„Marillion am 02.12.2018 im mehr!-Theater Hamburg!“
Eventname: F.E.A.R.- Theater Tour 2018
Headliner: Marillion
Support: Riccardo Romano / Jennifer Rothery (SYLF)
Ort: mehr!-Theater, Hamburg
Datum: Sonntag, 02.12.2018
Kosten: 35-70€ je nach Kategorie
Genre: Progressive Rock
Besucher: ca. 1.400
Link: www.marillion.com/tour/
Setlisten:
- Invisible To The Eyes (Riccardo Romano)
- Letter (Riccardo Romano)
- Echo Of Solitude (Riccardo Romano)
- Sandcastles (Riccardo Romano)
- Fade Into You (SYLF)
- Northern Star (SYLF)
- Opia (SYLF)
- The Leavers: I. Wake Up In Music
- The Leavers: II. The Remainers
- The Leavers: III. Vapour Trails In The Sky
- The Leavers: IV. The Jumble Of Days
- The Leavers: V. One Tonight
- No One Can
- Seasons End
- Beautiful
- The Party
- Quartz
- Gaza
- This Strange Engine
- Cover My Eyes (Pain and Heaven)
- Garden Party
Marillion sind ein Kunstwerk, eines der Letzten, das in Hallen, in denen andere Bands vergleichbarer Größe nur eine Standardrockshow zeigen, ein Feuerwerk aus Sound, Licht & Video abbrennt. Eine Präsentation des Perfekten. Jede Show ist voller Emotionen und etwas Besonderes! Es gibt nur wenige Bands, die ein so großes Liverepertoire spontan abrufen und die Setlisten jeden Abend ändern.
Marillion, das sind Steve Hogarth (Gesang), Mark Kelly (Keyboards), Steve Rothery (Gitarre), Ian Mosley (Schlagzeug) und Pete Trewavas (Bass). Die Band feiert 2018 in dieser Besetzung ihr 30 jähriges Jubiläum und zeigt, dass man abseits der Mainstream-Pfade Jahrzehnte bestehen kann. Wer hätte das nach dem Abgang von Fish 1987 gedacht. Sie sind eine Band, die sich nach der Trennung einfach neu erfunden hat.
In jedem Jahrzehnt haben Marillion ein herausragendes Album veröffentlicht. In den 80ern Misplaced Childhood, in den 90ern Brave und dann Marbles. Ihr aktuelles Album F.E.A.R. wurde von den Kritikern zum besten Prog-Rock Album der letzten 20 Jahre gekürt.
Die Briten genießen echten Kultstatus mit einer treuen Fangemeinde. Steve Hogarth zieht mit seinem einzigartigen Gesang und seinem Charisma das Publikum in seinen Bann. Zum Glück kann der Keyboarder Mark Kelly wieder mitspielen. Er hatte vor genau einer Woche vor dem Konzert in Essen beim Joggen einen Unfall. Aus bisher unbekannter Ursache wurde der 57-Jährige von einem LKW erfasst. Er erlitt eine Platzwunde am Kopf und brach sich vier Rippen. Nach einer Nacht im Krankenhaus durfte er die Tour jedoch fortsetzen.
Wie immer klappen die Akkreditierung und der Einlass im mehr!-Theater reibungslos. Wir Fotografen dürfen nur vom Rand unsere Arbeit erledigen, um die vorne sitzenden Gäste nicht zu stören. Da wir deren nur Drei sind, hätten wir nicht gestört, aber so sind die Regeln. Als Support tritt die Tochter von Marillions Gitarrist Steve Rotherys auf. Die Sängerin Jennifer Rothery gibt gemeinsam mit Riccardo Romano, dem Keyboarder aus der Soloband ihres Vaters, etwa eine halbe Stunde lang ruhige, atmosphärische Lieder zum Besten. Mein Kollege betitelte es als „Piano-Pop“.
Danach wird es laut. Marillion sind bekannt für ihre aufwendigen Shows und so zündet die Band auch hier in Hamburg beim vorletzten Deutschlandkonzert ein Feuerwerk an Sound und aufwendigen Lichteffekten. Raum für Improvisation gibt es nicht und die Präsentation der Perfektion schließt auch das visuelle Moment mit ein. Die Filme, die auf den Bühnenhintergrund projiziert werden, sind taktgenau auf die Rhythmen geschnitten und sie spinnen die Motive der Lieder weiter. Ein Prog-Rock-Abend der Superlative in einem voll bestuhlten Theatersaal. Dies hat den Vorteil, dass die fast ausschließlich älteren Besucher von den ständig schräg ansteigenden Stuhlreihen von jedem Platz gute Sicht auf die große Bühne haben. So ist die bombastische, durchgestylte Licht- und Videoshow für alle ein Genuss. Zumal der Sound auf die alte, denkmalgeschützte Großmarkthalle perfekt abgemischt ist. Was mich wundert, ist die Tatsache, dass nur nach den Titeln für den Beifall einzelne Gäste aufstehen, sich alsbald aber wieder diszipliniert hinsetzen. Das ist Weisgott nicht überall üblich.
Die Setlist der heutigen Show birgt einiges an Überraschungen gegenüber den bisherigen Shows. Zwar beginnt es wie überall mit den fünf Teilen von The Leavers vom aktuellen Album F.E.A.R. (Fuck Everyone And Run), was schon einmal satte 20 Minuten dauert. Im Gegensatz zu anderen Shows, wo das Album fast komplett gespielt wurde, war es das heute mit der Gegenwart. Es folgt das, was die Band eigentlich immer wieder ausschließt. Ein „Best-Of“Feuerwerk der Geschichte der Band wurde auch jüngst in Interviews ausgeschlossen, es folgt aber genau dieses. Zwar muss der geneigte Fan auf die Fish-Ära und somit auf Laverder oder Kayleigh verzichten, aber von der Zeit nach der Trennung werden (fast) alle Highlights zu Gehör gebracht. Mit der dritten Zugabe Garden Party aus 1983 gelingt der Band sogar noch ein Kompromiss an die ausgeblendete Zeit. No One Can und als zweite Zugabe Cover My Eyes (Pain And Heaven) aus dem 1991er-Album Holidays In Eden sind meine Favoriten. Dafür geht dieses Hamburger Konzert nicht ganz so lang wie die Vorgänger, aber mit 01:55 Stunde ist es deutlich mehr, als man voraussetzen kann. Einzig bedauerlich, dass genau das zwölfminütige Neverland aus dem Marbles-Album der zeitlichen Sparmaßnahme zum Opfer gefallen ist. Die verkürzte Spieldauer ist vermutlich eine Konzession an Mark Kelly, der mit seinen Rippenbrüchen spielt, als wenn nichts passiert wäre.
Schon rasch nach dem Konzertende um 23:00 Uhr werden die wenigen im Saal Wartenden und irgendwie doch noch auf Autogramme oder Fotos Hoffenden von den Ordnern aus dem Saal komplimentiert. So machen auch wir uns auf den Heimweg…