Interview mit Dying Empire zum neuen Album „Samsara“

Vereinfacht, einfach nur LAUT!

Artist: Dying Empire

Herkunft: Dresden, Deutschland

Genre: Modern Metal, Melodic Death Metal, Thrash Metal, Metalcore

Bandmitglieder:

Gesang, Gitarre – Joe Gastel
Gitarre – Mag
Bass, Gesang – Panzer
Schlagzeug – Benner

Links: https://www.facebook.com/DyingEmpire/
https://dying-empire.com/de/

Passend zum Wochenende veröffentlichen die Dresdener Modern Metaller Dying Empire ihr zweites Album Samsara, mit dem die Jungs ganz groß durchstarten wollten, doch dann kam das Coronavirus zu uns und machte alle Pläne zunichte. Grund genug, mal bei dem Vierer nachzuhaken, der auf Samsara ganz neue, ungewohnte Töne anschlägt. Aufgrund der aktuellen Situation mit Kontakt- und Quarantäne-Vorgaben ist das Interview natürlich per Mail geführt worden.

Time For Metal / Andreas F.
Moin! Schön, dass ihr euch Zeit für ein Interview mit unserem Magazin nehmt.

Ihr habt euch 2014 gegründet und habt noch im gleichen Jahr die EP Systemized und 2015 schon das erste Album Dystopia veröffentlicht. Jetzt kam in diesen Tagen der Zweitling Samsara in die Regale der örtlichen CD-Dealer. Auch wenn ihr schon das eine oder andere Ausrufezeichen setzen konntet, so wird euch nicht jeder unserer Leser kennen. Stellt euch bitte kurz vor, wer seid ihr und was macht ihr?

Dying Empire / Mag:
Ja, ich glaube, unser Bekanntheitsgrad hält sich doch noch sehr in Grenzen. Wir sind Dying Empire, eine Band aus Dresden. Wie du ja schon gesagt hast, haben wir uns 2014 gegründet. Ich spiele die Leadgitarre und kümmere mich um die Texte.

Dying Empire / Joe Gastel:
Gesang und Gitarre. Und allgemein das Sprachrohr – wenn irgendwer was will, bin ich meistens erst mal Ansprechpartner.

Dying Empire / Benner:
Rhythmusfraktion – Schlagzeug! Und ich bin für unsere gesamte Lichtshow zuständig.

Dying Empire / Panzer:
Ich bin Panzer, neuestes Mitglied der Truppe. Ich bin im Oktober 2018 dazu gestoßen und spiele nicht nur den Bass, sondern unterstütze auch kräftig die Vocals. Das ist auf jeden Fall eine neue Herausforderung für mich als studierter Schlagzeuger. Zuerst ein neues Instrument und dazu auch noch singen und brüllen …, klappt aber ganz gut!

Time For Metal / Andreas F.:
Beschreibt eure Musik mal jemandem, der noch nie etwas mit Metal am Hut hatte und überhaupt keine Ahnung von der Materie hat.

Dying Empire / Mag:
Ich glaube, ich würde ihm einfach unseren Song Incubus vorspielen und sehen, was er dazu sagt. Das ist unsere Ballade und für Menschen, die bislang noch keinen Zugang zu Metal hatten und somit möglicherweise der perfekte Einstieg. Für den Song hab ich sogar Komplimente aus meinem Verwandtenkreis bekommen, dem meine Musik bisher immer zu hart war.

Dying Empire – Incubus (2020):

Dying Empire / Joe Gastel:
Ich würde vereinfacht sagen: wir sind LAUT!

Time For Metal / Andreas F.:
Ihr seid alle neben Dying Empire noch in anderen Bands aktiv, bzw. wart es. Welche sind/waren das und was hat euch dann 2014 dazu bewogen, Dying Empire zu gründen?

Dying Empire / Benner:
Ich hatte ca. ein Jahr zuvor, trotz gegenseitiger Sympathien und mit großem Bedauern, meine damalige Band Intoxicum verlassen, weil es dort einfach nicht vorwärts ging und war auf der Suche nach ambitionierten Mitstreitern. Die fanden sich mit Mag und Gastel, die sich bereits mit ihrer Band Korpus einen regionalen Namen erspielt hatten und nach einem ersten Treffen war klar, dass wir alle das gleiche wollten – eine Band, die alle gemeinsam mit viel Herzblut nach vorn treiben. Seit 2017 habe ich außerdem bei der Hypocrisy Tributeband Chaos And Confusion die Kessel gerührt. Diesen Job habe ich Anfang des Jahres aber aus Zeitgründen schweren Herzens an den Nagel hängen müssen.

