Das Interview mit Sänger Patrick von Call Of Charon zum aktuellen Album „Tales Of Tragedy“

Wacken-Schlamm, Texte mit realem Bezug, Gastmusiker und der Wunsch vom Summer Breeze Open Air

Artist: Call Of Charon

Herkunft: Deutschland, Duisburg

Genre: Deathcore, Death Metal

Label: Massacre Records

Link: callofcharon.de

Bandmitglieder:

Gesang – Patrick Kluge
Gitarre – Arthur Solich
Gitarre – Tobias Finkl
Bassgitarre – Alex Voß
Schlagzeug – Christoph Knobloch

Time For Metal / Matthias W.:
Moin Patrick, wie schaut’s aus? Mittlerweile den ganzen Wacken-Schlamm vom Auto runterbekommen?

Call Of Charon / Patrick:
Hallo Matthias, da musste ich ja schon zu Beginn ein wenig schmunzeln – denn gerade dieses Jahr war Wacken wirklich extrem, vor allem, was den Schlamm angeht. Mein Auto musste tatsächlich vom Platz geschoben werden und war anschließend ziemlich verkrustet. Trotzdem war es ein irres Erlebnis. Es hat riesigen Spaß gemacht, auch wenn wir uns für unseren ersten Wacken-Auftritt definitiv bessere Wetterbedingungen gewünscht hätten.

Time For Metal / Matthias W.:
Schildere doch mal deine Eindrücke von der Show. War schon was Besonderes für euch, oder?

Call Of Charon Wacken 2025; Foto: Norbert Czybulka

Call Of Charon / Patrick:
Insgesamt war es natürlich eine starke Erfahrung und für uns auch so etwas wie ein Ritterschlag, nach Wacken eingeladen zu werden. Die Show selbst war sehr professionell organisiert, mit einem großen Team, das sich bestens um uns gekümmert hat. Da unser Auftritt im Landgasthof stattfand, konnten wir immerhin den Wetterbedingungen trotzen.

Es war großartig zu sehen, dass der ganze Laden bis auf den letzten Platz gefüllt war. Wir haben tolles Feedback bekommen und ein XXL-Set von einer Stunde gespielt – mit vielen Songs vom neuen Album, aber auch Stücken aus unseren bisherigen Veröffentlichungen. Außerdem hatten wir unseren Kameramann Sebastian dabei, der Material für das nächste Musikvideo aufgenommen hat. Da könnt ihr euch hoffentlich bald selbst einen Eindruck verschaffen.

Die Show selbst war einfach geisteskrank: Unzählige Stage-Diver, viel Bewegung und eine unglaubliche Energie im Raum – so sehr, dass ich zwischendurch sogar gebeten wurde, vom Haus aus eine Ansage zu machen, um die Situation etwas zu beruhigen. Es gab im Landgasthof weder Wellenbrecher noch Security, und wir wurden angewiesen, die Leute etwas zu dämpfen, damit die Stimmung nicht noch weiter eskaliert. Insgesamt war das wirklich geisteskrank!

Time For Metal / Matthias W.:
Mit Tales Of Tragedy habt ihr ein schickes neues Album am Start (Review hier). Ich hoffe, ihr seid mit den bisherigen Reaktionen darauf zufrieden. Wo siehst du die größten Unterschiede zum Vorgängeralbum, bzw. zur 2022er-EP The Sound Of Sorrow?

Call Of Charon / Patrick:
Wir sind absolut zufrieden mit den bisherigen Reviews – der Punkteschnitt ist großartig. Bisher bewegen wir uns bei allen Reviews zwischen 7 und 9 Punkten, wobei die meisten Kritiken uns sogar 8 oder 9 Punkte gegeben haben. Das ist natürlich stark. Wenn die eigene Kunst und Arbeit so positiv wahrgenommen und bewertet wird, ist das einfach ein großartiges Gefühl.

Als Unterschied zum Vorgänger würde ich sagen, dass wir uns noch mehr auf unsere Stärken konzentriert und diese gezielt herausgearbeitet haben. Gleichzeitig verändern wir uns aber auch immer ein Stück weit – man reift als Musiker, entwickelt sich weiter. Besonders wichtig war diesmal, dass wir erstmals in exakt derselben Besetzung wie beim letzten Release ins Studio gegangen sind. Das hat den Aufnahmeprozess deutlich routinierter gemacht und uns ermöglicht, uns voll auf das zu fokussieren, was wir am besten können.

Am Ende haben wir natürlich, wie jede Band, versucht, die bestmöglichen Songs zu schreiben – und ich glaube tatsächlich, dass uns das gelungen ist.

Time For Metal / Matthias W.:
Dem Infosheet zur Platte konnte man entnehmen, dass ihr in den letzten Jahren einige persönliche Tragödien und nicht so gute Momente erleben musstet, welche sich direkt auf das Songwriting zur Scheibe ausgewirkt haben. Lässt du uns daran teilhaben und wie genau hat es das Album beeinflusst?

