Hellfire Over Ilsenburg Part I am 18.03.2023 im Haus der Vereine in Ilsenburg

Nospheratu, Bloodshed und Torturized entfachen ein Höllenfeuer im idyllischen Harz

Eventname: Hellfire Over Ilsenburg Part I

Headliner: Torturized

Vorbands: Nospheratu, Bloodshed

Ort: Haus der Vereine, Ilsenburg (Harz)

Datum: 18.03.2023

Kosten: 10 € VK, 13 € AK

Genre: Deathgrind, Death Metal

Besucher: ca. 175 Besucher

Veranstalter: Sven „Svenner“ Gödecke (Hellfire BBQ)

Link: Facebook

Setlisten:

  1. The Homicide Continues
  2. Massive Spastic Execution Of Disgorging
  3. 16 Nons
  4. About Burning And Eating
  5. Tote Oma
  6. A Tank Full Of Blood
  7. Beheaded
  8. Cunt Hunt
  9. World Demise
  10. Humpa
  11. Malignant Wedding
  12. Motörhead
  13. 8*8
  14. 5 Seconds
  15. Bad Red Cat

  1. Rising (Intro)
  2. Serenade Of Hate
  3. Morbid Comprehension
  4. … And So We March
  5. Day Of The Rope
  6. Harvest
  7. Calling Of Tzhe Afterworld
  8. Return Of The Legion
  9. Gospel Of The Dead
  10. Path Of Redemption
  11. Infernal Bloodshed

  1. Inversion
  2. Maelstrom
  3. Asylum
  4. Dissolution
  5. Nebula
  6. Caustic
  7. Ecocide
  8. Aftermath
  9. Dehumanization

Völker, hört die Signale! Wenn man wie ich in einem kleinen Dorf im Nordharz wohnt, hat man zwar allerhand idyllische Natur um sich herum und arbeitet im besten Fall dort, wo andere Urlaub machen … aber für eine amtliche Abrissparty in metallischer Form muss man sich im Normalfall mindestens eine Stunde ins Gefährt setzen, um Magdeburg oder gar Hannover und Leipzig anzusteuern. Punkte auf der Habenseite für vernachlässigte Harzer Dorfis sammelte in den letzten Jahren bereits das sympathische Heimburger Metalnacht Festival.

Neben Großveranstaltungen in der Harzlandhalle, die zumeist aus den Ressorts Comedy und Schlager kommen, konnten geneigte Hörer härterer Klänge im Heizhaus auch mal Punkrock und Hardcore lauschen. Nun soll es in Ilsenburg wieder laut werden: Dort, wo der Metalclub Harz e.V. vor vielen Jahren schon legendäre Nächte mit Szenegrößen wie Belphegor oder The Vision Bleak feierte. In der idyllischen Kleinstadt an der Ilse schnüre ich sonst nur meine Wanderstiefel, die ich am heutigen Abend gegen Tanzschuhe tausche. Den Schönheitspreis hat das Haus der Vereine mit Fachwerkpracht und Türmchen als Location für den heutigen Abend schon mal gewonnen. Obwohl man sich beim Betreten eher die sorgfältig aufgestellten Stuhlreihen und gediegene Tanzbälle vorstellt, als einen Abriss mit Deathgrind und Death Metal. Dafür sorgen heute Veranstalter Svenner (Hellfire BBQ), der mit seiner Band Nospheratu am Start ist, welche ich schon im November letzten Jahres bei der Factory Metal Night in Machdeburch bestaunen konnte. Eingeladen wurde zudem die Helmstedter Death-Metal-Formation Bloodshed, die bereits seit den Neunzigerjahren Blut auf Underground-Tanzflächen vergießt und zu guter Letzt TFM-Kollege Siggi mit seiner Todesblei-Dampfwalze Torturized. Na, dann kann es ja losgehen.

Siggi (li.) und Lu (mi.) von Torturized helfen einem Freund in Not. Rechts im Bild Veranstalter Svenner. Pic by Flo W.

