Ragnarök Festival 2022 am 22.04. und 23.04. in der Stadthalle in Lichtenfels

Über Lichtenfels bricht wieder die Finsternis aus

Festivalname: Ragnarök Festival

Bands: Eluveitie, Mayhem, Ensiferum, Dark Tranquillity, Vreid, Necrophobic, Oceans, God Dethrones, Soar, Gehenna, Afsky, Anomalie, Ewiges Fristen, Ferndal, Kannonenfieber, Karg, Konvent, Livløs, Lucifers Child, Skiltron, The Spirit, Munarheim, Maahes, Moonsorrow, Agathodaimon

Ort: Stadthalle, Lichtenfels

Datum: 22.04.2022 – 23.04.2022

Kosten: 77,00 € VK (Abendkasse: 100 € beide Tage, Freitag 55 €, Samstag 65 €)

Genre: Black Metal, Death Metal, Folk, Pagan

Besucher: ca. 4500 Besucher

Veranstalter: Nemeton Event GmbH

Veranstalter: http://www.ragnaroek-festival.com

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Warm-Up-Party
Photo by Paul M. (Nokturum)

Die Warm-Up-Party mit DJ Schnapsi ist ein voller Erfolg und man kann der Menge ansehen, dass die Party längst überfällig ist, nachdem bei den letzten Festivals kein Donnerstag-Event veranstaltet wurde. Die Setlist ist der Hammer, denn alles ist dabei, über Blind Guardian bis hin zu Blephegor. Dazu kann auch gut getrunken werden, die massiven Ausmaße sieht man am nächsten Tag fast in jedem Gesicht, was schlussendlich für eine überragende Party sprechen muss. Selbst Songs, welche etwas aus der Reihe tanzen, wie unter anderem Hypa Hypa, werden gefeiert, was mich persönlich etwas erstaunt. Über den weiteren Verlauf des Abends möchte ich lieber den Mantel des Schweigens hüllen. 😉

Freitag, 22. April

Um 14 Uhr eröffnen Livløs das Festival ganz offiziell und man merkt direkt, dass die Eröffnung des Festivals bitter nötig ist. Es wird direkt die erste Wall of Death des Festivals veranstaltet und es herrscht sofort ausgelassene Stimmung.

Photo by Paul M. (Nokturum)

Dies soll auch bei Lucifers Child nicht abklingen und die Band darf vor einem, für einen Opener, großen Publikum spielen. Das Tempo wird auf jeden Fall angezogen und es werden große Hoffnungen auf die nächsten Bands geschaffen.

The Spirit dürfen als dritte Freitagsband die Bühne besteigen und das ist auch gut so! Nach zwei schnellen Brechern kommt der Melodic Death Metal ganz recht, um zu entspannen, um runterzukommen. Die Melodien laden zum aktiven Mitnicken und zum Genießen ein und wer das nicht wahrnimmt, der hat bei der nächsten Band Probleme, denn Kanonenfieber heizen der Menge wieder richtig ein und mit einem verspannten Nacken kann man die Show nicht überleben.

Photo by Paul M. (Nokturum)

Die Band ist spontan für Groza eingesprungen, welche ihren Gig leider kurzfristig absagen mussten, aber das hält Kanonenfieber nicht davon ab, eine Abrissshow zu spielen. Die Besucher feiern die Jungs von Beginn an und die Stimmung ist das erste Mal auf dem absoluten Höhepunkt – und das bei einer Band, die am frühen Nachmittag spielt! Es wird fleißig mitgeschrien und vor allem bei Kanonenfieber sind alle Besucher in Bewegung und es werden fast zu jedem Song kleinere Moshpits angezettelt.

Ruhig soll es nicht weitergehen, da die von Frauen besetzte Band Konvent in voller Länge abliefert. Die Blackened Deathdoom Band aus Kopenhagen hat sich es nicht nehmen lassen, nach einer langen Anreise zu Hölle zum Schwitzen zu bringen. Die tiefen, blutrünstigen Growls haben Hand und Fuß, welche die schon aufgebrachten Massen gebändigt bekommen. Die Kanonenfieberfans, welche auf dem Weg zum Außenbereich waren, werden gefesselt und kaum jemand hat es vor die Türe geschafft – das soll was heißen.

