Stone Sour Hydrograd

Stone Sour – Hydrograd

“Gebt mir ein S. Ein O. Ein L. Ein O. SOLO!”

Artist: Stone Sour

Herkunft: Des Moines, USA

Album: Hydrograd

Spiellänge: 65:14 Minuten

Genre: Alternative Rock, Alternative Metal, Rock

Release: 30.06.2017

Label: Roadrunner Records

Link: http://www.stonesour.com/

Bandmitglieder:

Gesang, Gitarre, Piano – Corey Taylor
Gitarre – Christian Martucci
Gitarre – Josh Rand
Bassgitarre – Johnny Chow
Schlagzeug – Roy Mayorga

Tracklist:

1. YSIF
2. Taipei Person/Allah Tea
3. Knievel Has Landed
4. Hydrograd
5. Song #3
6. Fabuless
7. The Witness Trees
8. Rose Red Violent Blue (This Song Is Dumb & So Am I)
9. Thanks God It’s Over
10. St. Marie
11. Mercy
12. Whiplash Pants
13. Friday Knights
14. Somebody Stole My Eyes
15. When The Fever Broke

Stone Sour Hydrograd

„Hallo you bastards.“ Corey Taylor & Co. melden sich mit ihrem neuen 15 Songs langen Album Hydrograd mäßig freundlich auf dem Opener bzw. Intro YSIF zurück. Was auf diese netten Worte folgt, ist instrumentale Stadionmetal-Einmarschmusik erster Güte. Tapei Person / Allah Tea knarrzt sich anschließend mit einem etwas blechern klingenden Drumkit in den eigentlichen Musikteil der Platte. Taylor ist wütend und verleiht seinem Missmut durch genügend Druck in der Stimme auch Ausdruck. Überraschend ist der Refrain, der ein wenig unmotiviert und aus Standardharmonien zusammengepuzzelt ist. Es scheint fast, als seien Sänger und Drummer bereits beim dritten Kaffee, während die Saitenartisten hingegen noch in den Federn liegen. Das ultraklassische Break mit Metallica-Blaupausengusto klingt fast wie eine Persiflage. Meinen Stone Sour das ernst?

Knievel Has Landed hält das Tempo, was es bei der Anleihe an den Motorrad-Stuntman Evil Knievel auch tun sollte. Ein wenig atmosphärisch schrabbelt sich der Bass durch die Strophe, begleitet von Taylor und den Drums. Und so langsam bekommt man das Gefühl zurück, dass es sich doch um ernstzunehmende Musiker handelt, die Songs schreiben, für die man sie kennt und schätzt. Da mag man ihnen auch die Whohooo-Features im Refrain verzeihen, die beinahe wie ein Keyboard-Preset klingen. Ob das Solo dem Song hier gut tut…ich bin mir noch unsicher. Der Titelsong Hydrograd wechselt von der Landstraße auf innerörtliche Strecken und präsentiert sich als Headbanger-Song zu später Stunde. „I’m not better than you, I’m just better.“ gibt Taylor hier dem Hörer selbstbewusst zu verstehen. Okay, zeig her, was Du hast. Song 3 (abzüglich des Intros), Solo Nummer 3. Okay, beim Titelsong kann man das machen. Ich hoffe, dass dieses Schema nicht in allen noch folgenden Songs wiederholt wird.

Song Nummer 5 ist Song #3, den die Band bereits als Single mit passendem Video ausgekoppelt hatte. Harmonisch sehr schön umgesetzter Refrain, der gut auf der dynamisch reduzierte Strophe aufsetzt. Und wieder ein Solo. Jesses. Ich wünschte, die Band würde sich kreativere Wege einfallen lassen, ihre Songs zu strecken – oder eben einfach den Mut haben, sie kürzer zu machen. Beinahe eine geschlagene Minute zieht die Band dann auch das Outro des Songs hinaus, um am Ende bei 04:16 Min. zu landen. Fabuless, die zweite Single des Albums besticht durch Disharmonie, Aggression und Angriffslust. Lediglich der Refrain als Harmoniefächer wedelt dem Hörer ein wenig Freundlichkeit im typischen Stone Sour-Stil entgegen. Und…wer errät es? Richtig, ein Solo darf nicht fehlen, wenngleich es auch recht kurz ausfällt. The Witness Trees bringt ein wenig Grunge-Charakter mit verhaltenen Type O Negative-Melodiebögen in der Gitarre mit. Und, ich traue es mich kaum zu schreiben, ein Solo schiebt sich vor das Outro.

