Brutal Assault 2023 vom 09.08. bis 12.08.2023 in Jaroměř, Tschechien

Viert Tage Extreme Metal in seinen ganzen Facetten

Eventname: Brutal Assault 2023

Bands: Agnostic Front, Angelus Apatrida, Anthrax, Anaal Nathrakh, Archspire, Be’lakor, Beartooth, Benediction, Biohazard, Birds In Row, Bleed From Within, Borknagar, Brand Of Sacrifice, Cabal, Capra, Carpenter Brut, Church Of Misery, Church Of The Cosmic Skull, Concrete Winds, Converge, Crisix, Crowbar, Cult Of Fire, Death Before Dishonor, Deicide, Demonical, Dismember, Dying Fetus, Dödsrit, Enslaved, Evildead, Exciter, Eyehategod, Fit For An Autopsy, Gang Green, Gatecreeper, Get The Shot, Heilung, Horskh, Hypocrisy, I Am Morbid, Immolation, In Flames, Infected Rain, Insanity Alert, Kataklysm, Konvent, Krisiun, Lamp Of Murmuur, Malevolence, Manies, Mantar, Marduk, Meshuggah, Miasmatic Necrosis, Misbyrming, Mork, Napalm Death, Nile, Nordjevel, Obituary, Omnium Gatherum, Orbit Culture, Overkill, Pensées Nocturnes, Perturbator, Possessed, Russian Circles, Sacramentum, Saturnus, Sepultura, Shadow Of Intent, Signs Of The Swarm, Skinless, Slapshot, Sodom, Solothus, Spectral Wound, Suicidal Angels, Terror, The Agonist, Tribulation, Trivium, Watain, White Ward, Wiegedood, Within Destruction, Wolfheart und Zeal & Ardor

Ort: Jaroměř, Tschechien

Datum: 09.08. – 12.08.2023

Kosten: 207,00 € (Wochenendticket + Camping)

Genre: Modern Metal, Speed Metal, Hard Rock, Heavy Metal, Power Metal, Thrash Metal, Black Metal, Pagan Metal, Death Metal

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Das Brutal Assault ist ein einzigartiges Musikfestival, das jedes Jahr in Tschechien stattfindet, und obwohl es im Herzen Osteuropas liegt, ist es von Deutschland aus gut erreichbar. Das Festival wird in einer beeindruckenden Festung veranstaltet und bietet den Besuchern zahlreiche Attraktionen wie ein Onsite-Kino, Führungen entlang der alten Mauern, ein Museum und eine vielfältige Auswahl an Speisen, darunter auch vegane Optionen. Das Line-Up des Festivals ist wie gewohnt stark, mit Bands wie Meshuggah, Sepultura, Trivium und vielen aufstrebenden Künstlern wie Orbit Culture, Signs Of The Swarm und Shadow Of Intent. Für Metalcore-Fans gibt es auch Bands wie Beartooth, While She Sleeps und Bleed From Within. Zudem zählt das Brutal Assault Festival zu einem der führenden Musikfestivals für Extreme Metal Klänge aller Art. So geht es für uns nicht nur zum Party.San und Jailbreak an diesem Wochenende, zudem zieht es auch einen Einzelkämpfer zur Festung Josefov in Jaroměř. Seit seinen bescheidenen Anfängen im Jahr 1996 ist das Brutal Assault Festival kontinuierlich gewachsen und hat sich zu einer unverzichtbaren Veranstaltung für Metal-Liebhaber entwickelt. Vom herausragenden Ruf für Qualität und Vielfalt wollen wir uns dieses Wochenende auf ein neues überzeugen.

