Convoy – Sagittarius A*

Sehr kurzweilige Unterhaltung

Artist: Convoy

Herkunft: Basel, Schweiz

Album: Sagittarius A*

Spiellänge: 42:27 Minuten

Genre: Instrumental Progressive Metal

Release: 07.05.2021

Label: Luminolrecords

Link: https://www.convoymusic.com/

Bandmitglieder:

Gitarre – Andrea Tonni
Bassgitarre – Jürg Vosbeck
Schlagzeug – Filip Wolfensberger

Tracklist:

  1. Meteor (Dust Of Wirtanen)
  2. Panzerschokolade
  3. Chick’s Things
  4. Citrodora
  5. Death Of Poets
  6. Hate Cave
  7. Influenza
  8. Shades Of Styx
  9. !!Fuckaz!!
  10. Totem

Es freut mich natürlich immer, wenn meine Reviews anscheinend so gut hängenbleiben, dass man sich auch nach längerer Zeit noch an mich erinnert. So erhielt ich die Tage von der Schweizer Band Convoy per E-Mail die Ankündigung, dass vier Jahre nach dem Release des Debütalbums RipTide ein neues Album in den Startlöchern steht. Verbunden war dies mit der Frage, ob ich auch für Sagittarius A* ein Review schreiben würde. Da es schon sehr viel Spaß gemacht hat, den ungefähr 35 Minuten von RipTide zu lauschen, habe ich natürlich gern zugesagt.

Ein Blick auf die Bandbesetzung verrät, dass Convoy nach wie vor instrumental unterwegs sind. Das hat auf RipTide schon hervorragend funktioniert, also warum nicht auch hier? Ein wenig rätselhaft klingt noch die Info von Convoy, dass es in den Songs „…um die Dualität der Dinge in einem sich ständig entwickelnden Universum…“ geht, und Convoy mit Sagittarius A* „…einen Tribut an die schwarze Materie zollen und die Kräfte der Natur ehren wollen…“. Dank des Tipps eines Teamkollegen konnte ich mir dann zwar den entsprechenden Wikipedia-Artikel durchlesen, der erklärt, worum es sich bei Sagittarius A* handelt, aber das geht tatsächlich über meinen Horizont. 😀

Nicht über meinen Horizont gehen die Songs auf Sagittarius A*. Und gleich mit dem ersten Track Meteor (Dust Of Wirtanen) nähern sich Convoy dem Thema des Albums rasant an. Die musikalische Umsetzung der Aktivitäten des Kometen 46P/Wirtanen, der auf seinem Weg durch das All ein Gemisch aus Gas und Staub hinter sich herzieht, besticht wieder einmal vor allem durch das Gitarrenspiel von Andrea. Der wäre natürlich ohne seine Bandkollegen Jürg und Filip im wahrsten Sinne des Wortes auf sich allein gestellt, gibt bei den Songs von Convoy aber eindeutig den Ton an. Gleich an die zweite Stelle haben Convoy den längsten Songs des Albums gepackt, wobei mich der Titel Panzerschokolade dermaßen verwirrt hat, dass ich „Tante Google“ gefragt habe. Mit dem Ergebnis, dass das eine andere Bezeichnung für Crystal Meth ist, hatte ich nun nicht gerechnet! Sehr wirkungsvoll spielen Convoy hier mit verschiedenen Stereo- und Fadingeffekten oder lassen es auch mal nach Twin Guitar klingen und verleihen durch verschiedene Rhythmus- und Tempowechsel diesem Song einen progressiven Anstrich. Bei Chick’s Wings wird es teilweise sehr lässig, mal leicht jazzig, mal ein wenig lateinamerikanisch, bevor wieder der nächste Ausflug in Richtung Rock angetreten wird. Hier kann man sich dann auch mal dem Spiel von Bass und Schlagzeug widmen, die alle diese charmanten Twists so wunderbar begleiten.