Call Of Charon / Patrick:
Eigentlich spreche ich darüber nur ungern – aber wenn du mich fragst, beantworte ich das natürlich. Wir haben das in der Promophase nicht groß thematisiert oder breitgetreten, ich kann aber nachvollziehen, dass dich die Hintergründe interessieren. Meine Texte haben in den meisten Fällen einen realen Bezug – sei es zu persönlichen Erfahrungen, sozialen Themen oder auch tragischen Ereignissen. Reine Fiktion findet sich eher selten.

Während der Zeit, in der wir das Album geschrieben und produziert haben, ist tatsächlich viel geschehen: Ein sehr guter Freund von mir hat einen engen Kumpel verloren und der Vater meines früheren besten Freundes ist ebenfalls verstorben. Solche Schicksalsschläge lassen einen natürlich nicht unberührt, und wenn man gerade in einer Phase ist, in der man Texte schreibt, fließt so etwas unweigerlich mit ein.

Darüber hinaus gab es auch Trennungen zu verarbeiten – nicht unbedingt bei mir persönlich, aber im näheren Umfeld – sowie Situationen, in denen Menschen ihre Jobs verloren haben oder vor einer Kündigung standen. Die aktuellen gesellschaftlichen Umstände mit all dem Druck, den Veränderungen und der Frustration haben ebenfalls ihren Niederschlag gefunden. All das hatte in jedem Fall Einfluss auf meine Lyrics. Natürlich lasse ich bewusst immer einen gewissen Interpretationsspielraum, aber die Basis bleibt meist etwas, das aus dem realen Leben kommt.

Time For Metal / Matthias W.:
Eure Musik steht aus meiner Sicht für eine Mischung aus reinem Death Metal und Deathcore. Ist das etwas, das ihr bewusst steuert, oder entwickelt sich das von selbst? Wie läuft der Songwritingprozess bei euch ab?

Call Of Charon Wacken 2025; Foto: Norbert Czybulka

Call Of Charon / Patrick:
Das Songwriting läuft bei uns eigentlich schon seit vielen Jahren nach demselben Prinzip ab: Meistens treffen wir uns in meinem Homestudio, wo wir von einer Gitarrenidee oder ein paar Riffs ausgehen. Daraus entwickeln wir eine Struktur und kombinieren Riffs, die gut zueinander passen, bis ein Grundgerüst entsteht. Relativ schnell kommen dann die zweite Gitarre und die Drums dazu – meine Lyrics schreibe ich immer erst ganz zum Schluss. Manchmal habe ich zwar schon erste Ideen, wenn ich die Gitarren höre, aber der endgültige Text entsteht immer erst, wenn das Instrumental steht. Dieses Vorgehen hat sich für uns sehr bewährt.

Von jedem Song machen wir ein Demo und gehen dann mit dem kompletten Album als Demo ins Studio. Diese Versionen dienen uns als Grundlage für die finalen Aufnahmen.

Dass diesmal etwas mehr Death-Metal- und Black-Metal-Elemente eingeflossen sind, war gar nicht bewusst geplant, sondern hat sich während des Schreibens ergeben. Wir haben einfach geschaut, was gut funktioniert und was zu uns passt. Gleichzeitig war uns wichtig, uns weiterzuentwickeln – also nicht einfach das gleiche Album noch einmal aufzunehmen.

Time For Metal / Matthias W.:
Die Produktion von Tales Of Tragedy ist sehr gelungen, mit Stephen Hawkes habt ihr euch ja auch erfahrene Hilfe an die Seite geholt. Wie war die Zusammenarbeit mit Stephen und wie bewertet ihr das Ergebnis seiner Arbeit?

Call Of Charon / Patrick:
Die Zusammenarbeit mit Stephan war wirklich großartig. Wir hatten uns relativ schnell auf ihn geeinigt, Kontakt aufgenommen und alles lief super entspannt. Er war sehr zugänglich, unglaublich nett, und wir mochten seine bisherigen Arbeiten ohnehin schon sehr.

Das Spannende ist, dass man am Ende sagen kann: Die Produktion mit ihm vereint eigentlich die besten Aspekte unserer bisherigen Veröffentlichungen. Zuvor haben wir zum Beispiel mit Tue Madsen gearbeitet – das Ergebnis war ebenfalls stark, aber an manchen Stellen hätten wir im Nachhinein vielleicht noch etwas ändern oder anpassen wollen. Dieses Gefühl hatten wir diesmal überhaupt nicht. Mit der aktuellen Produktion sind wir tatsächlich zu 100 Prozent zufrieden.