Mittwoch
Rise Of The Swarm – Brutal Assault – 2023

Der erste Tag beginnt nach Regenfällen mit den Bands Feastem und Rising Insane. Die deutsche Truppe, deren Gesang jedoch teilweise zu leise ist, hat nicht den einfachsten Start. Die Stimmung ist jedoch gut und die Festivalbesucher haben Lust auf die 26. Auflage des Brutal Assault. Die Festung beginnt schnell zu beben, während zahlreiche Bands die beiden Hauptbühnen beackern. Zudem gibt es eine Newcomer-Stage, auf der jeden Tag fünf noch unbekanntere Acts zum Zuge kommen. Schnell springen die ersten Höhepunkte ins Auge, Fit For An Autopsy um Sänger Joe Badolato drehen mit den Tracks A Higher Level Of Hate, Iron Moon und Black Mammoth auf. Ein amtlicher Abriss, der schnell weitere nach sich zieht. Crowbar lassen ebenfalls keinen Stein auf dem anderen. Die Doom Metal bzw. Sludge Combo aus den Staaten liegt mit ihrem Mastermind Kirk Windstein immer brutal tief in die Wunde. Das Publikum in Tschechien stört es nicht und feiert die düsteren wie walzenden Riffs, die donnernd durch die alten Mauern schallen.

Be’lakor agieren da deutlich ruhiger. Die australische Melodic Death Metal Band legt den Fokus auf dichte Atmosphären. Sänger und Gitarrist George Kosmas stimmt The Dispersion, Venator und Remnants an. Das Interesse an den Jungs aus Down Under wird zu Recht immer größer. Kein Wunder, dass sie diesen Sommer bereits auf Festivals wie dem Brutal Assault, Party.San, Wacken oder Summer Breeze zu finden sind. Ein eingängiger wie mitreißender Gig, der eine Wiederholung fordert. Bleed From Within aus Schottland landen den nächsten Dampfhammer, der hungrig verschlungen wird. Ihr merkt schon, beim Brutal Assault Festival geht es Schlag auf Schlag und man bekommt von 12 Uhr mittags bis spät in die Nacht auf alle möglichen Arten und Weisen harte Riffs um die Ohren gebügelt. Bleed From Within drücken Pathfinder und Killing Time aus den Boxen. Die Haare fliegen und die reichlichen Biere finden fleißige Abnehmer.

Beartooth – Brutal Assault – 2023

Der Nachmittag ist fest in amerikanischer Hand. Immolation, Agnostic Front und Beartooth lassen auf jeweils individueller Weise die Puppen tanzen. Vom Brutal Death Metal aus dem Hause Immolation, über Roger Miret, der mit Agnostic Front die Hardcore Keule herausholt, bis hin zu Beartooth, die auf moderne Weise Hard und Metalcore-Nadelstiche setzen, ist alles dabei. Neben zahlreichen Hits haben alle drei Acts auch Titel dabei, die man nicht auf jeder Tour hört. Selbst wenn man möchte, kann man in Jaroměř leider nicht alle Künstler erleben. Die Wege sind zwar noch relativ kurz, die Gassen jedoch recht eng und das Pilgern innerhalb der Festung nimmt des Öfteren mehr Zeit in Anspruch als man vermuten würde. Dafür bekommt man neben der musikalischen Untermalung aber auch eine wirklich spannende Location geboten, die das Brutal Assault definitiv ausmacht.

Zurück zum Programm, die Schweden Tribulation haben ihr eingespieltes Set mit den Hits Melancholia, Hamartia und Nightbound griffbereit, die auch schon auf anderen Open Airs diesen Sommer als Herzstück fungierten. Die melancholischen Klänge werden emotional auf der Bühne dargeboten. Nicht nur stark auf der Platte, gehören die Skandinavier seit einigen Monaten auch zu einer richtig spannenden Liveband. Weniger düster, dafür umso bedrohlicher Heaven Shall Burn, die vorab von Onkel Tom und Sodom eingeheizt wurden. Die Old School Thrasher lassen die Evergreens Outbreak Of Evil und Sodomy And Lust für sich sprechen. Deutsche Titel würden aber auch bei unseren Nachbarn funktionieren, das unterstreicht der abschließende Gassenhauer Bombenhagel, der eine zufriedene Band hinter die Stage begleitet. Zurück zu Heaven Shall Burn und Frontmann Marcus Bischoff. Egal, wo das deutsche Quartett auftaucht, mutiert es zum Headliner. Warum das so ist? Weil sie einfach alles heraushauen, was geht. Dass die Festung überhaupt noch steht, grenzt schier an ein Wunder. Endzeit und Bring The War Home lassen keine Wünsche offen und treiben den Schweiß auf die Stirn. Hunters Will Be Hunted und Black Tears dürfen bei der Sause ebenfalls nicht fehlen. Das Brutal Assault Festival frisst Heaven Shall Burn, die mit ihrer Performance die Messlatte extrem hoch hängen, aus der Hand.

