Lindemann – Frau & Mann Tour 2020, am 04.02.2020 in der Swiss Life Arena, Hannover

Böser und weißer als die Hauptband Rammstein

Eventname: Lindemann, Frau & Mann Tour 2020

Headliner: Lindemann

Vorbands: Jadu, Aesthetic Perfection

Datum: 04.02.2020

Ort: Swiss Life Arena, Hannover

Kosten: 51,00 € VVK, Ausverkauft

Zuschauer: 5.500

Genre: Alternative Metal, Neue Deutsche Härte

Veranstalter: Hannover Concerts

Links: https://lindemann.band/
https://jadu.berlin/
http://aesthetic-perfection.net/
https://www.hannover-concerts.de/

Setlisten:

Jadu:

  1. Treibjagd
  2. Uniform
  3. Unknown
  4. Unknown
  5. Friedliche Armee
  6. Sirenen & Wagner

Aesthetic Perfection:

  1. Gods & Gold
  2. Rhythm + Control
  3. Wickedness
  4. Dark Angel
  5. Never Enough
  6. Love Like Lies

Lindemann:

  1. Skills In Pills
  2. Ladyboy
  3. Fat
  4. Ich Weiß Es Nicht
  5. Allesfresser
  6. Frau & Mann
  7. Knebel
  8. Home Sweet Home
  9. Cowboy
  10. Golden Shower
  11. Blut
  12. Platz Eins
  13. Praise Abort
  14. Fish On

Zugabe:

  1. Ach So Gern
  2. Steh Auf
  3. Gummi

Tourauftakt von Lindemann in der Hannoveraner Swiss Life Hall. Heute ist es so weit und wir von Time For Metal dürfen dabei sein. Da wir auf jeden Fall das Spektakel sehen wollten, haben wir bereits in Vorfeld Karten besorgt. Die gut 50 € schmerzten nicht wirklich und die Akkreditierungsbestätigung ließ bis zum letzten Tag auf sich warten. Aber nun hat es geklappt und wie die erste Show von Lindemann ist, erfahrt ihr hier.

Zunächst heißt es aber geduldig sein, denn die Schlange vor der Halle ist lang. Sehr lang. Viele leer ausgegangene Besucher versuchen noch, an Karten zu kommen, und es werden schon einige Aufschläge verlangt. Ich gebe meine Karte zum regulären Preis ab, da ich ja nichts verdienen will. Also anstellen und dann geht es langsam voran. Nach der Einlasskontrolle geht es in die große Halle, in der schon viele der Plätze in den Rängen besetzt sind. Beim Merch und an den Bierständen herrscht reger Betrieb und das Gilde Pilsener wird in entsprechenden Lindemann Bechern ausgeschenkt.

Nachdem wir einen passenden Sitzplatz gefunden haben, beginnt mit Jadu eine Band, die von uns keiner kennt. Der nach eigenen Worten Military Dream Pop, bei dem Jadula Laciny zum ersten Mal vor so großem Publikum auftritt, verwirrt doch etwas. Dass Rammstein ein Gespür für skurrile Opener haben, ist bekannt. Nun aber auch Lindemann. Nach Treibjagd, dem ersten Song, folgt Uniform, der zunächst ansprechend losgeht, aber spätestens bei einsetzendem Gesang an Interesse verliert. Glücklicherweise spielt diese Formation nur eine halbe Stunde. Dann gibt’s aber noch einen zweiten Support, der etwas Ansprechender ist. Aesthetic Perfection liefern elektronische Pop-Musik, bei der an der einen oder anderen Stelle Dark Rock Einflüsse durchzuschimmern scheinen. Das ist zwar besser als Jadu, aber bis auf Frontmann David Graves, der zumindest bei den anwesenden Damen in den ersten Reihen ankommt, erreicht die Aggropop Mucke nicht alle. Aber solange es Pils gibt, ist das nicht so schlimm. Auch hier will die 30 Minuten Show nicht enden, tut sie dann aber doch.

