Revocation - 17. August 2017 - Kulttempel, Oberhausen

Havok, Revocation, Fallujah, Gorguts und Venom Prison am 17.08.2017 im Kulttempel, Oberhausen

“Zu viele Bands, zu viele Genres“

Bands: Havok, Revocation, Fallujah, Gorguts, Venom Prison

Ort: Kulttempel, Oberhausen

Datum: 17. August 2017

Kosten: 22,80€ zzgl. Gebühren (Abendkasse 25,00€)

Genre: Technical Death Metal, Thrash Metal

Besucher: ca. 300 Besucher

Veranstalter: Positive Records

Link: https://www.facebook.com/events/1806557233005929

Setliste:

  1. Communion
  2. Madness Opus
  3. Theatre Of Horror
  4. Crumbling Imperium
  5. Scorched Earth Policy
  6. Witch Trails
  7. Dismantle The Dictator

  1. From Wisdom To Hate
  2. Obscura
  3. Nostalgia
  4. The Carnal State
  5. Inverted
  6. Le Toit Du Monde
  7. An Ocean Of Wisdom
  8. Forgotten Arrows

  1. Prepare For Attack
  2. P.C.
  3. Hang ’em High
  4. Claiming Certainty
  5. Ingsoc
  6. Covering Fire
  7. Intention To Deceive

 

Venom Prison – 17. August 2017 – Kulttempel, Oberhausen

Den ersten und diesmal sehr undankbaren Slot des Abends haben die Waliser von Venom Prison. Die im Jahr 2015 gegründete Band hat ganz klar noch den Newcomer-Status inne und ist als einzige Band offiziell als Support vermerkt. Während sich der Rest der Bands auf der Tour jeden Abend bei der Running Order abwechselt, bleibt Venom Prison jeweils nur der Opening-Slot. Bei einem Line-Up mit fünf Bands beginnt dieser meist früh, am heutigen Abend bereits um 18:30 Uhr. Da es sich zusätzlich noch um einen Wochentag handelt, ist der Kulttempel in Oberhausen auch dementsprechend schlecht besucht. Ungefähr 20 Zuschauer haben sich eingefunden und das sorgt für eine sehr familiäre Atmosphäre. Am Einlass wird gerne ein Pläuschchen gehalten, eine Garderobe gibt es nicht, die Galerie ist geschlossen und im Innenraum ist nur eine der zwei Theken geöffnet. Das wirkt zwar einerseits familär, andererseits aber auch unprofessionell und unspektakulär. Das wird den Bands im Laufe des Abends leider nicht gerecht. Venom Prison eröffnen den Abend mit einem dreißigminütigen Set, das die Band sauber und professionell runterspielt. Die Atmosphäre ist extrem düster, meist in blaues Licht gehüllt und von sehr, sehr viel Nebel geprägt. Als Backdrop dient eine zweifarbige Projektion eines Bandfotos, das so schlecht erkennbar ist, dass man sich hier stark an Underground Black Metal erinnert fühlt. Die Band wirkt wie versunken in der Musik, bewegt sich kaum und Interaktion mit dem Publikum wird auf ein „Danke Oberhausen“ zum Abschluss beschränkt. Frontwoman Larissa Stupar versteckt sich meist hinter ihren Haaren oder hat den Blick mit einem Bein auf den Monitoren auf den Boden gerichtet. Ob das zum Image der Band gehört oder einfach daher rührt, dass Interaktion mit 20 Leuten mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Scheitern verurteilt ist, sei dahingestellt. Das düstere und stellenweise fast seelenlose Konzept passt jedenfalls hervorragend zur musikalischen Darbietung. Die Band spielt kompromisslosen Death Metal mit wenig Herumexperimentieren. Die Sängerin klingt brutaler als die meisten Männer und Fans der alten Schule dürften vollends befriedigt sein.

Fallujah – 17. August 2017 – Kulttempel, Oberhausen

Nach zwanzigminütiger Umbaupause steht mit Fallujah eine Band in den Startlöchern, die im Vergleich zu Venom Prison bereits eine große Reputation haben. Seit 2007 treiben die Kalifornier ihr Unwesen und mit der Zeit konnten sie sich eine gewisse Souveranität aneignen. Ihr moderner Technical/Progressive Death Metal hat viele Deathcore-Elemente und ist vor allem musikalisch sehr Atmosphärisch gehalten. Viele cleane und epische Gitarren-Parts wechseln sich mit feinstem Djent und ungeahnter Virtuosität ab. Wie es sich für moderne Bands gehört, spielen die Jungs Siebensaiter und haben Kemper Amps. Nebenbei läuft die obligatorische Digital Audio Workstation auf dem MacBook. Hier holen sich die Jungs Effekte, vermutlich einen Clicktrack und Wechsel des Gitarrensounds vollautomatisiert ab. Das einheitliche Bühnenoutfit (alle Mitglieder tragen schwarze, längere Shirts) komplettiert das professionelle Auftreten der Band. Seit Sänger Alex Hofmann vor Kurzem die Band verlassen hat, steht übergangsweise ein anderen Frontman auf den Brettern. Dieser ist zwar unbekannt, hat die Bühne und das Publikum mit seiner wuchtigen Erscheinung aber voll im Griff und wer die Band nicht kennt, hat zu jedem Zeitpunkt das Gefühl als wäre er schon jahrelang Sänger von Fallujah. Er kann den mittlerweile ungefähr 50 Zuschauern auch die ein oder andere Faust oder stimmliche Reaktion entlocken, dennoch ist die Beteiligung des Publikums meilenweit unterhalb dessen, was die Band sonst gewohnt ist. Zwar kommen die Jungs besser an als Venom Prison, aber man hat das Gefühl, dass die meisten anwesenden weder für den brutalen Death Metal von Venom Prison, noch für den gitarrenlastigen Progressive Death von Falljah gekommen sind. Technisch kann man der Band nichts vorwerfen, die komplexen Songs und Soli spielen die Jungs routiniert runter.