Dying Empire / Joe Gastel:
Mags und meine große Jugendliebe war Korpus. Diese Band wurde im verflixten 7. Jahr auf Eis gelegt. Meine Liebe zur Musik aber nicht … Da ich in Mag meinen verlorenen Bruder gefunden habe, war klar, dass ich mit ihm in irgendeiner Form weitermache. Rausgekommen ist dabei dieser Haufen hier.

Dying Empire / Panzer:
Ich war vor Dying Empire in der Knüppelband Led Astray und hab dort an den Drums ordentlich für Tempo gesorgt. Zusätzlich war ich mit der Band The Black Ants in komplett anderen musikalischen Sphären unterwegs. Damit pausieren wir allerdings erst mal auf unbestimmte Zeit.

Time For Metal / Andreas F.:
Ihr habt nach der Bandgründung gleich mal den Turbo eingeschaltet, habt 2014 die EP Systemized und im Jahr drauf das Album Dystopia veröffentlicht. Wir hatten ja eigentlich erwartet, dass ihr in dem zeitlichen Rhythmus weitermacht. Jetzt haben wir allerdings 2020. Was ist in der Zwischenzeit passiert und wieso mussten eure Fans diesmal satte fünf Jahre auf neues Material warten?

Dying Empire / Benner:
Das war ein Start nach Maß – hinter den Kulissen vorbereitet. Danach haben wir uns lange und ausführlich mit der Frage beschäftigt, wie der nächste Schritt aussehen soll und wie wir ihn umsetzen können. Wir wollten die nächste Produktion in jeder Hinsicht auf ein neues Niveau heben, das machst du nicht einfach nebenbei – wir haben auf dem Weg zu Samsara viele neue Erfahrungen gesammelt. Zu guter Letzt hat auch die Suche nach einem geeigneten Label einige Zeit verschlungen, da wir Samsara natürlich auch in dieser Hinsicht in gute Hände legen wollten.

Dying Empire / Mag:
All das hat sich doch sehr hingezogen, weil wir Samsara wirklich so professionell wie möglich aufziehen wollten.

Dying Empire / Joe Gastel:
Dazu kommen natürlich auch noch private Umstände …, Jobs, Kinder, Eheschließungen …, aber der Hauptgrund ist vielleicht der, dass Dying Empire nicht unser Job ist.
Eine Band auf diesem Niveau und mit diesem Umfang neben einem 40 Stunden Job zu betreiben, verzögert alles massiv.

Time For Metal / Andreas F.:
Seit eurer letzten Veröffentlichung hat sich bei euch das Besetzungskarussell gedreht, 2018 hat O`Malley sich in Richtung Colony Collapse verabschiedet und ihr habt mit Panzer ziemlich schnell einen Ersatzmann präsentiert. Was ist damals passiert?

Dying Empire / Joe Gastel:
Im Zuge der Produktion von Samsara taten sich viele Bereiche auf, in denen wir besser werden wollten. Lightshow, Merch, In-ear-Monitoring, bandinterne Prozesse generell … Es ging ganz schnell plötzlich nicht mehr um Musik, sondern um alles andere. Dying Empire hat sich ein Stück weit auch zur Arbeit entwickelt. Omi war damit nie so richtig glücklich, und so haben wir uns getrennt. Vollkommen verständlich, denn wenn man auf dieses Business keinen Bock hat, dann erdrückt einen das schnell. Ich muss mich auch immer wieder aufraffen, wenn ich manchmal sehe, dass ich eine ganze Woche nur Büroarbeit geleistet habe, aber nicht einmal die Gitarre in der Hand hatte. Bei der Suche nach Ersatz haben wir demnach auch nach anderen Kriterien geschaut. Der Mensch musste eben Bock haben, sich mit dem ganzen Drumherum zu beschäftigen. Daher auch diese etwas unorthodoxe Entscheidung, einen studierten Schlagzeuger zu überzeugen … 😉

Time For Metal / Andreas F.:
Am 24. April erschien nun Samsara mit zehn neuen Tracks, euer zweites Album. Wann habt ihr mit dem Songwriting und den Aufnahmen begonnen?

Dying Empire / Joe Gastel:
Songwriting kann man nicht beziffern …, hier sind noch einige Ideen verarbeitet aus der Korpus Vergangenheit. Das meiste Material war sicherlich 2015 schon da. Die Aufnahmen haben dann im Frühjahr 2018 begonnen.

Time For Metal / Andreas F.:
Wie muss man sich bei euch den Songwriting-Prozess vorstellen? Schreibt ihr die Songs im Kollektiv, oder wie seid ihr da aufgestellt?

