Suffocation auf European Tour 2024 im Kulturzentrum Faust in Hannover

Mit den Support-Acts Enterprise Earth, Sanguisugabogg und Organectomy

Eventname: Hymns From The Apocrypha European Tour 2024

Headliner: Suffocation

Vorbands: Enterprise Earth, Sanguisugabogg, Organectomy

Ort: Hannover, Kulturzentrum Faust

Datum: 11.02.2024

Kosten: VVK 27,50 €, AK 35 €

Genre: Death Metal

Besucher: ca. 550 Besucher

Veranstalter: Kulturzentrum Faust

Link: https://www.kulturzentrum-faust.de

Als im letzten Jahr Suffocation teilweise Konzerte absagen mussten, kommen diese nun mit geballter Kraft und dem neuen Album Hymns From The Apocrypha zurück.

Mit dabei sind Organectomy, Sanguisugabogg (ein fürchterlich zu schreibender Bandname!) und Enterprise Earth. Also eine bunte Tüte an Baller-Bands, die unterschiedlicher kaum sein können.

Die 60er-Jahre-Halle von der Faust ist rein von der Location ideal für solche Pakete und hat sich in den letzten Jahren immer wieder amtliche Schmankerl reingeholt. Für Anreisende mit dem Auto zwar etwas suboptimal – da der Stadtteil Linden hoffnungslos überlaufen ist und es quasi keine Parkplätze gibt, sollte man eher mit der Bahn oder dem Fahrrad kommen.

Credits: Lommer
Organectomy

Denn pünktlich zum Anpfiff um 19:00 Uhr sollte man da sein. Organectomy aus Neuseeland sind in der breiten Masse vielleicht noch so was wie ein Geheimtipp, im Slam und Brutal Death Metal aber schon bekannter. So ist während des Konzerts schon die eine oder andere Nase am Abspacken und es werden Hits wie Concrete, die neue Single Tracheal Hanging und mein All Time Favorit Severed From Humanity, rausgefeuert. Der Sänger Alex Paul weiß dabei, mit der Menge zu spielen und bangt sich die Rübe weg, wovon sich der Bassist Tyler Jordan eine Scheibe abschneiden sollte. Bisschen mehr Bewegung wäre schön, man darf aber auch nicht vergessen: Das Konzert in Hannover ist etwa Halbzeit von der vierwöchigen Tour. Da habe ich natürlich auch ein bisschen das Nachsehen und kann verstehen, dass es Tage gibt, an denen man auch mal einen Hänger hat. Dafür geht der Rest der Combo umso mehr ab und man merkt eine routinierte Eingespieltheit. Wie bei mittlerweile mehreren Bands nutzen auch Organectomy die technischen Möglichkeiten und so kommt die zweite Gitarre vom Band. Das aber auch nur bei Ein- bzw. Vorspielern.

Nach 30 Minuten ist leider Schluss, denn für meinen Geschmack hätten die gerne noch zehn Minuten länger machen können. So langsam sprang nämlich der Funke über, aber man soll ja aufhören, wenn es am schönsten ist.

Credits: Lommer
Sanguisugabogg

Bevor Sanguisugabogg (ich kürze die im Folgenden mit Sangu ab, alles andere zieht nur potenzielle Schreibfehler hinter sich her und es kann eh keine Sau richtig aussprechen) loslegen, ziehe ich mir erst mal was zu trinken. So ziemlich alles an Getränken bekommt man für drei Euro, und das ist doch mehr als fair. Doch „fair“ würde ich jetzt nicht unbedingt zu den Preisen fürs Merchandise sagen. So gehen die Shirts von allen Bands für 30 € übern Tisch. Man muss die also schon wirklich wollen und ein spontaner Kauf ist für mich bedauerlicherweise nicht drin.
Kurze Anmerkung, bevor es Gemecker gibt: Ja, Merch ist teuer geworden. Und das ist auch fast das Einzige, woran Bands noch Geld verdienen. Aber ich glaube und befürchte, dass hier eher Fans abgeschreckt werden, was zu kaufen, als zu sagen „Komm, nehme ich mal mit“.

Zwanzig Minuten Umbaupause später legen Sangu los. Erst mal auffällig: Wo ist der Bassist? Ah, den gibt es nicht. Etwas verwunderlich, da der Sound von Sangu echt fies am Drücken ist und untenrum ganz schön aufräumt. Im Vergleich zu Organectomy sind Sangu deutlich stumpfer und eher in den Bereich Cavemen Slam einzuordnen. Musikalisch funktioniert das live aber super und holt mich direkt ab. Sangu feuern Songs raus wie Pissed, Testicular Rot, Necrosexual Deviant, Menstrual Envy, Dragged By A Truck und man merkt: „Lyrisch“ orientiert man sich eher am PipiKacka-Humor gepaart mit fragwürdigen sexuellen Themen … Na ja, kann man machen, meins ist es aber nicht.

