Hypocrisy auf Worship European Tour am 11.11.2022 im Hellraiser in Leipzig

Schwedische Death-Metal-Legende

Eventname: Hypocrisy Worship European Tour 2022

Headliner: Hypocrisy

Vorbands: Horizon Ignited, The Agonist, Septicflesh

Ort: Hellraiser, Leipzig

Datum: 11.11.2022

Kosten: ca. 38 €

Genre: Melodic Death Metal, Metalcore, (Technical) Death Metal

Besucher: ca. 500 Besucher (ausverkauft)

Veranstalter: The Heart Of Music Agency

Link: www.heart-of-music.net

Setlisten:

  1. Blood As My Guide
  2. Remnants In Time
  3. Resurrection
  4. Follow The Crossed Line
  5. Immaculate Deception
  6. Days Before The World Wept

  1. Portrait Of A Headless Man
  2. Pyramid God
  3. Neuromancer
  4. The Vampire From Nazareth
  5. Hierophant
  6. Martyr
  7. Communion
  8. A Desert Throne
  9. Anubis
  10. Dark Art

  1. Worship
  2. Fire In The Sky
  3. Mind Corruption
  4. Eraser
  5. Inferior Devoties
  6. Chemical Whore
  7. Until The End
  8. Don’t Judge Me
  9. End Of Disclosure
  10. Weed Out The Weak
  11. Children Of The Gray
  12. War-Path
  13. The Final Chapter
  14. Fractured Millennium
  15. Impotent God
  16. Adjusting The Sun
  17. Roswell 47


Leipzigs Metal Location Nr. 1 lädt wieder ein: Einer von Schwedens wichtigsten Death-Metal-Exporten gibt sich die Ehre. Hypocrisy touren durch Europa (und danach auch noch durch Südamerika). Die Worship European Tour zwischen Ende September und Mitte November hat, wie der Name gleich klarstellt, das aktuellste Album Worship als Dreh- und Angelpunkt. 2021 veröffentlicht, ist in diesem Jahr endlich Zeit, wieder die Metal-Bühnen des Kontinents zu bespielen. Und Peter Tägtgren kommt nicht alleine. Mit Septicflesh gibt’s noch Technical Death Metal auf die Ohren und davor spielen Horizon Ignited und The Agonist eine Mischung aus Metalcore und Melodic Death Metal.

Es starten Horizon Ignited. Die Band aus Finnland hat sich 2017 gegründet und im Juli 2022 ihr zweites Album Towards The Dying Lands veröffentlicht. Da ist eine Tour also naheliegend. Sänger Okko Solanterä ist auch eine echte Rampensau und fühlt sich sichtlich wohl, wenn er mit dem Publikum interagieren kann. Faxen macht er genug, seine Mannen an den Instrumenten knüppeln sich derweil durch die Songs, dass es nur so kracht. Die Stimmung im Haus ist schon bei dieser ersten Vorband zu spüren. Allerdings ist es auch schon von Beginn an sehr voll und mit viel Publikum ist bekanntlich immer mehr Party zu machen als mit ein paar Hanseln. Um gute Vibes muss sich heute also niemand sorgen, alle Bands werden gefeiert.

The Agonist Hellraiser Leipzig 2022

Und nach zu wenigen Songs wird die Bühne schon für die nächste Band geräumt. Na ja, immerhin müssen mal eben vier Kapellen heute im Zeitplan untergebracht werden, da muss das am Anfang zackig gehen. The Agonist aus Kanada kommen ursprünglich aus Montreal. Die Genres bleiben gleich, auch hier hören wir eine Mischung aus Melodeath und Metalcore. Diesmal mit weiblichem Gesang. Gründungssängerin Alissa White-Gluz ist 2014 nach zehn Jahren weitergezogen – wir alle wissen, wohin. Seitdem wirbelt Vicky Psarakis hinter dem Mikro. The Agonist haben mit Orphans 2019 ihre letzte Langrille veröffentlicht, 2021 haben sie noch eine EP nachgeschoben (aus deren Inhalt auch ein Großteil des heutigen Sets besteht) und sich in diesem Jahr der Pflege ihrer alten Werke gewidmet und die ersten drei ihrer Alben (noch mit White-Gluz) re-released. Da hat man schon mal Zeit für eine Europatour. Vicky growled und kreischt, dass es eine wahre Freude ist, Klargesang und gutturale Parts wechseln in schneller Folge, die Bühne ist ihr Schlachtfeld. Eine absolut adäquate Nachfolgerin der jetzigen Arch-Enemy-Sängerin mit großartiger Power und Präsenz. Doch auch dieses Schauspiel ist schon wieder viel zu schnell vorbei.