Auch beim folgenden Citrodora – wahrscheinlich der erste Song, in dem der Zitronenstrauch im Mittelpunkt steht – ist „easy listening“ angesagt. Headbanging gibt es auch hier nicht, aber mittlerweile komme ich mir fast vor wie ein Wackeldackel, denn so ganz still sitzt mein Kopf nicht auf dem Hals. 😀 Überraschen können Convoy mich aber doch noch, und zwar im zunächst mal langsam gehaltenen Death Of Poets. Normalerweise kommen die Schweizer ja rein instrumental daher, aber hier klingen plötzlich spoken words aus meinen Lautsprechern. Passt natürlich zum Titel, und Christoph, der sich Schmä nennt, trägt sie mit der stoischen Ruhe eines buddhistischen Mönchs vor. Die plötzlich aufwallende Gitarre verstärkt diesen Kontrast enorm, und die abrupten Tempowechsel verleihen dem Song zusätzlich eine ungeheure Dynamik.

Ähnlich wie Panzerschokolade kommt auch Hate Cave recht progressiv daher. Im Taktzählen bin ich zugegebenermaßen überhaupt nicht gut, aber hier schlagen Convoy einige Haken. Sehr viel eingängiger ist da das folgende Influenza, wobei der Songtitel nicht der erste ist, bei dem ich mich frage „wie kommt man darauf?“. 😀 Klingt das Spiel eben noch wie ein riesiger Hornissenschwarm, dessen bedrohliches Summen in der Luft hängt, sorgen im nächsten Augenblick die coolen Riffs für eifriges Kopfnicken. Dass Convoy mit dem Titel Shades Of Styx tatsächlich die Gestade am gleichnamigen Fluss der Unterwelt meinen, kann ich nur vermuten. Mit dem Track könnten sie allerdings tatsächlich den Soundtrack zu einer Überfahrt ins Reich der Toten liefern. Der Song startet basslastig, auch die Gitarre ist tiefer gestimmt. Es klingt über weite Strecken nach Kampf und nach Chaos. Und dann erhebt sich da plötzlich dieses coole Gitarrensolo…

Gleich beim ersten Hören hat sich !!Fuckaz!! rasant durch meine Gehörgänge gebohrt. Heavy Rockin‘ würde ich das nennen, was da streckenweise im Uptempo mit ordentlich Groove abgeht, inklusive einiger fast schon dissonanter Gitarrentöne. Ab und zu schlägt das Pendel dann mal ordentlich in Richtung Southern Rock aus, sehr cool! Und dann ist mit Totem auch schon der letzte Track erreicht. Auch hier wiegen Convoy die Zutaten sehr sorgfältig ab, bevor sie sie in den großen Topf packen. Und wie schon bei Chick’s Wings darf man sich mal nach Lateinamerika versetzt fühlen, mal einer kleinen Jazz-Improvisation lauschen und auch mal an Gitarrenspieler wie Tosin Abasi (Animals As Leaders) oder Aaron Marshall (Intervals) denken.

Convoy – Sagittarius A*
Fazit
Um Genres scheren sich Convoy auch auf Sagittarius A* nicht, und das ist auch gut so. Hier geht es ausschließlich um das, was man in der Musik auch ohne Worte sagen kann. Ich kriege die Erklärungen von Convoy zum Album und die Musik zwar immer noch nicht übereinander, aber was Konzeptalben betrifft, bin ich sowieso ein wahrer Kostverächter. Ich freue mich, wenn die Musik, so wie hier, mit mächtig Groove daherkommt und eine Band mit ihren Songs auf den Punkt kommt. Natürlich gibt es Bands und Genres, bei denen episch lange Tracks vorprogrammiert sind, aber bei Convoy wird das wohl auch in Zukunft nicht zu erwarten sein.

Anspieltipps: Meteor (Dust Of Wirtanen), Citrodora und !!Fuckaz!!
Heike L.
8.5
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