The Privateer + Support am 07.12.2019 in der Raumstation Sternen in Auggen

Regio-Szene trifft sich im Sternen

Headliner: The Privateer

Support: Totengeflüster, Inner Sanctum

Ort: Raumstation Sternen, Am Brunnenbuck 18, 79424 Auggen

Datum: 07.12.2019

Kosten: 10,00 €

Genre: Heavy Metal, Folk Metal, Pirate Metal, Black Metal, Symphonic Black Metal, Melodic Death Metal

Besucher: 25

Veranstalter: Raumstation Sternen https://www.sternengalaxie.de

Link: https://www.facebook.com/events/2089184124523594/

Setlisten:

Inner Sanctum:
01. Cadence Of A New World
02. Selfmade Saviour
03. Machine Made God
04. Storm
05. Sons Of Perdition
06. Until They Returned
07. Devil May Care
08. Ikarus
09. (Death In Fire)

Totengeflüster:
01. Ich Lebe!
02. Verfall Und Siechtum
03. Monolog Im Mondschein
04. On Carrion Wings
05. Hollow Wanderer
06. Totengeflüster
07. Vermin
08. Affliction
09. Ein Neuer Pfad
10. Vom Seelensterben

The Privateer:
01. A Sequel From A Distant Visit
02. For What Lurks In The Storm
03. In The Nought Of The Wind
04. Dawn Of A Sailsman
05. Störtebeker
06. Monolith
07. Draft Of The Strange
08. Where Fables Are Made
09. Ocean Of Green
10. The Island (Cape Breton Anthem)

Am Rande der Galaxis, irgendwo im Nirgendwo zwischen Freiburg (D) , Basel (CH) und Mulhouse (FR) existiert doch tatsächlich eine kultige Raumstation. Hier gibt es abgespaceste Musik auf die Ohren: Metal, Punk, Gothic, Rock und alle nur denkbares Subgenres. Die Rockkneipe Sternen hat durch zahlreiche Bandauftritte und eine lockere Atmosphäre im Markgräflerland längst Kultstatus erreicht. Alljährlich segeln auch die Folk Metaller von The Privateer auf ihren Kaperfahrten in Auggen vorbei und gehen im Sternen für einen lautstarken Vollrausch vor Anker. Wie schon in den Jahren zuvor segelt man mit den Melodic Deathern von Inner Sanctum unter gemeinsamer Flagge. Da im Allgemeinen keine Gefangenen gemacht werden, hat man in diesem Jahr die morbiden Black Metaller von Totengeflüster zur Resteverwertung mit im Schlepptau. Einem feuchtfröhlichen Abend steht also fast nichts mehr im Wege …