Die Organisation vor Ort ist lobenswert. Getränke, Cocktails, Schnappes, Essen, Merch – es fehlt an nichts. Nur die Parkplatzsituation könnte bei einer größeren Anzahl angereister Metalheads zum Problem werden. 175 Metaller sind dem Ruf von Svenner gefolgt und haben den Weg nach Ilsenburg gefunden. Die Deckenhöhe im Saal bereitet mir zunächst Bauchschmerzen, was die Umsetzung des Sounds angeht. Deshalb an dieser Stelle ein dickes Lob an die Crew, die den Sound unter schwierigen Bedingungen voll im Griff hat. Bevor das Tanzbein geschwungen wird, richtet Torturized-Sänger Lu einige ernste Worte ans Publikum. Ein Freund der Band benötigt dringend Unterstützung in finanzieller Form. Zu diesem Zweck wird ein Gemälde mit dem Artwork des 2017er-Albums Omnivore gegen eine Spende verlost. Svenner bedankt sich anschließend bei allen Organisatoren und betont unter Beifall, dass er das Event etablieren und den Metal zurück nach Ilsenburg bringen möchte – ich bin dafür!

Nospheratu, Hellfire Over Ilsenburg 2023, Pic by Flo W.

Nachdem der Skeeter Davis Schmachtfetzen The End Of The World vom Band läuft, sorgen Nospheratu ab 20:30 Uhr mit passendem „Kettensägenmassaker-Intro“ für gute Laune. Ja, bei Deathgrind darf man auch Spaß haben, das beweisen die Jungs aus meiner „Nachbarschaft“ Osterwieck nur zu gut. Ich entschuldige mich für meinen Eventbericht aus Magdeburg, bei dem ich Frontschwein Fred als „schmale Statur“ bezeichnet habe. Der Typ ist eine echte Maschine. Sowohl der Körperbau als auch die Reißnägel-gurgelnde Stimme machen Eindruck. Seine unfreiwillig komischen Ansagen wie „So, das war das erste Lied“ oder „Jetzt geht’s los“ in knuffigster Tonlage, lassen kein Auge trocken. Der Saal ist schon gut gefüllt, doch in die Nähe der Bühne trauen sich nicht viele. Spätestens ab dem „Nonnen-Song“ gibt es so etwas wie einen kleinen Moshpit. Auch Svenner hinter der Schießbude wird warm, sodass kurzerhand ein Ventilator hermuss. Songs wie A Tank Full Of Blood oder Cunt Hunt werden stoisch durchgerumpelt und sogar das eine oder andere Solo verirrt sich in den traditionellen Deathgrind-Sound. Einfach nur sympathisch, was die Jungs da machen. Der Vorteil, wenn man kurze schnelle Grindbolzen zockt: Man bekommt gut 15 Briketts in 45 Minuten auf die Bühnenbretter gestapelt. Mein zweiter Ausflug in die Nospheratus Gruft war ein voller Erfolg.

Bloodshed, Hellfire Over Ilsenburg 2023, Pic by Flo W.