Dying Empire / Joe Gastel:
Bisher habe ich alles komponiert. Bei zwei Songs vom Album hatte ich Kreativhilfe von meinem Bro Mr. Sanz – Sänger von Groovenom. Allerdings läuft derzeit schon das Songwriting im Hintergrund für den Samsara Nachfolger, und mit Panzer haben wir einen zweiten Kopf an Bord, der vor Kreativität förmlich explodiert.

Dying Empire / Panzer:
Mag ist hauptsächlich der Texter der Gruppe. Am Ende geben aber alle beim Feinschliff ihren Senf dazu – bei den Texten wie auch bei der Musik.

Time For Metal / Andreas F.:
Der Freedom Call Gitarrist Lars Rettkowitz (KR Music Recording Studio) hat Samsara produziert. Wie kam das zustande und wie ist die Produktion verlaufen?

Dying Empire / Mag:
Den Kontakt zu Lars gab uns Rocky, unser Kollege von Deliver The Galaxy. Dann haben wir uns mit Lars zusammengesetzt und es passte einfach. Er gab uns genau das, was wir brauchten. Jemand, der uns ordentlich in den Arsch tritt, damit das eine fett klingende Platte wird. Wir haben dann alle Instrumente zu Hause aufgenommen. Lediglich der Gesang wurde vor Ort aufgenommen. Wir haben in diesem Prozess unfassbar viel gelernt und sind alle an dieser Erfahrung gewachsen. Besonders freue ich mich, dass Joe bei Lars gelernt hat, seine richtige Stimme zu finden. Auf unseren Demos war von dieser neuen Gesangsart noch nichts zu hören, aber Lars hat uns da unfassbar unterstützt. Auch bei der kreativen Arbeit gab er uns im Studio noch Input, um die Songs so zu formen, wie sie jetzt sind.

Dying Empire / Benner:
Und das Ergebnis stimmt uns überglücklich, sodass wir hoffen, diese Zusammenarbeit in Zukunft weiterzuführen!

Time For Metal / Andreas F.:
Samsara ist die Bezeichnung für den immerwährenden Zyklus des Seins, den Kreislauf von Werden und Vergehen oder den Kreislauf der Wiedergeburten in den indischen Religionen Buddhismus, Jainismus und Teilströmungen des Hinduismus. Was hat es mit dem Albumtitel auf sich?

Dying Empire / Mag:
Es wird außerdem auch der Kreislauf des Leidens genannt. Ich denke, das passt wunderbar auf unsere Gesellschaft und auf die Menschheit, wie sie sich im Moment aufführt.
Ich denke, dass dieser Titel sich nicht nur perfekt auf einzelne Personen beziehen kann, sondern eben auch auf unsere Welt, die wir gedankenlos ausbeuten und zerstören. Es werden ja auch zugleich menschliche Schicksale bzw. Gefühle beschrieben, wie auch allgemeingültige Themen, die sich auf uns als Spezies beziehen. Jeder Song hat in einer gewissen Art und Weise damit zu tun, sich in diesem Kreislauf des Leidens zu bewegen. Mal sehen, ob und wann wir es schaffen, diesem Kreislauf zu entkommen.

Dying Empire – The Inner Void (2020):

Time For Metal / Andreas F.:
Ihr habt mit We Are Not Gods, Incubus und The Inner Void drei sehr unterschiedliche Vorab-Singles veröffentlicht, und dieser erste Eindruck setzt sich nun auch auf dem Album fort. Ihr habt einen guten Schritt nach vorne gemacht und eine gute Balance gefunden, indem ihr verschiedene Emotions-Boxen geöffnet habt. So ist das ganze Album allgemeinverträglicher und auch der erhöhte Anteil an melodischem Gesang und Clean Vocals tut den Songs gut. War es von vornherein geplant, im Songwriting einen Gang zurückzuschalten, um eine breitere Masse anzusprechen?

Dying Empire / Panzer:
Haupt ausschlaggebend für die Entwicklung ist aber wahrscheinlich vor allem das eigene Hörverhalten.

Dying Empire / Joe Gastel:
Ich empfinde das auch nicht als „einen Gang zurückschalten“. Ganz im Gegenteil, für uns war es eine enorme Mutprobe, mehr in die melodische Richtung zu gehen und sogar das Experiment Rockballade zu wagen. Explizit für mich am Gesang ist diese Herausforderung nach wie vor enorm. Eine Show konstant zu shouten ist easy, jetzt aber auch so richtig zu singen, ganz und gar nicht. Ich bin auf Lebenszeit unserem Produzenten zu Dank verpflichtet, denn er hat mich wahnsinnig geleitet, wie ich meine Stimme einsetzen kann. Ich hatte mehrfach nach Studioterminen auf der Rückfahrt diese große Frage vor mir: Wie zur Hölle hab ich diesen Refrain heut gesungen, und wie soll ich das jemals im Ansatz live hinbekommen? Antwort: Üben, hart üben!