Als ich gegen 20:00 Uhr dann aber im Sternen ankomme, geht dem Vollrausch erst einmal eine Ernüchterung voraus, denn besonders viele sind dem Ruf der Freiburger Freibeuter nicht gefolgt. Ein wenig Piratengesindel hängt vor der Tür ab und im Inneren herrscht, trotz frühem Einbruch der Dunkelheit, noch gähnende Leere. Auch um 20:30 Uhr hat sich daran noch nicht wirklich viel geändert und so kommt der Zeitplan für heute Abend gleich mal etwas ins Straucheln. Mit etwas Verspätung ist es dann aber doch soweit und die Freiburger Inner Sanctum entern die Bühne und steigen mit Cadence Of A New World, dem absoluten Highlight der heutigen Setlist, aus ihrem letzten Longplayer Metric Genesis gleich mächtig ein. Genau genommen wurde die Band 2005 in Freiburg als Death Metal-Projekt ins Leben gerufen, mittlerweile jedoch leben deren Bandmitglieder im gesamten südbadischen Raum verteilt. Dennoch sind sie hier in der Gegend natürlich immer noch bekannt und genießen einen gewissen Heimvorteil. Obwohl auch jetzt noch nicht wirklich viele Besucher vor Ort sind, gibt die Band alles und spielt sich den Arsch ab. Auf die Ohren gibt es nun mit Selfmade Saviour älteres Material vom 2011er-Album Principle Leader und dem spärlich anwesenden Piratenvolk wird damit das Highlight der heutigen Setlist um die Ohren gehauen. Frontmann Kolai schreit sich die Seele aus dem Leib und weiß dabei durchaus zu gefallen und tatsächlich zieht es nach und nach ein paar langhaarige Bombenleger herein. Der groovige Death Metal Sound geht gut ins Ohr, dennoch verharren die wenigen Gäste eher abwartend und halten sich eisern an ihrer Buddel fest. Machine Made God stammt dann wieder von Metric Genesis und so wird schon früh das Highlight der heutigen Setlist rausgehauen. Äh, ja gut, offenbar hat man heute nur Highlights auf der Setlist, jedoch hätte man das schon im Vorfeld ankündigen sollen, damit doch ein paar People mehr den Weg in den Sternen gefunden hätten. So wird hier jedoch gute Miene zum bösen Spiel gemacht und mit dem komplexen Storm vom zweiten Album gleich das nächste Highlight der heutigen Setlist serviert. Death Metal steht bei Inner Sanctum natürlich nur als grober Überbegriff, denn der Fünfer orientiert sich stark am Viking Metal der Marke Amon Amarth, bei dem der Sound mal mehr, mal weniger stark mit modernen und melodischen Einflüssen garniert wird. Man geht wesentlich abwechslungsreicher zur Sache als die typischen Viking Metalbands und um das zu untermauern, gibt es mit Sons Of Perdition gleich mal das Highlight des heutigen Abends auf die Lauscher. Auch die Saitenfraktion weiß heute wieder einmal zu überzeugen und zaubert einen Haufen eingängiger, abwechslungsreicher Melodien und knackiger Riffs aus dem Hut. Zwar ist der Sound in der kleinen Location nicht der allerbeste, doch das erwartet hier und heute auch niemand und so werden nun tatsächlich endlich auch die ersten Haare geschüttelt, wenn auch noch etwas zaghaft und zurückhaltend. All das hat noch Potenzial nach oben und somit ist es, laut Bassist Eric Tobian, an der Zeit für Until They Returned, das Highlight der heutigen Setlist. Besonders Eric ist hier im südbadischen Dreiländereck kein Unbekannter mehr, ist er doch in einer ganzen Reihe von Bands aktiv und somit irgendwie immer präsent, weshalb er am späteren Abend gleich noch einmal mit The Privateer zum Einsatz kommt. Mit Devil May Care hat man natürlich noch ein weiteres Highlight des Abends im Programm und Ikarus entwickelt sich dann tatsächlich zum optischen Highlight des Abends, denn Sternen-Inhaber Bernd Kurzbach reicht der Band ein Kinder-Schaukelpferd auf die Bühne, auf dem Sänger Kolai dann mit viel Spaß in den Backen in Richtung Finale reitet. Mit dem Highlight des Abends, Death In Fire, geht dann nach gut 40 Minuten ein guter, aber auch leider ungehörter Gig zu Ende.

