Wacken Open Air 2022 – Tag 1 – Mittwoch, 03.08.2022

Wacken Wednesday - ein BonusUpgrade für "nur" 66,66 Euro zusätzlich

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Oh mein Gott – es ist wirklich so weit. Nach echt dramatischen zwei Jahren der Abstinenz ist der August nun wirklich wieder der Monat, in dem das Metalevent des Jahres (für mich) stattfinden kann – Wacken Open Air 2022. Wenn ich zurückdenke an mein erstes Wacken Open Air, dann ist das heute echt schon wirklich Luxus, oder nenne ich es lieber „routiniert“. Damals gab es einfach nur ein kleines Zelt für zwei Personen und ein geliehenes Auto. Dazu Unmengen an Bier, schlechtes Essen (Ravioli sind entgegen der landläufigen Meinung einiger Festivalbesucher kein gutes/gesundes Essen) und einen Fahrer, der mit der Runde im Auto bereits vor dem Elbtunnel mit einer Flasche Radler Mäxchen (Infos: hier) gespielt hat. Das wäre mir heute echt ein wenig zu doof. Doch trotzdem ist das Auto kein bisschen leerer, als wir aus dem schönen Niederrhein in Richtung Norden starten. Anders ist heute eher, dass wir ein richtiges Bett (Luftbett) bzw. sogar ein ganzes Dachzelt dabei haben und so in puncto Schlafqualität sicher ein paar Punkte besser „liegen“ als noch in den Jahren zuvor.

Wacken Open Air 2022 – Impressionen – Fotos by Kai R.

Auf den Weg (knapp 495 km Strecke) machen wir uns bereits am Mittwoch, denn da das Festival dieses Jahr ein wenig umdisponiert wurde, gibt es bereits das erste Programm am Mittwoch, dem 03.08.2022, für die ungeduldige Metalmeute auf die Ohren. Wer neben den knapp 240,00 € für das Festivalticket noch 66,66 € für den sogenannten Wacken Wednesday ausgegeben hat, der hat bereits die Möglichkeit, am Mittwoch vor der Louder-Stage Bands wie Epica oder Tobias Sammet’s Avantasia zu begutachten. Das würde bedeuten, dass das Infield schon am Mittwoch eröffnet werden würde – doch dazu mehr im Teil „Infrastruktur“.

Der Weg aus dem Süden führt in der Regel immer durch den Hamburger Elbtunnel, was man wohl als das bekannteste Nadelöhr im Norden bezeichnen kann. So kommen auch wir am obligatorischen Elbtunnelstau nicht vorbei, der sich zum Glück keine Stunden zieht. Doch einmal aus dem Tunnel raus, startet für mich eigentlich immer das Festivalfeeling. Überall sieht man (spätestens ab hier) Fahrzeuge mit (zumeist schlecht) beklebten W:O:A-Schriftzügen auf der Heckscheibe und wenn man dann mit der Pommesgabel grüßt, sieht man freundliche Gleichgesinnte, die ebenfalls freundlich mit dem Erkennungszeichen der Szene antworten. Je näher man dem Holy Ground kommt, desto höher ist auch die Dichte der Metalfans auf den Straßen.

Kurz vor der Abfahrt fällt doch schon etwas Neues auf, was vor drei Jahren noch nicht da gewesen ist. Die braune „Touristische Hinweistafel“, die erst am 14.07.2022 auf der A23 aufgestellt wurde, ist eine respektvolle Geste an das bereits mehr als dreißig Jahre stattfindende Metal Festival und zeigt, dass dem Norden das Wacken Open Air als kulturelle Institution so wichtig ist wie sonstige Sehenswürdigkeiten, Kulturorte oder schützenswerte Welterbestätten der UNESCO. Wir finden die Ehrung absolut verdient und wenn es ein Festival in Deutschland geschafft hat, das Umland mitzunehmen, dann ja wohl das Wacken Open Air.