Die Musik funktioniert trotzdem live sehr gut und der Sound der beiden Gitarristen ist einfach übertrieben. Mindestens genauso übertrieben wie die muskulösen Oberarme des Sängers, der immer darauf bedacht ist, ein wenig zu flexen.

Zwischendurch werden noch kleine Geburtstagsgrüße an den Drummer von Organectomy rausgeschickt, was vom Publikum gerne aufgenommen wird. Nach Dead As Shit ist auch für Sangu Schluss und es wird um 20:30 Uhr die Bühne für Enterprise Earth geräumt.

Enterprise Earth

Diese stechen an diesem Abend insgesamt von den Bands ziemlich heraus, da Enterprise Earth den mit Abstand modernsten Sound fahren. Ich selber habe die noch nicht live gesehen und bin alles andere als textsicher, doch ich war im Vorfeld schon echt gespannt.

Nach 20 Minuten Umbau geht es los und man merkt schon gleich zu Anfang: Enterprise Earth spielen viel mehr mit Stimmung, Soundkostümen und Lichteffekten. Das fehlte bei den anderen Bands, vor allem bei Sangu, die während ihrer Show nur komplett statisches Licht hatten. Direkt hintereinander fällt das natürlich MASSIV auf.

Auch dass Enterprise Earth mit Cleanvocals arbeiten, ist eine ganz nette Abwechslung, aber man sieht im Publikum, dass es hier eher etwas verhalten zugeht. Davon lassen sich die Jungs aber nicht abbringen und spielen Songs wie The Reaper’s Servant, Casket Of Rust und Reanimate // Disintegrate. Auch hier, wie bei den anderen Bands, kann man soundtechnisch nichts sagen und mal wieder fällt auf, dass die Bands alle routiniert sind und jeder Handgriff, ob beim Umbau oder während der Show, einfach sitzt.

Für mich sind Enterprise Earth jedoch eher eine Band zum Zuhören und weniger zum Abrasten, und nach ebenfalls 40 Minuten Spielzeit werde ich aus meinem meditativen Zustand gerissen.

Denn jetzt geht der Umbau für die Band los, auf die alle gewartet haben: Suffocation!

Diese nutzen ihr eigenes Drumkit (die Vorbands haben sich alle eins geteilt), was die komplette Bühnenoptik ändert und die ohnehin schon riesige bzw. tiefe Bühne noch größer wirken lässt.

Credits: Lommer
Suffocation

Lange lassen die Amerikaner nicht auf sich warten und um 21:50 Uhr geht das Geballer los. Gleich wird klar, hier sind Profis am Werk. Jeder Schlag sitzt, die Performance auf der Bühne peitscht die Menge immer mehr an und ich finde trotzdem in der ersten Reihe immer ein Plätzchen zum Fotos machen. Die Zeit zwischen den Songs ist immens kurz und auf die Ansagen beschränkt. So steht ganz klar die Musik im Vordergrund: Eine Reise durch die Diskografie von Suffocation, die mittlerweile über 30 Jahre auf dem Buckel hat, lässt jedes Fan-Herz höherschlagen. Breeding The Spawn, Hymns From The Apocrypha, Pierced From Within, As Grace Descends, Funeral Inception (bei dem der Sänger von Enterprise Earth mit auf die Bühne kommt), Effigy Of The Forgotten um nur ein paar Songs zu nennen.

Wenig überraschend, aber auch hier haben wir einen wunderbar abgemischten Sound, der für meinen Geschmack vielleicht etwas mehr Bass von Derek Boyer hätte haben können, aber gut: Ich bin selber Bassist und tierischer Fanboy von Derek. Deswegen ist diese Kritik hier vermutlich etwas subjektiv. Nach einer knappen Stunde, einer kleinen Unterstützung durch den Sangu-Sänger Devin Swank und dem Rausschmeißer Infecting The Crypt ist dann leider Schluss. Selbst eine Zugabe wird nicht gespielt, was vermutlich eher mit einem engen Zeitfenster und weniger mit Unlust zu tun hat. Denn am nächsten Tag steht Kopenhagen für den Tourtross an.

Ein schönes Konzert und eine gut gewählte Setlist von Suffocation, wo ich ganz ehrlich sagen muss, dass die alten und neuen Songs gut miteinander harmonieren. Nach so einem Konzert kann ich gut und vielleicht etwas müde in die Woche starten.