Photo by Paul M. (Nokturum)

Nach Konvent sollte es aber düsterer, trauriger werden, denn Karg haben nun ihren Slot und man darf sich auf klassischen Depressive Black Metal freuen. Mit düsteren Klängen treten die Österreicher auf die Bühne und bauen sich auf – eine angespannte Stimmung im Publikum macht sich breit, die ersten Klänge ertönen und alle rasten aus. Depressive Black Metal ist eines der emotionalsten Genres, die es im Black Metal gibt und das merkt man sofort. Egal wo man hinschaut, sieht man nur Menschen, die Freudentränen, Trauertränen und emotional belassene Tränen weinen. Mich berührt es sehr zu sehen, wie emotional Metalheads, vor allem Black Metalheads sein können und insbesondere wie es akzeptiert und angenommen wird. Viele Umarmungen entwickelten sich zu nackenbrechendem Headbangen.

Man weiß, dass Entspannung heute nicht mehr an der Tagesordnung steht, denn direkt nach Karg sind Saor an der Reihe. Wer behauptet, dass die Geige im Black Metal jeglicher Art nichts zu suchen hat, der hat Saor noch nie gehört und weiß daher nicht, wie gut es funktioniert – insbesondere live. Das Ragnarök Festival ist sich dessen bewusst und hat die Band vermutlich genau aus diesem Grund gebucht. Es wird geklatscht, getanzt und als Wichtigstes: gefeiert. Es herrscht eine richtig gute ausgelassene Stimmung, welche auch von den Künstlern in vollen Zügen genossen wird. Der Mix aus Folk und Black Metal kreiert einfach eine Atmosphäre, welcher man nicht entkommen kann und die schottischen Einflüsse und Hintergründe der Band machen es einfach perfekt.

Photo by Paul M. (Nokturum)

Dark Fortress ziehen die aufgeheiterte Stimmung wieder auf den Boden der Tatsachen, was auch gut ist, denn man soll auf die danach folgenden Bands gut vorbereitet sein. Aber komplett niedergeschlagen wird man von der deutschen Melodic Black Metal Band nicht. Es werden neue Songs aus dem zuletzt veröffentlichten Album Spectres From The Old World gespielt. Dass das den Fans gefällt, ist sicherlich keine Frage – die Jungs werden dafür gefeiert.

Photo by Paul M. (Nokturum)

Somit wurde die Atmosphäre für die folgenden Gigs entflammbar gemacht. Diese explosive Stimmung soll sich dann auch direkt bei Dark Tranquillity entzünden. So wundert es mich aber auch nicht, da ich die Band schon viele Male gesehen habe, dass die Stimmung sofort auf einen Höhepunkt der Gefühle gepusht wird. Es wird kräftig mitgesungen und im Pressegraben wird man von den rückwärtigen Fans angeschrien, sodass man den Atem im Nacken spüren kann – beängstigend, aber schön! Somit ist die Gaudi am Laufen und alles, was nicht niet- und nagelfest ist, wird in Bewegung gesetzt. Dark Tranquillity machen ihren Job perfekt und man darf sie definitiv für diese Setlist loben, aber auch die Security darf gelobt werden, denn es gab über das komplette Wochenende bei keiner Band mehr Menschen, die sich über die Menge vor zur Bühne haben treiben lassen – schön zu sehen, dass Crowd-Surfing immer noch funktioniert. Somit ist nach Abschluss des Konzertes die Menge schon fast fix und fertig, aber dennoch bleiben alle stehen für die nächste Band Vreid!

