Delain und Illumishade am 25.01.2024 im Hellraiser in Leipzig

Symphonic Metal im Doppelpack

Eventname: Dark Waters Over Europe Act II

Headliner: Delain

Vorband: Illumishade

Ort: Hellraiser, Leipzig

Datum: 25.01.2024

Kosten: 34,15 € VVK

Genre: Symphonic Metal

Besucher: ca. 600 Besucher

Link: http://www.napalm-events.com/

Setliste:

  1. Elegy
  2. Enemy
  3. Here We Are
  4. Crystal Silence
  5. Cloudreader
  6. Rise
  7. Muse Of Unknown Forces
  8. Tales Of Time
  9. World’s End

  1. The Cold
  2. Suckerpunch
  3. Burning Bridges
  4. The Quest And The Curse
  5. April Rain
  6. Get The Devil Out Of Me
  7. Sleepwalkers Dream
  8. Invidia
  9. Queen Of Shadow
  10. Your Body Is A Battleground
  11. The Gathering
  12. Don’t Let Go
  13. Moth To A Flame
  14. Not Enough
  15. Mother Machine
  16. Control The Storm
  17. We Are the Others

Nachdem sich Delain für mich überraschend im vorletzten Jahr erneut gegründet hatten (oder war die Band lediglich aus einer Pause wieder erwacht?), meldeten sie sich dann Anfang 2023 auch gleich mit einem Album (Dark Waters) zurück, das so klang, als sei die Band nie weg gewesen. Nahtlos an den Sound früherer Alben angelehnt, machte die Combo in fast gänzlich neuer Besetzung weiter. Am auffälligsten für mich war der überraschende Eindruck, dass Delain auf ihrem neuen Album exakt so klingen wie bisher auch. Und das betraf nicht nur die Art der Songs, die die üblichen Erwartungen an ein Delain-Album voll und ganz erfüllten – nein, auch die Stimme der neuen Sängerin Diana Leah klang fast schon noch mehr nach Charlotte Wessels als Charlotte Wessels selbst. Was natürlich sehr irritierend ist. Um zu testen, ob der Sound aus dem Studio auch live hält, was er vorgibt, war also ein Konzertbesuch zur Investigation unumgänglich. Außerdem machen Delain einfach gute, mitreißende Musik, weswegen die Gelegenheit, sie live zu sehen, sowieso nicht ausgelassen werden sollte.

Illumishade – Hellraiser -Leipzig – 2024

Aber beginnen wir beim Anfang. Die Tour wird zusammen mit den Schweizern von Illumishade bestritten, denen der erste Slot am Abend gehört. Da beide Bands bei Napalm unter Vertrag sind und ähnliche Genres bedienen, bietet sich das natürlich an. Das Projekt von Fabienne Erni und Jonas Wolf – die Namen sind vielen sicher auch als Mitglieder Schweizer Folk Metal-Band Eluveitie bekannt – besteht seit 2016. Ihre Musik nennt sich Modern Metal. Wobei man sich manchmal fragt, wer diese Subgenre-Bezeichnungen denn erfindet: Ist am restlichen Metal etwa irgendwas nicht modern? (Natürlich ausgenommen ein paar noch aktive Klassiker-Bands, die ihren alten Stil aus den 70ern oder 80ern noch pflegen.) Ich bin verwirrt. Egal, musikalisch passen sie – was ihre bisherigen Veröffentlichungen angeht – ziemlich gut zum Sound von Delain. Illumishade werden ganz frisch in wenigen Tagen, am 16. Februar, ihr zweites Album veröffentlichen, immerhin haben sie sich dafür vier Jahre Zeit gelassen. Ihr Debüt Eclyptic: Wake Of Shadows erschien 2020 und zum neuen Album ist eine Tour natürlich geradezu Pflicht (hier unser Review zu Eclyptic: Wake Of Shadows). Mit den beiden Songs Elegy und Enemy wird zu Beginn des Sets gleich aus dem Vollen geschöpft, Here We Are wird gleich noch nachgeschoben. Mit diesen drei neuen Songs ist der Ton klar gesetzt und der Sound des aktuellen Albums eindrucksvoll angespielt worden. Etwas Nu-Metal-Gezupfe an der Gitarre, Power-Metal-Drums und schöne Symphonic-Metal-Songstrukturen – das ist die hörenswerte und mitreißende Melange, bei der alle Bestandteile dem Gesang zuarbeiten.