Schluss ist dennoch noch nicht, auf der Mainstage folgen Meshuggah, Heilung und Possessed – drei Bands, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Während Meshuggah aus Schweden einen experimentellen Extreme Metal anrühren, lassen Heilung die Besucher in eine verdiente Pause fallen. Die Klänge schweben förmlich durch die Festung und machen durch die Kulisse den Auftritt von Heilung zu einem gefühlten Heimspiel. Das Projekt lebt seinen markanten Nordic-Ritual-Folk und überträgt diese einnehmenden Emotionen eins zu eins auf den Hörer der fesselnden Melodien. Possessed hingegen holen die Brechstange heraus. Jeff Becerra ist mittlerweile schwer gezeichnet, macht jedoch in seinem Rollstuhl das Beste aus seiner Situation. Immer wieder werfen ihn zudem Krankheiten aus der Bahn. Schlussendlich zieht es ihn mit seinen Mitstreitern immer wieder auf die Bühnen der Welt. Ein gelungener Abschluss mit Pentagram und Tribulation, denen unter anderem Fallen Angel und Death Metal folgen.

Donnerstag

Am zweiten Tag geht es zurück zu den vier vollgepackten Bühnen. Insgesamt sind heute 39 Bands am Start, ein buntes wie volles Billing, durch das sich geschlagen werden möchte. Um 10:30 Uhr machen Capra den Startschuss. Sowohl Tied Up als auch The Locust Preacher finden den Weg in das kurze Set, schließlich stehen Cobra The Impaler schon in den Startlöchern. Die ersten Acts pflügen mit kurzen 20- bis 25-Minuten-Gigs durch den Vormittag, was sich erst richtig um 15 Uhr mit Wolfheart ändert. Da bleibt wirklich die Frage, ob man als kleinere Formation besser auf die zweite Bühne springt als unter Zeitdruck zu sehr frühen Stunden versucht, die Mainstage für sich zu gewinnen.

Wie dem auch sei, Wolfheart um Frontmann Tuomas Saukkonen bringen ordentlich Feuer in den warmen Metaltag. Mit in die Show fließen Skyforger, Zero Gravity und Aeon Of Cold ein. Wer von den Skandinaviern nicht genug bekommen kann, auf den wartet im Herbst die erste Headlinertour, die man nicht verpassen sollte. Im Anschluss starten Eyehategod und Moonspell zeitgleich. Wer die Wahl hat, hat die Qual. Ein altes Sprichwort, welches bei größeren Festivals mit mehreren Bühnen immer wieder zum Tragen kommt. Als Einzelperson kann man sich nicht aufteilen, so geht’s zu den Portugiesen, die vom Sänger Fernando Ribeiro leben. Moonspell kann man aus der europäischen Dark Metal Szene nicht mehr wegdenken. Die beiden zeitlosen Klassiker Opium und Alma Mater gehören immer dazu und fehlen heute auf dem Brutal Assault natürlich nicht. Nach dem grandiosen Gig schmerzt das Herz, eine Clubshow wird mal wieder Pflicht!

Schlag auf Schlag und immer in die Fresse. Todesblei der Marke Dismember prasselt aus den Boxen. Die dritte Stage wird in Betrieb genommen und auf der vierten und kleinsten Stage scharrt man mit den Hufen. Die Intensität ist hart und die Auswahl für alle Extreme Metal Freunde groß. Mein Kadaver bleibt daher meistens an der Mainstage kleben. Dismember um Matti Kärki haben sich 2019 wieder zusammengetan. Bitter ist, dass sie nach acht Jahren Pause vom Coronavirus erneut ausgebremst wurden. Umso heißer ist das Publikum auf die Schweden, die mit Pieces, Of Fire oder Skin Her Alive aus allen Rohren feuern.