Photo by Paul M. (Nokturum)

Die Jungs legen noch mal richtig nach und die Dynamik steigt auf einen kaum noch messbaren Bereich. Mittlerweile sind beide Bühnen voll und die Ränge platzen aus allen Nähten – ein rührender Moment, wenn man mich fragt. Was erwartet man aber auch anders bei einer Band, welche direkt vor dem Hauptheadliner spielt? Dass hier die Stimmung atemberaubend ist, denke ich, ist selbstverständlich und die schnellen Blastbeats donnern alles weg. Es werden auch Songs aus dem Album Wild North West gespielt, was die Menge sehr gut aufnimmt. Die Scheibe ist mittlerweile knapp ein Jahr alt und die Tracks nach so einer langen Zeit endlich mal live, bei einem überragenden Sound zu hören, lässt jedes Herz höherspringen. Da muss man auch nicht lange nachdenken, warum immer wieder kleine Pits eröffnet werden, um die ausgelassene Stimmung nicht untergehen zu lassen bei stumpfem Rumstehen.

Photo by Paul M. (Nokturum)

Dies kann bei dem Headliner aber sowieso nicht eintreten, da Ensiferum mit ihrem Folk Metal genau wissen, wie sie mit Menschenmassen umzugehen haben, um diese bei sich zu behalten. Nach dem Prinzip wurde auch die Setlist erstellt und so, wie man die Finnen kennt, zeigen sie auch, was sie können. Schön geschminkt bei einem nicht zu minimalistischen Bühnenbild wird die mittelalterliche Abrissparty gestartet. Mit Abstand herrscht in der Masse die meiste Unruhe, wenn man sich diese über den kompletten Tag sich angeschaut hat. Von mittelalterlichen Tänzen, Zwergen bis hin zu Ungeheuern sieht man vor der Bühne wirklich alles und ich freu mich jedes Mal, wenn Cosplayer ihre Rolle bei solchen Konzerten trotzdem weiter verfolgen, auch wenn es darunter manchmal nicht so bequem ist. Aber das nehmen die Leute gerne in Kauf, vor allem, wenn sie wissen, dass sie gesehen werden und zu dem letzten Album Thalassic aus 2020 abgehen können. Ich bin tatsächlich unglaublich froh, dass ein paar Songs aus dem Album gespielt werden, weil ich zuerst nicht so begeistert davon war, aber live ist das noch mal eine ganz andere Hausnummer! Nach dem freudigen Konzert von Ensiferum soll es nun wieder dunkler werden, denn God Dethroned stehen als Letztes auf der Liste des heutigen Tages.

Photo by Paul M. (Nokturum)

Die dunkelste Ära des Tages beginnt und aus nix stehen die Niederländer God Dethroned auf der Bühne. Ein Death Metal Inferno ist nach einer Tanzparty genau das Richtige zum Entspannen und für mich sind God Dethroned auch mit Abstand das Highlight am Freitag. Neben diversen klassischen Dethroned Songs wird auch ein Lied von Illuminati gespielt, aber hauptsächlich, so wie man es eigentlich auch kennt, wird viel von Under The Sign Of The Iron Cross gespielt. Das Dauerinferno lockert jeden angespannten und müden Muskel, was eine Wohltat ist, aber nicht nur das sorgt für gute Laune, auch die Energie, die die Jungs mitbringen, animiert die Ragnaröker zum Headbangen! Und das können nur wenige Bands am darauffolgenden Tag übertrumpfen. Man kann also zusammenfassend sagen, dass der Death Metal Headliner für einen perfekten Abschluss sorgt und bei dem Auftritt jede restliche Energie aus dem Körper gezogen wird – zumindest fühlte ich mich am nächsten Tag danach.

Samstag, 23. April
Photo by Paul M. (Nokturum)

Die Menschen sind Festivals nicht mehr gewohnt, das sieht man an den verschlafenen, müden und fertigen Gesichtern, welche auf dem Außengelände auf den Einlass warten. 😀 Fast schon amüsant, wie niemand zugeben möchte, dass es einem an einem Sicherheitsbier am gestrigen Tage gefehlt hat. Aber die noch schwankende Stimmung soll schnell sich zu Guten wandeln.

