Symphonic Metal Nights Tour mit Visons Of Atlantis, Xandria und Ye Banished Privateers am 24.09.2022 im Hellraiser, Leipzig

Speerspitzen des Symphonic Metal im Doppelpack

Eventname: Symphonic Metal Nights Tour

Headliner: Visons Of Atlantis und Xandria

Vorband: Ye Banished Privateers

Ort: Hellraiser, Leipzig

Datum: 24.09.2022

Kosten: ~30,00 €

Genre: Symphonic Metal, Folk

Besucher: ca. 200 Besucher

Veranstalter: Napalm Events

Link: http://www.napalm-events.com/

Setlisten:

  1. Cooper’s Rum
  2. Gangplank
  3. Master Of My Fate
  4. Fisher Lass
  5. We Are Marching Down On Highstreet
  6. We Are Ye Banished Privateers
  7. Annabel
  8. Rowing with One Hand
  9. Libertalia

  1. You Will Never Be Our God
  2. Death To The Holy
  3. Reborn
  4. Nightfall
  5. Now & Forever
  6. Save My Life
  7. The Undiscovered Land
  8. Ghosts
  9. Ravenheart

Zugabe:

  1. Valentine

  1. Master The Hurricane
  2. New Dawn
  3. A Life Of Our Own
  4. Clocks
  5. The Silent Mutiny
  6. In My World
  7. The Deep & The Dark
  8. A Journey To Remember
  9. Mercy
  10. Heroes Of The Dawn
  11. Freedom
  12. Melancholy Angel

Zugabe:

  1. Pirates Will Return
  2. Legion Of The Seas

Mit Ye Banished Privateers aus Umeå weit im Norden Schwedens eröffnet eine sehr gut zum Thema ausgesuchte Band den Abend. Schließlich geht es beim Headliner Visions Of Atlantis um ihr neues Album Pirates. Was liegt da näher, als sich piratige Unterstützung zu holen? Die Schweden haben das seit vier Alben perfektioniert und treten mit ihren Kostümen und Kopfschmuck so auf, wie man es aus vielen Hollywood-Piratenfilmen kennt. Ihre Musik lässt sich als Piraten-Folk umschreiben und speist sich aus Irish Folk, Shanty und skandinavischen Melodien. Mit Geige, Akkordeon, Gitarren, Banjo, Flöte und Percussion schafft es die große Besetzung (bis zu elf Bandmitglieder), ein musikalisches Universum aus Rum-Gesängen in Piratenspelunken, Prügeleien um Schätze und Meutereien in eine zum Schneiden dichte Atmosphäre zu packen.

Ye Banished Privateers – Hellraiser 2022 – By Stefan B.

Das Set erweist sich als gute Mischung aus den drei letzten Alben, aus denen zu recht gleichen Anteilen beigesteuert wird. Das letzte (Hostis Humani Generis) ist nun auch schon von 2020. Etwas neuer dafür die 2021 veröffentlichte Single Master Of My Fate, die im ersten Drittel des Sets gespielt wird. Insgesamt verbreiten die Schweden einen Mordsspaß und werden vom Publikum auch dementsprechend gefeiert, ehe sie nach neun Songs Platz für die nächste Band machen.

Xandria treten runderneuert auf, fast alle Positionen sind neu besetzt. Am augenfälligsten natürlich die neue Sängerin Ambre Vourvahis. Die Ära des opernhaften Gesangs einer Manuela Kraller oder gar einer Dianne van Giersbergen, die mit viel Tremolo in der Stimme die gesungene Dramatik der Xandria-Songs in immer neue Höhen trieb, ist mit dem Klargesang von Ambre jedenfalls erst einmal vorbei. Songs wie Voyage Of The Fallen (von der 2015er Fire & Ashes-EP) mit ihren hohen „Träller-Anteilen“ dürften jetzt live wahrscheinlich nicht mehr in der Form drin sein. Nach der vor mittlerweile fünf Jahren auf Social-Media-Plattformen öffentlich ausgetragenen Trennung Diannes von Xandria (oder war es umgekehrt?), bei der sich dann auch mehrere Ex-Sängerinnen zu Wort meldeten, konnten Xandria übergangsweise mit Aeva Maurelle (Sängerin bei Aeverium) einige Auftritte absolvieren. Schon ab Ende 2017 und weiter mit den Corona-Lockdowns wurde es dann ruhig um die Band. Erst Ende letzten Jahres wurde sie völlig neu aufgestellt. Lediglich Bandgründer und Xandria-Mastermind Marco Heubaum blieb erhalten, versammelte aber eine komplett neue Mannschaft um sich. An der Gitarre Rob Klawonn, auch mit Ally Storch (Subway To Sally) in ihrer Band Ally The Fiddle unterwegs. Am Bass nun Tim Schwarz und an den Drums Dimitrio ‚Tacki‘ Gatsios, der außerdem seit 2018 bei der NDH-Band Stahlmann in der Schießbude sitzt.

