Artist: Tungsten
Herkunft: Schweden
Album: We Will Rise
Spiellänge: 41:26 Minuten
Genre: Melodic Metal
Release: 20.09.2019
Label: Arising Empire Records
Link: www.tungstenofficial.com, www.facebook.com/tungstenband, www.instagram.com/tungsten_online
Produktion: Nick Johansson, Cover Artwork und Logo von Andreas Marshall, Videoproduzent Patric Ullaeus (rEvolver Film Company) u. a. zu We Will Rise – Das Layout für das We Will Rise Album wurde von Rainer Kalwitz zusammengefügt.
Bandmitglieder:
Gesang – Mike Andersson
Gitarre – Nick Johansson
Schlagzeug – Anders Johansson
Bassgitarre, Keyboards – Karl Johansson
Tracklist:
- We Will Rise
- Misled
- The Fairie’s Dance
- Coming Home
- It Ain’t Over
- As I’m Falling
- Sweet Vendetta
- Animals
- Remember
- To The Bottom
- Impolite
- Wish Upon A Star
Das passiert, wenn sich ein Vater auf seine Söhne einlässt. Im Falle von Tungsten ging dieses Unterfangen auf. Sehen sich Karl und Nick Johansson durch Rammstein und Meshuggah inspiriert, blickt deren Vater Anders Johansson auf sein Mitwirken als Schlagzeuger bei Hammerfall und Yngwie J. Malmsteens Rising Force zurück. Wenn der Vater mit den Söhnen … Stop! Anders herum, wenn die Söhne mit dem Vater, also nicht nur spazieren gehen, sondern sich musikalisch gemeinsam auf eine Reise begeben, so kann das interessant werden. Dies dachte sich Familie Johansson sicher auch. Karl und Nick konnten die Bitte ihres Vaters demnach nicht ausschlagen, Teil dieser Idee werden zu wollen. Denn Anders gelang es nicht, sich der Qualität und Innovationskraft der ihm vorgelegten Songs seiner Söhne zu entziehen. Komplettiert wurde die schwedische Formation letztlich durch Sänger Mike Andersson, der seines Zeichens u. a. bei Cloudscape, Planet Alliance und Fullforce bereits sein Bestes gab.
Am Ende dieses Prozesses, der 2016 mit der Gründung von Tungsten seinen Anfang nahm, steht nun das Debütalbum We Will Rise und erscheint via Arising Empire am 20.09.2019. Das Label Arising Empire wurde vor drei Jahren von Markus Staiger, Gründer und heutiger stiller Teilhaber von Nuclear Blast, in Partnerschaft mit Tobias Falarz gegründet. Das Label widmet sich vornehmlich Newcomern der Szene. So kam es im Frühjahr 2019 zur Zusammenarbeit zwischen Tungsten und Arising Empire. Markus Staiger, so wird überliefert, hatte sich in das Album We Will Rise gar verliebt.
Nun, was sich im Hinblick auf die Konstellation des Line-Ups unschwer erahnen lässt, vereinen sich hier primär die gestandene Banderfahrung des Vaters und die musikalische Gestaltungskraft der Söhne, die sich schon allein des Altersunterschieds wegen mit den moderneren Einflüssen des Genres auseinandersetzten. Wie das klingt, und ob die zwölf Songs ähnlich wie bei Markus Staiger zünden, werden wir im Verlauf der folgenden Zeilen erfahren.
Das Album startet mit dem Titeltrack We Will Rise und wird zunächst von sanftmütigen Keyboardklängen eingeleitet. Die Melodie taucht innerhalb des Songs immer wieder im Pre-Chorus auf und entpuppt sich überdies als roter Faden mit hohem Wiedererkennungswert. Das anschließende Riffing bildet einen sehr druckvollen Kontrast und folgt den kraftvollen Drums. Mike Andersson setzt gleichermaßen voluminös seine durchaus wohlklingende Stimme darüber. Die in der mittleren Tonlage vorgetragenen Vocals sind nur dezent angeraucht moduliert und fügen sich harmonisch und schlüssig in das Arrangement ein. Insbesondere der Refrain hat großes Potenzial zur Hymne und besitzt in der Tat einen Ohrwurmcharakter. Insgesamt wird mit mehreren Stimmen gearbeitet, die für die Fülle sorgen. Die Keyboards bilden, wie bereits erwähnt, einen stabilen Teppich, auf dem die symphonischen Elemente ihre Geltung entfalten können.