Dafür sorgen dann Ewiges Fristen! Die laute Musik und das Donnern der Boxen vertreibt dann doch ganz schnell jeglichen Kummer und die meisten Sorgen. Als erste Band hat man es nach einer harten Nacht immer schwer, aber die Jungs schaffen es, einige Menschen anzulocken und zu motivieren – den Massen einzuheizen! Ferndal können dies noch mal toppen, aber man merkt trotzdem, dass noch nicht jeder wach ist, aber nach Ferndal soll dies nicht mehr der Fall sein, das leicht angezogene Tempo setzt die Maßstäbe für den Samstag – auch wenn dieser Tag eine härtere Mischung der Genres für die Besucher bereithält.

Photo by Paul M. (Nokturum)

Dies soll direkt bei Munarheim passieren, denn wer ein Heimspiel hat, der möchte richtig abliefern! Die Coburger haben einen extremen Mix aus Symphonic Metal und Black Metal Elementen gepaart mit Folk Einflüssen im Gepäck und das funktioniert extrem gut, die Bühne steht komplett voll und am frühen Morgen wird gefeiert, als würde gleich das Rausschmeißer-Lied gespielt werden. Anders geht es aber auch nicht, denn die Flötistin muss gefeiert werden, ebenso wie der Sänger, welche sich beide fast nach jedem Lied einem kompletten Outfitwechsel unterziehen – extrem schön anzuschauen! So schön Munarheim auch sind, so düster geht es dann weiter, die Folk Band reitet davon und macht Platz für Kleopatras Maahes!

Photo by Paul M. (Nokturum)

Die Ägypter vertonen die ägyptische Mythologie und bringen auch das passende Bühnenbild dazu mit. Rot angeleuchtete Ankhs bauen sich hinter der Bühne auf und davor Mumien, die von Anubis am Schlagzeug angetrieben werden. Die Mischung aus deutschem Black Metal und den Soundkulissen des Südens passen perfekt zusammen und auch hier wird die Musik genossen, der Nacken geschüttelt und passend dazu wird der Metstand überrannt. Auch ein neuer Song von der kommenden Scheibe wird gespielt und laut der Fans wird er sofort angenommen! Man darf zu Munarheim und Maahes noch abschließend sagen, dass die zwei Bands ursprünglich gar nicht für das Ragnarök Festival 2022 vorgesehen waren. Beide Gruppen sind für Bands eingesprungen, die kurzfristig vorher absagen mussten – aber das war kein Verlust, der Ersatz war mehr als gleichwertig!

Für eine heitere, ausgelassene Stimmung sorgen dann Skiltron. Ganz nach dem Motto „Dudelsack geht immer“ wird getanzt, gesprungen, geklatscht und der Vibe der Musik einfach genossen. Die Paganfreunde kommen hier dann wieder auf ihre Kosten. Im Gegensatz zum gestrigen Tag kommen noch mehr Menschen in Kostümen und der Bereich direkt In Front Of The Stage gleicht einer Convention. Die frei hängende, baumelnde Seele, welche Skiltron dem Körper entrissen haben, wird auf brutale Art und Weise von Anomalie wieder in den Körper geprügelt.

Photo by Paul M. (Nokturum)

Man sollte definitiv starke Nerven mitbringen, wenn man das Ragnarök Festival besuchen möchte, denn die extremen Wechsel sind nicht ohne und man wird auf emotionaler Ebene immer wieder hin und her geschubst, aber die meisten der hier Anwesenden mögen das, können damit umgehen oder wollen es auch nicht anders. Die Mischung aus deathartigen Puzzleteilen, welche mit Gewalt an den Black Metal gesetzt wird und dann, als wäre es noch nicht genug, melodische Passagen einbindet, ist eine Atmosphäre, welche nur reinhaut. Gerade der Menge merkt man an, dass eine gewisse Sehnsucht herrscht – die Bühne, Tribüne sind voll besetzt und es wird alles auseinandergenommen, was nicht schon kaputt ist, als hätte die Band ihr allererstes Konzert und das als Weltstars.