Time For Metal / Andreas F.:
Das Baby ist ja nun gerade erst geboren, aber die Reaktionen auf die Vorab-Singles waren zumindest online sehr positiv, obwohl sich das Material durchaus ziemlich von älteren Songs unterscheidet. Wie zufrieden seit ihr aktuell selber, oder gibt es jetzt schon etwas, das ihr bei einem zweiten Anlauf anders machen würdet?

Dying Empire / Mag:
Heutzutage ist es ja eh ziemlich schwer, im Internet aufzufallen. Durch die tägliche Informationsflut ist eigentlich so gut wie jeder absolut übersättigt mit allem. Von diesem Gesichtspunkt aus bin ich doch schon sehr zufrieden, wie die Singles abgingen. Gerade wüsste ich nicht, was ich beim nächsten Mal anders machen würde.

Dying Empire / Benner:
Die Reaktionen waren größtenteils überragend! Ich persönlich bin nach wie vor rundum zufrieden mit den Songs. Wir haben mit diesem Album eine großartige Entwicklung vorgenommen. Ohne uns zu verbiegen, sind wir alle an unseren Instrumenten gewachsen und haben uns verbessert. Der Punkt, an dem man gern etwas ändern würde, kommt immer, ist aber aktuell noch nicht erreicht.

Time For Metal / Andreas F.:
Dystopia ließ ja mit dem Mix aus Death und Thrash und diversen Elementen aus Doom und Black Metal und gar Punk Rock schon keine Langeweile aufkommen. Ihr habt euch wenig um Genregrenzen geschert, wie besonders die Nummer Confines gezeigt hat. Allerdings muss ich zugeben, als ich dann eure Ballade Incubus gehört habe, sind mir fast die Gesichtszüge entgleist. Der Song ist stark, keine Frage, und damit kommen durchaus auch Hörer zurecht, die mit Metal wenig anfangen können, aber es sind halt ganz neue, ungewohnte Töne von euch. Was hat euch da geritten und worum geht es in der Nummer?

Dying Empire / Benner:
Der Song treibt die mit Samsara angestoßene Entwicklung auf die Spitze. Wir haben lange überlegt, ob wir den Song überhaupt machen, ob wir uns das schon zutrauen – auch im Proberaum war es eine völlig neue Erfahrung, so einen Song miteinander zu spielen. Letzten Endes haben wir uns aber ganz bewusst dafür entschieden, in unserer Entwicklung konsequent zu sein und auch diese Facette von uns den Hörern zu präsentieren.

Dying Empire – We Are Not Gods (2020):

Dying Empire / Joe Gastel:
Cool, dass du Confines ansprichst. Der war nämlich damals auch so eine Art Experiment. Angedeuteter Klargesang, Breakdown, weg vom klassischem Powerchord. Incubus war auf jeden Fall ein Versuch. Als wir allerdings den ersten Mix hören durften, war klar, egal wie das im Metalunderground ankommt, oder wir dafür zerrissen werden – es fühlt sich absolut richtig an. Für mich persönlich ist es auch ein großes Interesse, musikalisch unseren Horizont weiterzuentwickeln. Brüllen, Ballern und Blastbeaten machen wir seit Urzeiten. Ruhigere Töne fühlen sich für uns an, als würden wir unser Instrument neu lernen. Da es in Incubus um den eher pessimistischen Blick auf eine Person geht, die von ihrer Angst übermannt wird und auch kein Happy End erlebt, war das die perfekte Gelegenheit, im Amp mal diesen dubiosen CleanChannel zu aktivieren.

Time For Metal / Andreas F.:
Fasst doch mal die gröbsten Änderungen auf Samsara aus eurer Sicht zusammen und wie hat sich das alles auf den Entstehungsprozess ausgewirkt?

Dying Empire / Mag:
Ich denke, der größte Aspekt sind einfach die bessere Eingängigkeit, das kompaktere Songwriting und der bedeutend größere Anteil an Cleangesang. Alles andere sehe ich einfach als eine normale Weiterentwicklung, die ja jede Band macht. Das Songwriting verlief eigentlich so wie immer und der größte Zugewinn war, wie bereits gesagt, die Arbeit mit Lars Rettkowitz.

Time For Metal / Andreas F.:
Die erste Single We Are Not Gods handelte davon, dass wir uns alle wie Götter aufführen und ohne Rücksicht auf Verluste die Natur zugrunde richten. Durchaus ein wichtiges Thema, denn gerade jetzt in Zeiten von Corona kann man fast zuschauen, wie sich die Natur von uns Vandalen erholt. Seid ihr da irgendwie im Naturschutz verwurzelt, oder wie kam der Song zustande?

