Sternenklang Festival vom 05.06. bis 08.06.2025 in Niederburg Kranichfeld (2 von 2)

Und viel zu wenig Toiletten …

Event: Sternenklang Festival 2025

Headliner: Schandmaul, dArtagnan, Mr. Hurley & die Pulveraffen, Manntra

Ort: Niederburg Kranichfeld, Thüringen

Datum: 05.06. bis 08.06.2025 (Pfingsten)

Kosten: 129 Euro

Genre: Mittelalter

Besucher: Knapp 2.000

Wer noch nicht den ersten Teil dieses Textes gelesen hat, hole das schleunigst (hier) nach. Das Herz des Sternenklang Festivals sind nicht die großen Namen, sondern die kleinen Bands!

Der Samstag

Gregor Krähenkehle, Sänger von Haggefugg.

Nach dem Rattenpack betreten Haggefugg die Mainstage. Sie liefern harten, guten Räuberrock und füllen den Graben zwischen Bühne und den Stufen des Amphitheaters mit Leuten, die Bock haben – und ihre Schuhe schwingen. Hier zeigt sich schon, was später ein Problem werden wird: Für große Bands ist diese Bühne zu klein. Es fehlt der Platz zum Tanzen, Springen und Eskalieren.

Das gelingt immerhin ein paar Leuten bei Brymir, einer finnischen Death Metal Band, die sogar einen kleinen Circle Pit im Graben anzettelt. Viele Leute ziehen sie allerdings nicht. Wer da ist, hat dafür sichtlich Spaß – an acquired taste, würden die Briten sagen. Brymir klingen gut, sie passen nur nicht so recht ins Line-Up.

Manntra: Hart & Gut

Bei Manntra gibt es alles: Viel Stimmung, viel zu wenig Platz und harte Musik, die hart gefeiert wird. Die Kroaten spielen mit Druck und purer Energie. An Pfingsten vor zwei Jahren habe ich sie zum ersten Mal auf dem WGT gesehen, und die Leidenschaft, mit der sie ihre Musik machen, ist ihnen geblieben. Ob Gittarist Dodo, der ins Publikum springt, die ganze Pyro oder die Surffahrt ihres kargen Königs: Stimmung und Musik machen können sie. Wer sie noch nicht kennt, sollte das definitiv nachholen.

Manntra: So nah kommen sich Musiker und Publikum eher selten. Gitarrist Dodo, eine Weile bevor er ins Publikum springt.

Und Manntra zeigen den großen Vorteil dieses Amphitheaters: Die Musiker können richtig nah an ihr Publikum rangehen, wirklich mit ihm interagieren. Sie werden nicht durch einen Graben getrennt – aber dafür ist es sehr eng.

dArtagnan: Gute Show für Fans

Auf den ESC verwettet: Ben Metzner hat nun kurze Haare.

Die Sorge, dass die Musketiere von dArtagnan – die eigentlichen Headliner des Abends – danach zu weich wären, wird schnell beseitigt. Mit viel Feuer und Energie füllen sie das Amphitheater mit Stimmung. Allerdings wirkt ihre Show routinierter, die Moves einstudierter. Wer Bock auf Ihre Musik hat, hat nichts zu meckern. Aber es fällt schwerer, sich wirklich mitreißen zu lassen.

Neben Platzmangel zeigt sich bei dArtagnan das größte Problem des Festivals: der Toilettenmangel. Auf dem gesamten Burggelände gibt es nur zwei mal zwei Toiletten. Am Samstagabend wurden die bei der Bühne dann gesperrt. Für ein Festival mit knapp 2.000 Besucher:innen ist das ein No-Go, der Gestank in der verbleibenden Toilette zum Hinfallen. Zwar gibt es Toiletten auf den Campgrounds und einer ist fast direkt bei der Burg. Die anderen liegen jedoch eine Viertelstunde und einen Hügel entfernt. Ein Festival dieser Größe braucht viel mehr WCs auf dem Hauptgelände – selbst wenn es nur Dixis sind.

Der Sonntag

So langsam ist die Energie raus. Mit dem Bardencontest ist es bereits der dritte oder vierte Festivaltag. Trotzdem machen auch die kleineren Bands noch Spaß. Etwa Storm Seeker, die kurzfristig für Robse eingesprungen sind. Zwar gehen ihre Vocals komplett im Mix unter. Aber das Publikum rudert trotzdem voller Energie mit, selbst nach dem eigentlichen Ruderpart.

Immer wieder hat das Publikum die Füße Schuhe in die Hand genommen.

Auch bei Harpyie hat das Publikum viel Bock. Musikalisch sind Lieder wie Schildmaid, Zombiemann oder Wenn Ich Tot Bin zwar nicht unglaublich ausgefallen, aber die Band punktet mit gutem Humor und einer tollen Stimmung. Etwa, als sie ihre Tour ankündigen wollen – und die Orte der Tour vom Shirt-Rücken eines Fans ablesen müssen, weil sie sie vergessen haben. Oder beim Streit um einen Zeigestock, der auf der Bühne ausgetragen wird. Dass Sänger Aello zwischendurch mit einer schrillen Perücke auf die Bühne kommt, schadet sicherlich nicht.