Photo by Paul M. (Nokturum)

Afsky im Gegensatz verschwinden im Nebel, die Menge, welche kleiner geworden ist, wird mit Stroboskopangriffen hinterlistig in den Rücken gestochen. Davon lässt sich die Menge aber nicht abhalten, den Abend zu genießen, selbst mit dem Wissen, nach der Show an Epilepsie zu erkranken. Die noch junge Band, welche erst 2015 gegründet wurde, bringt mehr Erfahrung in ihr Livekonzept ein, als man vermuten würde, denn die Jungs konnten ja gerade erst fünf Jahre Bühnenerfahrung sammeln, dies merkt man ihnen aber nicht an – ganz im Gegenteil, die Show sieht aus, als hätten sie nie etwas anderes gemacht und das trotz dieser extremen Pause.

Photo by Paul M. (Nokturum)

Genauso liefert auch die achte Band des zweiten Tages ab! Agathodaimon, die Symphonic Black Metal Band aus dem schönen Mainz, kann mit wesentlich mehr Erfahrung punkten. Die Band besteht seit mittlerweile 26 Jahren und nach einer Pause von sechs Jahren ist diese wieder vereint und konnte 2022 ihr siebtes Album The Seven veröffentlichen. The Seven ist ein Album, welches auf Liveperformance ausgelegt ist, und somit kann man viele Songs aus dem Album bei voller Lautstärke genießen. Darunter sind auch etwas ruhigere Songs, was aber nicht bedeutet, dass der Klang und die Stimmung darunter leidet – auch ein messerklirrender Gothic Black Metal kann live unglaublich überzeugend sein und so ist die gewachsene Menge von dem Auftritt hin und weg – man schaut zumindest nur in glückliche Gesichter!

Nach der Nummer acht folgt Nummer neun, welche Unmut in der Festivalbevölkerung aufkommen lässt. Oceans, eine Postcore Metal Band mit Mitgliedern aus Deutschland und Österreich, zerreißt das Konzept etwas und man merkt, dass die Lust auf den Gig bei der ragnarökschen Bevölkerung etwas verfliegt. Die Halle leert sich und die meisten halten sich vor der Türe auf, obwohl die Show gar nicht mal von schlechten Eltern ist. Man kann aber verstehen, dass die Jungs auf dem Festival nicht die größte Hörerschaft haben, da das Genre nicht ganz den Geschmack der Fans in Lichtenfels trifft. Dennoch können Oceans ein paar Hundert Menschen begeistern und diese zum Partymachen animieren.

Photo by Paul M. (Nokturum)

Die meisten stürmen dann bei Gehenna wieder die Bühne und hier ist die emotionale Stimmung wieder besänftigt. Die Norweger haben klassischen Black Metal im Gepäck, dieser ist bodenständig und verachtend, aber genau das Richtige! Auch wenn das letzte Album neun Jahre alt ist, werden die Songs nicht langweilig und man kann bis zur Ekstase durchdrehen – ich habe noch nie eine Show gesehen, bei der Gehenna mehr als 100 % gegeben haben, das soll doch was heißen. Die Setlist ist daher auch gut durchdacht und man genießt Songs aus Adimiron Black, Murder und Unravel bei völliger Dunkelheit. Somit ist die Grundlagen geschaffen worden, um die nächsten vier Bands, die letzten Headliner des Ragnarök Festivals 2022 anzugehen.