Dying Empire / Joe Gastel:
Der Text von diesem Song lässt sich auf viele Probleme projizieren. Wir haben uns im Musikvideo für das Thema Animal Rights entschieden, die Lyrics lassen sich aber auch auf Sexismus, Rassismus, Kapitalismus, Umwelt … usw. anwenden. Naturschutz liegt uns natürlich auch am Herzen, ist aber nicht das eine Thema, dem wir uns ausschließlich widmen.

Time For Metal / Andreas F.:
Schon auf Distophia ging es um das Verhalten der Menschheit und auch jetzt geht es wieder stückweise in die gleiche Richtung. Ihr haltet den Leuten gerne einen Spiegel vor die Nase, oder wie verhält es sich damit?

Dying Empire / Joe Gastel:
Schon unser Bandname deutet das an. Das dying empire bezieht sich auf das vom Menschen Geschaffene, und aus psychoanalytischer Sicht auf den Menschen selbst.

Dying Empire / Panzer:
Man bekommt ja auch selber so viel Shit mit, das muss auch mal irgendwie verarbeitet werden.

Time For Metal / Andreas F.:
Wie verliefen die Aufnahmen zu Samsara, konntet ihr euren Plan einhalten, oder inwieweit kam euch Corona ins Gehege?

Dying Empire / Panzer:
Wir hatten zum Glück die Aufnahmen im Kasten, bevor Corona aufgekommen ist. Das einzig Blöde an der aktuellen Situation ist, um es mal glimpflich zu formulieren, dass so viele geplante Konzerte ausfallen. Das macht einen fertig. Und auch an der Kasse merkt man es. Das ist der absolute Nachteil der Situation.

Time For Metal / Andreas F.:
Ihr habt erst kürzlich einen Vertrag mit Bleeding Nose Records abgeschlossen. Wie kam es dazu und wie verlief die Zusammenarbeit bisher?

Dying Empire / Benner:
Der Kontakt zu Bleeding Nose Records kam über Mr. Sanz von Groovenom zustande. Es stellte sich relativ schnell heraus, dass Band und Label super zueinander passen. Dieser Ersteindruck hat sich im Laufe der bisherigen Zusammenarbeit bestätigt – wir sind super dankbar für den Support und die großartige Pressearbeit!

Time For Metal / Andreas F.:
Das Cover-Artwork stammt ja von Vinsterwân, einer ziemlich coolen Künstlerin aus Leipzig. Was könnt ihr uns dazu sagen?

Dying Empire / Mag:
Die Zusammenarbeit war genial. Wir hatten ihr unser Albumthema und die Texte geschickt. Daraus hatte sie uns dann drei total geile Skizzen gebastelt und wir hatten die wirklich schwere Wahl, welche von den Zeichnungen es nun final werden sollte, bevor sie das Cover als beeindruckendes Ölgemälde gemalt hat. Mit ihr zu arbeiten war sehr unkompliziert, und ich würde jederzeit gern wieder mit ihr zusammenarbeiten.

Time For Metal / Andreas F.:
Eine Releaseparty zum Album muss ja nun aufgrund der Corona-Pandemie zunächst einmal ausfallen, habt ihr stattdessen irgendwas geplant? Ungewöhnliche Zeiten erfordern ungewöhnliche Maßnahmen. Ich sag mal so, viele andere Bands lassen sich das Musikmachen nicht verbieten und spielen mangels Alternativen derzeit Geisterkonzerte und streamen diese im Netz, einerseits um den Fans trotz Quarantäne etwas zu bieten, andererseits aber auch, um trotz Konzertverbot ein paar Euros in die leeren Bandkassen zu spülen, indem sie um Unterstützung und Spenden bitten. Wie seht ihr das und käme das für euch auch in Frage?

Dying Empire / Panzer:
In der Tat haben wir so was schon ins Auge gefasst. Im Mai gibt es von uns dann ein Live-Streaming-Release-Konzert. Das wird zwar sehr befremdlich, aber immerhin eine Alternative, um das gute Stück gebührend zu feiern.

Time For Metal / Andreas F.:
Apropos ausfallen, ihr hattet ab April ’ne ziemlich geile Europatour am Start, die nun dank Corona auch ausfallen musste. Normalerweise wärt ihr jetzt schon seit dem 2. April auf Tour und hättet die ersten Gigs in Polen schon hinter euch. Da hat es euch ordentlich gefickt, denn eine Albumveröffentlichung ohne anschließende Promotour ist uncool und natürlich will man das neue Material ja auch auf die Bühne bringen. Wie plant ihr jetzt weiter?