Nach einer 30-minütigen Umbaupause dürfen Bloodshed aus Helmstedt die Menge zum Schwitzen bringen. Das Erste, was auffällt: Das Quartett kommt ohne Bassisten aus. Die Bassspuren, eingespielt von Gitarrist Robert, kommen vom Band, was dem Ganzen aber keinen Abbruch tut. Was für Big Player wie Powerwolf taugt, funktioniert auch hier. Das Zweite, was mir auffällt: Wie konnte ich die seit Mitte der Neunziger aktive Band bisher verpassen? Aufregung beim ersten Auftritt nach dreijähriger Bühnen-Abstinenz merkt man den Jungs zu keiner Sekunde an. Der mit technischen Finessen auf den Griffbrettern der Saitenhexer Robert und Paul gespickte Death Metal ist genau mein Ding. Der Wechselgesang mit den Screams von Paul und den Growls von Frontmann Todd funktioniert hervorragend. Apropos Frontmann: Todd ist eine echte Macht am Mikro. So sehr ich den Kontrast von Growls zu Ansagen bei Nospheratu auch feiere, aber diese gegrunzten, lang gezogenen Ansagen à la George „Corpsegrinder“ Fisher sind einfach ein Highlight. Die nächste Nummer wird vom Sänger als echter Kopfnicker angekündigt, „egal, ob an der Theke oder auf’m Klo“. Wo er recht hat. Day Of The Rope ist eines von drei neuen Stücken an diesem Abend – Release noch offen. Weiter geht’s mit dem zunächst ruhig startenden Harvest, das, wie die meisten Songs an diesem Abend, vom 2016er-Output Rising stammt. Das ebenfalls neue Stück Gospel Of The Dead wird allen gewidmet, die zu früh von uns gegangen sind und sorgt für wohlige Schauer, ehe der Auftritt mit dem Bandklassiker Infernal Bloodshed schließt. Die Mischung aus Blastbeats, introvertierten Passagen, technischen Spielereien und synchronem Slow-Mo-Headbanging treibt mir 45 Minuten lang ein fettes Grinsen ins Gesicht. Direkt mal die nächste Umbaupause nutzen, um eines der unverschämt günstigen Bandshirts der Jungs aus Helmstedt abzugreifen.

Torturized, Hellfire Over Ilsenburg 2023, Pic by Flo W.

Schon beim Soundcheck von Torturized merkt man, dass die Jungs im „Tunnel“ sind. Wer sie einmal abseits der Bühne und danach im Kontrast auf den Brettern erlebt hat, weiß, was ich damit meine. Dr. Jekyll und Mr. Hyde. 23 Uhr: Die Bühne wird in blaues Licht getaucht. Das Intro läuft vom Band, ehe das Aftermath-Set startet. Die Haare fliegen, die Gänsehaut lässt nicht lange auf sich warten. Frontmann Lu animiert die Menge, die sich am Abend bisher sehr verhalten gezeigt hat. Animateure auf Malle sind nichts gegen dieses Biest. „Bewegt euch“ fordert er und bekommt Rückmeldung beim Song Asylum. „Deaaaad Seeet Societyyy“ – geil, Freunde. Ich hab Bock! Lange hält mich nichts mehr an der Kamera. Siggi glänzt mit Propeller-Headbanging, Lu steht am Bühnenrand und wirft die Arme in die Luft. Egal, ob 200 oder 20.000, er könnte ein Heer in die Schlacht führen. Dazu sitzt Drummer Lars wie ein Uhrwerk hinter seinem Drumkit. Diese Maschine bringt so schnell nichts aus dem Konzept. Der „Teufelsdreier“ aus Caustic, Ecocide und Aftermath steht in den Startlöchern und für mich gibt es kein Halten mehr. Macht Platz, ich will tanzen. Lu hat auch Bock und kommt zum Moshen in die Menge. Endlich Bewegung. Nur das vereinzelte Violent Dancing muss auch angesichts des großzügigen Platzes vor der Bühne nicht sein. Na ja, der eine oder andere landet dabei auf dem Hintern. Karma is a bitch. Ich habe jedenfalls wiederholt Spaß mit dieser Abrissbirne in Menschengestalt und erneuere meine Aussage, dass Torturized für größere Aufgaben bestimmt sind. Rockharz-Team, wo bleibt euer Anruf? Na ja, ich schaue mir die Jungs auf jeden Fall auf dem Heimburger Metalnacht Festival an. Als fette Zugabe gibt es noch das Kraftpaket Dehumanization vom Omnivore-Album. Amtliches Brett, mit dem man alle Metalheads getrost in den abendlichen Ausklang entlassen kann.

Bevor es lautstarke Musik (Auflagen gibt es im friedlichen Wohngebiet scheinbar nicht?) aus der Dose gibt, wird noch der glückliche Gewinner des Eingangs erwähnten OmnivoreGemäldes bekannt gegeben. Ein rundum gelungener Abend in Ilsenburg geht zu Ende und ich hoffe auf Wiederholung in meiner Heimatregion.