“Charismatisch düster“
Artist: Then Comes Silence
Herkunft: Stockholm, Schweden
Album: Blood
Genre: Post Punk, Gothic Rock
Release: 20.10.2017
Label: Nuclear Blast Records
Link: https://de-de.facebook.com/thencomessilence/
Bandmitglieder:
Gesang, Bass – Alex Svenson
Gitarre – Seth Kapadia
Gitarre – Jens Karstedt
Schlagzeug – Jonas Fransson
Tracklist:
- The Dead Cry For No One
- Flashing Pangs Of Love
- Strange Kicks
- My Bones
- In Leash
- Choose Your Poison
- Good Friday
- The Rest Will Follow
- Magnetic
- Warm Like Blood
- Mercury
- Into Death Alone
- For The Wicked
- Blood Beat
Als Hörer so einiger Genres komme ich häufig mit Pop Punk oder auch Punk Rock in Verbindung – nur selten findet auch der musikalische Post Punk seinen Weg auf meine Playlist. Dies liegt nicht etwa am Nichtgefallen, sondern vielmehr daran, dass man fast den Eindruck hat, das Genre sei weniger präsent, ja fast tot, möchte man sagen. Vermutlich werden jetzt viele Kenner und auch Nichtkenner aller Genres protestieren und Tausende Bands aufzählen können, dennoch ist die Tatsache, dass Post Punk teilweise etwas rar im Massengetümmel der Bands ist, nicht von der Hand zu weisen. Kein Genre, welches einen Namen trägt, ist wirklich nicht existent oder gar ausgestorben, nur muss man eben erst einmal zu den gegenwärtigen Gruppen zurückfinden, welche das Zepter des Post Punk übernommen haben. Die Antwort auf diese Suche sind wohl Then Comes Silence, die im Oktober ihr neues Album Blood veröffentlichten – und dem Post Punk damit ganz neuen Atem verleihen.
Post Punk steht sofort ohne Frage für düstere Atmosphären und tiefgängige Melodien. Genau dies liefert auch der Opener The Dead Cry For No One, welcher dabei aber auch nicht lange in großen, instrumentellen Phasen verweilt, sondern recht schnell zur Sache kommt. Then Comes Silence gehen hier nicht auf Tempo, sondern setzen viel mehr auf die leicht spielende Stimme Svensons, der hier nicht nur ein wenig an Marilyn Manson erinnert, sondern auch die wunderbar leicht schwirrende Gemütswelle beibehält – im stetigen Zwiespalt zwischen Ernst und Attitüde. Ein Gesang, welcher wahrlich wie ein Markenzeichen für das Genre und auch für Then Comes Silence funktioniert. The Dead Cry For No One funktioniert dabei auch durch die sich wiederholenden Lyrics, die fast schon einem Mantra gleichen.
Nachdem der Opener nun geschafft ist, darf man durchaus ein bisschen mehr riskieren bzw. auch etwas mehr in der eigenen Musik aufgehen. Flashing Pangs Of Love tut genau das und wechselt dabei vom Fokus auch ein wenig die Rollen. Während zuvor noch der Gesang recht dominant wirkte, scheint er nun bei Track Nummer Zwei fast schon eine Nebenrolle zu spielen, da er teilweise fast schon von der sehr spielerischen Instrumentation übertönt zu werden scheint. Ein wenig verstreut Flashing Pangs Of Love auch 80er-Jahre Vibes – aber schließlich wurde in dieser Zeit der Post Punk auch groß.
Der nächste Track, Strange Kicks, und ja bei dem Titel muss auch ich ganz kurz an Stranger Things denken, wandelt wieder den Fokus etwas um, es ist nun wieder Svensons Time To Shine! Then Comes Silence wissen, wie sie ihren Gesang passend zur instrumentellen Seite verpacken müssen, um eine gewisse Abwechslung zu kreieren, ohne sich dabei komplett zu verlieren. Ja, die Tracks von Blood scheinen bisher zumindest recht nah aneinander, man könnte sagen, die Band folgt einem gewissen Konzept. Auch Strange Kicks wiederholt die Verse, und damit eigentlich den Titel, auf stetige Mantra-Art und Weise, wodurch ähnlich zu The Dead Cry For No One eine gewisse Eingängigkeit entsteht. Böse Zungen könnten jetzt sagen, es fehle hier an textlicher Kreativität, aber Then Comes Silence versprühen mit der Stimme Svensons einen solch finsteren Charme, der einen als Zuhörer fast schon zu verschlingen scheint und die Songs setzen sich dabei in den Köpfen fest. Ähnlich hypnotisierend verhalten sich auch My Bones und In Leash. Während Svenson im Ersteren noch eine Spur rauchiger, düsterer aufträgt und dabei die Instrumentation insbesondere zum Chorus einen schönen Schwung nimmt. In Leash fährt diesen Schwung zumindest zu Beginn wieder etwas runter, besitzt aber vor allem in der zweiten Hälfte interessante Steigerungen und instrumentelle Experimente.