Revocation – 17. August 2017 – Kulttempel, Oberhausen

Mit Revocation betritt darauf hin eine Band die Bühne, die dem Aspekt der Virtuosität von Fallujah noch einmal die Krone aufsetzt. Die Jungs aus Boston spielen einen Mix aus Death und Thrash Metal mit einer großen Priese Jazz-Einfluss. Das klingt vielleicht erstmal komisch, aber Mastermind Dave Davidson an der Gitarre und den Vocals schafft es, Songs zu schreiben, die jeden im Publikum mitgehen lassen und trotzdem eine enorme Komplexität aufweisen. Das gestaltet das Set sehr aufregend und abwechslungsreich – obwohl viele im Publikum oft überrascht sind, wenn sich das Tempo des Songs nach drei Takten schon wieder ändert und sie gerade ihren Headbang-Groove gefunden hatten. Trotzdem gefällt es den meisten Anwesenden und neben seinem blütenreinen Gitarrenspiel schaffen es die Amerikaner auch das Publikum etwas mehr mitzureißen als die bisherigen Acts. Dabei reicht Frontman Davidson blos der Blickkontakt und ein wahnwitziges Gitarrensolo. Manche Menschen sind einfach dafür geboren im Rampenlicht zu stehen. Wer die Band von den Platten her kennt, dürfte überrascht sein, wie gut das rythmisch ausgefeilte und musikalisch anspruchsvolle Material von Revocation auch live rüberkommt. Das ist der erste auf ganzer Linie überzeugende Auftritt am heutigen Abend und auch die Band hat trotz der geringen Zuschauerzahl sichtlich ihre Freude an Oberhausen und dem was sie da in einer ungeheuren Geschwindigkeit an ihren Instrumenten fabrizieren. Drummer Ash Pearson (ehemals 3 Inches Of Blood) hat jedenfalls keine ruhige Sekunde und keine drei aufeinanderfolgenden Takte ohne irgendeine Variation oder irgendein Fill. Bei einem vierzig Minuten Set darf man sich aber auch ruhig mal verausgaben. Für’s Publikum ist die Kurzweiligkeit allerdings sehr unbefriedigend.

Gorguts – 17. August 2017 – Kulttempel, Oberhausen

Gorguts bilden sozusagen die Altherren-Fraktion des Abends. 1989 in Kanada gegründet, gibt’s die Band fast 20 Jahre länger als die meisten anderen Acts des Abends. Da kommt es etwas überraschend, dass der sympathisch Frontman Luc Lemay und Gitarrist Kevin Hufnagel teilweise revolutionärere Gitarrentechniken an den Tag legen als die modernen Bands zuvor. Der technisch hohe Anspruch verdeutlicht damit aber auch, warum Gorguts überhaupt ins Line-Up des Abends passen. Ansonsten mutet ihre Interpretation des Death Metal wesentlich klassischer an und erinnert sehr an Genregrößen wie Death und Morbid Angel. Leider versinken auch hier die Bandmitglieder zu sehr in ihren Instrumenten, sodass die Euphorie des Publikums, die sich nach Revocation eingestellt hat, beinahe verfliegt. Wenigstens gibt sich Lemay zwischen den Songs aufgeschlossen und kommunikativ, sodass nicht alles verloren ist.

Havok – 17. August 2017 – Kulttempel, Oberhausen

Den Abschluss des Abends und der Mini-Tour bilden die Thrasher von Havok. Dass es sich um den Abschluss der Tour handelt merkt man deutlich: beim Soundcheck, der wie bei allen Bands des Abends vor dem Publikum durchgeführt wird, haben die Jungs schon das ein oder andere Kaltgetränk in der Hand und haben sichtlich Spaß daran das ein oder andere Cover aus dem Metal- und Non-Metal-Bereich anzustimmen. Noch besser wird ihre Laune und die des Publikum allerdings als der Auftritt anfängt. Der schnelle und energiegeladene Thrash reißt die Zuschauer mehr mit als die technischen Death-Bands des restlichen Abends und die aktive Bühnenpräsenz der Band aus Denver tut ihr übriges. Die Zuschauer headbangen jetzt fast alle und sind wesentlich näher zur Bühne hin gerückt. Da tut es auch keinen Abbruch, dass Havok ebenfalls nur vierzig Minuten spielen und in ihr kurzes Set vor Allem Songs des neuen Album Conformicide gepackt haben. Da gibt’s nicht viel zu zu sagen. Neben Revocation mit deutlichem Abstand der Beste Gig des Abends.

Das Konzept des Abends, möglichst vielen, relativ bekannten Bands, im Rahmen der europäischen Festivalauftritte eine Plattform zu geben, um ihre freien Tage mit ein paar extra Shows zu füllen, war zwar eine schöne Idee, sollte aber insgesamt noch einmal überdacht werden. Das auf den ersten Blick sehr ansprechende Paket aus Venom Prison, Fallujah, Revocation, Gorguts und Havok, wusste durchaus zu überzeugen, die kurze Spielzeit der einzelnen Bands, die unterirdische Zuschauerzahl und die teilweise krassen Genre-Unterschiede hinterlassen aber leider einen etwas faden Beigeschmack für einen ansonsten gemütlichen und erlebnisreichen Abend im Kulttempel.