Photo by Paul M. (Nokturum)

Los geht es direkt mit Necrophobic, die ihr Inferno um 20:30 Uhr beginnen. Das bösartige Spiel der Schweden ist unglaublich scharfkantig und ich habe so eine Show tatsächlich nicht erwartet, bei den Alben, die ich kenne. Darunter zählt auch das neuste Werk Dawn Of The Dammed, welches zur Corona-Hauptzeit erschien. Wäre ein Messias vor Ort gewesen, hätten die Anti-Christentum basierten Texte ihn in der Luft zerrissen. Das teuflische Spiel kann man satte 50 Minuten ertragen und ist danach definitiv mit der Energie am Ende. Das Verständnis, wo oben und unten ist, verliert man ausnahmslos und dies haben sich viele nicht entgehen lassen, so beginnt sich die Halle langsam, aber sicher zu füllen – dies auf beiden Bühnenhälften. Schlussendlich kann man sagen, dass der erste Headliner die letzten Stunden nahezu perfekt eingeleitet und das Niveau direkt hoch ansetzt hat, bei dem die Fans die letzten Kraftreserven anfangen müssen zu mobilisieren – mir gefällt es! Somit kann die letzte Kurve gefahren werden in Richtung Pagan, Folk und Black Metal – dies bedeutet, dass der Slot von Moonsorrow an der Reihe ist. Die Finnen wissen ganz genau, wie sie Stimmung aufkommen lassen können und so ist es für die Jungs kein Problem, die richtige Tanzstimmung aufzukommen lassen, welche immer wieder aufs Neue im Moshpit endet. Zum Genre lässt es sich besonders gut feiern und das wird auch gnadenlos ausgenutzt, dabei ist egal, was danach noch spielt – manche bereuen es vielleicht.

Photo by Paul M. (Nokturum)

Die Show beginnt mit Kivenkantaja, also wird ruhig angefangen, man will sich ja noch steigern können, dies passiert auch direkt und bei Sankarihauta fängt die Masse an, sich zu bewegen. Die mittelalterlichen Melodien laden zum Springen, Klatschen, Tanzen sowie Headbangen ein und es wird alles mitgemacht. Eine komplette Stunde Spielzeit bringen die Finnen mit und die wird auch genutzt, sogar Ihmisen Aika wird gespielt, dieser Song hat eine beachtliche Länge von 16 Minuten – heißt, der Song nimmt ein Viertel der Show ein, ich find’s genial! Die durchdachte Setlist heizt jedem kalten Körper ein und bereitet die Bühnenjunkies auf ein letztes Fest vor. Wer Moonsorrow nicht gesehen hat, hat also etwas verpasst, denn bis zu diesem Zeitpunkt gab es keine Band, bei der die Fans so laut waren wie jetzt bei Moonsorrow, aber dies kann dann direkt bei dem nächsten Headliner schnell getoppt werden, denn als Nächsten sind Eluveitie an der Reihe!

Ich denke, man muss nicht großartig erwähnen, dass die Schweizer wissen, die Musik funktioniert.

Photo by Paul M. (Nokturum)

Acht Musiker bauen sich vor uns auf und eine Wand von musikalischer Kunst breitet sich aus. Ategnatos wird als Intro gespielt und dann weiß jeder, was passiert! Ein Schuss, ein Knall, ein Sprung und die Gaudi beginnt. Die Fans sind total fixiert auf die Band und im Pressegraben wird man von hinten nur angeschrien, da weiß man, dass jeder, ausnahmslos jeder, sich auf Eluveitie freut. Das wird natürlich aufgenommen und Rebirth wird, zumindest laut Setlist, noch schnell als zweiter Song eingeschoben, um das Tempo gleich aufrechtzuerhalten, aber auch so gibt es nichts, was die Festivalbevölkerung hätte beruhigen können – ein Dauerschreien bis zum bitteren Ende.

