Doro & No Sleep For Lucy am 09.03.2019 in der La Laiterie in Straßburg

„Unwetter über Strasbourg – Metallischer Wirbelwind!“

Event: Forever Warriors – Forever United – European Tour 2018 / 2019

Headliner: Doro

Vorgruppe: No Sleep For Lucy

Ort: La Laiterie, 13 Rue du Hohwald, 67000 Strasbourg, Frankreich

Datum: 09.03.2019

Kosten: 28,00 €

Genre: Rock, Hardrock, Heavy Metal, Modern Rock

Besucher: ca. 450

Veranstalter: La Laiterie  https://www.artefact.org/la-laiterie/die-laiterie

Link: https://www.facebook.com/events/840527589478446/

Setlisten:


01. Bleeding (Intro)
02. Moments
03. Mistake
04. Pride / Leaving Ground
05. Final Call
06. Closure
07. Feel Alive
08. Until The End
09. Don`t Let Go
10. Going Down


01. Raise Your Fist In The Air
02. I Rule The Ruins (Warlock Cover)
03. Bastardos
04. Blood, Sweat And Rock`n Roll
05. Burning The Witches (Warlock Cover)
06. Fight For Rock (Warlock Cover)
07. Soldier Of Metal
08. The Night Of The Warlock
09. 1000 Years
10. Metal Racer (Warlock Cover)
11. Für Immer (Warlock Cover)
12. Out Of Control (Warlock Cover)
13. Breaking The Law (Judas Priest Cover)
14. Hellbound (Warlock Cover)
15. Drum Solo
16. All For Metal
17. All We Are

 

Der Weg über die Grenze ins benachbarte Elsass ist ja mittlerweile schon Gewohnheit, doch heute treibt es mich nicht nach Colmar, sondern in die La Laiterie im etwa 60 Minuten entfernten Straßburg. Die Laiterie ist ein kultureller Veranstaltungsort mit zwei Konzertsälen in einem ehemaligen Fabrikgelände im Straßburger Bahnhofsviertel, wo Artefact PRL als Veranstalter jährlich zwischen 450 und 650 Konzerte der unterschiedlichsten Genres organisiert und von Newcomer- und Regiobands, über Spartenmusiker bis hin zu bekannten internationalen Acts der Musikszene gleichermaßen in die französische Metropole holt. So ist die Location auch für Rock- und Metalfans immer mal wieder ein interessanter Anlaufpunkt. Für heute stehen die deutsche Metal Queen Doro Pesch und die schwedischen Newcomer No Sleep For Lucy auf dem Programm und locken einige Hundert Besucher in die alten Fabrikhallen.

Schon bei der Ankunft gegen 19:00 Uhr steht eine lange Schlange vor dem Einlass, doch die Security ist recht human und so geht die Einlasskontrolle fix über die Bühne. Auch mein Fotopass ist kein Problem, doch drinnen ist dann irgendwie alles Sch….e! Es gibt kein Fotograben und die ersten Reihen sind natürlich längst voll, da gibt es kein Durchkommen mehr. Somit habe ich Zeit, kann mich ganz in Ruhe mit etwas Flüssigem versorgen, ein paar Bekannte begrüßen und das Merch checken, nur wie ich hier Fotos machen soll, das ist mir ein Rätsel. Nun verstehe ich auch, wieso zwei, drei französische Fotografen an der Abendkasse gleich abgewunken und unverrichteter Dinge wieder gegangen sind.