Misled schlägt eigentlich in dieselbe Kerbe, verliert zwar ein weinig an Härte und Druck, aber darf ähnlich wie We Will Rise auf durchweg eingängige Melodien zurückgreifen. Die Struktur der Komposition an sich ist offenerer, transparenter gehalten und kommt wesentlich softer rüber. Auch The Fairie’s Dance beginnt mit beinahe schon verspielten Keyboards und geht fulminant in eine recht technikbetonte Ausrichtung mit viel Einsatz von Keyboards und Elektroeffekten über. Hier deuten sich mit reichlich Fantasie diverse Rammstein Einflüsse an, die sich vorwiegend in den am Industrial-Metal orientierten Riffs zeigen. Freilich nur was die Gitarren und die Drums anbelangt. Was die Nummer allerdings irgendwie interessant erscheinen lässt, sind die vielen verschiedenen Stilausreißer, die sich am Ende immer wieder im dominanten Refrain wiederfinden und das Zentrum des Songs bilden.
Noch experimenteller geht Coming Home zu Werke. Instrumentell setzt man stark auf das akzentuierte Momentum und auch die Vocals sind technischen Effekten unterworfen. Der Refrain lockert den komplex anmutenden Song wiederum auf. Am Ende steht ein Song im Set, der trotz seiner jugendlichen Attitüde den Anspruch auf Erwachsensein erhebt. Wenngleich es sich hier lediglich um einen Anspruch handelt, denn so richtig erwachsen klingt es nicht wirklich.
Erneut auf Melodie und Mitsingcharakter getrimmt, kommt stampfend und insgesamt etwas düsterer It Ain’t Over empor. Mike Andersson klingt aggressiver und dunkler. Mit technischen Effekten wird auch in diesem Falle nicht gegeizt und so klingt dieser Song recht modern. Gegenüber der übersichtlich gehaltenen Strophe zaubern die Herren abermals einen zwar schlichten, deshalb aber nicht weniger ansprechenden Refrain aus dem Hut. It Ain’t Over hat ordentlich Power im Blut und schindet Eindruck.
In der Mitte des Albums angekommen, schleicht sich erstmals ein wenig Vorhersehbarkeit ein. As I’m Falling erinnert in den Strophen in wenigen Sequenzen zwar an die alten Clawfinger und Crossover-Einflüsse blitzen auf, die Struktur des Songs allerdings ähnelt sehr seinem unmittelbaren Vorgänger. Das bislang recht gute Niveau des Songwritings stagniert an diesem Punkt. Es bleibt zu hoffen, dass sich dieser Trend nicht fortsetzen wird.
Die Schweden haben offensichtlich eine Vorliebe für technische Gimmicks und den Einsatz von Elektroeffekten. Dies spiegelt sich in Sweet Vendetta eindrucksvoll wider. Der donnernde Bass am Anfang leitet in sehr technische Beats mit druckvollem Groove über, werden von Synthesizern und einer ebenso akzentuierten Gitarrenarbeit begleitet. Die Nummer geht gut von der Hand, vor allem deshalb, weil die Rhythmik mitzureißen weiß.
In Animals zeigt sich zwar der Wille und die technische Fertigkeit dem Crossover noch mehr Huldigung zukommen zu lassen, nur lässt sich nach meinem Dafürhalten die Idee dann nicht mit dem Refrain vereinbaren. Es klingt tatsächlich experimentierfreudig, am Ende aber auch sehr abstrakt. Remember kehrt zum althergebrachten Songwriting im Stile des traditionellen Power Metal zurück. An dieser Stelle irgendwie unerwartet, hatte ich mich jetzt doch auf mehr den technisch ausgerichteten Metal eingerichtet. Noch die Klänge von Animals im Ohr, kommt dieser Song beinahe fade und reizarm an mich heran. Muss wohl ein Ausrutscher gewesen sein, denn To The Bottom reiht sich wieder in das bisherige Klangbild des Albums ein. Leider kommt To The Bottom nicht über das Prädikat „Gefällig“ hinaus. Da, wie bereits erwähnt, hier ein vorhersehbares Schema wieder zuschlägt.
Tungsten kann aber auch anders. Impolite beweist, dass man die Wurzeln des Rock ’n’ Roll nicht aus dem Blick verloren hat. Das Arrangement hat Charme und Witz, doch hat man diese Art Musik schon abertausende Male gehört. Zudem sind die Vocals der Boygroup im Background irgendwie deplatziert. Den Rausschmeißer bildet Wish Upon A Star. Blendet man das unnötige „Heja“ zum Anfang und Ende des Songs aus, begegnet uns eine balladeske Nummer mit Charakter. Das Gute zum Schluss, könnte man sagen. Der durchaus anspruchsvolle Refrain findet ausreichend Platz im Keyboard geschwängerten Arrangement. So findet ein insgesamt achtbares Debütalbum sein Ende.