Edensong – Years In The Garden Of Years

“Bei der Musik bleibe ich gern jahrelang“

Artist: Edensong

Herkunft: New York NY, Vereinigte Staaten von Amerika

Album: Years In The Garden Of Years

Spiellänge: 72:56 Minuten

Genre: Progressive Rock, Experimental Rock

Release: 30.09.2016

Label: Laser’s Edge

Link: https://www.facebook.com/edensongtheband/ und http://www.edensongtheband.com/

Bandmitglieder:

Gesang und Gitarre – James Byron Schoen
Bassgitarre und Backgroundgesang – TD Towers
Keyboard und Backgroundgesang – Stefan Paolini
Schlagzeug, Percussion und Backgroundgesang – Tony Waldman
Flöte – Barry Seroff

Tracklist:

  1. Cold City
  2. End Times In Retrospect
  3. In The Longest Of Days
  4. The Hollowed
  5. Down The Hours
  6. Chronos
  7. Generations
  8. The Atman Apocalypse
  9. Regenerations
  10. Yawn Of A Blink

Edensong - Years In The Garden Of Years

 

Auf der Homepage der Band Edensong kann man deren Geschichte sehr ausführlich und nett geschrieben nachlesen. Zusammengefasst liegt die Keimzelle im Jahr 2002, als der damals 19jährige James mit Freunden zusammensaß und den alles entscheidenden Satz sagte: “I want to put on a crazy rock show at Welseyan!”. Von da an gab es kein Zurück mehr. Seit dem Jahr 2008 ist man als Edensong unterwegs und hat bislang zwei Alben veröffentlicht. Im Juli konnte man noch einen Vertrag mit Laser’s Edge unterzeichnen, und am 30.09. erschien mit dem Konzeptalbum Years In The Garden Of Years der dritte Output der fünf Männer. Mir als Frau schoss beim Anblick des wunderhübschen Covers und des dazugehörigen Titelbildes auf Facebook, das im Übrigen von Dan May gestaltet wurde, natürlich sofort nur ein Wort durch den Kopf: „Niedlich“ 😀 Ob die Musik auch so niedlich ist, wage ich eher zu bezweifeln, aber hören wir mal…

Zunächst einmal habe ich mich ja gewundert, dass die Band Edensong mit Barry Seroff ein eigenes Mitglied hat, das „nur“ mit dem Instrument Flöte genannt wird. Aber gleich mit dem ersten Song Cold City zeigen Edensong, dass genau dieses Instrument seine eigene Position in den Songs einnehmen kann, so, wie es ja schon bei Jethro Tull der Fall war. Ob Barry jetzt auch ab und zu mal auf einem Bein steht, wie Ian Anderson das ja gern mal tut, kann ich allerdings nicht beurteilen. In punkto Qualität und Spielvermögen kann er es aber definitiv mit Ian Anderson aufnehmen. Sehr schön finde ich dabei auch, dass Edensong es sich nicht einfach machen, und die Flöte über das Keyboard einspielen, sondern dass wirklich Barry das Instrument in die Hand nimmt und ihm diese wunderbaren Töne entlockt. Dem steht der Rest der Instrumentalfraktion natürlich in nichts nach, und auch über den Gesang, sei er nun solo von James Byron Schoen oder mit Verstärkung der restlichen Bandmitglieder, kann man kein einziges negatives Wort verlieren. Das ist schlicht und ergreifend eine runde Sache.

Über das gesamte Album hinweg beweisen Edensong dabei, dass sie sich den gerade unterzeichneten Plattenvertrag definitiv verdient haben. Ich weiß nicht, was die Männer damals über die Muttermilch zu sich genommen haben, aber allein die Ideen zu haben für diese rasante Fahrt durch die Jahrzehnte, die immer mal wieder kurz auftauchenden Anleihen bei allen möglichen Szenegrößen, als da halt zum Beispiel die schon genannten Jethro Tull wären, und das schlüssige und durchdachte Verknüpfen der verschiedenen Stränge, ist grandios. Dabei dann in einem Moment wie das niedlichste Schmusekätzchen und im nächsten schon wie der brüllende Löwe zu klingen, soll sagen, mal ganz ruhig und getragen, mal ruppig und rockig, mal orchestral und mal ganz reduziert, ist schon sehr spannend. Wenn die Umsetzung dann noch so gelingt, wie in diesem Fall, ist doch alles gut! Ob es sich bei Years In The Garden Of Years um ein Konzeptalbum handelt, ist dabei für mich relativ unerheblich – wobei ich zum einen keine Informationen über das dahinter stehende Konzept vorliegen habe und zum anderen mit Konzeptalben immer noch mehr oder weniger auf Kriegsfuß stehe. Mich erinnert das Album aber seltsamerweise ausgerechnet an einen meiner Lieblingsautoren Stephen King, der in seinen Büchern auch gern mal wild durch sämtliche Erzählebenen springt, noch eine weitere Figur in die Handlung bringt oder plötzlich die wildesten Wendungen in seine Geschichten einbaut. Genau wie nach dem Lesen seiner Bücher hat mein Hirn nach dem ersten Hören des Albums zunächst einmal ziemlich lange gebraucht, um wieder in normale Denkstrukturen zu kommen. Da habe ich dann gemerkt, wie tief ich in die Klangwelten, die Edensong mit diesem Album erschaffen haben, abgetaucht war. Ich dachte ja bislang immer, eine Steigerung von „progressiv“ wäre schwerlich möglich, denn was, wenn nicht das Wort „progressiv“ beinhaltet doch Experimente, die Schaffung von neuen Strukturen und das Infrage stellen alles bisher Dagewesenen. Aber nicht umsonst steht bei Edensong auch noch „Experimental Rock“, was dem Ganzen dann wirklich 100%ig gerecht wird.

Ich bin jetzt nicht so der Prog-Etilist, und für andere Hörer mag das, was Edensong auf ihrem Album Years In The Garden Of Years geschaffen haben, noch unter „Standard“ oder „ganz nett“ laufen. Für mich ist es definitiv das vertrackteste, sperrigste, herausforderndste und am schwersten zugängliche, dabei aber gleichzeitig das kreativste, innovativste, unterhaltsamste und sich lohnende Album, das ich seit langem gehört habe. Wäre ich etwas bewanderter in diesem Genre, könnte ich vielleicht sogar ansatzweise beschreiben, was in den Songs geschieht. Das würde dieses Review allerdings zum einen endlos in die Länge ziehen, weil ich mich dann streckenweise fast von Note zu Note hangeln müsste, zum anderen würde es vielleicht auch falsche Erwartungen wecken. Von daher: selber hören, zum Beispiel mit dem Video zum ersten Track des Albums, Cold City, das Ihr hier findet:

Fazit: Ich kann nur jedem, der Progressive bzw. Experimental Rock in seiner reinen Form mag, empfehlen, sich dieses Album zuzulegen. Dann sollte man genug Zeit einplanen, alles parat stellen, was man absehbar benötigen könnte, sich in ein ruhiges Eckchen zurückziehen und dann Kopfhörer auf und Lautstärkeregler gern etwas höher.

Anspieltipps: im Grunde alles, aber mein Favorit ist The Atman Apocalypse
Heike L.
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