Gegen 19:30 Uhr ist es dann so weit und die Schweden von No Sleep For Lucy entern zu dem Intro Bleeding die Bühne und steigen mit einem poporientiertem, synthlastigen Moments in ihr Set ein. Die Band sagte mir bis heute rein gar nichts und auch als ich heute Nachmittag auf YouTube ein Ohr riskiert habe, löste der Poprock der Stockholmer bei mir keine große Begeisterung aus. Dementsprechend herrscht nun auch noch nicht der ganz große Andrang vor der Bühne, viele stehen noch draußen und vertreiben sich mit Zigarette, Bier und netten Gesprächen die Zeit. Zwar sind die ersten Reihen immer noch gut gefüllt, doch die frühen Vögel warten durchweg nur auf Doro, wie an den Kutten und Shirts leicht zu erkennen ist. Die Newcomer um den Frontmann Lukas Meijer geben sich auf der Bühne sichtlich bemüht und wollen einige neue Fans hinzugewinnen, doch der Modern Rock-Sound löst hier keine ganz großen Begeisterungsstürme aus. Die Jungs wissen durchaus, was sie tun und haben gewiss auch schon einige Bühnenerfahrung und ich könnte sie mir sehr gut beim Rock Am Ring Festival vorstellen. Songs wie Leaving Ground, Feel Alive und Until The End haben durchweg Radiopotenzial und könnten am Ring die Massen begeistern, hier und heute passt es aber irgendwie nicht ins Konzept. Phasenweise muss man sofort an 30 Seconds To Mars oder auch Lifehouse denken, gut gemachter, moderner, epischer und atmosphärischer Poprock mit Mitgrölrefrain, doch bei den Doro Fans können die Schweden kaum punkten. Technisch gibt es zwar nichts auszusetzen, die Jungs beherrschen durchweg ihre Instrumente und der Sänger versteht es sogar mit einer Akustikklampfe umzugehen, aber dem melodischen Rock fehlt ganz einfach der gewisse Härtegrad. Zwar erntet man hier und da einen Höflichkeitsapplaus, aber ebenso viele Besucher stehen auch einfach nur abwartend da und lassen es über sich ergehen. Da hat die Düsseldorfer Metal Queen bei der Auswahl ihrer Support Bands in früheren Zeiten, z.B. mit Dare oder auch Maxxwell, schon ein besseres Händchen gehabt, sofern die Lady denn ein Mitspracherecht hatte. Doch man muss nur lange genug warten und dann geht nach gut 45 Minuten mit Going Down auch dieser Auftritt zu Ende und die Jungs werden nun doch noch fairerweise mit Applaus verabschiedet.

