Nocte Obducta – Mogontiacum (Nachdem die Nacht herabgesunken)

“Ein neuer Stein auf dem Turm zu Babel“

Artist:  Nocte Obducta

Herkunft: Deutschland

Album: Mogontiacum (Nachdem die Nacht herabgesunken)

Spiellänge: 65:19 Minuten

Genre: Avant-Garde Black Metal

Release: 08.07.16

Label: MDD Records

Link: http://www.facebook.com/pages/Nocte-Obducta/189142951148369?sk=wall

Bandmitglieder:

Gesang – Torsten
Gitarre, Gesang, Keyboard, Bassgitarre –  Marcel
Gitarre, Gesang – Stefan
Bassgitarre –  Heidig
Keyboard, Gesang – Flange
Schlagzeug – Matze

Tracklist:

  1. Am Ende des Sommers
  2. Glückliche Kinder
  3. Ein Ouzo auf den Nordwind
  4. Lethe, Stein und See – Teil I
  5. Löschkommando Walpurgisnacht
  6. Tango im Festungsgraben
  7. Desihra Mogontiacum
  8. Die Pfähler
  9. Am Waldrand
  10. Lethe, Stein und See – Teil II
  11. Im Dunst am ewigen Grab der Sonne

Nocte Obducta - Mogontiacum

Nocte Obducta gehören zu der Handvoll an Vereinigungen von Musikern, die den Glauben an einen möglichen geistigen Gehalt in der Musik bei mir aufrechterhalten. Mehr noch, mit Mogonatiacum (Nachem die Nacht herabgesunken) wird bewiesen, dass Wiedervereinigungen keine zwangsläufige Ausschlachtung eines Namens bedeuten müssen, sondern mitunter auch ein Impuls für eine progressive Expansion dessen sein können, was bis zum Zeitpunkt der Auflösung geschaffen wurde, um zu sagen, was noch nicht gesagt und zu spielen, was noch nicht gespielt ist.

Somit besetzt Nocte Obducta über den Rand des Genres eine besondere, wenn auch mit fortschreitender Zeit immer einsamer gewordene Stellung, nämlich die der noch nicht gänzlich ausgestorbenen Intelligenz, die unserer Spezies so gerne zugesprochen, aber, wie erwähnt, immer verschwommener zu erkennen ist.

Seit der genannten Wiedervereinigung sind fünf Jahre vergangen, mit dem hier zu rezensierenden Werk Mogontiacum ist seitdem das dritte Langspielalbum erschienen, insgesamt wurden bisher zehn Langspieler veröffentlicht. Eine gewisse Reifung konnte schon vor fünf Jahren verzeichnet werden, die Musik von Nocte Obducta war zwar noch nie ein rasender Sturm, doch der Anspruch an die eigenen künstlerischen Kreationen schien noch einmal gestiegen, plumpe Kompositionen waren immer noch nicht zu finden, im Gegenteil, die Werke waren ein noch ausgetüftelteres Ereignis als zuvor.

Und als selbst zwischen Verderbnis (2011) und Umbriel (2013) noch Fortschritte zu erkennen waren, glaubte ich selber an einen erreichten Zenit, das Ende der Fahnenstange, um es salopp zu formulieren und ging mit einer gewissen Skepsis an die neuen zehn Lieder, um im Falle des Nichtgefallens nicht zu tief gerissen zu werden.

Doch Mogontiacum stellt Umbriel in den Schatten. In allen Bereichen ist eine Steigerung des unsteigerbar Wirkenden zu verzeichnen, in jeder Idee steckt der Grundgedanke von Nocte Obducta und doch sind es keine Wiederholungen, sondern lediglich Bekanntes, das in Unbekanntes aufgebrochen wird.

Dazu trägt auch ein erhöhtes Spektrum der musikalischen Reichweite bei. Wer die ruhigeren Sequenzen bisher mochte, wird sich von der ersten Sekunde an zuhause fühlen, wer eher den Black Metal-lastigen Parts zugetan ist, wird in diesem Album eine kleine Revolution erleben. Nocte Obducta lebte bisher mitunter davon, dass fast jedes Mitglied auch zum Gesang beisteuert, dieses Mal ist dieser Aspekt noch deutlicher zu verzeichnen.

Dadurch wird ein Werk geschaffen, bei dem sowohl bei den kürzeren Liedern (unter anderem Löschkommando Walpurgisnacht, welches mit Zeilen wie „Löscht die Lohen, die da lodernd leidbringend nach Leibern lechzen„, jeden Deutschlehrer in Ekstase bringt) als auch bei längeren Liedern wie zum Beispiel Desihra Mogontiacum, das mit fast 20 Minuten Spielzeit für mich das Herzstück von Mogontiacum ist, niemals der Zweifel an der Aufrichtigkeit des Wollens entsteht. Dieses Werk ist von der ersten bis zur letzten Sekunde der langen Spielzeit genauso gewünscht und genauso richtig wie es ist.

Fazit: Wer sich mit Nocte Obducta schon einmal befasst hat, weiß, dass ein Album in einer Rezension nur schwerlich aufgegriffen werden kann, sodass man es in seiner Gänze versteht, ohne einen Ton gehört zu haben. Was leider bei viel zu vielen Gruppierungen möglich ist, ist insbesondere mit Mogontiacum nicht zu schaffen, außer einer Richtung, nämlich, dass es sich hier hörbar um ein Nocte Obducta-Album handelt und dass sich die schaffenden Künstler selber übertroffen haben, ist an dieser Stelle nicht abzugeben. Alles andere wäre auch ein Bruch mit der Qualität, die schon seit so vielen Jahren immer wieder aufs Neue aufgezeigt wird.

Anspieltipps: Desihra Mogontiacum
Gordon E.
10
Leser Bewertung3 Bewertungen
9.7
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