Xandria nutzen diese Tour dann auch dafür, sich bei den Fans wieder in Position zu bringen. Neues Material ist in der Pipeline, zwei neue Songs mit Ambre am Mikro wurden auch schon via YouTube veröffentlicht, ein Dritter exklusiv in der Setlist dieser Tour gespielt. Aber ansonsten erwartet den Hörer eine breit gefächerte Mischung der letzten fünf Alben bis zurück ins Jahr 2004. Das Set beginnt mit You Will Never Be Our God, das erst kurz vor Beginn der Tour veröffentlicht wurde. Im YouTube-Video übernimmt Ralf Scheepers von den Urgesteinen Primal Fear den Gastgesang. Heute im Hellraiser kann er natürlich nicht dabei sein. Zahlreiche Gastsänger waren ja auch schon Kennzeichen der letzten Xandria-Alben. Hier wird – so scheints – eine Tradition fortgesetzt. Der Song behandelt die Ablehnung totalitärer Regimes und warnt im Video davor, dass Freiheit auch in Zukunft gefährdet ist. Wie sehr die recht plakative Ausführung den Einzelnen anspricht, muss ja jeder selbst entscheiden.

Xandria – Hellraiser 2022 – By Stefan B.

Weiter geht es auf der Bühne mit Death To The Holy von 2017. Dass der Gesang der älteren Songs auch bei Ambre und ohne Opernstimme hervorragend klingt, muss nicht gesondert erwähnt werden, schließlich dürften sich Xandria viel Arbeit mit der Suche nach einer neuen Sängerin gemacht haben und haben hier ein gutes Händchen bewiesen. Und gleich hinterher schiebt die Band noch die zweite neue Single Reborn, die im Mai dieses Jahres als erstes Lebenszeichen der Band nach fast fünf Jahren veröffentlicht wurde. Wer das Video kennt und sich beim Betrachten gefragt hat, wo denn die schicke maurische Architektur, vor deren Hintergrund die Band den Song performt, zu finden ist: Das Video wurde ganz in der Nähe gedreht: Im Alten Stadtbad von Leipzig, das in den 1920ern erbaut wurde und als besonders interessanten Teil eine Frauensauna im maurischen Stil enthält. Heute wird dort nicht mehr gebadet, sondern es wird als Veranstaltungshalle genutzt. Aber genug der Ausflüge in die Architektur, hier geht es um Musik!

Nach Reborn, das ganz passend die Wiederauferstehung der lange verstummten Band markierte, folgen nun quer durch die vergangenen Alben Nightfall, Now & Forever, Save My Life und The Undiscovered Land. Es geht also zurück bis zum Longplayer India von 2005. Das ist aus mehreren Gründen gar nicht schlecht. Zum einen natürlich Fanservice, denn es gibt natürlich aus allen Schaffensperioden Xandrias Songs, die im Ohr bleiben und bei den Fans beliebt sind. Und zum anderen kann man so auch gleich einmal sehen, wie sich Ambre als neue Sängerin mit dem Material, das bisher verschiedene Stimmen eingesungen haben, auseinandersetzt. Nun folgt erneut ein brandneuer Song. Ghosts wurde noch nicht einmal über YouTube veröffentlicht, sondern wird bisher exklusiv bei den Shows dieser Tour gesungen. Das neue Material ist natürlich Futter für die Fans, die sich darauf verlassen können, dass Xandria auch bei einem kommenden Album keine allzu großen Experimente eingehen werden, sondern das bedienen, was die Liebhaber der Band erwarten. Mit Ravenheart, Titelsong des Albums von 2004, folgt dann einer der Alltime-Lieblinge von Xandria-Kennern, bevor die Band die Bühne verlässt, um dann noch einmal zur Zugabe Valentine voll aufzudrehen. Fazit: Xandria leben noch, sie machen allen Symphonic-Metal-Fans weiterhin Spaß und man darf gespannt auf neues Material sein.

