Magnus Karlsson’s Free Fall – Hunt The Flame

Der schwedische Tausendsassa schlägt wieder zu

Artist: Magnus Karlsson’s Free Fall

Herkunft: Schweden, international

Album: Hunt The Flame

Spiellänge: 59:15 Minuten

Genre: Melodic Power Metal

Release: 14.04.2023

Label: Frontiers Music Srl.

Link: https://www.facebook.com/MAGNUSKARLSSONOFFICIAL/

Bandmitglieder:

Gitarre, Bass, Keyboard und Gesang – Magnus Karlsson
Schlagzeug – Anders Köllerfors

Tracklist:

  1. Hunt The Flame (feat. Alexander Strandell)
  2. You Can’t Hurt Me Anymore (feat. Jakob Samuel)
  3. Thunder Calls (feat. James Durbin)
  4. Break Of Dawn (feat. Kristian Fyhr)
  5. Far From Home (feat. James Robledo)
  6. Nightbird (feat. Michael Eriksen)
  7. Holy Ground (feat. Girish Pradhan)
  8. Following The Damned (feat. Raphael Mendes)
  9. The Lucid Dreamer (feat. Terje Harøy)
  10. Demons Of Our Time (feat. Jake E)
  11. Summoning The Stars (feat. Antti Railio)

Wer sich der nach wie vor anhaltenden Veröffentlichungsflut stellen möchte, hat es am typischen freitäglichen Release Day nicht leicht. Aus der bunten Metal-Tüte muss eine Geschmacksrichtung schon besonders hervorstechen, um „süchtig“ zu machen. Da kann es helfen, wenn man den Namen des Protagonisten schon einmal gehört hat. Eines ist gewiss, dem umtriebigen Schweden Magnus Karlsson wird so schnell nicht langweilig. Seit nunmehr 15 Jahren schwingt der auch als Produzent tätige Karlsson die Axt für die deutsche Stahlschmiede Primal Fear. Doch das ist längst nicht alles: Der Multiinstrumentalist sammelt Schrägstriche und Stimmwunder mit Projekten wie Allen/Olzon (Russell Allen und Anette Olzon), Allen/Lande (Russell Allen und Jorn Lande) oder Kiske/Somerville (Michael Kiske und Amanda Somerville. Neben der Metal Oper Heart Healer aus dem Jahr 2021 konnten sich Fans des 49-Jährigen bisher auch über das 2013 ins Leben gerufene Projekt Magnus Karlsson’s Free Fall erfreuen, das nicht nur auf drei starke Alben zurückblickt, sondern in der Regel auch pro Song einen außergewöhnlichen Sänger bereithält. Traten in der Vergangenheit Szenegrößen wie Ralf Scheepers (Primal Fear), Russell Allen (Symphony X) oder Joe Lynn Turner (Rainbow, Deep Purple) für Karlsson ans Mikro, so stehen auf dem aktuellsten Release Hunt The Flame eher Namen auf dem Programm, die nicht jedem geläufig sein dürften. Die meisten der elf Herren stammen wie Karlsson aus dem Frontiers-Stall.

Um jede Stimme gebührend zu würdigen, knöpfe ich mir jeden Song einzeln vor. In Klammern findet ihr die jeweiligen (Haupt)Bands der Frontmänner, falls ihr auf den Geschmack gekommen seid. Da der Schwede neben der Gitarre auch diverse andere Instrumente beherrscht, hat er diese, bis auf die Drums, auch gleich selbst eingespielt und das Teil natürlich produziert. Hinter der Schießbude sitzt Anders Köllerfors, der bereits auf anderen Langeisen von Magnus Karlsson zu hören ist. Den Schweden gehen die talentierten Musiker wohl nie aus.

Mal sehen, ob es für Mr. Karlsson in den nächsten 60 Minuten hoch hinaus geht oder doch der freie Fall droht?