Danach wird es dann düster. Die süddeutsche Undergroundgröße Totengeflüster aus dem Schwarzwald sind eine Band, die ich irgendwie schon seit Jahren kenne, zumindest vom Namen und den Alben her, die ich jedoch noch nie live gesehen habe. Das einstige Soloprojekt von Totleben ist längst zu einer richtigen Band gewachsen und besteht aktuell aus Totleben (Guitars), Narbengrund Nihilis (Vocals), Egregor (Guitars), Teufeskald (Bass) und Frostbitten (Drums). Neben den Pseudonymen, die Mann, und in diesem Fall auch Frau, sich in schwarzmetallischen Kreisen wohl zulegen muss, lassen die Schwarzwurzeln auch sonst optisch kein Klischee aus: Corpsepaint, schwarze Lack- und Lederklamotten, lange schwarze Matte, viel Schnallen und Nieten, Ketten, Piercings und vor allem grimmige Gesichter. Lächeln ist tabu und nicht Black Metal! Die symphonischen Schwarzmetaller betreten zu einigen Synthesizer-Klängen als Einspieler die mager in rot ausgeleuchtete Bühne in voller Leichenbemalung und steigen mit Ich Lebe! vom 2017er-Album Im Nebel Der Vergänglichkeit ein. Gut, dass es extra erwähnt wird, denn sonst käme man leicht auf die Idee, dass die fünf schon etwas länger dahingeschieden sind und das Totenreich durch den Nebel der Vergänglichkeit durchschreiten. Normalerweise mag ich deutsche Texte im Black Metal so gar nicht, doch im Falle von Totengeflüster stören sie nicht, sind sogar stimmig und passen zu dem symphonischen Black Metal mit orchestralem Einschlag. Die aggressiven Vocals von Narbengrund Nihilis und das drückende Schlagzeug sorgen für einen wuchtigen Einstieg. Mit Verfall Und Siechtum vom gleichen Album wird gleich noch eine deutsche Nummer nachgelegt und man macht klar, dass man nur schwer mit anderen Bands des Genres in eine Schublade zu stecken ist. Mit dem rohen, melodischen Schwarz-Metal schwedischen Ursprungs haben die Schwarzwälder fast nichts gemein, eher finden sich viele Parallelen zu Dimmu Borgir, frühen Cradle Of Filth, oder gar zu frühen Dornenreich Werken. Die Schwaben gehen handwerklich und technisch versiert zur Sache, auch wenn es live auf der Bühne mit wesentlich weniger Bombast als auf den Alben zur Sache geht. Die Gitarrenriffs von Totleben und Egregor stehen klar im Vordergrund und bilden ein düsteres Klangbild. Der typisch gekreischte Black Metal-Gesang ist ein krasser Gegenpol zu dem ansonsten recht melodischen Sound. Mit Monolog Im Mondschein geht die Reise zurück zum Erstling und die Dramatik erinnert ein wenig an einen schaurig-schönen Soundtrack. Der Song ist geprägt von interessanten Tempowechseln und stimmlichen Achterbahnfahrten, mit denen der Frontmann das magere Publikum überzieht. Der Mann hat alle Facetten drauf, vom kreischenden Screaming bis hin zum knurrenden Growling und selbst extrem helle Laute sprudeln aus dem Mann heraus. Zumindest zwei Mädels haben sich zwischenzeitlich vor die Bühne gewagt, bangen eifrig drauflos und sorgen für etwas Stimmung. Im Anschluss folgen dann mit On Carrion Wings und Hollow Wanderer zwei Stücke des aktuellen Longplayers The Faceless Divine. Nun läuft der Frontmann zur Höchstform auf, denn er verschwindet mit seinem Mikrofon zwischen den Zuschauern. Auf der Bühne ist nun endlich mal genug Platz, damit auch Bassistin Teufeskald aus dem Hintergrund an den Bühnenrand vorrücken kann. Die neuen englischsprachigen Symphonien von Tod und Trostlosigkeit passen sich nahtlos in das Set ein und mit entsprechendem Publikum würde nun wohl die Hölle losbrechen, doch so werden irgendwie Perlen vor die Säue gestreut. Mit Totengeflüster geht es dann wieder zurück ins Jahr 2017 und die Atmosphäre, die ja gerade im Black Metal enorm wichtig ist, muss Brutalität und Wucht weichen. Extreme Schlagzeugsalven und aggressiver Gesang lassen die durch Gitarren erzeugten Melodien teils nur erahnen. Mit Vermin und Affliction gibt es noch zwei neue Songs auf die Lauscher und auch hier ändert sich nicht viel, treibende Beats, tiefe Riffs und der Gesang vermitteln ein düsteres Gefühl von Tod, Hass und Kälte. So wie der Gig begann, so geht er auch zu Ende, nämlich mit zwei deutschen Songs in Form von Ein Neuer Pfad und Vom Seelensterben. Coole Liveband, die in anderer Location und mit entsprechendem Publikum wohl richtig abgeräumt hätte.

