Nuclear Warfare – Lobotomy

Just Fucking Thrash

Artist: Nuclear Warfare

Herkunft: Deutschland

Album: Lobotomy

Spiellänge: 39:47 Minuten

Genre: Thrash Metal

Release: 28.08.2020

Label: MDD Records

Link: https://www.facebook.com/ThrashMetalTank

Bandmitglieder:

Bass, Gesang – Fritz
Gitarre, Backgroundgesang – Listl
Schlagzeug – Alex

Tracklist:

1. Lobotomy
2. Bombshell Desease
3. Gladiator
4. Fuck Face
5. Betrayers From Hell
6. The Blood Lord Will Return
7. They Live
8. Death By Zucchini
9. Ages Of Blood

Manchmal hat es Vorteile, irgendwann Ende der Siebziger geboren worden zu sein. Man zerfällt mit kurz vor Mitte Vierzig zwar zusehends, war dafür aber – metallisch gesehen – bei vielen Dingen relativ früh dabei.
Die frühen 80er waren für mich zwar einfach eben „zu früh“, dafür ging es gegen Ende des Jahrzehnts so richtig los. Damals gab es noch das Submagazin Thrash vom Metal Hammer. Ich kannte anfangs wenig Bands, stand aber auf den Dresscode: lange Haare, unglaublich enge Stretchjeans, Chucks oder Adidas-Treter und Lederjacke. Erwähnte ich die schmerzhaft engen Jeans? Wie auch immer, ich kam damals in relativ kurzer Zeit in den Genuss wegweisender Alben dieses Genres: Kreators Coma Of Souls, Sodoms Better Of Dead, Sepulturas Arise, Slayers Seasons In The Abyss. Ach ja, die aktuelle Metallica-LP hieß noch …And Justice For All.

Gerade die deutschen Fraktionen um Tom Angelripper und Mille hatten es mir damals angetan. Dieses knallharte Geballer, diese fies-böse Mischung aus ultraschnellen Gitarren & Drums. Dazu die ungebändigte Energie und Zerstörungswut aus dem Punk. Ja, der Thrash und ich waren damals gute Freunde. Und man war dazu auch immer noch ein bisschen härter als die Schulkollegen, die sich mit AC/DC oder Iron Maiden (die erst im Laufe der folgenden Jahre zu meiner Metal-Lieblingsband wurden) zufrieden gaben.

Nuclear Warfare aus Baden-Württemberg, mittlerweile auch schon seit Anfang der 2000er unterwegs, setzen seit ihrer Anfangszeit genau da an. Und seien wir ehrlich: Richtig große Experimente gab es da bisher auch nicht. Vielleicht gab es auf dem Debüt War Is Unleashed von 2004 etwas mehr Einflüsse aus dem klassischen Heavy Metal und auf der letzten Scheibe Empowered By Hate einen größeren Old School „Kreator meets Destruction“-Einschlag.
Mag sein. Am Ende ist und bleibt es aber das, was es ist: purer, unverfälschter und ehrlicher Thrash Metal.

Lobotomy, der Opener der neuen Platte, schielt gewaltig in Richtung Gelsenkirchen. Der deutliche Rock ’n‘ Roll Einschlag sowie Fritz` Vocals sind eine tiefe Verneigung vor dem oben schon erwähnten Better Of Dead-Meisterwerk. Auch Fuck Face (mit messerscharfem Speedmetal-Gebrülle) oder Bombshell Desease galoppieren deutlich im Fahrwasser von Sodom durchs Land.

Auffällig ist dieses Mal der produktionstechnische Fokus auf die Gitarren. Die Drums sind etwas mehr im Hintergrund, sodass die Scheibe rockiger ausfällt als der Vorgänger.
Apropos Produktion: Aufgenommen wurde Lobotomy wieder in Brasilien, genauer gesagt in Sāo José Campos unter der Leitung von Friggi Mad Beats im Oversonic Studio.

Sänger & Bassist Fritz hat mir sehr ausführlich und detailreich diese Brasil-Connection erklärt, die an einem Bier- und Metseeligen Abend im Jahr 2009 auf einem Weihnachtsmarkt bei Ludwigsburg entstanden ist. Der Höhepunkt war dann die Brasilientour 2016, die für fast alle Beteiligten wohl ein einziges Highlight war.

Auch das Cover der neuen Platte hat seine Wurzeln in Südamerika, wurde es doch von Edu Nascimentto aus Rio de Janeiro entworfen, der sich durch stark Metal-kompatible Tattoos schon einen gewissen Namen gemacht hat und sich für das eine oder andere Coverartwork verantwortlich zeigt.

Tribal-Einflüsse haben sich am Ende nicht auf Lobotomy verirrt, dafür eben jede Menge messerscharfer Thrashriffs mit Mittelfinger-Attitude. Death By Zucchini ist ein herrlich rotziger Punkbanger und das finale Ages Of Blood reißt dann endgültig die Bude ab.

Nuclear Warfare – Lobotomy
Fazit
Freunde des gepflegten Voll-Auf-Die-12-Thrash Metals werden an Lobotomy ihre helle Freude haben. Wer Toxic Holocaust oder Municipal Waste etwas abgewinnen kann, und das deutsche Trio Sodom/Kreator/Destruction zu seinen Anfangszeiten zu seinen Favoriten zählt, kann hier bedenkenlos zugreifen. Denn genau da hat der Frosch die Locken. Nuclear Warfare sind die Old School der alten Schule. Hier werden keine Preise gewonnen, sondern Nägel mit Köpfen in die Wand gezimmert. Nicht immer schön, aber immer ehrlich und kompromisslos.

Anspieltipps: Lobotomy, Gladiator und Ages Of Blood
Andreas B.
8
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