Stunde Null – Wie Laut Die Stille Schreit

Es war den Versuch wert. Eine Ode an das Scheitern.

Artist: Stunde Null

Herkunft: Südtirol

Album: Wie Laut Die Stille Schreit

Spiellänge: 43:27 Minuten

Genre: Alternative, Powerpop

Release: 29.01.2021

Label: Drakkar Entertainment

Link: https://www.facebook.com/stunde0

Bandmitglieder:

Gesang – Aaron Puntajer
Gitarre – Jonas Rabensteiner
Gitarre – Markus Aichner
Bass – Michael Schweigkofler
Drums – Stefan Gantioler

Tracklist:

1. Alte Lasten Liegen Schwer
2. Uneinig Einig
3. Bring Mich Zurück
4. Willkommen In Deutschland
5. Alles Gute Kommt Zurück
6. Halt Mich Fest
7. Wende.Punkt
8. Besser als Mein Vorbild
9. Phönix Aus Der Asche
10. Ohne Herz Kein Verstand
11. Mein Denkmal
12. Leben Ist Gefährlich

Unverhofft kommt ja ganz oft, äh, oft.
Vor ein paar Wochen landete die EP Halt Mich Fest von Stunde Null auf meinem Schreibtisch. Die Rezension dazu fiel jetzt nicht gerade berauschend aus, sodass ich nach mehrmaligem Hören der Scheibe nur einen Punkt geben konnte.

Nun trudelte kurz nach der Veröffentlichung des Reviews die Anfrage bei uns rein, ob wir auch das neue Album rezensieren möchten. Mein Zeitreisen-Buddy und Chefredakteur René leitete das an mich weiter und nun stehe ich mal wieder da wie der Ochs vor’m Berg.
Angeblich wächst man ja an seinen Aufgaben und vielleicht kann mich die Platte ja umstimmen. Geben wir ihr also eine Chance.

Bevor ich nun mit dem neuen Album Wie Laut Die Stille Schreit beginne, seien mir ein paar einleitende Worte dazu vergönnt:

Deutschsprachige Rockmusik gehört seit 1989 zu meinem Täglich Brot. Es fing an mit den Toten Hosen und der Ein Kleines Bisschen Horrorshow, ging dann Anfang der Neunziger sehr schnell zu den Heiligen Liedern meiner Alltime-Faves Böhse Onkelz und machte in den Zweitausendern auch nicht vor Bands wie den Broilers, Betontod oder Kärbholz halt. Sogar Frei.Wild lieferten vor knapp zehn Jahren mit der Gegengift und der Feinde Deiner Feinde (2010 und 2012) zwei bockstarke und harte Rockalben ab, die bei mir hoch- und runterliefen.
Mittlerweile haben die Hosen und die Broilers Gefallen an poppigen Klängen gefunden und sich somit aus meinem Radar katapultiert. Auch die Jungs um Philipp Burger aus Südtirol haben stark abgebaut und verschwenden ihre einstige Energie in seltsame Meinungsmache und teilweise peinliche Facebook-Postings zu sozialen oder politischen Themen. Völlig unnötig und polemisch. Musikalisch dazu mittlerweile auch viel zu oft viel zu nah am Schlager. Kann also auch weg.

Genau hier möchte ich die Überleitung zu Stunde Null einbauen.
Die EP Halt Mich Fest lässt leider ebenfalls vermissen, was Rock ’n‘ Roll ausmacht. Ecken, Kanten, Reibung, Krach und Schweiß. Die Scheibe ist viel zu sauber und glatt und absolut nicht rock- oder metaltauglich. Eine Hupe macht ein Sportboot ja auch nicht automatisch zu einem Auto.

Der Fairness halber werde ich die bereits rezensierten Songs der EP, die auch alle auf dem Album zu finden sind, ausklammern. Somit bleiben noch acht Songs übrig. Na dann, auf geht’s.