Wir springen in den frühen Abend zu Dying Fetus und Belphegor. Die Amerikaner zerlegen vor vollem Haus die tschechische Idylle ähnlich bissig wie beim Party.San. Wie dort öffnen sie den Höllenschlund und schließen diesen erst mit Beendigung der letzten Nummer wieder. Zu dritt haben sie mehr Power als so manches Quintett. Runder erneut, mit dem Blick auf die Anfänge, wissen Dying Fetus, wie man die eigenen Anhänger in Ekstase bringt. Gleiches haben Belphegor auf der Obcure Stage vor. Die Österreicher um Helmut schmeißen Baphomet und The Devil’s Son in die Waagschale. Der Cocktail aus Black und Death Metal zerschneidet die Kehlen, während Helmut die Dampfwalzen Totentanz oder Lucifer Incestus anstimmt.

Nach Dying Fetus ist keine Möglichkeit mehr zu verschnaufen und so müssen notgedrungen Enslaved ausgelassen werden, die unsere Kollegen auf dem Party.San am Samstag umso mehr feiern dürfen. Sepultura, In Flames und Watain greifen wie Zahnräder ineinander. Die südamerikanische Death Metal Maschine um Green und Kisser macht den Anfang des anstrengenden zweiten Abends. Green hält dafür gleich drei Evergreens bereit. Arise, Ratamahatta und Roots Bloody Roots und die Knie eines Death Metal Jüngers fallen in den Staub. Zwar ist der ganz große Hype in den letzten Jahren um die Truppe abgeklungen – die Gründe dürften bekannt sein – aber alleine diese drei Klassiker überleben alles und dürften noch in den nächsten Jahrzehnten viele Metalheads glücklich machen.

Bei In Flames ist es ähnlich wie bei Sepultura, die ganz großen Tage dürften der Vergangenheit angehören, ohne dass die Zukunft nicht rosig aussieht. Man lebt von dem alten Klassiker und einer starken Bühnenshow und trägt sich mit diesen Skills immer weiter von Jahr zu Jahr und Album zu Album. In Flames bekommen angemessen viel Zeit und nutzen diese ohne große Vorkommnisse. Only For The Weak und State Of Slow Decay bringen Schwung in die Session. Mir fehlen hingegen ein paar alte Werke. In Flames gehen jedoch bekanntlich diesen neuen Weg und das muss man akzeptieren, vor allem, wenn die Stimmung im Publikum da ist und man an der Leistung auch nichts zu mäkeln finden kann. Mit Watain schließt sich gegen Mitternacht mein Tageskapitel. Wer noch nicht genug hat, darf noch bis in die Nacht hinein feiern. Dafür stehen zum Beispiel Ellende nach 02:00 Uhr auf den Brettern. Zur Schlaflektüre gehören unter anderem auch Midnight und Carpenter Brut.

Freitag

Der dritte Tag bringt heißes Wetter und viele Metalfans strömen in die Stadt rund um die Festung, die in ein Metal-Mekka verwandelt wurde und das Open Air geschickt außerhalb der eigentlichen Wirkungsstätte weiter abrundet. Wie schon am Vortag startet das Brutal Assault um 10:30 Uhr, für die Eröffnung sind Catastrofy und Coffin Fedder vorgesehen. Keine leichte Aufgabe als noch recht unbekannte Acts, den bei vielen tiefsitzenden Kater aus den Muskeln zu schütteln. Alle paar Minuten drückt ein Act dem nächsten die berühmte Klinke in die Hand. Bis Cabal um 13:45 Uhr hat die Mainstage eine Monopolstellung. Erst dann geht’s auf der Obscure Stage mit Konvent zur Sache. Die Schweden Demonical bilden unser persönliches Mittagshighlight. Bis es zum unglaublich intensiven Auftritt von Archspire kommt. Genau wie unsere Kollegen auf dem Party.San werde auch ich von dem bösen Mix aus Growls, Shouts, Tech-Death Riffs und Deathcore Salven in die Ecke gedrückt. Live eine Macht, die nur dafür erschaffen wurde, um für eine Apokalypse zu sorgen. Wie schon an den beiden ersten Tagen bleibt die Mainstage die Hauptspielwiese. Knocked Loose begeistern am Nachmittag mit ihrer energiegeladenen Bühnenpräsenz und harten Breakdowns. Vorangegangen ist das brasilianische Death Metal Schlachtschiff Krisiun, das einen festen Platz in der Szene besitzt und live wie eine Maschine abliefert.

