Midnight Oil – Resist

Das Finale der australischen Rocker? Das letzte Kapitel scheint geschrieben.

Artist: Midnight Oil

Herkunft: Sydney, Australien

Album: Resist

Spiellänge: 60:04 Minuten

Genre: Progressive Rock, Rock

Release: 18.02.2022

Label: Sony Music

Links: https://www.midnightoil.com
https://www.facebook.com/midnightoilofficial

Bandmitglieder:

Gesang – Peter Garrett
Gitarre – Martin Rotsey
Keyboard, Gitarre und Backgroundgesang – Jim Moginie
Schlagzeug, Percussion und Backgroundgesang – Rob Hirst

Tracklist:

  1. Rising Seas
  2. The Barka-Darling River
  3. Tarkine
  4. At The Time Of Writing
  5. Nobody’s Child
  6. To The Ends Of The Earth
  7. Reef
  8. We Resist
  9. Lost At Sea
  10. Undercover
  11. We Art Not Afraid
  12. Last Frontier

Bassist und Freund Dwayne „Bones“ Hillman ist im Jahr 2020 von uns gegangen. Ein Stück lebt nach 33 aktiven Jahren weiter in der australischen Rockband Midnight Oil, die dieser Tage ihr neues Studioalbum Resist veröffentlichen. Zwölf Werke kommen auf eine Stunde Spielzeit. Das 15. Album von Midnight Oil, die 1978 aus der australischen Post-Punk-Szene hervorgegangen sind, vereint ruhige Rockklänge, progressive Fingerzeige und gesellschaftliche Gedankenanstöße. Vermutlich ist es das letzte Album der Herren aus Downunder. Die Liveshows zum Album sollen jedenfalls die Letzten sein und die Musiker haben die kommende Tour als letzte der Band ausgeschrieben. Derzeit sind jedoch nur für ihre Heimat und Neuseeland Tourdaten angekündigt, aber es werden auch internationale Konzerte in Erwägung gezogen, sollte die verbesserte Pandemielage dieses zulassen. Fans des schwarzen Golds müssen auf die Vinylversion von Resist noch auf den 01.04.2022 warten, vorerst gibt es die Stücke nur digital und auf CD.

Als Startschuss fungiert Rising Sea. Klimaschutz ist für die Männer allgegenwärtig. Sie fordern ihre Regierungen dazu auf, den Kohlenstoffausstoß zu verringern. Als gutes Beispiel gehen die Musiker bei der bevorstehenden Tour voran. Alle Maßnahmen werden ergriffen, um Emissionen zu reduzieren oder auszugleichen, zudem geht ein Teil der Gewinne an eine Umweltorganisation. Große Ziele auf der Zielgraden ihrer Karriere. Rising Sea erklingt melodisch erwachsen, ein wenig mahnend und trotzdem mit ihrer frechen Prog Punk Rock Power, die man seit den späten 70ern schätzt. Die Kurve des Artworks könnte man von Resist als Klimakurve werten. Vom dunklen frischen Blau ändert sich das Bild in immer höher ragende rote Balken. Das Erfolgsbarometer kann damit nur bedingt gemeint worden sein, die größten Erfolge feierten die Australier in den wilden Achtzigern. Wobei The Makarrata Project 2020 erstmals nach 30 Jahren in ihrer Heimat wieder auf den Chart-Thron stürmte und auch bei uns in Europa hatte die Truppe nie den Stellenwert wie in ihrer Heimat. Ein erstmaliger Einstieg mit Resist seit Breathe von 1996 scheint aber denkbar.
Kommen wir zurück auf die neuen Songs. Nachdenklich dreht The Barka-Darling River fast sieben Minuten seine Kreise. Wie ein Brummkreisel dreht er auf einem Fleck, lebt von seiner Magie und kommt erst ganz zum Ende zu Fall. Ruhig, andächtig, gar versunken bleiben Midnight Oil weiter auf der Euphoriebremse stehen. Große Party Rock Songs wollen sie nicht mehr ausspucken. Verträumt lässt das Quartett die Köpfe kreisen. Der Blick geht mit Tarkine zurück und nur vorsichtig nach vorne. Ein Feuerwerk wollen Sänger Peter Garrett und Gefolge ganz bewusst nicht mehr abfeuern, eher spürt man das Ende nahen – wie bei einem dicken Buch sieht man bereits die letzten Seiten und der dicke Einband droht zuzuschlagen. Kaum Line-Up-Wechsel trotz der langen Pause von 2002 bis 2017 sprechen für die Combo, die alles, was sie tut, gemeinsam umsetzt. Das Ende schwingt immer irgendwie mit, egal ob bei At The Time Of Writing, Nobody’s Child oder To The Ends Of The Earth. Die typischen Riffs dürfen nicht fehlen, werden immer wieder eingebaut. Gleiches gilt für die markanten Gesangsfarben von Peter Garrett, die vor allem in den intensiven Refrains zur Geltung kommen. Die Akustikgitarre von Martin Rotsey bringt eine düstere wie romantische Stimmung in Reef. Ein Riff, auf das man nicht auflaufen sollte. Dramatisch veranlagt zieht We Resist wie Regenwolken auf, der Blick geht stur nach vorne, während der Regen kalt auf die Haut fällt. Fröhlichkeit möchte auch mit Lost At Sea und Undercover nicht aufziehen. Lost At Sea agiert griffiger, geht schneller voran und bringt mehr knisternde Schlagzeugeinlagen an die Oberfläche. Groovend, das Finale gezündet, verflog beim ersten Durchlauf die Stunde wie im Flug. We Art Not Afraid und Last Frontier schlagen das Kapitel Resist zu – vielleicht auch das von Midnight Oil.

Midnight Oil – Resist
Fazit
Auch wenn es noch nicht ausgesprochen wurde, das Ende von Midnight Oil ist sehr nah und die Wahrscheinlichkeit, dass Resist das letzte Kapitel der langen Bandgeschichte ist, ist sehr hoch. Fast wehmütig, mit schwerem Herzen ziehen die Musiker die Songs auf, die einen dunklen Mantel tragen. Viele Gedanken über die Zukunft des Planeten haben die Australier stark beeinflusst. Das, mit dem vorsichtigen Blick gen Karriereende, erzeugt ein Album, das durch und durch nachdenklich wirkt. Die eigene Handschrift haben die Kultrocker dabei nicht vergessen, große Überraschungen bleiben dennoch aus, schließlich ist nicht ein Kracher auf dem gut sortierten Silberling zu finden. Gute Tracks geben einander die Klinke in die Hand, hinterlassen einen angenehmen Gesamteindruck, der etwas unterkühlt die Euphoriebremse drückt, anstatt ein Feuerwerk zu entfachen. 

Anspieltipps: At The Time Of Writing und We Resist
René W.
7
Leser Bewertung0 Bewertungen
0
7
Punkte