“Zurück zu den Wurzeln?!“
Artist: Long Distance Calling
Herkunft: Münster, Deutschland
Album: Boundless
Länge: 49:23
Genre: Post-Rock
Release: 02.02.2018
Label: InsideOutMusic / SONY
Link: http://www.longdistancecalling.de/
Bandmitglieder:
Gitarre– David Jordan
Gitarre – Florian Füntmann
Bassgitarre – Jan Hoffmann
Schlagzeug – Janosch Rathmer
Tracklist:
1. Out There
2. Ascending
3. In The Clouds
4. Like A River
5. The Far Side
6. On The Verge
7. Weightless
8. Skydivers
Long Distance Calling, auch gerne LDC abgekürzt, ist eine Band aus dem eigenen Lande, um genau zu sein aus Münster. Angesiedelt im Post-Rock, macht ein Element die Gruppe besonders: Sie sind eine (fast) reine instrumental Band, auch wenn sie auf vorherigen Alben durchaus ab und zu Gesang in ihren Stücken versteckten. Aber mit ihrer neuen Platte Boundless, welche am 2. Februar 2018 veröffentlicht wird, wollen die Jungs nun zurück zu den Wurzeln und wieder auf eine Gesangsstimme verzichten. Doch kann das gut gehen?
Mit Boundless soll es zurück zu den Wurzeln gehen, da die Band selbst, so verschiedenen Aussagen zu entnehmen, wohl nicht ganz zufrieden mit den letzten beiden Platten war. Der Opener Out There präsentiert ganz gut, was Long Distance Calling ausmacht bzw. ihre musikalische Ausrichtung. Auch ohne Gesang schaffen sie es hier fesselnde Passagen zu schaffen, die instrumental stimmig und dennoch variierend wirken. Out There bietet natürlich auch die nötige Länge, um viele Variationen einzufügen, also quasi eine kleine musikalische Geschichte zu erzählen – nur eben ohne Worte.
Ascending startet bereits mit ziemlich viel Pepp hinter den Riffs, womit die noch recht zarte Eingewöhnungsphase in ihrem Sound wohl vorbei ist. Der zweite Song ist auch trotz „normaler“ Länge von fesselnder Struktur, auch wenn man hier bereits ein kleines Wiederholungsgefühl bekommt und der Gesang dann vielleicht doch ein wenig vermisst wird. Atmosphärisch bildet sich der Mittelteil noch einmal sehr stark, was vor allem auch am Runterschrauben des Tempos liegt. Long Distance Calling scheint es fast gut zu tun, die Gitarren eher langsamer klingen zu lassen.
In The Clouds beginnt im Gegensatz zu seinem Vorspieler langsam, schleichend, fast schon sanft und wieder gelingt es Long Distance Calling genau damit, Zuhörer zu fesseln. Ascending machte zwar Spaß, hatte jedoch Schwierigkeiten an Spannung aufzubauen und diese zu halten. In The Clouds spielt zunächst vor sich hin, steigert sich im Verlauf, bricht aber auch wieder ab. Zu einem reinen Instrumentalstück scheint mir persönlich dieser Stil stimmiger.
Zu verzaubern versteht auch The Far Side, der ein wenig mehr typische Rockelemente spielen lässt und dabei fast eine Art Zeitsprung im eigenen Kopf auslöst. Die Riffs und einzelnen Passagen schaffen Long Distance Calling hier recht fließend, ohne sich zu verrennen. Ob einem als Zuhörer der kompletten Platte das nun genügt und ob man Gefallen dran findet, kommt wohl sehr darauf an, ob man Gesang für nötig hält oder eben nicht. Meiner Meinung nach würde Long Distance Calling eine Gesangsstimme gut tun, da Boundless bisher nicht 100% zu fesseln versteht. In On The Verge haben vor allem Beats und auch Loops einen noch größeren Einfluss, wodurch der Soundtrackcharakter für diesen Song noch ein wenig heranwächst. Die atmosphärische Traurigkeit zu Beginn fesselt, berührt und nimmt die Zuhörer mit, auch wenn sich Long Distance Calling von eben diesem Beginn loslösen. On The Verge ist ein sehr gutes Beispiel dafür, dass nicht jeder Song Gesang nötig hat.
Weightless kommt von seinen fesselnden Passagen nicht so ganz an die Stärke von On The Verge heran. Auch wenn hier wohl wieder der eigene Geschmack den größten Einfluss nimmt, so scheint doch der Reggea Anteil in den Grooves von Weightless fast ein wenig störend bzw. nicht unbedingt passend. Und auch wenn sich der Song in der Mitte noch einmal komplett wandelt, so scheint dieser Bruch etwas zu plötzlich oder gewollt. Hier hätte man sich eventuell überlegen können tatsächlich zwei Songs daraus zu machen, wodurch eine natürlichere Struktur entstanden wäre. Die zweite Hälfte von Weightless überzeugt nämlich durchaus, die Frage ist nur, wie viele Zuhörer da schon weitergeklickt haben.
Noch einmal zu fesseln versteht Skydivers, der wieder die nötige Härte und Spielerei in die Riffs bringt, die man dann doch etwas lieben gelernt hat. Skydivers versteht es, das Gefühl des Wanderers zu erwecken, ein Streifzug durch die musikalische Wildnis, die mitreißt wie der Sog eines Flusses. Am Ende von Skydivers ist man dann eigentlich nur noch versucht, denselben Song noch tausend Mal spielen zu lassen.