Besonders hörenswert gestaltet sich Choose Your Poison, dem es gelingt, ohne sich wirklich stark zu verändern, innerhalb des Albums hervorzustechen. Der Gesang gestaltet sich hier mit einem sehr starken Wiedererkennungswert, der jegliche Vergleiche von Then Comes Silence mit anderen Gruppen aus dem Kopf verschwinden lässt. Der Song scheint fast ein wenig mit den Zuhörern zu spielen – irgendwie schleichend, düster, experimentell. Genau beschreiben lässt sich das nicht, aber gut anhören tut es sich auf jeden Fall.
Mit einer durchaus kräftigen Instrumentation überzeugt The Rest Will Follow – durchaus Programm dieser Titel, ist doch damit die zweite Hälfte des Albums erreicht. Durch den zusätzlichen Einsatz von weiblichen Backing Vocals erlangt der Gesang eine zusätzliche Dynamik, die Svenson nicht unbedingt nötig hätte, dem Song aber auch nicht weiter schadet. Insgesamt hält dieser sich mit großen Texten zurück und lässt Gitarrenriffs für sich sprechen. Mehr Dynamik und mehr Gitarren, dafür weniger düstere Atmosphäre. Als Opener könnte The Rest Will Follow auf Livekonzerten sehr gut funktionieren. In die Reihe der besonderen Songs reiht sich auch Warm Like Blood ein, wobei es hier das Video war, welches meine Aufmerksamkeit zuerst bekommen hatte. Der Track wirkt harmonischer und dennoch energischer als die vorherigen Titel, da sich Then Comes Silence an einigen Stellen erlauben, einfach mal etwas stärker in die Vollen zu gehen, wobei sie aber recht schnell zur langsameren Grundessenz des Songs zurückkehren. Das komplett in Rot gehaltene Video ist auf jeden Fall unterhaltsam und einen Blick wert und der Song macht so gleich doppelt Spaß.
Und wer denkt, nach Warm Like Blood wären alle guten Songs, die sich im gesamten Album besonders hervor tun, bereits abgespielt, darf sich auch von Mercury überraschen lassen, der eventuell einen Anlauf mehr braucht, um sich als Liebling zu entpuppen, da er sich eher schleichend verhält. Doch Vorsicht: Dieses langsame Düstere hat doch durchaus Potenzial, auch wenn hier der Punk-Faktor etwas stark runtergeschraubt wurde. Atmosphärisch gelingt es Mercury zu fesseln, was an dieser Stelle in einem Album, welches zugegebenermaßen nicht unbedingt die beste Abwechslung liefert, dann doch beachtlich ist.
Dennoch führt die zweite Hälfte zu genau das, was bereits die ersten Songs haben vermuten lassen. Then Comes Silence verstehen es, ihren Sound des Post Punk packend zu verpacken und sich einen musikalischen Charakter, gar einen Mantel anzueignen – doch aus diesem brechen sie nicht unbedingt oft aus. Die Songs unterscheiden sich zwar schon, dennoch kommen sie alle aus einem ähnlichen Guss und so braucht Blood dann doch mehr als einen Anlauf, um richtig zu gefallen. Auch Into Death Alone und For The Wicked ändern dieses Empfinden nicht, denn insbesondere Into Death Alone knüpft nah an Mercury an und führt fort, was dieser durchaus bereits gut gemacht hat. Musikalisch interessant gestaltet sich da zumindest noch Blood Beat, der, passenderweise zum Titel, vor allem mit elektronischen Elementen zu spielen scheint und hier auch den Fokus deutlich stärker auf der Instrumentation lasten hat – auf Gesang wird verzichtet. Und so endet das Album mit einem atmosphärischen, elektronischen Werk, welches Live als Zwischenstück wohl recht gut ankommen würde.