Time For Metal / Matthias W.:
Ihr habt eine ganze Reihe illustrer Gastsänger am Start. Erzähl mal: Wer durfte der Platte seinen Stempel aufdrücken und wie kam es jeweils dazu?

Call Of Charon / Patrick:
Diesmal haben wir insgesamt drei Gäste auf dem Album: Zum einen unseren guten Freund Hagen, der bis vor kurzem noch bei Ruins Of Perception gesungen hat. Die Zusammenarbeit ergab sich ganz natürlich, da wir ihn schon lange kennen und bereits oft gemeinsam Konzerte gespielt haben.

Außerdem ist Dane von To The Grave mit dabei. Lustigerweise hatte auch er schon einmal bei Ruins Of Perception mitgesungen. Wir haben relativ schnell Kontakt hergestellt und er war sofort mit viel Begeisterung dabei. Dane ist ein super entspannter, netter Typ, dessen Stimme perfekt zu diesem „Zombie-Song“ gepasst hat – er hat das Ganze wirklich stark abgerundet.

Als dritten Gast haben wir Damien Moyal dabei, was mir persönlich besonders viel bedeutet. Wir sind schon seit vielen Jahren über Social Media befreundet und haben uns früher auch auf Konzerten seiner Bands öfter gesehen. Ich habe ihn einfach mal angeschrieben, wir kamen ins Gespräch, und nachdem ich ihm den Song geschickt hatte, war er sofort begeistert und hat direkt zugesagt. Seine Vocals sind ein echtes Highlight für uns!

Time For Metal / Matthias W.:
Zum Zeitpunkt des Interviews habt ihr schon einige Gigs zum Album-Release hinter euch gebracht. Wie liefen die so? Irgendwelche besonderen Vorkommnisse, über die es sich lohnt, zu reden? Sind ja hier unter uns …

Call Of Charon / Patrick:
Tatsächlich ist das Album nun schon ein paar Wochen draußen, und wir haben in der Zeit auch einige Shows gespielt. Die liefen alle problemlos ab – es gab weder besondere Vorkommnisse noch irgendwelche Ausreißer. Wir haben sowohl in Clubs als auch auf Festivals gespielt und das neue Material kommt gut an. Es fügt sich nahtlos und organisch in unsere Setlist ein.

Klar, ich würde jetzt gerne eine verrückte Story erzählen – aber in letzter Zeit ist tatsächlich nichts passiert. Und ehrlich gesagt hoffen wir auch, dass es so bleibt. Ein paar solide Konzerte, bei denen wir uns auf das Wesentliche konzentrieren können, tun uns sicher auch mal gut. Niemand ist verlorengegangen, wurde abgehängt oder verhaftet – so kann’s gerne weitergehen, haha!

Time For Metal / Matthias W.:
Schauen wir zum Schluss noch einmal in die Zukunft, wie siehst du den weiteren Weg eurer Band? Was habt ihr noch vor und wo soll die Reise noch hingehen?

Call Of Charon Wacken 2025; Foto: Norbert Czybulka

Call Of Charon / Patrick:
Das ist eine sehr gute Frage. Spontan würde ich auf jeden Fall sagen: Wir wollen unbedingt noch auf dem Summer Breeze spielen. Also, falls hier Verantwortliche mitlesen – gebt uns eine Chance, wir wollen uns beweisen!

Gute Freunde von uns, The Prophecy 23, sind mit ihrem neuen Album erneut in die Charts eingestiegen – das ist natürlich auch eine wahnsinnig starke Sache. Ob das für uns ein konkretes Ziel ist, lässt sich schwer sagen, aber es sind definitiv Dinge, auf die man hinarbeiten kann.

Unser größtes Vorhaben ist allerdings, an Orten zu spielen, an denen wir bisher noch nie waren, und in Länder zu reisen, die wir als Band bislang nicht betreten haben. Ich denke, dass wir nächstes Jahr wieder eine Tour spielen werden – und wer weiß, wo wir da eventuell vorbeikommen werden.

Time For Metal / Matthias W.:
Danke für das Beantworten meiner Fragen, als Dank bekommst du natürlich die obligatorischen letzten Worte:

Call Of Charon / Patrick:
Ich möchte mich an dieser Stelle noch mal herzlich für das Interview bedanken – für das Interesse an uns und die Möglichkeit, über die Band und unser neues Album zu sprechen.

Wer bisher noch nicht reingehört hat: Checkt das Album unbedingt aus! Es ist auf allen gängigen Streaming-Plattformen verfügbar, aber natürlich auch physisch erhältlich – als Vinyl, Mediabook und sogar in einer limitierten Collector’s Box, von der noch ein paar Exemplare verfügbar sind.

Wenn euch das Interview gefallen hat, hört gerne rein und schaut auch auf unserer Website vorbei. Wir freuen uns über euren Support – und sagen bis zum nächsten Mal!