Dying Empire / Mag:
Die Frage trifft natürlich in eine offene, akut entzündete Wunde. Allerdings tröstet es ein bisschen, dass es gerade allen Bands so geht. Und wir können diesbezüglich von Glück reden, dass wir von unserer Musik nicht leben (außer Panzer, der selbstständiger Schlagzeuglehrer ist) und alle noch arbeiten gehen. Wir haben auf alle Fälle erst mal noch zwei Onlinekonzerte geplant und wenn die rum sind, werden wir mal sehen, wie sich die Lage entwickelt hat. Es ist ja zur Zeit noch gar nicht zu sagen, wie lange sich das Ganze noch ziehen wird. Deshalb drücke ich mal die Daumen, dass wir hoffentlich dieses Jahr noch mal auf einer richtigen Bühne, vor realem Publikum, stehen werden.

Time For Metal / Andreas F.:
Das Coronavirus hat die Welt ja nun komplett im Griff und viele Bands, Veranstalter und Clubs stehen mit dem Rücken an der Wand und bangen um ihre Existenz. Wie sehr trifft euch die Krise mal abgesehen von der gecancelten Tour, immerhin musstest ihr für Merch und Weiteres ja wahrscheinlich auch ordentlich in Vorkasse treten?

Dying Empire / Benner:
Kurz: Es trifft uns ziemlich hart. Wir wollten mit Samsara endlich richtig durchstarten, hatten besagte Tour nebst weiteren Konzerten und Open Air Gigs geplant, die nun höchstwahrscheinlich komplett wegfallen. Auch uns fallen damit Einnahmequellen weg, die wir kurzfristig nicht kompensieren können. Das reißt schon ein Loch in die Kasse. Aber wir lassen uns nicht entmutigen und arbeiten weiter an Zukunftsplänen. Sobald Auftritte möglich sind, werden wir wieder voll da sein.

Time For Metal / Andreas F.:
Unser Leben hat sich ja nun komplett verändert. Wie nutzt ihr nun die konzert- und festivalfreie Zeit? Denn nachdem ihr gerade das Album rausgehauen habt, ist Songwriting und Ähnliches wohl keine Option, und proben funktioniert irgendwie auch nicht, oder verlegt ihr euren Winterschlaf in den Sommer, weil ihr im Winter wegen des Albums nicht dazu gekommen seid?

Dying Empire / Benner:
Wir nutzen die Zeit, so gut es geht konstruktiv – und da geht eine Menge, wenn man sich erst einmal mit der Situation arrangiert hat. Songwriting ist eine Option und findet auch tatsächlich statt, genauso wie das Schreiben von Texten. Wir werden, sobald die Zeit reif ist, auch den Aufnahmeprozess für das nächste Album in Heimarbeit beginnen. Nicht zuletzt gehört zu unseren Konzerten eine eigene Lichtshow, deren Ausbau und Programmierung auch in den eigenen vier Wänden stattfinden kann. Organisatorische Belange werden in Videokonferenzen besprochen.

Dying Empire / Panzer:
Also für meinen Teil jedenfalls sammle ich schon ordentlich Ideen für die nächste Platte. Ansonsten versucht man halt, so viel wie möglich vorzubereiten oder zu planen, was irgendwann mal wieder starten könnte.

Time For Metal / Andreas F.:
Wie schätzt ihr die ganze Situation ein? Erst wurden reihenweise Konzerte abgesagt, mittlerweile ist bis Ende August alles abgesagt, inkl. der geliebten Sommerfestivals. Einige glauben immer noch, dass sich die Situation in ein paar Wochen entschärft hat und das Leben wie gewohnt weitergeht, andere denken, dass wir eine verdammt lange Durststrecke vor uns haben, dass im Bezug auf Veranstaltungen nichts mehr geht, bis es irgendwann im nächsten Jahr einen Impfstoff gibt. Das Robert Koch Institut geht sogar von zwei Jahren und länger aus. Was glaubt ihr, steht ihr in diesem Jahr noch mal auf einer Bühne und wird die Szene mit einem blauen Auge durch die Krise kommen?

Dying Empire / Panzer:
Ehrlich gesagt, stellen wir uns darauf ein, dieses Jahr keine Gigs mehr spielen zu können. Alles, was dann doch noch stattfinden kann, ist dann quasi ein Überraschungsbonbon, das wir enorm dankend entgegennehmen würden. Aber rechnen kann man nicht wirklich damit.

