Alexandra D.

Eine Redakteurin denkt sich durch die Musikwelt – Musik und was sie mit uns macht

Alex denkt mal wieder …

Seit Tagen dreht sich ein Thema in meinem Kopf und ich versuche, es zu einem Text zu sortieren: Musik und was sie mit uns macht.
Und ausgerechnet heute las ich bei einem Künstler genau zu diesem Thema einen sehr interessanten Text. Er beschäftigte sich damit, wie sehr es ihn berührt, wenn Menschen ihm für seine Musik danken und damit etwas verbinden.
Ich weiß, dass die meisten meiner Freunde auf Facebook irgendwie mit Musik zu tun haben. Viele habe ich auf Konzerten kennengelernt oder sie sind selbst Künstler, Booker, Fotografen oder Redakteure. Und viele lieben und leben einfach für Musik. Reisen ihren Bands hinterher, teilen Beiträge, saugen alles auf, was die Musiker preisgeben und feiern sie auf Konzerten. Warum tut man das? Warum gibt man einen Haufen Geld aus für Konzerttickets und Hotels, opfert Urlaubstage, nur um jeden Abend wieder genau das gleiche zu hören und zu sehen?
Das versteht man nur, wenn man sich drauf einlässt. Konzert ist nie gleich Konzert, Musik ist nie gleich Musik. Ich bin in vielen Genres unterwegs, gerne Metal oder Deutschpunk, aber auch vieles andere habe ich mir schon angesehen. Manches aus reiner Neugier. Tatsächlich war eins der beeindruckendsten Konzerte Guildo Horn kurz nach seinem Erfolg mit Guildo Hat Euch Lieb. Ich weiß gar nicht mehr, wie ich auf das schmale Brett gekommen war, dorthin zu fahren, aber dieses Konzert ging über drei Stunden und wir gingen in Unterwäsche heim, weil alles so verschwitzt war, dass wir es ausziehen mussten.
Wer einmal auf Wacken war und sich dort ein wenig mit seinen Mitmenschen beschäftigt hat, der ist sicherlich mit vielen neuen Freunden heimgefahren. Musik verbindet, man hat direkt ein Gesprächsthema, schaut sich gemeinsam die Künstler an, erweitert im besten Fall sogar sein Hörgebiet und entdeckt völlig neue Bands für sich. Das Schöne ist, Musik ist überall. Man kann sie pfeifen, summen oder singen. Sie läuft im Supermarkt, im Auto oder auf der Arbeit. Ich habe einen interessanten Bericht darüber gelesen, dass das Angstzentrum im Kopf ausgeschaltet wird, wenn man singt. Manche Songs tauchen kurz auf, andere bleiben ein Leben lang. Musik begleitet uns, ist Seelentröster, Stressvertreiber, Glücksgefühlproduzent und Gänsehautauslöser.
Hinter all dem, was Musik für uns bedeutet, stecken viele Menschen, die ihr Herzblut darin investieren, ihre Gefühle und ihre Geschichten zu offenbaren, indem sie sie in ihren Songs verewigen. Die ihren Schmerz oder ihre Wut, ihr Glück und ihre Freude mit uns teilen. Die uns ein Stück in ihr Leben lassen und uns erlauben, ihre Songs für uns zu nutzen und unsere eigenen Gefühle und Erinnerungen damit zu verknüpfen.
Ich fand und finde es gerade zur jetzigen Zeit so wichtig, dass sie dafür Feedback bekommen. Immer wieder müssen Konzerte abgesagt oder verschoben werden, weil nicht genug Tickets verkauft werden. Das liegt nicht daran, dass wir die Musik nicht mehr mögen. Es ist einfach grad für alle schwierig. Viele haben Geldsorgen und können sich die gestiegenen Eintrittspreise nicht leisten, Konzerte der letzten Jahre werden nachgeholt und führen zu Überschneidungen. Und ich glaube, sehr viele von uns haben einfach gelernt, zu Hause zu bleiben und sind noch nicht wieder auf dem Ausgeh-Niveau von vor der Pandemie.