Nile – Brutal Assault – 2023

Der Sprung in den späteren Nachmittag gelingt ohne Probleme, die legendäre Band Nile sorgt für Unterhaltung für die ältere Generation mit melodischem Todesblei. Die Organisation des Festivals und die Kommunikation des Brutal Assault darf man an dieser Stelle positiv hervorheben. So feuern Nile aus allen Rohren. Als Einschläge landen Defiling The Gates Of Ishtar, Kafir! und Call To Destruction im feierwütigen Publikum. Die Amerikaner um Mastermind Karl Sanders haben an Magie nichts verloren. Nur bleibt es für meinen Geschmack dabei, dass die Truppe auf einer Tour immer einen stärkeren Sound als auf einem Festival erwischt. Deutlich ruhiger, dafür düsterer lassen Borknagar ihre heidnischen Muskeln spielen. Die Progressive-Metal-Band aus Norwegen steht für dichte Atmosphären und leidenschaftliche Melodien, die bis ins Mark gehen.

Was haben die Kanadier von Kataklysm denn da mit im Gepäck? Klar, es ist das neue Werk Goliath, welches dieser Tage über Nuclear Blast veröffentlicht wird. Das neue Material bekommt heute jedoch kaum bis gar keinen Platz. Ein Klassiker jagt den nächsten. The Ambassador Of Pain und Bringer Of Vengeance liefern im ersten Drittel eine starke Performance. Frontmann Maurizio Iacono bleibt in seiner Klasse unerreichbar. Gigantisch wie sein stählender Körper ballert er die Lyrics dem Publikum um die Ohren. In Shadows & Dust, As I Slither und Serenity In Fire dürfen da nicht fehlen. Den glorreichen Abschluss macht The Black Sheep. Einer der besten Gigs des Tages endet viel zu schnell.  Während Nordjevel und Nero Di Marte ihr Bestes geben, zieht der nächste Sturm über Jaroměř auf. Für viele bildet die Schweizer Band Zeal & Ardor das absolute Highlight des Tages. Das Publikum bis ganz nach oben auf den Rängen ist vollauf begeistert und niemand kann bei den Kompositionen auf den Sitzen verharren. Angeführt von Manuel Gagneux, kann die Band aus den Alpen innerhalb von zehn Jahren von sich behaupten, einen kometenhaften Aufstieg geschafft zu haben. Deutlich spürt man dieses an dem großen Zuspruch, viele Festivalgänger wollen Zeal & Ardor erleben und machen die Session zu einem Schaukampf, wie man ihm sonst nur aus dem alten Römischen Reich kennt.

Zeal And Ardor – Brutal Assault – 2023

Der Tag vergeht wie im Fluge. Es stehen die letzten vier Schwergewichte auf dem Programm. Den Anfang dürfen Obituary machen, die einen der besten Sounds des Wochenendes erwischen. Kalt, emotionslos und mit ganzer Schwere dröhnen Visions In My Head und Slow Death über den Hof. Die Haare fliegen, die Pommesgabel schwebt in der Luft, während Chopped In Half in den Ohren klingelt. Damit nicht genug möchten Obituary die immer scharfen Patronen von Dying Of Everything und Slowly We Rot nicht unverschossen lassen. Immer darauf, lautet die Devise. Kompromisslos bis zum Ende wirbelt der US Death Metal die Meute vor der Bühne fleißig hin und her.
Während Perturbator spielen, gibt es eine verdiente Pause, liest man im Anschluss S.D.I. auf der Running Order. Overkill müssen krankheitsbedingt ihren Slot abgeben. Die Thrash Metal Veteranen S.D.I. machen das, was sie am besten können. Speed Metal der ersten Stunde über die Klinge springen lassen. Der Overkill-Slot ist jedoch eine Nummer zu groß für die bemühten Deutschen, die ohne Vorlaufzeit das Beste aus ihrem spontanen Gig machen. Auch Infernus ist gesundheitlich angeschlagen und muss seine Jungs von Gorgoroth alleine auf die Menschheit loslassen. Das gelingt dem Haufen ohne ein einziges Gründungsmitglied eine gelungene Show, der ganz große Freudenjubel bleibt zumindest bei mir aus. Die größte Ära der Black Metal Schlächter dürfte hinter ihnen liegen, auch wenn sie in der Szene weiter einen guten Ruf genießen. Durch das wilde Würfeln im Line-Up und Platzieren der Livemusiker ohne die alten Größen, bleiben definitiv Emotionen liegen.