Die Abfahrt ist genommen und da passiert das, was irgendwie auch obligatorisch ist – Anreisestau. Doch wie immer beginnt das Festival genau hier. Erste Leute steigen aus ihren Autos aus, trinken gemeinsam mit den Kollegen (oder Fremden) ein Bier und

Wacken Open Air 2022 – Impressionen – Fotos by Kai R.

feiern, dass man nun endlich die Ortsgrenze überfahren hat und begrüßt wird, wie ein Metalhead zu begrüßen ist – natürlich mit einem lauten Wacken-Ruf. Auch wenn das Navigationssystem erst optimistisch meinte, dass der Stau acht Minuten Verzögerung bedeutet, stehen wir doch locker eine Stunde (viele sicher noch länger) auf allen vier Rädern. Als sich vor uns die Lücke auftut und wir in Richtung Presse-Check-In abbiegen, können wir aufatmen.

Der Check-In verläuft flott und nett. Einzig, dass man auf dem gesamten Festival auf Cashless Payment setzt, hier jedoch nur in Bar zahlen kann, finden wir ein wenig arg seltsam. Aber gut, der Presse-Check-In ist keine repräsentative Stelle für den normalen Besucher, also lassen wir das einfach so mal stehen. Der Campground ist ein wenig weiter abgelegen als beim letzten Mal – also schlecht für die Anbindung an die sanitären Anlagen – gut, da hier nachts mehr Ruhe zu sein scheint (anscheinend campt niemand gern an einem Hang).

Also gut – Dachzelt aufgebaut, Klamotten umgezogen, kurz „frisch“ gemacht und ab zum Infield.

Am Infield ist – wie bereits im Leitartikel erwähnt – echt viel anders. Da wir für heute eigentlich nur zwei Bands auf dem Zettel haben, sprinten wir gleich los, um uns um 19:45 Uhr die Band Epica auf der Louder Stage anzuschauen. Das Beste ist eigentlich, dass, als wir vor Ort ankommen und die übliche Slotmashine auf den Leinwänden der echt großen Louder Stage die niederländischen Symphonic Metaller ankündigt, das Wort Gänsehaut nicht einmal ansatzweise das beschreibt, was wir empfinden. Es ist ja nur ein Gong, der ertönt, und sogar wenn ich jetzt noch daran denke, ist der Gong so viel mehr. Es ist der Aufruf einer ganzen Szene, ein Mittelfinger an die Pandemie und das Loslösen von der Sehnsucht, die uns über zwei Jahre von Großveranstaltungen dieses Kalibers ferngehalten hat – wow.

Avantasia, Wacken 2022, Pic By Kay L.

Rein emotional können Epica hier also nicht mehr viel falsch machen – Set und Setting scheinen zu stimmen. Als die sechs Musiker das relativ zurückhaltende Bühnenbild betreten, hat selbst der letzte noch so harte Metalhead hier vor der Bühne ein kleines Tränchen in den Augen. Bei Songs wie The Essence Of Silence, Unchain Utopia oder meinem persönlichen Highlight Beyond The Matrix wissen die Musiker um die charismatische Sängerin Simone Simons, wie man das echt gute Feld vor der Bühne zu überzeugt. So wird immer mal wieder zu „Hey, Hey, Hey“-Rufen aufgerufen und man meint zu sehen, dass die Sehnsucht nicht nur bei den Fans groß gewesen ist. Zusammengefasst kann man wohl sagen, dass Epica ein echt tolles Brett abfeiern.

Weiter geht es zum Merch-Stand, der wirklich unmittelbar an der Louder Stage positioniert ist. Hier decken wir uns erst mal mit dem alljährlichen Wacken Outfit (T-Shirt) ein, um festzustellen, dass das Shirt, was in unseren Augen (einstimmig bewertet) am besten ausschaut, bereits ausverkauft ist – also doch etwas, was auf dem Festival so ist wie immer.

Das Abendprogramm verspricht Avantasia und die Kollegen hatten die Chance, bei Gloryhammer vor der Bühne zu stehen. Die Artikel hierzu findet ihr unter folgenden Links (Avantasiahier | Gloryhammerhier). Den Abschluss des Abends genießen wir wie üblich bei einem kühlen Getränk – oder auch zwei.

Auch wenn wir uns gefreut hätten, heute Till Lindemann hier sehen zu können,  war bereits im Juni 2022 bekannt gegeben worden, dass der Rammstein-Frontman in seinem Soloprojekt aufgrund von Personalmangel in der Veranstaltungsbranche nicht auf dem Festival auftreten könne. Eigentlich echt schade, denn sicher war der einstige Headliner für den einen oder anderen der Grund dafür, eins der 66,66 € teuren Tickets für den heutigen Tag zu erstehen.

 

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