Eine leichte Neujustage der Genres erfolgt mit dem nächsten Act. Septicflesh sind eher im Technical Death Metal zu Hause, ab jetzt kommt kein Metalcore mehr. Denn nichts liegt der Band aus der griechischen Hauptstadt ferner, als Stile zu krass zu vermischen. Allenfalls die von ihren Alben bekannte Epik eines symphonisch aufgebrezelten Death Metals erlauben sie sich. Im Mai veröffentlichten sie nach fünf Jahren Wartezeit ihr neuestes Album, Modern Primitive. Davon schaffen es aber nur Neuromancer, Hierophant und A Desert Throne in die Playlist, bei der es sich eher um eine Art Best-of der vergangenen Jahre handelt. Schnörkellos hangelt sich Frontmann Spiros Antoniou durch die Bandgeschichte. Von Portrait Of A Headless Man vom 2011er-Album Codex Omega geht es über Pyramid God von 2011 zu Neuromancer vom aktuellen Album. Und so prügelt sich der Sänger und Bassist mitsamt der Band durch die stärksten Tracks der letzten fünf Alben zwischen 2008 bis heute. Höhepunkt und Ende sind der Klassiker Anubis vom 2008er-Album Communion und Dark Art von Codex Omega.

Septicflesh – Hellraiser Leipzig 2022

Nun, nach einem Abend, den man zu einer anderen Zeit schon als gelungen und mit genug musikalischen Highlights gespickt betrachten würde, kommt noch der Headliner. Zu einer anderen Zeit hätten Septicflesh Headliner sein können, doch heute kommen als Höhepunkt noch Hypocrisy. Und sicher muss man fairerweise sagen, dass die meisten Leute genau deswegen hier sind und das Hellraiser in eine Art Hexenkessel verwandeln. Nicht, dass hier irgendeine Einrichtung zertrümmert werden würde – nein, Metalfans sind ja nun mittlerweile bekannt dafür, so ziemlich die unaggressivsten Musikhörer überhaupt zu sein. Aber die Stimmung ist trotzdem so gespannt und die Atmosphäre so dicht, dass sie fast mit den Händen zu greifen ist. Und Peter Tägtgren, Mikael Hedlund und der Rest der Mannschaft sind gekommen, um die Bude richtig abzureißen.

Das Ganze nennt sich zwar Worship Tour und es geht irgendwie um das neueste Album, das vor einem Jahr herausgebracht wurde und zudem dank Corona nun endlich die dazugehörigen Auftritte stattfinden können. Aber in Wirklichkeit ist die Setlist eine grandiose Tour de Force durch die gesamte Bandgeschichte. Vom titelgebenden Album werden dann auch lediglich drei Songs gespielt (nämlich der Titeltrack als Start des Sets, Chemical Whore und Children Of The Gray), der Rest der Setlist wird mit Songs aus der kompletten Bandgeschichte gefüllt. Aus sage und schreibe dreizehn Alben wird zitiert und damit eine phänomenale Rundreise von den Anfängen (Impotent God vom Erstlings-Album Penetralia, 1992) über die Alben der späten 90er-Jahre (Abducted, The Final Chapter, Hypocrisy, Into The Abyss) bis eben zu den letzten Werken End Of Disclosure und Worship. Wobei End Of Disclosure nun auch schon wieder neun Jahre alt ist. Das ist also ein weiterer Grund, dass die Hütte so voll ist: Hypocrisy kommen mittlerweile nicht so oft mit einer neuen Scheibe vorbei, das will dann keiner verpassen. Peter Tägtgren geht es, was neue Veröffentlichungen angeht, seit einigen Jahren viel ruhiger an. Und nebenbei will ja auch noch sein Zweitprojekt Pain gefüttert werden, mit dem er Cross-Genre-Musik zwischen Elektro, Industrial und Metal veröffentlicht, die aber auch deutlich seine Handschrift trägt.

Hypocrisy – Hellraiser Leipzig 2022

Hypocrisy ballern sich unterdessen durch einen Klassiker nach dem anderen. Aber wenn man aus vierzehn Alben schöpfen kann, ist das auch nicht die schwerste Übung. Natürlich ist da bekanntermaßen jede Menge verschwurbelter Verschwörungskram dabei. Aber man muss die Texte ja nun auch nicht unbedingt sonderlich ernst nehmen. Da landen immer wieder Aliens, verschwört sich der internationale Pharmakomplex zur Kontrolle der Menschheit (ob sie auch die Besucher ins Hellraiser durch chemische Gedankenmanipulation gelotst hat?), ertönt der Abgesang auf Religionen oder wird die Menschheit von dunklen Mächten wahlweise ausgerottet oder manipuliert und fremdgesteuert. Die Songs sind düster, das Tempo hoch, die Melodien mitreißend. Als Zugabe gibt es dann noch Fractured Millennium, Impotent God, Adjusting The Sun und natürlich Roswell 47. Alles Songs aus dem ersten Jahrzehnt der Band, die bis zum Schluss gefeiert wird.

Das war von Anfang an ein großartiges Konzert. Jede der vier Bands hatte interessantes Material, auch sieht man zum Beispiel The Agonist naturgemäß nicht so oft in Europa. Und Septicflesh sind alleine schon ein Erlebnis. Sicher wird auch die Crew vom Hellraiser sehr zufrieden darüber gewesen sein, dass die Hütte gerammelt voll gewesen ist und es ein wahres Metal-Fest war.