Samstag

Am letzten Tag sorgt das heiße Wetter für lange Schlangen an den Wasserstellen, umso geschlauchter startet das große Finale am Samstag, jetzt heißt es letzte Kraftreserven bis auf den letzten Tropen ausnutzen. Den Höllenritt läutet das Trio Obsidious, Sky und I Built The Sky ein. Ein ausgedehnter Spaziergang über das Gelände fängt das Feeling noch mal gekonnt ein. Engere Stellen können zwar nur langsam passiert werden, dafür hat das gedrungene Open Air mit seinem Charakter auch viele schöne Facetten, einzig und alleine das Pilgern zwischen den Bühnen ist wie bei anderen ähnlich großen Events eine kräftezehrende Angelegenheit für alle, die viele Protagonisten live erleben möchten.

Der Sprung in den Nachmittag gelingt dank Infected Rain problemlos. Frontfrau Lena Scissorhands überzeugt erneut mit einem neuen Line-Up und pusht ihre ukrainischen Kollegen direkt auf. Das Publikum ist sofort da und feiert die Gewinner dieser Festivalsaison. Infected Rain haben auf gefühlt jedem Festival gezockt und dabei grundsätzlich wie ein Schweizer Uhrwerk überzeugt. Das wollen sie heute nicht ändern. Die Stücke Longing, Fighter und The Realm Of Chaos beleben und kleine Moshpits folgen im Takt.
Der Fokus bleibt auf der Mainstage, auf der Anaal Nathrakh auf die Bretter ziehen. Dave Hunt ist ein etwas anderer Musikstar und der Jubel einer Festivalbestätigung groß. Ob es an der Uhrzeit liegt, bei dieser Auflage ist das Interesse unerklärlich gering. Da kann einem die Combo leidtun, der Funke springt somit erst gar nicht über und die Versuche, das Segel in den Wind zu bekommen, gelingen Dave Hunt nicht. Die Stimmung bleibt limitiert, da kann man nur auf die Shows im nächsten Jahr gespannt sein und macht hinter diesem Gig einfach mal schnell einen Haken.

Brutal Assault – 2023

Terror muss man ebenfalls mögen. Die Hardcore Recken haben kleine technische Probleme, spielen diese jedoch einfach aus den Köpfen. Ganz anders als kurz zuvor bei Anaal Nathrakh kippt die Stimmung in den gewohnten Power Party Modus. Zwischen diesen beiden Auftritten liegen gar Welten. Scott Vogel brodelt, die Menge frisst ihm aus der Hand und Pain Into Power kann man sacken lassen. Am nächsten Wochenende zieht es die US-Brechstange wie viele anderen Acts zum Summer Breeze. Ebenfalls auffällig, wie in den letzten Jahren, sind die Parallelen zum Party.San Open Air in Schlotheim, wo der nächste Dampfhammer Deicide bereits gespielt hat.

