Kalle Wallner – Voices

Nonverbale Kommunikation wird auf Voices großgeschrieben

Artist: Kalle Wallner

Herkunft: Freising, Deutschland

Album: Voices

Spiellänge: 45:25 Minuten

Genre: Rock, Prog Rock

Release: 25.02.2022

Label: Gentle Art Of Music/Soulfood

Link: https://www.kallewallner.com/

Bandmitglieder:

Gitarren, Bass, Tasteninstrumente, Programmierung – Kalle Wallner
Tasteninstrumente, Programmierung – Yogi Lang
Schlagzeug – Mirco Minnemann
Gesang auf Three – Arno Menses
Gesang auf Six – Tanyc

Tracklist:

  1. One
  2. Two
  3. Three
  4. Four
  5. Five
  6. Six
  7. Seven

Wenn einem das Herumsitzen nicht gegeben ist und die Ideen nur so sprudeln, dann kann es passieren, dass bei einem Musiker eine Platte dabei rauskommt. So geschehen bei Kalle Wallner, dem Gitarristen von RPWL und Blind Ego. Der Lockdown hat dazu geführt, dass ihm viele Fragmente und Motive in den Kopf schossen, die dann zu seinem vierten Album mit dem Titel Voices geführt haben. Die Songs sind pragmatisch durchnummeriert und bis auf zwei Tracks, in denen tatsächlich „Stimmen“ zu hören sind, ist es ein Gitarrenalbum geworden. Sein Freund und Weggefährte Yogi Lang ist dabei für den Mix und das Mastering zuständig und darf natürlich mit Keyboardpassagen unterstützen. Dazu kommt Marco Minnemann, ein ambitionierter Schlagzeuger, der bisher auf vielen Alben diverser Gitarrengötter für sein facettenreiches Drumming bekannt ist. Trotz der natürlich vorherrschenden Gitarrenlastigkeit ist es kein Album, das sich von Solo zu Solo hangelt und nur reine Fingerspielerei ist. Die Songs greifen ineinander, sind wie Spinnweben miteinander verwoben und folgen dabei einer zusammenhängenden Geschichte.

Wie es bei durchnummerierten Songs so ist, geht es mit One los. Ich vermute mal, Yogi Lang hat das Intro beigesteuert, aber dann geht es auch gleich los. Gitarrenklänge, die sich mit Keyboardpassagen ablösen und zu einem harmonischen Miteinander verschmelzen. Natürlich ist das Hauptaugenmerk auf das virtuose Spiel auf der Sechssaitigen gerichtet, aber was wäre es ohne die zusätzliche Instrumentalisierung und die fetten Grooves Minnemanns. Fast nahtlos geht es mit Two weiter. Auch hier, klar, dominieren Wallners Ausflüge auf seiner Six-String, die mal riffbetont agiert oder auch mal verspielt und verträumt die Melodie aufnimmt, sie in hohe Sphären trägt, um im nächsten Moment zurück auf den Boden zu sinken. Das alles geschieht in einem Zusammenhang, der Gesang eigentlich vollkommen überflüssig macht. Immer gibt es neue Phasen, die den Track abwechslungsreich und spannend machen. Track Three ist der einzige Vocaltrack, bei dem dann auch richtig gesungen wird. Arno Menses von Subsignal, ein guter Freund und natürlich mit seiner Band ebenfalls in der großen Gentle Art Of Music Familie beheimatet, macht das richtig gut.

In diesem Stil geht es weiter. Four punktet durch eine schöne Grundmelodie und diversen Klangbildern, die sich auch im Pink Floyd Kosmos gut angetan hätten. Kalle Wallner gehört, ich weiß, das ist bekannt, ja auch zur Erfolgsband RPWL, die ja immer mal wieder Ausflüge in das Floydsche Universum gemacht hat. Dass mit dem zunächst Covern und später bewusst beeinflussten Songs die Karriere Fahrt aufgenommen hat, ist kein Geheimnis, aber schnell haben sich RPWL mit eigenen Songs einen Namen gemacht, die Herkunft kann aber nicht verleugnet werden und das ist auch gut so. Während ich das so schreibe, hat sich Four langsam verabschiedet und ist in Five übergegangen. Mir kommt es so vor, als sei das Album aus einem Guss ohne nennenswerte Pausen zwischen den Tracks. So fließt das Album in einem Stück und verleitet zum Abgleiten und Träumen, gesagt und schon endet Five ziemlich plötzlich, um für Six Platz zu machen. Bei diesem Song kommt dann die leicht im Hintergrund gehaltene Stimme von Carmen Tannich (Tanyc) zum Einsatz, die zwar nicht singt, aber doch dem Song mit ihrer Stimme etwas Verträumtes gibt. Natürlich darf ein ausgiebiges Solo von Kalle in dem Neun-Minuten-Stück nicht fehlen. Dass er ein begnadeter Gitarrist ist, beweist er immer wieder. Entweder mit RPWL, seiner Band Blind Ego, hier auf Voices oder auch als Gastmusiker bei anderen Bands. Vergleiche mit anderen Musikern möchte ich scheuen, aber auch hier, ähnlich wie bei Gilmour, ist es nicht der Song, dem die Gitarre folgt, sondern die Gitarre ist das Instrument, das den Song folgen lässt und ihm dadurch Leben einhaucht. Dabei in keinem Moment aufdringlich oder fordernd, sondern eine Einheit. Das kann im letzten Song noch mal in aller Klar- und Schönheit bewundert werden. Seven betört den Zuhörer mit immer neuen Höhen und Melodiebögen, die einen würdigen Abschluss bilden. Dazu passt die Orchestrierung, das Drumming von Mirco Minnemann und die eingesetzten elektronischen Hilfsmittel, die Yogi oder auch Kalle geschickt einbauen. Der Song steigert sich zu einem leider viel zu schnellem Ende. Dass elf Minuten aber auch so schnell vorbei sein können. Also was Tun? Von vorne anfangen und Neues entdecken. Wer sich etwas Gutes antun möchte, greift zum Kopfhörer und lässt alles andere außen vor. Das audiophile Hörvergnügen ist auch der lupenreinen Produktion zu verdanken. Für Fans wird es Voices neben dem CD-Digipack mit einem umfangreichen Booklet auch in einer limitierten kristallklaren Vinylausgabe geben.

Kalle Wallner – Voices
Fazit
Tja, was soll ich hier schreiben? Für Fans von Kalle Wallner ein Muss. Wer sich bisher mit dem Gitarristen als Solist oder Teil von Blind Ego noch nicht wirklich beschäftigt hat, sollte das in jedem Fall nach dem Anhören von Voices machen. Allen anderen muss ich von den Qualitäten nichts erzählen. Prog Rocker, Gitarren-Freaks und Liebhaber atmosphärischer Songs sind hier richtig. Knapp an der Höchstpunktzahl vorbei.

Anspieltipps: Three, Six und Seven
Kay L.
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