Anschließend wird dann erneut der Beweis erbracht, dass der Black Forest weit mehr als gutes Bier und idyllische Landschaften zu bieten hat, nämlich handfeste Schwarzwaldpiraten. Wer nun glaubt, nach der Kälte von schwarzem Tod und Hass kann die metallische Piratenfolklore überhaupt nicht funktionieren, der muss sich schnell eines Besseren belehren lassen. Die badischen Freibeuter entern mit A Sequel From A Distant Visit vom 2013er-Silberling Monolith die Bühne. Obwohl man von anderen Locations und Konzerten sicherlich mehr Besucher gewohnt ist, gehen The Privateer mit viel Spielfreude zur Sache und erstmals im Laufe des Abends kommen auch die letzten Besucher von draußen rein und es kommt etwas Stimmung auf. Nun zeigt sich, dass die Bühne im Sternen ruhig ein bisschen weniger tief und dafür etwas breiter sein könnte, denn für höchstens drei der sechs Freibeuter ist Platz am Bühnenrand. Violinistin Clara Held, die sonst immer gerne mit in der ersten Reihe steht, muss zwischendurch immer mal wieder zurückweichen. Ansonsten steht hier aber eine echte Crew auf der Bühne, bei der natürlich auch das passende Piraten-Outfit nicht fehlen darf. Der Dreck in den Gesichtern der Musiker zeugt offenbar davon, dass man in letzter Zeit einige harte Schlachten geschlagen hat. Ein Rätsel ist dagegen Bassist Eric Tobian, der sich für seinen Auftritt mit Inner Sanctum extra den Dreck runtergeschrubbt hat und sich nun innerhalb von zwei Stunden wieder eingesaut hat. Mit For What Lurks In The Storm und In The Nought Of The Wind stammen auch die nächsten beiden Songs vom Album Monolith und somit segeln die südbadischen Freibeuter mit reichlich Rückenwind. Die Arthur Miller Anspielung Dawn Of A Sailsman geht mit der epischen Stimmung tief unter die Haut. Kerniger, dramatischer Gesang von Jonas Piraterie, der sich mittlerweile bestens in die Band eingefügt hat, und tolle Geigen- und Gitarrenmelodien finden Gefallen im Publikum. Neben dem noch immer frischen Frontmann ist natürlich Geigerin Clara das Aushängeschild der Truppe und sorgt für Bewegung, sobald sie auch nur einen Schritt nach vorne Richtung Bühnenrand macht. In der ersten Reihe haben sich mittlerweile die Musiker von Inner Sanctum eingefunden, machen ordentlich Stimmung und heizen nicht nur den eigenen Bandkollegen Eric an. Das in deutsch gesungene Störtebeker ist natürlich auf allen The Privateer Konzerten das Stimmungshighlight und auch bei den wenigen Gästen heute Abend ist das nicht anders. Zwischenzeitlich bekommt die Band nun auch ein Tablett mit Schnaps auf die Bühne gereicht, welches begeistert entgegengenommen wird. Ich habe leider keine Ahnung, was drin war in den Gläsern, aber echter Freibeuter-Rum war es wohl nicht, denn das Gesicht des Frontmanns sieht beim Kippen alles andere als begeistert aus. Nachdem schon einige Stücke des Albums zum Besten gegeben wurden, ist es nun an der Zeit für den Titelsong Monolith, doch für mich wird es nun Zeit, das Schlachtfeld zu verlassen, denn zu Hause wartet der Hund und will dringend raus. Nichtsdestotrotz war es bis hierhin eine durchaus überzeugende und unterhaltsame Geschichte. Spätestens am 15. Februar 2020 segeln The Privateer wieder in heimatlichen Gewässern beim Piratenstreich 2020 in der Mensabar Freiburg, was ihr keinesfalls verpassen solltet.