Yeti-Sichtung, ein umgedrehtes Kreuz auf der Stirn und die Beteiligung an diversen wichtigen Death Metal Projekten, Glen Benton ist eine Marke, die es in diesem Genre nur ein einziges Mal gibt. Deicide sind eine jener speziellen Band, die man braucht, um Diskussionsstoff zu haben. Dass sie nicht immer auftreten, wo sie auf dem Plakat stehen, gehört da genauso zu. Heute fehlen sie nicht unentschuldigt und legen die Veranstaltung in Schutt und Asche. Dead But Dreaming und Repent To Die zünden ein tödliches Feuerwerk. Im Fokus steht die Platte Legion, die mittlerweile über drei Jahrzehnte auf dem Buckel hat. 16 Songs formen das Set, welches nach schweißtreibenden 60 Minuten in Dead By Dawn, Sacrificial Suicide und Homage For Satan gipfelt. Ein guter Tag für alle Fans der Band, schließlich gurgelt es aus Glen nur so heraus und auch der Rest der Rasselbande hat Bock auf diesen Auftritt. Auf die Fresse, fertig, los – Napalm Death locken zum gegenseitigen Knochenbrechen.  Mark „Barney“ Greenway geht ab wie ein Zäpfchen und muss heute das Fehlen von Kultmusiker Shane Embury wet machen. Der anfänglich mäßige Sound kommt immer griffiger herüber und spuckt Titel wie Scum oder The Kill in die Meute. Kurz und knapp dürfen You Suffer oder auch das beliebte Nazi Punks Fuck Off (Dead-Kennedys-Cover) die Köpfe zum Kreisen bringen.

Über Trivium kann man sagen, was man möchte, sicher gehören sie an der Härte gemessen eher zur seichteren Kategorie auf dem Brutal Assault. Abliefern kann Matthew Heafy trotzdem punktgenau und erzeugt dabei mit seinem Vierer auch noch eine gute Stimmung. Mit im Programm ist das aktuelle Album In The Court Of The Dragon. Die elektrisierende Show macht deutlich, dass die Fans Songs wie The Sin And The Sentence nur zu gerne aufsaugen. Eine besonders erfreuliche Nachricht ist, dass Bassist Paolo Gregoletto, der aufgrund eines Leistenbruchs operiert werden musste und auf anderen Events vertreten wurde, bereits wieder voll dabei ist. Gregoletto lässt nichts davon merken, abgesehen davon, dass er seinen Bass in einen Halter eingespannt hat, ansonsten ziehen Trivium alle Register und mutieren zu einem heimlichen Headliner.

Aktuell hat man das Gefühl, dass Peter Tägtgren mit Hypocrisy zwar auf den Punkt liefern kann, das wiederum wirkt jedoch weniger leidenschaftlich als in der Vergangenheit. Erlischt beim Altmeister die berühmte Flamme, die immer lodern sollte? Das können wir heute nicht klären, jedoch feststellen, dass die Emotionen auf einer abgeklärten Basis laufen. Der Spirit vom Oldie Impotent God wird komplett geschluckt, besser laufen da neuere Stücke wie Children Of The Gray und die beiden Gassenhauer Eraser und Roswell 47. Der Gitarrensound zerschneidet die Nacht, die Lichtshow ist beeindruckend, nur der ganz große Funke, der früher so unbändigen Performance ist in diesem Festivalsommer nicht spürbar. Das Ende naht. Bevor es zu Marduk geht, dürfen Cult Of Luna auf die Bretter. Beide Acts bringen die immer noch gute Stimmung nach vier langen Tagen gekonnt ins Ziel. Die Schweden Marduk zementieren mit ihrem Black Metal ein tonnenschweres Fundament, auf dem die nächste Auflage des Brutal Assault ohne Probleme aufgebaut werden kann. Für Freunde härterer Klänge bleibt die Reise nach Jaroměř eine gute Option neben den vielen anderen Festivals, die deutliche ruhigere Genres bedienen.

Insgesamt war das Brutal Assault Festival ein großer Erfolg und eines der besten Open Airs in Europa, mit einem einzigartigen Ambiente und einem starken Line-Up. Die gute Stimmung und das vielfältige Angebot für alle Festivalbesucher rundet das Musikwochenende ab. Leider kann man aufgrund der Größe nur einen Bruchteil der Bands mitnehmen. Dafür gibt es genug Auswahl für die ganz eigene hochwertige Liste, die abgearbeitet werden möchte.