Dying Empire / Joe Gastel:
Ich habe dazu neulich einen ziemlich guten Artikel gelesen …, der bringt es auf den Punkt. Die Kunst ist einfach extrem getroffen. First out, last in …, wir mussten als Erste aufhören, und werden wohl als Letzte wieder weitermachen dürfen.

Time For Metal / Andreas F.:
Nun finden aktuell zwar keine Konzerte statt, aber in den letzten Jahren war immer mehr zu beobachten, wie sich das Konzertverhalten der Menschen maßgeblich verändert hat. Die Leute sind bereit, für Tickets der ganz großen Acts wie Metallica, Rammstein, Iron Maiden, Deep Purple, Slayer, Sabaton, Kiss … etc. teils utopische Summen zu zahlen, sind aber kaum noch bereit, 20,- € für ein kleines Clubkonzert mit drei lokalen Undergroundbands auf den Tisch zu legen. Und während des Konzertes sind viele damit beschäftigt, durch das Display ihres Handys zu glotzen, um ein verwackeltes Video mit miesem Sound für YouTube aufzunehmen, anstatt das Konzert zu genießen und der Band etwas zurückzugeben. Wie bewertet ihr solches Verhalten?

Dying Empire / Panzer:
So was ist voll für ’n Arsch. Wenn man schon auf einem Konzert ist, sollte man es auch genießen und mit den Leuten und den Bands feiern. Man lebt sowieso schon genug in der digitalen Welt. Man sollte auch seine lokale Szene immer unterstützen. Ich meine, die Legenden werden nicht jünger und wenn man den Nachrückenden keine Chance gibt … Außerdem haben die genannten Größen auch mal klein begonnen, nur damals hat man so ein Konzert wohl mehr real erlebt.

Dying Empire / Joe Gastel:
Ja, das ist auch in meinen Augen ein riesen Problem. Es nervt gewaltig, wenn du im Song nur in leuchtende Handys guckst, und das Publikum keine Reaktion zeigt. Nach der Show hört man dann, wie saugeil es war …, was denn? Das durchs-Handy-Glotzen? Ansonsten denke ich, dass die Leute lieber auf diese RIESEN-Shows gehen, dafür eben 200-300 Euro rausballern für ein Ticket, zu teures Bier und viiieeel zu teuren Merch, als eben auch den kleinen Künstlern zuzuhören. Schade.

Time For Metal / Andreas F.:
Wie würde eure Wunschtour/Festivalauftritt aussehen und mit welchen Bands würdet ihr dort gerne einmal spielen?

Dying Empire / Joe Gastel:
Wunschfestival wäre für mich das Summer Breeze … Warum? Weil es einfach geil dort ist! Wunschbands …, puh, das würde jeden Rahmen sprengen, weil jeder von uns zwanzig komplett verschiedene Bands nennen würde.

Time For Metal / Andreas F.:
Manche Bands träumen ja davon, einmal im Leben auf dem Heiligen Acker in Wacken zu spielen. Wovon träumt ihr, bzw. welche Hürden würdet ihr gerne in nächster Zukunft nehmen?

Dying Empire / Joe Gastel:
Unser größter, nächster Schritt wäre eine richtig fette Europatour. Diesen Schritt wären wir dieses Jahr gegangen. Das geht nun nicht, also bleibt das unser größtes Ziel. Sobald wir dürfen: ab – on the road!

Time For Metal / Andreas F.:
Nur wenige Musiker können von ihrer Kunst allein leben. Ich denke, ihr macht auch nur semiprofessionell Musik, was macht ihr sonst für Jobs?

Dying Empire / Benner:
Ich bin als Softwareentwickler tätig.

Dying Empire / Mag:
Erzieher, oder auch: musikalischer Früherzieher 😉

Dying Empire / Joe Gastel:
Ich verdiene meine Brötchen als Physiotherapeut.

Dying Empire / Panzer:
Ich hab das Glück, mein Hobby zum Beruf gemacht zu haben. Ich bin hauptberuflich Schlagzeuglehrer und Trommelkursleiter. Mal schauen, was sich in Zukunft noch so ergibt, aber ich versuche, solange es geht, mit Musik mein Geld zu verdienen.

Time For Metal / Andreas F.:
Ihr seid ja nun alle auch schon einige Jahre aktiv. Was würdet ihr ändern, wenn ihr im Musikbusiness was zu sagen hättet?

Dying Empire / Mag:
Naja, wer hat da schon groß was zu sagen, am ehesten doch das Geld, von dem alle getrieben sind. Was ich persönlich schade finde, ist, dass man als Band oft nur ein Produkt ist. Man sieht immer nach außen die vermeintlich schöne und coole Fassade, aber es gibt in dem Business wenig Menschlichkeit. Das würde ich gerne ändern und damit dann wahrscheinlich total auf die Gusche fliegen, weil es einfach nicht funktioniert. Aber träumen darf man ja noch.