Auch ich muss mich viel mehr aufraffen. Wo ich früher auf mindestens drei bis vier Konzerten im Monat war, bin ich jetzt so langsam wieder bei ein bis zwei. Aber es wird wieder mehr und es macht wieder Spaß. Niemand kann vor dem Fernseher dieses Gefühl nachempfinden, wenn man vor der Bühne steht, die Künstler live vor sich hat, die Spielfreude von der Bühne fließt und das Publikum davonträgt. Glückliche Gesichter, Tränen und Lachen, die Emotionen springen hin und her. Jeder Song hat für die Musiker eine Bedeutung. Aber auch jeder im Publikum verbindet damit persönliche Begegnungen, traurige und glückliche Momente und lässt sich mitnehmen und treiben.
Ich habe es mal wie eine Blase beschrieben, die mich einhüllt, sobald die ersten Takte der Musik beginnen. Sie bildet sich um mich herum. Die Gedanken werden ausgesperrt, ich höre das Schlagzeug, die Gitarren. Die Bässe dröhnen in den Füßen und ein Wohlgefühl breitet sich aus. Spätestens bei der ersten Zeile bin ich in meiner Glückszone angekommen und ich fühle mich einfach nur noch wohl, genieße es, mit meinen Freunden und Bekannten zu sein, feiere, singe und tanze. Diese Auszeiten lassen mich auftanken. Sie geben mir Kraft und Energie. Wenn ich hinterher verschwitzt und erschöpft in meinem Auto sitze und heimfahre, dann bin ich einfach glücklich. Die Blase bleibt noch eine Weile, bis sie schließlich verblasst. Die Musik aus dem Radio lässt sie nicht wiederkommen, aber das nächste Konzert wird sie mir zurückbringen. Und so ist jeder Abend mit Livemusik vielleicht ähnlich, aber nie gleich. Die Menschen im Publikum wechseln, die Locations sind immer wieder anders. Mal der kleine Club, mal im Stadion oder vielleicht sogar in irgendeinem Wohnzimmer. Ich war schon auf Konzerten im Garten, auf Schiffen, in großen Hallen und kleinen Kneipen und alles war besonders und ist im Herzen gespeichert. Und auch die Ansagen mögen sich ähneln und doch sind sie jedes Mal anders, wecken an einem Tag oder Ort andere Erinnerungen im Künstler als grade noch gestern beim letzten Konzert. Und so füllen wir dank dieser Menschen, die sich für uns auf die Bühne stellen und für uns performen, unsere Seelen mit wunderschönen Momenten. Mit Erinnerungen, die uns niemand nimmt und mit einem Glücksgefühl, das wir mit nach Hause nehmen dürfen. Vielleicht ist es manchem Songwriter gar nicht so bewusst, welch großes Geschenk er uns macht. Vielleicht weiß manche Band gar nicht, wie sehr wir jeden Facebook-Post verfolgen. Vielleicht denken manche Künstler, dass es doch eh keinen so wirklich interessiert, was sie da in ihre CD-Klappentexte schreiben oder ob der neueste Song nur als MP3 oder doch noch auf CD erscheint. Doch, es interessiert uns! Wir sind alle noch da! Wir lesen, hören und konsumieren eure Kunst! Und es ist dringend Zeit, Danke zu sagen, für all die wunderbaren Momente, die ihr uns schenkt! Wenn ihr, wie ich, die Musik liebt, dann geht wieder mehr los. Besucht Konzerte, lasst auf den Social-Media-Kanälen Kommentare oder Likes unter den Beiträgen eurer Lieblingsbands. Gebt den Künstlern Feedback, unterstützt sie durch den Kauf von Merchartikeln und Tonträgern und vor allem: Vergesst nicht die kleinen Bands! Gebt ihnen eine Chance und supportet sie. Und wer jetzt denkt, er kann es sich nicht leisten: Es kommt der Frühling und damit endlose kostenlose Konzerte auf Stadtfesten und Festivals. Geht ins Publikum und gebt den Künstlern durch euren Applaus ein bisschen von dem wieder, was sie für uns tun.
DANKE FÜR EURE MUSIK!!! 🙂