Uneinig Einig fängt schon wieder genauso an, wie die EP aufhört.
Ich möchte das als Powerpop bezeichnen. Das „Power“ kommt durch die verzerrten Gitarren im Refrain, die die ultrasüße, poppige Kindermelodie etwas druckvoller erscheinen lassen. Die „oh oh“-Chöre im Mittelteil lassen mich dann wieder nur verzweifelt mit den Schultern zucken. Das könnte auch im ZDF Fernsehgarten laufen. Und alle klatschen auf ihren Stühlen bei bestem Sommerwetter zu den fröhlichen Klängen der feschen Südtiroler im Takt mit. Hach, ist das schön…

Willkommen In Deutschland lässt schon vom Titel her nichts Gutes erahnen.

Denn die Musik dieser Welt ist nicht schwarz oder weiß.
Für die Fehler dieser Zeit zahlen wir nicht den Preis.
Denn die Musik dieser Band ist nicht braun oder rot.
Doch du liebst es, uns zu hassen, du dummer Vollidiot

Das ist natürlich deutlich bei den Südtiroler Vorbildern geklaut. Und genau das widert mich jetzt an.
Während Frei.Wild durch die etwas ruppige und unschöne Vergangenheit ihres Sängers durchaus irgendwie das Recht haben, solch eine Polemik zu fahren und sich entsprechend zu äußern, riecht das bei Stunde Null doch schon arg nach konstruiertem Image und dem Versuch, hier wieder irgendeinen nicht vorhandenen Märtyrerscheiß beizureden. Ich kann das echt nicht mehr hören. Musikalisch im Midtempo und in der Strophe wieder mit Synthieklängen und Popelementen verziert; im Refrain kommen dann wieder die lauten Gitarren und etwas Gebrüll.

Alles Gute Kommt Zurück. Ein leichter Dancebeat in der Strophe, Gitarren im Refrain. Oh oh-Chöre und irgendwelche Elektrosamples im Hintergrund. Wir kennen das mittlerweile.

Das Autotune-Gewackel im Gesang bei Wende.Punkt tut schon fast weh und wird nur noch von diesem erneuten Elektro/Dance/Was weiß denn ich, wie man diesen Scheiß nennt – Beat übertroffen.
Dabei bleibt der Chorus sogar im Kopf hängen.
Kurze Frage: Was soll dieser Sprechgesang auf einmal kurz nach der Hälfte? Puh.. Hat was von Oli P., falls den noch jemand kennt. Warum, in aller Welt? W-A-R-U-M?

Bisher ist kein Unterschied zur EP zu spüren. Nach wie vor regieren hier König Pop und Prinzessin von und zu Weichspül. Ich würde WIRKLICH gerne etwas anderes schreiben können oder zugeben müssen, dass ich mich mit der anderen Rezension geirrt habe und sich Stunde Null auf Wie Laut Die Stille Schreit von einer ganz anderen Seite zeigen. Nur würde ich dann lügen.

An dieser Stelle entscheide ich mich dann auch dazu, das Review abzubrechen.

Ja, ich habe die anderen Stücke natürlich angehört und alles, was ich dazu schreiben würde, habe ich schon im bisherigen Text untergebracht.

Wahrlich, selten hat eine Rezension weniger Spaß gemacht als diese.
Mir ist aber auch noch keine andere Band untergekommen, die so dermaßen lachend mit Anlauf in die Kreissäge rennt und wirklich ALLES dafür tut, um in der Rock- und Metalpresse eins auf den Deckel zu kriegen. Und das nicht nur bei Time For Metal.

Auf die Frage „Sag, wo wollen wir hin? Welchen Weg sollen wir gehen?“ aus Ohne Herz Kein Verstand habe ich irgendwie nur eine Antwort: Versucht es bei der BRAVO. 

Stunde Null – Wie Laut Die Stille Schreit
Fazit
In Südtirol nichts Neues. Pop meets Schlager meets Kommerzgesäusel. Zeitverschwendung.

Anspieltipps: Nicht vorhanden
Andreas B.
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