Während der Umbaupause wird es dann schlagartig voll und immer mehr Leute drängen sich in den Konzertsaal. Der Abend ist zwar nicht ausverkauft, aber die Laiterie ist gut gefüllt. Wirklich aufgeheizt ist das Publikum nun zwar nicht, aber nötig ist das eh nicht, die Doro Fans haben in der Vergangenheit oft genug bewiesen, dass sie jederzeit von Null auf Hundert durchstarten können. So ist es dann auch, als zuerst Drummer Johnny Dee, Bassist Nick Douglas und die beiden Gitarristen Bas Maas und Luca Priciotta und dann endlich der kleine metallische Wirbelwind zu Raise Your Fist In The Air auf die Bühne stürmen. Von jetzt auf gleich ist die Menge auf Betriebstemperatur und unzählige Fäuste werden zur düsteren Hallendecke gereckt. Die Stimmung ist von Beginn an eine ganz andere, die Powerhymne wird laut mitgegrölt und lässt einige Fans regelrecht explodieren. Etwas verwunderlich ist jedoch, dass hier im Elsass die englische Version auf die Bühne gebracht wird, ich hätte dann doch zumindest ansatzweise die Französische erwartet, die ja damals als Bonustrack auf der gleichnamigen EP veröffentlicht wurde. Der Stimmung tut das aber natürlich keinen Abbruch. An Doro scheiden sich ja bekanntlich die Geister, man liebt sie oder man hasst sie, doch heute Abend nimmt sie mit dem sensationellen Einstieg gleich allen Hatern den Wind aus den Segeln. Danach prasseln natürlich wieder die allseits bekannten Dankpreisungen auf die Fangemeinde nieder, doch bei Doro wirkt es ehrlich, ich habe noch nie jemanden getroffen, der sich so authentisch über jeden einzelnen Fan, über jeden Applaus, über jede Sympathiebekundung freut, wie die gebürtige Düsseldorferin. Danach geht es mit dem alten Warlock Kracher I Rule The Ruins vom legendären Triumph And Agony Album weiter, der jahrelang der Einsteiger in jedes Liveset war. Unglaublich, aber der Track ist mittlerweile 32 Jahre alt, doch von Alterserscheinungen ist nichts zu spüren. So, wie ja auch uns Doro offenbar nicht altert. Obwohl sie in unseren Breitengraden seit vielen Jahren omnipräsent ist und auf gefühlt jedem Festival aufspielt und mindestens einmal im Jahr eine erfolgreiche Headliner-Tour in Gang bringt, scheint sie jedes Jahr jünger, wilder und energetischer zu werden. Mit dem thrashig angehauchten Ausnahmetempomacher Bastardos folgt dann ein erster aktueller Song vom Doppelalbum Forever Warriors / Forever United. Bei der schnellen, treibenden Doublebassrhythmik kann sich Johnny Dee an der Schießbude so richtig verausgaben und verlangt auch den Fans so einiges ab, so ist es doch eine der härtesten Nummern der Düsseldorferin überhaupt. Aber auch die Saitenfraktion in Form der beiden Gitarristen Luca und Bas steht dem in nichts nach und Bassist Nick ist eh immer eine Klasse für sich. Um die Hünen wirbelt natürlich immer der kleine blonde Wirbelwind herum, lässt die Haare fliegen und reckt die Fäuste. Auch Blood, Sweat And Rock ’n‘ Roll, eine ebenfalls aktuelle Uptemponummer mit NWOBHM-Einschlag, kann begeistern. Danach geht es aber auf der Zeitreise weit zurück, denn den Anhängern wird Burning The Witches um die Ohren geblasen – der Song, mit dem im Jahr 1984 alles anfing. Mit dem Song revolutionierte das noch junge Fräulein Pesch die deutsche Metalszene, denn es gab keine ernst zu nehmende Konkurrenz mit weiblicher Frontröhre. Scheiße, was bin ich ein alter Sack, denn diesen Song habe ich schon vor Veröffentlichung des Burning The Witches Album live in einer kleinen Düsseldorfer Punkkneipe gehört. Jedoch hat der Metalklassiker in all den Jahren nichts von seiner Qualität verloren und wird hier abgefeiert, als würde es kein Morgen mehr geben. Auch Fight For Rock, vom umstrittenen 1986er True As Steel Album, reiht sich hier perfekt ein. Ich persönlich liebe die Nummer und es ist immer eine willkommene Abwechslung, wenn entweder Evil, oder eben Fight For Rock, auf der Setlist auftauchen. Damit stehe ich offenbar nicht alleine, denn gerade bei diesen Uraltnummern kommt richtig Bewegung in die Doro Fan Army. Und nicht nur die, denn auch jede Menge nicht typische Metalfans haben sich heute Abend versammelt und können nicht stillstehen. Mit Soldier Of Metal folgt dann die erste Ballade des Abends und sorgt für unzählige gezückte Handys im Publikum. Eigentlich sollte sich mittlerweile herumgesprochen haben, dass diese Handyvideos eine grottenschlechte Qualität haben, die dem Liveerlebnis nicht im Geringsten gerecht