Hunt The Flame – feat. Alexander Strandell (Art Nation, Crowne)

Der Titeltrack legt, wie könnte es anders sein, mit einem schwedischen Landsmann Karlssons am Mikro los. Von der ersten Sekunde an wird klar, dass es sich lohnt, nicht nur seine Instrumente zu beherrschen, sondern auch selbst Produzent zu sein. So muss melodischer Power Metal anno 2023 klingen (ich blicke streng in deine Richtung Angus McSix). Peitschende, aber nicht zu klinische Drums, butterweicher Gitarrensound und ein Sänger, der gleichberechtigt neben den Instrumenten steht. Strandell, der optisch auch in jeder Boygroup einen Platz finden würde, hat ein typisches Hardrock-Timbre. Er integriert sich hervorragend in den sich ständig steigernden Songaufbau. Wenn er den Ton bei Minute 4:30 live halten kann, dann Hut ab. Die Keyboards und Orchesterparts wirken geschmackvoll und nicht zu überladen. Karlsson präsentiert diverse Aufreißer-Soli, die nie zu reiner Selbstdarstellung verkommen.

You Can’t Hurt Me Anymore – feat. Jakob Samuel (The Poodles, Kryptonite)

Weiter geht die Schwedenparty mit Poodles-Frontmann Jakob Samuel, der mit seiner rauchigen Stimme mehr 70s-Flair verbreitet. Karlsson schafft es tatsächlich, das gewisse Etwas jedes Sängers hervorzuheben, ohne vom Gesamtkonzept abzuweichen. In einer Textzeile heißt es passenderweise „… and I am King in my Universe“. Hier wurde ein eigenes souveränes Königreich aufgebaut, in dem immer wieder Feiern mit illustren Gästen zur Unterhaltung des Königs stattfinden. Ohrwurm-Alarm am laufenden Band.

Thunder Calls – feat. James Durbin (Durbin, Cleanbreak)

Wir unterbrechen die schwedische Dynastie mit dem Amerikaner James Durbin. Die Stimme des jungen Ausnahmetalents kann mit Fug und Recht als „One in a million“ bezeichnet werden. Hier geht jede Note direkt vom Mikro unter die Haut. Nach dem auffordernden Keyboard-Intro darf zunächst Mr. Karlsson ein wahres Riff-Feuerwerk durch meine Gehörgänge schießen. „Ich bin entzückt“, wie Gorm in Wickie und die starken Männer zu sagen pflegte. Die warme Stimmfarbe Durbins geht im Folgenden spielerisch die Tonleiter nach oben, genau wie meine Faust. Bevor Mastermind Karlsson und die Herren Sänger zu viel Aufmerksamkeit bekommen, verschafft sich Drummer Anders kurzzeitig Gehör, ehe wieder Gitarrensoli wie Regentropfen vom Himmel fallen. Schade, dass man diese Songs wohl nie live zu Gehör bekommt.

Break Of Dawn – feat. Kristian Fyhr (Seventh Crystal, Ginevra)

Der schier unerschöpfliche Fundus schwedischer Ausnahmetalente geht im brettharten Break Of Dawn mit Kristian Fyhr weiter. Ich komme nicht umhin, die Stimme des jungen Schweden mit dem großartigen Tom S. Englund (Evergrey, Redemption) zu vergleichen. Unfassbar, was hier aufs Parkett gelegt wird. Die knallharten Riffs passen zur energiegeladenen Performance des Sängers wie die Faust aufs Auge.

Far From Home – feat. James Robledo (Sinner’s Blood)

Die nächste Nummer birgt ebenfalls eine kraftvolle Gesangsperformance. Der Finger auf der Landkarte geht nach Chile. Orientalisch anmutend baut sich der Song bis hin zum einprägsamen Leitmotiv auf. Etwas mehr Verschnaufpausen als seine vier Vorgänger werden dem Hörer hier geboten. Immer noch stark, aber nicht mehr ganz so packend.