Time For Metal / Andreas F.:
Welche Highlights aus eurer bisherigen Bandgeschichte sind euch besonders im Gedächtnis geblieben und woran denkt ihr nicht so gerne zurück?

Dying Empire / Benner:
Ein Highlight ist definitiv unsere Italien-Spanien-Tour 2016 – die liefert immer wieder Stoff für Anekdoten und intensive Erinnerungen. Auch die Festivalgigs 2018 auf dem Chronical Moshers Open Air und dem Metal Frenzy Open Air werden wohl noch lange in Erinnerung bleiben. Die bitterste Pille ist aktuell die zu erwartende Absage unserer Europatour in diesem Jahr. Wir haben so viel Zeit und Mühen in die Organisation gesteckt, dass das erst mal verdaut werden muss.

Dying Empire / Mag:
Für mich persönlich sind es einfach die Livekonzerte. Besonders dann, wenn mal wirklich was vor der Bühne los ist. Leider ist es durch den Überkonsum ja nun auch so, dass sich viele berieseln lassen, besonders bei Undergroundkonzerten. Aber gerne erinnere ich mich an unsere beiden ersten Konzerte in Dresden und Hoyerswerda. Auch in Cottbus, im Muggefug, oder in Kamenz im Safe sind es immer wieder schnieke Erlebnisse.

Time For Metal / Andreas F.:
Geht ihr privat auch noch auf Konzerte, wenn ja, welche Bands und Genres bevorzugt ihr da?

Dying Empire / Panzer:
Bei mir ist es ganz unterschiedlich. Ich bin nicht mehr ganz so oft auf Shows wie in der Vergangenheit, aber wenn ich dann mal wieder auf ’ner Show bin, sind die Genres bunt gemischt. Von Punk über Death, Thrash oder Grindcore, Hardcore oder Metalcore; da ist eigentlich alles dabei.

Dying Empire / Joe Gastel:
Ich gehe sehr gerne auf Konzerte, wenn es die Zeit erlaubt. In letzter Zeit habe ich mir gerne kleinere Pop-Konzerte angeschaut, z. B. Catastrophe & Cure in leider sehr kleinem Rahmen in Dresden (Sonntag, die meisten wollten lieber Tatort gucken). Großartige Band, großartiges Konzert!

Time For Metal / Andreas F.:
Clubkonzerte oder Festivals?

Dying Empire / Panzer:
Clubkonzerte sind immer geiler, meiner Meinung nach. Festivals sind zwar auch ’ne geile Geschichte, aber auf Clubshows ist die Atmosphäre und die Stimmung echt fett.

Time For Metal / Andreas F.:
Nennt uns bitte eure fünf Alltime-Album-Faves.

Dying Empire / Mag:
Ach du Scheiße! Diese Frage ist doch eigentlich nicht zu beantworten, oder? Hier mal sieben Alben, die ich wirklich sehr, sehr gut finde. Die Reihenfolge hat übrigens nichts zu sagen. Sorry, aber nur fünf schaffe ich wirklich nicht.

SlayerReign in Blood
Job For A CowboyRuination
The Hirsch EffektHolon: Agnosie
The Dillinger Escape PlanOne Of Us Is The Killer
All Shall PerishAwaken The Dreamers
GojiraThe Way Of All Flesh
OpethMorningrise

Dying Empire / Joe Gastel:
Joar, ich schließe mich an… diese Frage ist unbeantwortbar! Ich probier’s (auch mit sieben):

Maroon 5Songs About Jane
Fynn KliemannNie
Black Label SocietyThe Blessed Hellride
TriviumShogun
Bullet For My ValentineGravity
Die Ärzte13
Bruno Mars24k Magic

Dying Empire / Benner:
Ich bleib bei unbeantwortbar!

Dying Empire / Panzer:
Dito! Ich könnt das nicht mal mit nur zehn Alben beantworten …

Time For Metal / Andreas F.:
Ich bin soweit durch mit meinen Fragen. Gibt es etwas, das ihr den Time For Metal Lesern zum Schluss noch sagen wollt?

Dying Empire / Mag:
Vielen, vielen Dank, dass ihr bis hierher gelesen habt. Das bedeutet uns wirklich sehr viel, wenn sich jemand so intensiv mit Undergroundbands auseinandersetzt. Ich hoffe, ihr zieht euch mal unser neues Album Samsara rein und wir sehen uns mal auf einem Konzert!

Time For Metal / Andreas F.:
Danke für das Interview, bleibt gesund!