Infected Rain – Ecdysis

Kosmische scharfe Klänge verzaubern die Dunkelheit

Artist: Infected Rain

Herkunft: Chișinău, Moldawien

Album: Ecdysis

Spiellänge: 54:53 Minuten

Genre: Progressive Modern Metal, Nu Metal

Release: 07.01.2022

Label: All Noir Records

Link: http://www.infectedrain.com

Bandmitglieder:

Gesang – Elena „Lena Scissorhands“ Cataraga
Gitarre – Vadim „Vidick“ Ozhog
Gitarre – Sergey Babici
Bassgitarre – Vladimir Babici
Schlagzeug – Eugene Voluta

Tracklist:

  1. Postmortem Pt. 1
  2. Fighter
  3. Longing
  4. Goodbye
  5. The Realm Of Chaos Feat. Heidi Shepherd
  6. Everlasting Lethargy
  7. These Walls
  8. Showers
  9. November
  10. Never The Same
  11. Nine, Ten
  12. Postmortem Pt. 2

Die im Jahre 2008 gegründete Band Infected Rain veröffentlicht Anfang 2022 ihr fünftes Studioalbum Ecdysis, welches wieder von All Noir Records vertreten wird. Dass diese Scheibe hohen Erwartungen entgegensteht, ist klar, denn mit dem Vorgängeralbum Endorphin aus 2019 hat sich die moldauischen Band eine starke Fanbase aufgebaut, welche nun auf heißen Kohlen sitzt und den Nachfolger erwartet – vor allem nach der Veröffentlichung der ersten Single aus dem Album: Postmortem Pt. 1.

Am 13. Oktober 2021 wurde der Track veröffentlicht, welcher schon große Erwartungen teilweise erfüllt, das Album selbst wird alle weiteren erfüllen. Messerscharfe Riffs und kosmische Synthesizerklänge bilden die Grundlage der Scheibe, welche direkt von dem Gesangstalent Lena Scissorhands übertrumpft werden. Die Kombination aus der unglaublichen Bandbreite der Frontfrau und den außerweltlichen Melodien sowie den energischen Rhythmen macht Infected Rain zu dem Masterpiece, so wie wir es kennen. Das Ganze können wir knappe 55 Minuten genießen und in dieser Zeit kommt noch einiges auf uns zu – so viel sei versprochen! Fighter legt da nämlich direkt nach! Ein unglaubliches Tempo wird aufgenommen, welchem man nicht mehr folgen kann und die Screams, welche sich metallisch scharf aus den Boxen herausschneiden, lassen auf keine ruhige Zeit hoffen. Besonders hervorzuheben ist die Kunst, welche hier wieder benötigt wurde, elektronisches Chaos zu kreieren, bei welchem man nicht mehr weiß, wo hinten und wo vorne ist. Ein reines Gedränge macht sich vor einem breit und ich bin unglaublich begeistert, wie man es schaffen kann, zusätzlich zu klassischem Nu-Metal solche Elemente einzubauen, die die Stimmung um 180 Grad drehen, für Verwirrung sorgen und keinerlei Fehler aufweisen. Das schaffen Infected Rain – das Können haben sie auch schon auf älteren Alben bewiesen und konnten gerade damit die Menge überzeugen, denn jede kleinste Passage, welche etwas ruhiger erscheinen könnte, wird mit galaktischen Beats aufgefüllt, damit alles herrscht, bloß keine Ruhe. Das pausenlose Dauergewitter donnert erbarmungslos auf einen nieder und zerschmettert alles, was nicht aus solidem Material besteht – behaltet eure Kinder im Auge! Die hypnotisierenden Psalmen ziehen jeden in den Bann und lassen auch nicht locker. Klare, definierte Gesänge bringen einen gelegentlich aus dem Sturm heraus, aber man sollte sich vor den überrollenden Rhythmen in Acht nehmen, welche weiterhin schonungslos dafür sorgen, dass kein Glas im Schrank ganz bleibt. Eugen Voluta sorgt währenddessen für die perfekte Moshpit-Stimmung, welche mit bestialischen Fills und bodenständigem Doppelbassgewitter begründet wird. Vidick und Sergey Babici greifen sich in der Zwischenzeit gegenseitig an und übertrumpfen sich abwechselnd bei fingerbrechenden Melodien und messerscharfen Riffs – nicht dass man denken würde, dass hier jemand lebend rauskommt. Für die nötige Ruhe bei dem Massaker sorgt Vladimir Babici, der mit monströsen Bässen ein ungutes Bauchgefühl erzeugt, bei dem einem der Schwindel überkommt. Die extreme Amplitude von Ecdysis ist ohnehin schon enorm, und zwischen Tinnitus-erzeugenden Klängen schleichen sich dumpfe, undefinierbare Geräusche in Ecdysis, welche der Platte eine gewisse Mystik verleihen, der man nicht folgen kann. Never The Same ist hierfür ein gutes Beispiel. Das Intro ist ein ständiges Hin und Her zwischen linker und rechter Box, und man wird schon direkt bei Beginn des Tracks komplett aus der Bahn geworfen, hätte man nicht führende Gleise, an denen man sich halten könnte. Stimmige Rhythmen treffen auf ein Höllenschreien von Elena Cataraga, welche direkt übergehen in einen engelsgleichen Gesang bei kosmischen Klängen, welche mit Riffs geschärft wurden und sich in den Gehörgang schneiden. Zur musikalischen Entspannung trägt Eugen Voluta bei, welcher zum Ende hin mit nicht mehr menschlichen Fills dafür sorgt, dass die Gedanken und deren Fokus abgelenkt werden und sich ganz dem Schlagzeug widmen. Wie auch bei den letzten Alben legen Infected Rain einen Schwerpunkt auf die Abwechslung und das Verdrängen der Langeweile! Bei vielen klassischen Elementen der Band bleibt einem die nötige Freiheit, viel einzubauen und dafür zu sorgen, dass einem sich die Gehirnwindungen drehen und sich dabei nicht verknoten. Nine, Ten kommt man zum Ende des Albums genau richtig – vor allem für Intoxicating Fans. Der ruhige Track wirkt außerweltlich und vereint noch mal zum Schluss die aggressive und liebevolle Art der Band. Ganz klar stehen hier der Text sowie der Gesang im Vordergrund, welcher einfach nur Gänsehaut erzeugend ist, besonders bei den dramatisch aufbauenden Klängen, welche sich hinter der Stimme versteckt haben und langsam und vorsichtig ausstrahlen – als ob sie vor Elena Cataraga Respekt hätten. Ein musikalisches Wunderwerk, welches zu jedem Zeitpunkt begeistert und mich zum Strahlen bringt.

Infected Rain – Ecdysis
Fazit
Infected Rain haben hier abgeliefert und das auf voller Länge. Alles, was man sich erwartet hat, alles, was man sich von der Band erhofft hat, wird erfüllt und darüber hinaus noch mehr. Es ist genial zu hören, wie die elektrischen Klänge mit den Instrumenten verschmelzen und ein Werk ergeben, und dies bei dem enormen musikalischen Talent der Band, vor allem bei dem Gesangstalent Elenas.

Anspieltipps: Nine, Ten, Longing und Everlasting Lethargy
Paul M.
9
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