Dies wird bei Inis Mona aber auch nicht besser. Der Song eignet sich perfekt, um eine kleine Pause einzulegen, die Masse singen zu lassen und das ist auch so – habe es nicht anders erwartet und als hätten alle nichts anderes gemacht, als diesen Text zu lernen, kommt eine Stimmung auf, bei der es mir eiskalt den Rücken herunterläuft, ich bin hin und weg, mal wieder so eine Situation zu erleben, denn das gab es auf dem ganzen Festival bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Es wird von jedem anderen aber genauso genossen und man will Eluveitie nach 70 Minuten nicht von der Bühne lassen – so weit ist es ja zum Glück noch nicht, denn es gibt ja noch neun Songs, die gespielt werden müssen und so geht es mit dem rapiden Tempo bei Deathwalker weiter. Glücklicherweise wurde bei der Setlist bedacht, dass man schon elf Stunden Festival hinter sich hatte an diesem Tag und ein ruhiger Song wird eingepflegt und es ist kein anderer als Artio aus dem Album Evocation II – Pantheon.

Photo by Paul M. (Nokturum)

Fabienne Erni singt diesen Song logischerweise und mehr als wow fällt einem da nicht ein. Alles dunkel, ein Spotlight, Nebel und eine wahnsinnige Stimme, die die Halle aufleuchten lässt – hier geht dann auch wirklich jedes Herz auf. Die Klassiker The Call Of The Mountains und Helvetios werden leider zu den beiden letzten Songs der Band, aber diese werden enorm gefeiert und neben Tanz, Headbang, Pits und Tränen wird ein letztes Mal alles gegeben, um Eluveitie einen gebürtigen Abschied zu geben. Die Gruppe steht nun das erste Mal, seit Coronabeginn wieder auf einer Bühne, und ihre Dankbarkeit, auch den Fans gegenüber, ist enorm und definitiv spürbar. Aber das Festival ist noch nicht zu Ende, ein großer Act, der letzte Streich, kommt noch und so füllt sich die Halle ein letztes Mal bis auf den letzten Quadratzentimeter, um den Teufeln des Black Metal die Ehre zu erweisen.

Mayhem (oder auch The True Mayhem genannt) kommen um Punkt 0 Uhr auf die Bühne.

Photo by Paul M. (Nokturum)

Das Schlagzeug wird hart von hinten beleuchtet und man sieht nur eine Silhouette des mächtigen Drumsets, was sich in das kleine Bühnenbild einfügt. Hellhammer läuft pünktlich zu seinem Sitz und man merkt die Unruhe, die sich im Publikum breit macht. Die Chance, Mayhem live zu sehen, ist ja nicht so hoch und dann bei so einem Festival, nach der Corona-Pause, The True Mayhem live sehen zu können, ist für viele eine totale Erlösung. Die Show wird mit Falsified And Hated eröffnet, ein Song aus dem jüngsten Album Daemon der Norweger und sofort geht die Bewegung in der Menge los. Neben den Songs Bad Blood und Voces Ab Alta sind das die Highlights aus der ersten Hälfte des Konzertes. Atemberaubend ist, dass bei Bad Blood, eine Single von diesem Jahr, die Party extrem ist, obwohl die wenigsten den Track kennen. Man sieht nur Headbanger und Stadgedriver, welche das Flair, die Atmosphäre und vor allem die Finsternis genießen. Necrobutcher leitet die 2. Hälfte des Konzertes ein und es ist endlich Zeit für Freezing Moon – man muss, denke ich, nicht erklären, was in der Menge los ist, als dieser Song angestimmt wird. Die komplette Gestaltung der zweiten Konzerthälfte ist rein aus dem Album De Mysteriis Dom Sathanas, niemand beschwert sich, die meisten sind darüber einfach glücklich, eine knappe halbe Stunde vom Klassiker berieselt zu werden.