Rose Red Violent Blue (This Song Is Dumb And So Am I) setzt mit einem Offbeat-Drumpattern ein und schleppt sich träge zur Tonart wechselnden Bridge, die in einen treibenden, aber unspektakulären Refrain mündet. Ich vermisse spätestens jetzt bei Song Nummer 8 die Hooks. Taylor kann singen, zweifelsfrei, Melodie-Ideen hat er auch, aber es bleibt einfach nichts hängen. Und das Songwriting…ein paar Songs sind noch übrig, um meinen Missmut zu neutralisieren. Thank God It’s Over ist eine klassische Hardrock-Nummer, die auch Def Leppard oder Bon Jovi hätten schreiben können. Und wieder stört mich – besonders im Refrain – der Bassdrum-Sound, der wie eine frühe As I Lay Dying-Metalcore-Tonne klingt und einfach nicht zu den Songs passt. Schwierig wird es, wenn dann wie hier auch noch Orgelsounds dazustoßen – und ein Solo. St Marie kommt akustisch mit E-bow/Bottleneck-Einsatz, Chorgesang und Lagerfeuerromantik. Wäre da nicht Taylors Stimme, der Song könnte auch von einem Folkrock-Alleinunterhalter mit Synthiegitarren-Keyboardbegleitung stammen. Der schwarze Honig trieft aus den Membranen, spätestens als der klassische C-Teil einsetzt – und das Pedal Steel-Solo(!) sich seine Aufmerksamkeit erwabert.

Nun folgt Mercy und ich hoffe, dass sich Taylor & Co. für das bisher Geschehene damit entschuldigen möchten. Es gelingt ansatzweise, auch wenn das Songwriting wieder uninspiriert und dagewesen scheint. Abgesehen von den Drumfills und übertrieben vielen Soli bekleckern sich die Musiker nicht gerade mit Ruhm. Auch nicht mit dem 10. Solo der Platte. Whiplash Pants zieht nochmal das Tempo an und auch wenn das Strophenriff nicht sonderlich spektakulär ist, so macht es Hoffnung. Und auch der Refrain kann überzeugen. Die Nummer gefällt und reißt mit – bis Solo Nummer 11 einsetzt.Friday Knights macht Kehrtwende und nimmt den gerade gewonnenen Drive wieder raus.Taylors Stimme wird in Strophe und Bridge Flanger-ähnlich verfremdet, bis sie ihren natürlich-schönen Charakter im Refrain, der auch das Tempo wieder anzieht wiedererhält. Dass nach Refrain Nummer 2 ein Solo folgt, brauche ich vmtl. nicht zu erwähnen. Und wie bei Song #3 mutet uns die Band fast eine geschlagene Minute Outro mit ein und demselben Part zu. Ermüdend.

Somebody Stole My Eyes ist eine Symbiose aus Metallica und Motörhead. Energie und Druck fehlen dem Song schonmal nicht und auch wenn der Melodiepart nicht unbedingt hätte sein müssen, passt es. Bis denn dann wieder ein Solo durch unkoordiniert scheinendes Gefiedel den Song zerhackt. When The Fever Broke bildet den atmosphärischen Abschluss der Platte. Die reduzierte Instrumentierung, die eine gute Grundlage zur Erzählung Taylors bildet zieht sich durch das gesamte eigentlich recht nette Stück – und wird begleitet von einem Solo. Damit hat jeder Song abgesehen vom Intro seinen „Sign up for our Skype guitar-lessons“-Part erhalten.

Zu folgenden Songs hat die Band Musikvideos veröffentlicht:

Stone Sour – Song #3

Stone Sour – Fabuless

Den Album-Stream findet ihr bei allen Streaming-Anbietern und bei Youtube:

Fazit: Zugegeben war ich wirklich gespannt auf das neue Material und hatte gehofft, dass Taylor durch die längere Pause mit Slipknot vielleicht ein wenig Druck über den Stone Sour-Kanal ablassen müsse. Meine Erwartungen hätten aber auch deutlich geringer sein können und ich wäre dennoch enttäuscht gewesen. Das, was die Band hier abliefert ist mit Bedauern gesagt uninspirierter 0815-Hardrock. Keine Hits, keine Hooks, keine Höhen. Was ist da nur passiert? Will man den letzten Punkt des Labelvertrags erfüllen und dann neu durchstarten? Soundtechnisch ebenso wie kompositorisch bleiben Stone Sour Welten hinter dem, was sie können und genau das fällt schon nach den ersten Songs auf und treibt einem das Entsetzen ins Gesicht. Diehard-Fans werden vielleicht ein wenig Gefallen an der Scheibe finden. Wer aber satte Überraschungen erwartet, den nächsten Hit oder Soli als altbacken empfindet, der wird nichtmal die Hälfte der Platte durchstehen. Ich wünschte, ich könnte weniger Vernichtendes schreiben, aber Stone Sour enttäuschen mit Hydrograd leider bitterlich. Schade.

Anspieltipps: Song #3, Whiplash Pants
Sebastian S.
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