Artist: Brunhilde
Herkunft: Deutschland
Album: Choir Boy (EP)
Spiellänge: 14 Minuten
Genre: Alternative Rock
Release: 26.06.2020
Label: Eigenproduktion
Links: https://www.facebook.com/brunhilderocks/
https://www.youtube.com/channel/UCh5xQXCD0mDy3hUcEPVbfSw
Bandmitglieder:
Gesang – Caro Loy
Gitarre – Kurt Bauereiß
Tracklist:
1. Choir Boy
2. When You Were Born (I Was Already Dead)
3. It’s All Lies
4. Golddigger
Wenn das Infosheet zu einer aktuellen Veröffentlichung von einer Debüt-EP der „Metal-Punk-Senkrechtstarter“ aus Deutschland erzählt, dann ist das normalerweise ein Grund zur Freude.
Metal-Punk. Das klingt nach The Exploited, nach Rumble Militia, nach Slime zu Schweineherbst-Zeiten oder Discharge.
Meine Erwartungshaltung war dementsprechend hoch. Eines kann ich jetzt schon sagen: Dat‘ war nix!
Der Opener Choir Boy beginnt mit einem leicht nach Anthrax klingendem Gitarrenriff – große Freude – und sorgt nach genau neun Sekunden für das erste Stirnrunzeln. Der nur aus der Textzeile „I’m not a choir boy“ bestehende Refrain klingt durch die mehrstimmige Harmonie etwas nach Ghost und leitet dann direkt in die Strophe über, die mich an diverse Indie/Alternative-Kapellen aus den Neunzigern erinnert. Schneller Sprechgesang von Sängerin Caro Loy und ein Riffing, wie es auch exemplarisch von uninspirierten Guano Apes stammen könnte.
Die 02:30 Minuten enden ohne Ecken und Kanten im radiotauglichen Refrain und schon ist das Ganze vorbei, inklusive eines kurzen Solos.
Kurzes Zwischenfazit: Nein, das hat nichts mit Metal und Punk zu tun. Das ist absolut konstruiert und ich fühle weder Leidenschaft noch Herzblut.
Noch mal ein Blick in das Infosheet. Als Studiomusiker konnten Oliver Holzwarth (u.a. Sessionbassist bei Blind Guardian) und Bastian Emig von Van Canto gewonnen werden, produziert wurde alles von Charlie Bauerfeind, der mit vielen meiner alten Helden wie Helloween, Motörhead oder Gamma Ray zusammengearbeitet und – laut Bandinfo – Brunhilde auch entdeckt hat.
Bei allem Respekt, aber spätestens hier hätte man zumindest darüber nachdenken sollen, ja MÜSSEN, unter welcher Fahne man dieses Bandprojekt aufs Meer schicken möchte. Namedropping ist völlig in Ordnung und legitim, solange es einen nicht auf eine völlig andere Spur schickt. Genau das ist hier leider der Fall.
Aber gut, kommen wir zurück zu dem, was am Ende zählt: die Musik.
When You Were Born (I Was Already Dead) zeigt, dass Caro eine klasse Sängerin ist und sich auch international hinter niemandem verstecken muss. Akustische Gitarren und eben der wirklich gute Gesang leiten dann einen etwas nach Suicidal Tendencies schmeckenden Rocker ein, der aber durch den grungigen Gitarrensound nie wirklich in energetische Höhen vorstößt. Mensch Kinners, da wurde wieder Potenzial verschenkt.
It’s All Lies besteht ausschließlich aus Klavier, Streichern und Gesang. Und jetzt spüre ich zum ersten Mal auf dieser EP eine gewisse Ernsthaftigkeit und Authentizität. Auch wenn es der leiseste Song der Scheibe ist, gefällt er mir mit Abstand am besten. Die Ballade biedert sich nicht halbgar an einem Genre an, sondern steht komplett für sich. Könnte so auch auf einem Pop-Album zu finden sein und wäre auch auf diesem wahrscheinlich der beste Track. Kein zweites Hallelujah, aber dennoch ganz ok.
Golddigger macht dann, zumindest für mich, wieder alles kaputt. Wir befinden uns wieder in irgendwelchen Nu-Rock-Gewässern mit zu Tode polierten Gitarrensounds, sterilen Drums und einem unerwartet affektierten und hipsteresken Gesangsstil. Es fehlt auch hier an eingängigen Hooks und musikalischen Leuchttürmen. Alles ist glatt und viel zu sauber.