Photo by Paul M. (Nokturum)

Während des gesamten Aktes habe ich vor meinem geistigen Auge die ganze Zeit Euronymous und Dead gesehen, welche ja nicht mehr unter uns sind, aber die Videos, welche im Umlauf sind, kenne ich nur mit den zweien, für mich geniale Musiker und Trendsetter für diese Szene. So schnell, wie man in den Genuss von Mayhem live gekommen ist, so schnell ist auch schon der dritte und letzte Akt an der Reihe und hier wird alles noch mal extremer. Die Bühne wird ausnahmslos nur von hinten beleuchtet und man sieht vor lauter Licht nur noch Silhouetten der Musiker, welche im dichten Nebel versinken. Wüsste man es nicht besser, hätte man Angst gehabt, die Bühne stünde in Flammen – ein Dauerfeuer der Nebelmaschinen ist die Regel und ein Ende bei Mayhem nicht in Sicht – wo man ironischerweise eh nichts sieht, aber das macht es vielleicht auch so besonders. Der dritte Akt, die letzten vier Songs, die letzte Band, die letzten 30 Minuten des Ragnarök Festivals – es soll in Erinnerung bleiben und so wurden richtige Deathcrusher Songs rausgesucht. Das bedeutet ganz einfach, dass das Tempo noch mal richtig angezogen wird und die Stimmung in den Boden, durch ihn hindurch bis zur Hölle gestampft wird. Gerade dieser Song macht das Konzert so abartig schaurig, sodass man nicht weiß, ob man das überhaupt aushält, überhaupt verkraften kann. Die Power ist auf einem anderen Level, und obwohl The True Mayhem bereits 38 Jahre existieren und die Musik kräfteraubend ist, ist dieser letzte Akt mit so viel Energie versetzt, dass man nicht weiß, ob sich die Luft vor Spannung gleich entzündet. Dies ist glücklicherweise nicht der Fall, aber man kann sagen, dass die Fans vor Aufregung, Party und Freude bald geplatzt wären und ja, das Konzert ist überragend. Man schaut sich um und sieht nur dunkle Gestalten, welche zwei bis drei Köpfe größer sind als ich, welche die grimmigsten Gesichter aufgelegt haben, Menschen, die dieser Show lange entgegengesehen haben. So werden Mayhem auch verabschiedet. Langes Pfeifen, Klatschen, Schreinen und Jubeln sind die einzigen Dinge, die man nach Mayhem vernehmen kann und bei manchen sind Tränen in den Augen sichtbar, denn nicht nur die Show von The True Mayhem ist zu Ende, auch das Ragnarök Festival 2022 hat seinen letzten Ton von sich gegeben und es beginnt wieder ein Countdown bis zum nächsten Festival, welcher hoffentlich nur ein Jahr lang ist.

Was ist nun das Fazit nach zwei Ragnarök Festival Tagen und einer Warm-Up-Party, nach einer Veranstaltung nach knapp über zwei Jahren? Es war erst mal schön, dass Corona kein Gesprächsthema mehr war und alles ohne Maske stattgefunden hat, so wie früher – man musste lediglich einen negativen Test beim Einlass vorzeigen, welcher dann für das komplette Festival seine Gültigkeit behielt. Man konnte wieder eng an eng stehen, ohne speziell zugewiesene Plätze zu haben, man konnte Bier trinken, Kontakte knüpfen, tanzen, moshen, reden, man brauchte keine Maske, was im Endeffekt bedeutet: „Man konnte wieder leben“! Ich war vor allem erstaunt, dass die Stimmung, das Verhältnis auf der gewohnten freundschaftlichen Basis immer noch funktionierte und das nach zwei Jahren der Abstinenz. Metalheads können nichts verlernen und es funktionierte wie davor. Mir persönlich erwärmte es das Herz und ich war und bin immer noch unglaublich glücklich, dort gewesen zu sein und durfte auch wieder viele neue Leute kennenlernen, so wie es 2019 war. Ich hoffe, so wie es uns das Ragnarök vorgelebt hat, geht es diesen Sommer weiter. Es hat sich gelohnt zu kämpfen und um die Warterei und an der Stelle möchte ich Danke sagen an die Veranstalter, die Bands, die Besucher, die es sich haben nicht nehmen lassen, das Ereignis zu genießen, die einfach wieder Mensch sein wollten, die unsere Szene zu dem machen, wie sie ist! Ragnarök, wir sehen uns 2023, bis dahin lasst es euch gut gehen und ich freu mich auf die ersten Infos für die nächste Runde!