Laut Veranstalter soll Lindemann um 21.30 Uhr beginnen. Der Auftritt verzögert sich aber doch fast um zehn Minuten. Dann betreten weiß gekleidete und geschminkt Musiker die Bühne und es geht mit Skills In Pills los. Dieser Song stammt ja bekanntlich vom gleichnamigen ersten Album und auf der riesigen Leinwand im Hintergrund läuft ein passendes Video. Peter Tägtgren und Till Lindemann haben bereits bei der ersten Platte bewiesen, dass sie gute Songs schreiben können und live geht das nun auch gut ab. Es sitzt keiner mehr und so wird die Bühne gerockt. Mit Ladyboy und Fat, ebenfalls von der ersten Scheibe, geht es direkt weiter. Keine Pause, keine Ansage, nur Musik. Dazu gibt’s im Hintergrund passende Einspieler, die den Tracks die richtige Untermalung verpassen. Die Musik steht klar im Vordergrund, aber das Gesamtkunstwerk setzt immer auch auf visuelle Reize. Verstärkt wird die Band durch Sebastian Olssen am Bass, Gitarrist Sebastian Svalland und Drummer Sebastian Tägtgren. Der Sound ist wuchtig und natürlich erinnern viele Gesten und die Stimme von Till an Rammstein. Daran ändern auch die weißen Klamotten nichts. Die langhaarigen Musiker haben sich alle einen oder zwei Zöpfe gebunden, die sich bei den Ausfallschritten und rhythmischen Passagen passend bewegen. Till Lindemann mit martialischem Gehabe wird gefeiert und die Halle geht voll ab. Ich Weiß Es Nicht, vom aktuellen Longplayer, setzt die musikalische Reise fort. Das ist fast wie eine Rammstein Performance, auch wenn es Einlagen gibt, die fast schon an der Grenze des Erlaubten sind. So wird bei Allesfresser ein Torten-Buffet aufgefahren, von dem dann die Sahnetorten in die Menge gefeuert werden. Klar will jeder ein Stück vom Kuchen haben, aber zunächst sind die Zuschauer wohl überrascht und einige wohl auch ordentlich beschmutzt. Es folgt Frau & Mann, bei dem das eieieie der Refrains lautstark mitgegrölt wird. Das folgende Knebel, ein weiterer der skandalträchtigen Songs, wird heute in einer akustischen Version dargeboten, bei der Till auf einer Art fahrbarem Hochsitz thront. Gelungene Alternative, die natürlich von passenden Bildern verstärkt wird.

Dass die gesamte Show dem FSK 18 unterliegt, wird dabei verständlich. Pornografische und verstörende Sequenzen werden hier immer wieder zelebriert. Musikalisch geht es natürlich trotzdem richtig nach vorne. Da werden auch schon mal in Aktion die Mikroständer so geworfen, dass diese auseinanderbrechen und von den fixen Backlinern wieder hergerichtet werden müssen. Home Sweet Home darf nun mal etwas ruhiger genossen werden. Die Ballade lässt die Temperatur in der Halle etwas abkühlen. Dann wird es schnell wieder brachial und sexistisch. Mit Cowboy gibt’s ein Video, bei dem vier kräftige, nackte Frauen auf einem typischen Bullride Gestell sitzen. Dass sie dabei auf Dildos sitzen, kommt erst später zum Vorschein. Inzwischen ist gut eine Stunde vergangen und noch nicht ein Wort von Till. Das kommt einem bekannt vor, denn auch bei Rammstein ist die verbale Interaktion mit dem Publikum gleich null. Das, was zu sagen ist, wird mit den bewegten Bildern im Hintergrund gezeigt. Nun ist es mal eine nackte Frau, die auf dem Schoss eines Mannes liegt, der ihre blanke Kehrseite mit leichten Schlägen traktiert. Bei Blut ist die gesamte Bühne in Rot getaucht und gibt dem Track die passende farbliche Untermalung.

Dann kommt das heute als neue Single erscheinende Stück Platz Eins. Zu aller Überraschung rollt in der linken Hallenseite ein durchsichtiger Riesenball über die Leute und darin stehen Till und Peter, singend und spielend. Dazu räkeln sich einige leicht bekleidete Damen zu deren Füßen. Sehr eindrucksvolle Showeinlage. Nach einer kurzen Unterbrechung kommen alle mit einer Art Umhang auf die Bühne. Das erste Mal, dass sich umgezogen wird. Praise Abort und Fish On folgen. Bei Letzterem hat Till eine Art Trommel wie einen Bauchladen um. Er öffnet diese Trommel und Gegenstände fliegen ins Publikum. Ist es das, wofür ich es halte? Leider stehen wir ziemlich weit weg, aber beim Titel denk ich mir, dass es Fisch ist. Roh oder geräuchert ist leider nicht zu sehen. Aber auch das wird von den Zuschauern gefangen. Witzige aber auch gewagte Aktion, denn immerhin werden hier Lebensmittel in die Menge geworfen. Gehört scheinbar dazu. Nun wechseln noch die gebrauchten Drum Sticks die Besitzer, und die Bühne ist wieder leer.

Erst mal passiert nichts, außer dass die Hallenbeleuchtung angeht. Verwirrung. Aber dann kommen alle, wieder in weiß gekleidet, auf die Bühne und mit Ach So Gern geht’s weiter. Es folgt Steh Auf und Gummi. Damit endet das Konzert und die Musiker versammeln sich auf einem Podest hinter dem Drum Kit, verbeugen sich und verlassen die Bühne. Kein Wort, kein „Danke Hannover“ nichts. Einfach Ende. Es ist 23:05 Uhr.

Fazit: Interessantes Spektakel, das Kinder sicherlich in Gewissenskonflikte stürzen würde. Deshalb ist die FSK Freigabe mit 18 ok. Skandalös, spannend, abwechslungsreich, sexistisch, etwas heftiger als Rammstein ist das schon – trotzdem lohnenswert. Musikalisch an vielen Stellen an die Hauptband erinnernd, war das eine unterhaltsame Vorstellung. Die Vorgruppen hätte man sich sparen können, aber das gehört nun mal mit dazu. Da es keine Fotoerlaubnis gab, habe ich ein paar Handybilder beigefügt. Bei YouTube gibt es auch ein paar interessante Eindrücke aus Hannover, die aber nicht offiziell sind. Platz Eins, die letzte Single, hänge ich in der offiziellen Version mit an.