werden, aber leider nimmt man das auch hier wieder in Kauf und „genießt“ das Konzert lieber durch das eingeschränkte Display. The Night Of The Warlock erinnert dann vom Titel her natürlich an die Anfangszeit unter dem Warlock Banner, auch wenn der Track etwas gebremst daherkommt und die Power von damals nicht transportieren kann. Dafür gibt es hier dann etwas für das Auge, denn schon gewohnheitsmäßig betritt der Warlock die Bühne und post abwechselnd mit den Musikern und sorgt wieder für viele gezückte Handys. Leider wird das durchweg düstere, blutrote Licht hinterher wieder für viele enttäuschte Gesichter beim Sichten der Fotos sorgen. Enttäuscht ist hier aber niemand, denn die Band ist gut drauf und die Spielfreude überträgt sich in jedem Moment auf das Publikum, das aus Franzosen, aber auch auffallend vielen Deutschen besteht. Mit 1000 Years wird noch einmal mächtig auf die Tränendrüse gedrückt, aber die gefühlvollen, leisen Momente gehören genauso zu Doro, wie die Metalkracher der alten Schule. Ein solcher folgt direkt im Anschluss in Form von Metal Racer und der sorgt wieder für fliegende Fäuste und wirbelnde Haare. Die Kultblondine zieht alle Register und so reiht sich ein Hit an den anderen, doch mit Für Immer folgt dann endlich die Nummer, mit der sie sich schon vor über 30 Jahren unsterblich gemacht hat. Als hätten alle nur auf die deutsch/englische Ballade gewartet, steigt nun die ganze Laiterie in den Gesang mit ein. Doro streckt den Fans ihr Mikro entgegen und…, nun ja, es klingt nicht schön und sehr schräg, aber die Franzosen erweisen sich zumindest als sehr textsicher. Überhaupt agiert die kleine Frau mit der großen Stimme viel mit ihren Fans und schüttelt zwischendurch immer wieder unzählige Hände, aber so nah wie hier kommt man sich ja auch nicht jeden Tag. Die Fans feiern Doro und irgendwie auch ihre eigene Jugend, denn mit Für Immer hat garantiert jeder seine ganz eigenen Erfahrungen gemacht und nicht wenige werden hier in denen schwelgen. Mit Out Of Control wird dann wieder die Keule und im Publikum die Luftgitarre ausgepackt. Judas Priest gehörten in Doros Jugend zu ihren ganz großen Idolen und waren mit Grund dafür, dass sie im hart rockenden Lager gelandet ist. Somit war es nicht weiter verwunderlich, dass die zierliche Lady im Jahr 2004 deren großen Klassiker Breaking The Law coverte, ein Song, der seitdem auch eine feste Größe auf ihren eigenen Setlisten ist. Jeder kennt natürlich die British Steel Nummer und so kocht die Stimmung direkt wieder hoch, sofern sie nicht sowieso während des ganzen Auftrittes hochgehalten wird. Auch Hellbound, Titeltrack des zweiten Warlock Albums, ist solch eine Nummer, die immer funktioniert, genauso wie das fulminante Drumsolo Johnny Dees im Anschluss, dass die Stimmung erdbebengleich von einem Höhepunkt zum nächsten treibt. Der US-amerikanische Drummer gibt alles und noch viel mehr und als Erklärung für diesen metallischen Sturm zeigt er nur auf seinen angespannten Bizeps. Damit geht der Abend dann auch schon fast dem Ende zu, doch zuvor bringt das stampfende All For Metal noch einmal alles mit, um Doro Fans glücklich zu machen. In der Albumversion hatte die quirlige Düsseldorferin mit Mille Petrozza (Kreator), Jeff Waters (Annihilator), Johan Hegg (Amon Amarth), Ross The Boss (Ex-Manowar), Chuck Billy (Testament), Warrel Dane (Sanctuary, Nevermore) und Sabaton eine illustre Gästeschar um sich versammelt, doch auch ohne diese funktioniert der Song bestens und verlangt den Fans noch einmal alles ab. Es wird gegrölt und gebangt und die smarte Frontfrau zeigt dazu immer wieder ihre schwarze Leder/Nieten-Pommesgabel. Seinerzeit wurde die Hymne als zweites All We Are angepriesen, doch das kann es natürlich nur einmal geben und mit eben diesem wird nun das große Finale eingeläutet. Noch einmal stimmt nahezu die gesamte Location mit ein und bringt das ehemalige Fabrikgebäude zum Wackeln. Natürlich könnte es jetzt ewig so weitergehen, denn mit Evil, dem Metal Tango, You Hurt My Soul, der Rhein Fire Hymne Burn It Up, Fall For Me Again, Love Me Forever, Bad Blood… würden mir noch eine Menge Songs einfallen, die jetzt noch folgen könnten. Auch der Sprechgesang von The Fortuneteller wäre mal wieder ganz nett, aber bekanntlich kann man nicht alles haben. Doch auch so sollte heute jeder Fan glücklich und zufrieden nach Hause gehen, denn Doro und ihre Jungs haben wieder einmal alles gegeben.