Ignea wirken danach eher wie Rausschmeißer – ihr Melodic Death Metal ist gut gespielt, passt aber nicht zum Publikum. Ihr Auftritt in monoton schwarzer Kleidung begeistert dann auch nicht weiter. Dafür kann man ihre Lieder – wie die vieler anderer Bands – genauso gut am anderen Ende des Geländes hören. Ein paar hundert Meter den Hügel hinauf, in der hintersten Ecke des Hamburger Zeltlagers, vibriert der Bass immer noch unangenehm stark. Dass währenddessen Kinder ohne Gehörschutz am oberen Rand des Amphitheaters auf dem Spielplatz spielen, macht es nicht besser.

Mr. Hurley & Die Pulveraffen: Piraten Megageil

Ganz voll ist es dann bei Mr. Hurley & Die Pulveraffen. Diese Piraten aus Osnabrück wissen, wie man Stimmung verbreitet, trotz Amphitheater. Bei Hol Uns Der Teufel schaden die Sitzplätze auf den Rängen nicht, im Gegenteil: Im Sitzen rudern noch mehr Leute als sonst mit. Bei Piraten Megageil hört man kurz ihr Metronom auf der Anlage, aber das wird charmant überspielt.

Bei Haggefugg ist der Graben fast ganz voll, bei den Pulveraffen ist es zu voll.

Ihre Show ist gut, wie immer, aber dieses Mal nicht besonders: Auf dem Hörnerfest, drei Wochen später, spürt man den Unterschied zwischen Amphitheater und Wiese. Beim Hörnerfest gibt es bei jedem zweiten Pulveraffen-Song einen Moshpit, hier nur ganz am Ende beim Piraten-Medley eine Polonaise.

Was hier dafür umso stärker wirkt, ist ihr klares Statement gegen Nazis beim Weißen Hai. Hier in Kranichfeld wirkt es nicht so einfach, sich auf eine Bühne zu stellen und „Ahoy und fick die AfD“ zu rufen, wie vor einem linken Hamburger Publikum. Umso mehr Respekt gebührt kleineren Acts wie Beauty & The Bard, die sich mit den Pulveraffen auf die Bühne stellen.

Schandmaul: Runder Auftritt mit neuem Sänger

Um 21:50 Uhr ist bei den Pulveraffen Schluss, was bedeutet, dass Schandmaul nicht wie geplant um 22:00 Uhr auf der Bühne stehen. In der Umbauzeit läuft Sweet Caroline vom Band und das Publikum hüpft mit. Um 22:30 Uhr erklingt dann die Königsgarde für das komplett gefüllte Amphitheater.

Der neue Sänger Till Herence überzeugt direkt: In rotem Hemd, schwarzer Weste und schwarzem Hut hat er eine sehr starke Bühnenpräsenz und wirkt bis ganz hinten. Vor allem fügt er sich stimmlich sehr gut ein. Erst im April wurde er als Ersatz für Thomas Lindner vorgestellt, der seit seiner Krebserkrankung nicht mehr singen kann. Nun begleitet Lindner Schandmaul an Gitarre, Klavier und als Moderator.

So traurig dieser Wechsel ist, so gut passt Till Herence zur Band. Er ist präsent, geht ganz nah ans Publikum ran und wirkt sehr sympathisch. Er hat wohl das Handy eines filmenden Fans der ersten Reihe genommen, von der Bühne gefilmt und es dann zurückgegeben – wie viel mehr Einsatz kann man zeigen, um geliebt zu werden?

An Robse, der eigentlich spielen sollte, aber kurzfristig absagen musste und durch Storm Seeker ersetzt wurde, ging viel Liebe raus.

Schandmaul spielen sich dabei von alt bis ganz neu. Ob mit In Der Hand als zweitem Song, dem Tatzelwurm, Bunt Und Nicht Braun oder der Walpurgisnacht und Deinem Anblick: Es sollte für viele Fans etwas dabei sein. Ich habe nichts Schlechtes gehört, nachdem das Publikum mit Nina Hagens Du Hast Den Farbfilm Vergessen rausgeworfen wurde. Einzig die Geige war einer befreundeten Drehleierspielerin zu leise gemischt.

An dieser Stelle ein kurzes Lob für Tales Of Nebelheim: Die behaupten sich währenddessen auf der Marktbühne und halten ein paar Dutzend Leute von Schandmaul fern. Insgesamt war es ein sehr starkes Festival, das sich jedoch fragen muss: Weiter wachsen und mehr Platz vor der Bühne schaffen? Oder so bleiben, aber Bands einladen, die eigentlich zu groß sind? So oder so: Nächstes Jahr braucht es mehr Toiletten.