Illumishade – Hellraiser -Leipzig – 2024

Natürlich funktioniert Songwriting nicht so easy, wie ich es hier mal eben flapsig darstelle. Das Arrangement ist auf hohem Niveau und setzt Melodie, Effekte und Dramatik perfekt getimed ein. Gemeinsam ist allen Songs, dass sie von Fabiennes Stimme getragen werden und erst damit zu einem organischen Ganzen werden. Aber das soll hier keine Album-Besprechung werden, sondern ein Konzertbericht. Zum Song Enemy wurde übrigens auch schon vor einigen Monaten ein ziemlich toll gemachtes Video veröffentlicht. Einfach mal reinhören! Auch zu den live gespielten Songs Here We Are und Cloudreader gibt es schöne Videos. Viele der Songs – gerade die Balladen – erinnern in ihren Soloparts an Musical-Nummern, die hier Genre-entsprechend mit der E-Gitarre gespielt werden: hochmelodiös und mit einer Prise Melodramatik. Fabienne gab ja selbst schon zu Protokoll, dass sie Musicals als ihren musikalischen Einfluss sieht. Songs wie Rise aus dem Debütalbum Eclyptic: Wake Of Shadows zeigen das deutlich. In manchen Teilen erinnert die Musik von Illumishade auch an Progressive Metal oder den klassischen amerikanischen Stadion-Rock. Da hört man vielleicht ein bisschen die Faszination für amerikanischen Hardrock heraus, den Gitarrist Jonas Wolf mag. Das Publikum jedenfalls weiß genau, was es hören will und feiert die Band begeistert für diese interessante Stilmischung. Seien wir also froh, dass Fabienne Erni, Jonas Wolf und ihre Mitstreiter Mirjam Schnedl am Keyboard, Yannick Urbanczik am Bass und Marc Friedrich an den Drums die lange Albumflaute bei Eluveitie (letztes Album 2019!) ausgenutzt und ihr eigenes Side-Projekt ins Leben gerufen haben. Mit World’s End wird noch ein druckvoller, treibender Song vom Debütalbum gespielt und dann ist der Auftritt von Illumishade leider auch schon wieder vorbei.

Delain – Hellraiser -Leipzig – 2024

Und nun zu Delain und der Stimmprobe. Und natürlich ist es dann live so, dass Diana Leah nicht exakt wie Charlotte Wessels klingt, sondern zwar recht ähnlich, aber eben ihre eigenen Akzente setzt. Da hatte man wohl im Studio beim Klang etwas herumgeschraubt. Live gibt es jedoch auch nichts zu verstecken. Von der alten Besetzung ist nur Mastermind Martijn Westerhold, Bruder von Within Temptations Gründer Robert Westerhold, (wie immer am Keyboard) weiterhin dabei. Die restliche Besatzung besteht aus zwei ehemaligen Mitgliedern, die wieder zurückgekehrt sind, nämlich Sander Zoer, der schon 2006 bis 2014 am Schlagzeug saß und Ronald Landa, von 2006 bis 2009 drei Jahre lang Gitarrist der Band. Bassist Ludovico Cioffi und auch Sängerin Diana Leah sind 2022 neu hinzugestoßen. Da Delain schon seit 2022 auch wieder touren (z. B. beim Wacken 2022), konnten sich davon auch schon jede Menge Fans von der bleibenden Qualität trotz teilweise neuem Personal überzeugen. Im letzten Jahr war die Band im April/Mai mit der Dark Waters Over Europe Act I Tour 2023 unterwegs, um ihr (zu dem Zeitpunkt) brandneues Album zu promoten. Es folgte im zweiten Halbjahr eine Nordamerika-Tour gemeinsam mit Visions Of Atlantis. Anfang 2024 folgt nun eine erneute Tour in Europa. Die Band ist also richtig viel unterwegs.

Delain – Hellraiser -Leipzig – 2024

Wobei sich die Konzerte als starker Fan-Service entpuppten. Und das ist toll! Vom Dark Waters-Album sind heute ganze vier Songs dabei, der Rest des Sets aus 17 Songs präsentiert sich als Best-of aus dem reichhaltigen Back-Katalog Delains. Viermal We Are The Others, dreimal April Rain und selbst vom allerersten Album Lucidity werden zwei Songs gespielt. Es wird also für jeden Fan etwas geboten. Und die geben eine Menge Begeisterung zurück. Im fast komplett gefüllten Hellraiser ist die Stimmung von Anfang an begeistert. So ist es auch kein Wunder, dass nicht nur Gitarrist Ronald Landa zwischen den Songs mit dem Publikum interagiert, sondern sich auch Diana Leah gar nicht genug über die Begeisterung des Publikums freuen und dafür bedanken kann. So überwältigt ist sie von der positiven Stimmung. Und als sei es noch nicht alles schön genug, haben Delain auch noch Paolo Ribaldini mit auf Tour genommen. Der Italiener, der seit Jahren in Helsinki lebt, dort sogar 2015 den Unikurs „Heavy Metal-Musik in zeitgenössischer Geschichte und Gesellschaft“ als Dozent anbot und schon bei diversen Metal-Bands Gastbeiträge geleistet hat, hatte im letzten Delain-Album die Songs Beneath, Queen Of Shadow und Invictus mit seinem Gesang unterstützt. Auf dem Konzert singt er nun eben dieses Queen Of Shadow im Duett mit Diana. Beim im Anschluss folgenden Your Body Is A Battleground übernimmt er auch gleich den männlichen Gesangspart. In der Studio-Version war dies noch Marko Hietala von Ex-Nightwish. (Aber der konnte wohl gerade nicht. ;)) Ebenso singt Paolo bei The Gathering vom zweiten Album April Rain und Control The Storm von der Debüt-Scheibe. Auch beim letztgenannten Song war Marko Hietala der Sänger der Studio-Version. Ribaldini war übrigens schon Teil der Tour 2023. Die Fans, die das Hellraiser heute Abend gefüllt haben, sind am Ende des Konzertes jedenfalls begeistert und feiern die Band zwischen jedem Song bis zum Ende.