Urio (Bass, Gesang) und ihr neuer Schlagzeuger Levre (seit 2020) reißen hier die Halle nieder. Irre, was das Trio hier veranstaltet. Mit solch einem großen Ding hätte ich nicht gerechnet. Der Sound geht durch Mark und Bein und ist fast schon zerstörerisch. Nach dem Gig treffe ich Kumpel Markus draußen, der wohl schnell raus musste, weil es ihm bei der Mucke nicht mehr gut ging. Ich fand es megageil! Sollte das Ufomammut nochmals in meiner Nähe landen, bin ich direkt wieder dabei!

Auf den Act auf der kleinen Bühne gleich freue ich mich sehr, denn da zocken die Berliner Rotor. Das Quartett lässt direkt seine Rotoren kreisen. Rotor ist eine rein instrumentale Stoner Band, also Gesang Fehlanzeige. Dafür müssen sie sich mit ihren Instrumenten halt sehr ins Zeug legen, was ihnen von Beginn an sehr gut gelingt. Das zeigt mal wieder, dass Musik nicht immer Gesang braucht, um ihre Wirkung zu haben. Bei der Performance von Rotor vermisst man zu keinem Zeitpunkt eine Stimme. Dafür sind die Instrumente zu prägnant und bestimmend. Rotor rotieren die Fans wirklich in eine andere Sphäre.

Jetzt fehlen nur noch die beiden sogenannten Topacts des heutigen Tages auf der großen Bühne. Zunächst sind Elder dran. Die ursprünglich 2005 in Massachusetts in den USA gegründete Band spielt Heavy Psych, einen einzigartigen Stilmix aus Doom, Stoner, Psychedelic und Progressive. Die einzelnen Songs sind kaum unter zehn Minuten lang und recht experimentell. Die Band um Sänger und Gitarrist Nick DiSalvo ist eine Institution in der Szene. Multiinstrumentalist Nick DiSalvo war übrigens auch der erste Schlagzeuger von VUG, die das Festival hier dieses Jahr eröffneten. Die erste Platte hat er mit eingespielt.

Die Progressive Metaller/Sludger Baroness beenden heute mit ihrer einzigartigen Show das viertägige DesertFest in Berlin. Baroness gründeten sich 2002 in Savannah (USA) und sind vor allem eins: John Baizley – der Mann am Mikro und an der Gitarre ist aus der Szene überhaupt nicht mehr wegzudenken! Das Line-Up der Band wurde bereits mehrfach durchgewirbelt, wenngleich auch die aktuelle Besetzung bereits seit 2017 so zusammen ist.

Starken Einfluss hatte ein besonders Erlebnis auf die Bandbesetzung. Während der anschließenden Tour zum Album Yellow & Green 2012 verlor der Fahrer des Tourbusses nahe dem englischen Bath die Kontrolle und das Fahrzeug stürzte neun Meter tief von einer Brücke. Sänger John Baizley brach sich den linken Arm und das Bein, Schlagzeuger Allen Blickle und Bassist Matt Maggioni erlitten Frakturen an der Wirbelsäule. Die Tour wurde abgebrochen, die Bandmitglieder Matt Maggioni und Allen Blickle verließen anschließend die Band.

John Blazley gibt den Alben zumeist Namen von Farben und gestaltet nicht nur die Cover der Alben von Baroness, sondern auch von befreundeten Bands wie Darkest Hour, The Red Chord, Kvelertak, Skeletonwitch, Black Tusk oder Kylesa, bei denen er selbst Schlagzeug gespielt hat. Baroness bilden heute den würdigen Abschluss eines sensationellen Festivals!

Fazit: Die vier Tage des DesertFest Berlin waren der absolute Wahnsinn. Vier Tage, die zwar auf die Knochen gingen, sich aber absolut gelohnt haben. Davon zehrt man noch lange! Wir von Time For Metal bedanken uns, dass wir 2022 wieder dabei sein durften und freuen uns auf das DesertFest Berlin 2023!