Nightbird – feat. Michael Eriksen (Circus Maximus)

Endlich mal ein Sänger, den ich auch ohne Googles Hilfe ausmachen kann. Die hohe, markante Stimme gehört Michael Eriksen, dem Frontmann der norwegischen Proggies Circus Maximus. Eine willkommene Abwechslung der sonst eher klassischen Rock- bzw. Metalstimmen auf Hunt The Flame. Es wird sogleich melodischer und der Refrain erinnert beinahe an 80er-Stadionrocker à la Scorpions.

Holy Ground – feat. Girish Pradhan (Girish And The Chronicles)

Der Subkontinent Indien darf auch eine Streitmacht nach Schweden entsenden. Mit Mr. Pradhan geht es zurück zu den klassischen Rocksängern in der illustren Runde. Mein Notizzettel mit den Bands zum Anchecken wird voller. Denn auch dieser gute Herr liefert ab, ohne Zweifel aufkommen zu lassen.

Following The Damned ­– feat. Raphael Mendes (Icon Of Sin)

Nanu, hat es Magnus Karlsson etwa doch geschafft, eine Metal-Legende auf sein neuestes Werk zu bekommen? Bruce Dickinson von Iron Maiden? Kenner der Szene werden den Namen schon mal gelesen haben: YouTube-Entdeckung Raphael Mendes ist Sänger der Brasilianer Icon Of Sin und Dickinson-Stimmdouble in einer Person. Passend zur Stimme wird auch der Song mit einem dramatischen Keyboard-Fundament unterlegt. Um den britischen Legenden auch instrumental in nichts nachzustehen, schüttelt Karlsson seine feinsten Soli aus dem Ärmel – ganz groß.

The Lucid Dreamer – feat. Terje Harøy (Pyramaze, Mantric Momentum)

Nach dieser Leistung haben es die verbleibenden Sänger nicht ganz leicht, das Niveau zu halten. Nicht, dass Pyramaze-Fronter Terje Harøy ein Schlechter wäre. Ganz im Gegenteil: In dieser typischen Power-Metal-Nummer kann er sein Potenzial voll ausschöpfen. Im Mittelpart ist auch mal wieder Zeit, Anders Köllerfors am Schlagzeug ins Scheinwerferlicht zu rücken. Die selbst auferlegte Messlatte ist weiterhin schwindelerregend hoch.

Demons Of Our Time – feat. Jake E (Cyhra)

Wir waren schon lange nicht mehr in Schweden. Jake E ändert diese Tatsache zwar, doch der vorletzte Song ist dennoch etwas arm an Höhepunkten. Etwas zu brav für meinen Geschmack.

Summoning The Stars – feat. Antti Railio (Celesty, Diecell, The Wildfire)

Mal schauen, ob der Rausschmeißer die Kohlen noch einmal zum Glühen bringt. Neben dem benachbarten Norwegen tritt jetzt auch die andere Seite mit Finnland in den Ring. Zumindest der Beginn von Summoning The Stars klingt im Vergleich zum bisherigen Albumkontext ungewohnt. Danach rifft es wieder amtlich und das Keyboard tritt auch mehr in Erscheinung. Das bringt die Nackenmuskeln in Schwung. Lediglich der Refrain nimmt mir etwas zu viel Schwung aus der Sache. Die abermals wundervoll in Szene gesetzten Soli des Protagonisten und erstmals auch akustische Gitarren im Flamenco-Stil reißen das Ruder aber wieder rum und lassen mich zufrieden nickend auf die Repeat-Taste drücken.

Magnus Karlsson’s Free Fall – Hunt The Flame
Fazit
Ich hatte mir eingangs die Frage gestellt, ob es für Karlsson hoch hinausgeht oder der freie Fall droht: Ersteres ist definitiv der Fall. Der Schwede schafft es, elf Sänger zu implementieren und trotzdem ein hochklassig produziertes Album aus einem Guss zu erschaffen. Freunde von melodischem Power Metal können ohne Bedenken zugreifen.

Anspieltipps: Hunt The Flame, Thunder Calls und Follwing The Damned
Florian W.
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