Die musikalisch sehr umtriebigen Steirer von Visions Of Atlantis (fast jedes Jahr ein neues Album), zweiter Headliner des Abends, wollten diese Tour eigentlich schon 2020 anlässlich ihres damals neuen Albums Wanderers starten. Aber wie es so vielen ging … es kam Corona, die Tour wurde erst um ein Jahr auf den Herbst 2021 und nun auf 2022 verschoben. Mittlerweile haben die hochproduktiven Österreicher auch schon das übernächste Album am Start. Wer wenig touren kann, hat eben umso mehr Zeit zum Soundtüfteln. Das schlug sich 2020 im Livealbum A Symphonic Journey To Remember und in diesem Jahr dann in Pirates nieder. Und nun promoten Visions Of Atlantis dieses. Die ursprünglich als Unterstützung für die 2020 geplante Wanderers-Tour eingeladenen Ad Infinitum wurden stattdessen durch Xandria ersetzt, die einen gleichwertigen Co-Headliner zu Visions Of Atlantis abgeben. Hier haben quasi die Speerspitzen des deutschen und österreichischen Symphonic Metal ihre musikalische Power vereinigt.

Visions Of Atlantis – Hellraiser 2022 – By Stefan B.

Anders als Xandria haben Visions Of Atlantis also ein aktuelles Album am Start und demzufolge sind auch die Mehrzahl der Songs in der Playlist des Abends von diesem. Das fängt schon mit dem Start an. Master The Hurricane setzt den Ton für diesen Abend, der die Piratenromantik, für die das aktuelle Album steht, in den Mittelpunkt setzt. Mitsamt Utensilien wie Dreispitz, einem Fernrohr oder einem Tintenfisch-Plüschtier. Bevor es weiter piratig wird, versucht die Band mit New Dawn und A Life Of Our Own einen Schlenker zu älteren Werken. Die passen sich nahtlos in den aktuellen Klang ein, Ausweis dafür, dass Visions Of Atlantis schon lange ihren Sound gefunden haben, an dem sie auch nicht mehr groß herumexperimentieren. Experimente gibt es auch in der Bandbesetzung keine. Ihren kathartischen Neuanfang, den Xandria nach 2017 durchmachten, hatte die Band schon Ende 2013, als ein Großteil der damaligen Besetzung die Band verließ. Allerdings sind auch seitdem noch einige Umbesetzungen erfolgt. Der prominenteste dürfte der Wechsel von Sänger Siegfried Samer sein. Seit 2018 wird Sängerin Clémentine Delauney – selbst auch seit 2013 dabei – nun von Michele Guaitoli als männlichem Counterpart begleitet. Denn zum besonderen Konzept von Visions Of Atlantis gehört der gleichwertige Gesang von Sänger und Sängerin, die die Songs entweder wechselseitig oder im Duett performen. Samer zog es hingegen zur Power-Metal-Band Dragony.

Genug der Ausflüge in die Geschichte, sowohl was alte Bandbesetzungen als auch Songs von älteren Alben betrifft. Weiter geht es im Wechsel mit Songs von Pirates und dazwischen aus den direkten Vorgängeralben. Clocks, In My World, Mercy, Freedom und Melancholy Angel zeigen die besten Seiten des aktuellen Albums. Und auch als Zugabe werden mit Pirates Will Return und Legion Of The Seas noch zwei Key-Songs des gleichen Albums nachgeschoben, ehe sich die Band von ihren Fans verabschiedet.

Wer nun denkt, aufgrund des melodischen Genres sei der Frauenanteil im Publikum besonders hoch, der irrt. Einzig die Fraktion der Haareschüttler und Nackenkreiser ist bei diesem musikalisch züchtigen Abend nicht vertreten. Ansonsten wird andächtig gelauscht, bei beliebten Songanfängen geklatscht und gejubelt und allgemein begeistert mitgemacht bei allem, was die Frontleute der Bands vom Publikum erbitten. Mit geschätzt 200 Zuschauern ist das Hellraiser nicht ganz ausgelastet, da passen sicher auch doppelt so viele Menschen rein. Einige andere Auftritte der Tour werden derzeit als ausverkauft angezeigt, aber man weiß natürlich nicht, wie groß die jeweiligen Clubs sind, in denen die Bands auftreten. Der Stimmung tut das jedoch keinen Abbruch.